Achtung: In dieser Geschichte dreht sich alles um die Ereignisse einer Schlacht, somit ist die schriftliche Darstellung von Gewalt gegen Mensch und Tier vorprogrammiert.
Es sollte immer noch alles FSK 16 und somit kein Problem für die meisten sein, die sich auch gerne mal "Herr der Ringe" oder Ähnliches anschauen.
Wem aber schon schlecht wird, wenn er an Blut denken muss oder der sofort die PETA anruft, falls ein Tier in einer fiktiven Geschichte verletzt wird, sollte jetzt vielleicht nicht weiterlesen.
Allen anderen wünsche ich viel Spaß.
Es war wieder einer dieser Tage…
Als er gestern Abend auf sein Feldlager gefallen war, hatte Dan noch gedacht, dass die Schlacht frühestens in zwei Tagen stattfinden würde.
"Sie lagern auf einem Hügel hinter dem Wald da hinten und graben sich da gerade so richtig ein. Zwei Banner dieser Wüstenläufer und Nâra'ki hat berichtet, dass sie das Banner der Windlanzen, einer leichten Kavallerie, im Anmarsch entdeckt hat." Hatte ihm sein Kumpel Norbert, welcher den Späher zugeteilt war, am Abend zuvor mitgeteilt, als sie gemeinsam am Lagerfeuer gesessen hatten.
"Sieht ganz so aus, als würden die noch auf Verstärkung warten! Bisher gibt es keine Spur von sonstigen Hilfstruppen. Weder Bogenschützen noch Feldkatapulte und wie es aussieht auch keine dieser verdammten Sandhexer. Von der Elite aus Valeras ganz zu schweigen. Ich vermute mal, Krutschala hat nicht mitbekommen, dass wir uns hier sammeln, sonst wären sie nicht mit so geringer Stärke angerückt."
Dan hatte genickt. Drei Banner nur, damit wären die Feinde deutlich unterlegen. Neben Dans eigenem Banner, den Söldnern der Blutschwerter, waren auch die Söldnerbanner der Bronzehelme und die Stahloger bereits gestern hier angekommen, dazu noch vier Banner der eigentlichen Landesverteidiger von Rinthalia.
"Damit wären wir dann ja mal mindestens zwei zu eins in der Überzahl! Hat der Hauptmann schon Befehl zum Ausrücken gegeben? Ein schneller Schlag, ehe sich die Krutschalaieten vollständig verschanzt haben? Das würde unsere Verluste stark reduzieren, oder?" Dan fand die Aussicht auf einen einfachen Kampf mit allen Trümpfen zur Abwechslung mal auf ihrer Seite als äußerst verlockend.
Norbert hatte den Kopf geschüttelt. "Nee, der alte Steinwart hat dafür plädiert, dass wir noch auf die Verstärkungen aus Belhérrâs warten. Die Sonnenelfen sollen uns 'nen ziemlich krassen Arkanmagier schicken, damit wird das Ganze zu einem Kinderspiel! Und dieser Alfouns Tur-Min, der Verbindungsoffizier aus Rinthalas, hat ihm da natürlich sofort zugestimmt. Der hatte auch noch einen Bericht vorgelegt: Zwei Banner leichte Reiterei seien auf dem Weg von der Nordfront zu uns, um uns weiter zu verstärken. Der will auch auf Nummer sicher gehen..."
"Wenn man das so hört, könnte man meinen, der müsste selbst in die Schlacht ziehen! Die lassen doch eh uns Söldner vorneweg marschieren und halten die Landestruppen in der Hinterhand. Aber wenn der Hauptmann es so will, werden wir uns fügen, wie immer..." hatte Dan noch zum Besten gegeben, ehe der Abend am Feuer mit viel zu dünnem Wein und etwas gebratenem Hasen endete.
„So viel zu den Plänen der Strategen!", brummte Dan, als er nun unsanft von den Wachhörnern geweckt wurde und sich die verfilzten blonden Strähnen aus den blauen Augen wischte.
Zwei lange Stöße, Feind gesichtet, das hieß, er hatte gerade noch genug Zeit, um sich seine Rüstung überzuwerfen.
Das gehärtete Leder war ein Erbstück seines Vaters, das Einzige, das er als Drittgeborener abbekommen hatte. Sie war noch immer so, wie er sie damals bekommen hatte. Einzig die Schnellschnappverschlüsse waren eine Modifikation, die sich Dan daran geleistet hatte. Gerade in solchen Momenten wie jetzt kamen diese ihm nämlich äußerst gelegen.
Ich will verdammt sein, wenn ich draufgehe, nur weil ich mir nicht die Zeit genommen habe, das alte Ding anzuziehen. Wenn ich vor meinen Vater und vor meinen alten Ausbilder treten müsste, um zu erklären, warum ich so dumm war, nackt in die Schlacht zu ziehen...
Dann griff er nach dem alten Schwert, das er einst auf seinem ersten Schlachtfeld einem gefallenen Soldaten abgenommen hatte.
Der lederumwickelte turelische Stahl schmiegte sich vertraut in die Hand. Er atmete noch einmal tief durch und stieß dann die Zeltplane vom Eingang zurück.
Das ganze Lager war in heller Aufregung. Die Plane war noch nicht richtig zurückgefallen, als auch schon wieder die Hörner erschallten. Drei schnelle Hornstöße waren diesmal zu vernehmen: "Feind durchgebrochen"!
"Sie kommen von Süden! Die Bronzehelme wurden überrannt!" hörte der Söldner jemanden rufen. "Schwere Kavallerie! Formiert euch!" Es war der Unteroffizier Von Markfurcht, welcher die Befehle erteilte, und Dan sah zu, dass er zu dem Pulk an befreundeten Söldnern stieß.
Er hasste es, gegen Reiterei kämpfen zu müssen. Sein Schwert war da nicht gut zu gebrauchen, weshalb er es wieder in das Futteral der Scheide eingeführt und stattdessen nun einen der drei Meter langen Spieße aufgenommen hatte.
Diese hatten die
Blutschwerter überall im Lager für eben solche Notfälle platziert. Da stand er nun in der dritten Reihe der eilig geformten Formation; hinter ihm hatte der junge Flicker Stellung bezogen. Für diesen war es die erste Schlacht seines noch jungen Lebens, und Dan erkannte sofort in den Augen des Jungen, dass er offensichtlich kurz vorm Nervenzusammenbruch stand.
"Kleiner! Achte darauf, dass der Spieß sofort mit dem hinteren Ende in den Boden gerammt wird, wenn wir ihn anheben, sonst schiebt dir der Gaul das Ding rückwärts in den Bauch, und wir hätten uns den Aufwand hier sparen können!"
Die langen Spieße mussten immer zu zweit genutzt werden, da sie ansonsten zu unhandlich waren. Bei richtiger Anwendung konnten durch die Länge und Stärke der Waffe sogar die schweren Pferderüstungen der
Marenreicher durchbohrt und Kavallerievorstöße hervorragend gestoppt werden.
Aber halt nur bei richtiger Anwendung…
Das hieß, dass der Vordermann seine Größe nutzte, um den Spieß im letzten Augenblick, ehe die Reiter heran waren, hochzureißen und auf das Sternum des vermutlich 600 bis 700 kg schweren heranstürmenden Kriegsrosses auszurichten hatte, während der Hintermann mit seinem Gewicht dafür sorgte, dass der Spieß stabilisiert und im Boden verankert wurde.
Flickers nickte nur zittrig, seine weit aufgerissenen braunen Augen unter dem verschwitzten ebenso braunen Schopf und das bleiche sommersprossige Gesicht sagten dafür mehr als es tausend Worte jemals gekonnt hätten.
Dan wollte sich noch einen ermunternden Spruch abringen, aber da bebte auch schon die Erde unter seinen Füßen.
Dicht an dicht wälzte sich der Tross der schweren Reiterei über den Hauptweg von Süden her zu ihnen herauf.
Die Feinde in ihren goldenen, vom Feuer beschienen Rüstungen, Rundschilde in der einen und Krummschwerter in der anderen Hand, waren herangekommen. Ihre prachtvollen schwarzen und weißen Pferde, deren Brust und Kopf mit ebenso golden wirkenden Rüststücken versehen waren, gaben einen prächtigen Anblick ab.
Über ihnen wehte das Banner Valeras, der rote Drache auf gelbem Grund. Über dem Drachen prangte zusätzlich eine rote Krone.
"Scheiße! Das sind des Kaisers Elitetruppen!" stieß vor ihm jemand aus.
"Ruhig bleiben! Wie wir es geübt haben!"
Dan hatte keine Ahnung, wie die Stimme des Unteroffiziers so ruhig bleiben konnte; er selbst bemerkte, wie sich in ihm alles verkrampfte. Er musste sich sogar zwingen, weiter zu atmen.
Das Unheimliche war, dass die feindlichen Reiter keinerlei Kriegsschrei ausstießen; man hörte nur das Donnern der Hufe und wie ihr Anführer selbst klare, laute und knappe Befehle in der viel zu vielen Vokale enthaltenden Sprache des Kaiserreichs von sich gab.
Als die Pferde auf fünf Meter heran waren, kam endlich der Befehl: "Hoch die Spieße! Holt sie von den -" Mehr hörte Dan schon nicht mehr; mit einem Mal entlud sich die gesamte Anspannung seiner Formation. Wie ein Mann schrien alle gleichzeitig vor Wut, Angst und Verzweiflung auf.
Die Spieße richteten sich auf die Leiber der Pferde.
Dann ging alles sehr schnell. Es krachte laut, Männer schrien und Pferde wieherten.
Dan spürte, wie der Spieß in seiner Hand nach hinten gedrückt wurde, als er gegen den Brustpanzer eines schwarzen Hengstes stieß. Aber da war kein Widerstand von hinten; Flickers hatte das Ende der Stangenwaffe nicht mehr rechtzeitig in den Boden gerammt.
So wurde ihre Waffe zu einem ganz eigenen Problem. Zwar versuchte er noch, den Griff zu festigen, aber es war zu spät, der Schaft rutschte nach links vom Brustpanzer des Tieres ab und sprang ihm vollends aus den Händen, wurde zu einem wirbelnden Geschoss, welches seinen Nebenmann traf und zu Boden gehen ließ.
Die feindlichen Krieger nutzten die so entstehende Lücke im Speerwall sofort aus und preschten hindurch. Jenes Pferd, welches eben noch sein Ziel gewesen war, rammte nun Dan im vollen Galopp und stieß den Söldner zur Seite, wo er über seinen Kameraden stolperte und rücklinks hinfiel.
Er bekam kaum mit, wie ihm der Sturz das Leben rettete, denn der Krummsäbel des Reiters rauschte genau dort durch die Luft, wo eben noch sein Kopf gewesen war.
Die Landung war hart und trieb ihm die Luft aus den Lungen, während sein Blick unscharf wurde. Als er endlich wieder zu Atem kam und sich vorsichtig aufrichtete, war der Spuk schon weitergezogen. Nur drei der Pferde lagen am Boden, die Verteidiger hingegen hatten weniger Glück gehabt. Er konnte nicht sagen, ob es alle Kameraden erwischt hatte, aber es sah fast so aus.
Überall um sich herum konnte Dan nun die Klänge des Krieges wahrnehmen: Befehle, Flüche, Schmerzensschreie und das Flehen um göttlichen Beistand. Daneben das Geklirr der Waffen, das Wiehern, Schnauben und Trampeln der Pferde. Plötzlich nahm er noch etwas wahr, einen eindringlichen, panischen Ruf:
"Achtung! Hinter dir!"
Er duckte sich, während er sich gleichzeitig in einem weiten Ausfallschritt um die eigene Achse drehte. Dabei zog er in einer fließenden Bewegung sein Schwert aus der Scheide.
Die Warnung war keine Sekunde zu früh gekommen. Hätte er nur kurz gezögert, hätte ihn auch schon der nächste valerasische Krummsäbel erwischt.
Er sah noch die Verwunderung auf dem sonnengebräunten Gesicht seines Gegners, als er auch schon selber einen kräftigen Hieb von unten links kommend auf den Körper seines Feindes führte.
Der turelische Stahl traf die Verbindungsstelle zwischen den goldenen Platten an der Hüfte. Dem fremden Soldaten entfuhr noch ein letzter Schmerzenslaut, ehe er zusammenbrach, den Arm noch immer von seinem Hieb gegen Dan nach vorne ausgestreckt.
"Das war ja mal ziemlich knapp, Langer! Aber du bist ja eh von
Laneátiâ geküsst! Das ist mir ja schon länger klar!" Die Stimme gehörte zu Walther Breitbein, dem Chefkoch ihrer Truppe, den alle nur Wally nannten. Er war mit einer Pfanne in der einen und einem Apfel in der anderen Hand bewaffnet. Das fettige, gelockte, braune Haar schmiegte sich um die leicht spitzen Ohren des
Feldlings.
Der
Halblinge war ziemlich gefasst, dafür, dass ihre ganze Welt um sie herum gerade unterzugehen schien.
"Wally? Wo kommst du denn her? Hast du irgendeine Ahnung, wie die Lage ist?" Der feiste Halbling kam auf ihn zu, hob den rotgrünen Apfel hoch und biss ein Stück ab, dann verzog er das Gesicht und blickte nach unten. Er war in die rosa Masse getreten, die aus dem Bauch eines gefallenen Kameraden quoll.
"Ach Mist, ist das Gordon? Oh man, ist wohl wieder einer dieser Tage, an dem ich es bereue, keine Schuhe zu tragen..." Dann blickte er wieder hoch und verzog das Gesicht. "Also, ich komme gerade aus den Küchenzelten, bin hinten raus, als diese Reiter die Frontstangen umhieben. Ich befürchte, da ist jetzt nicht mehr viel übrig. Hatte zuvor gerade den Herd angefeuert, um für die Nachtwache ein Süppchen zu brauen. Naja, das Feuer dürfte auf die Plane übergegriffen haben.
Und wie es aussieht?
Nun, ich bin nicht sicher... Es sind zwar nur einige der Reiter bis ins Lagerzentrum vorgestoßen. Und ich vermute mal, es waren dieselben, die hier durchgekommen sind, wenn ich mich so umschaue. Aber sie konnten dafür einiges an Chaos verbreiten, ehe sie über einen der Seitenwege wieder davongeprescht sind.
An anderen Stellen sind sie wohl nicht durchgebrochen. Haben sich nur blutige Nasen geholt und sind wieder dahin zurück, wo sie herkamen. Allerdings scheint das Lager der
Bronzehelme komplett in Flammen zu stehen, wenn ich das Leuchten und den schwarzen Rauch dahinten richtig deute."
Das ergab für Dan einfach keinen Sinn. Warum würde der gegnerische Kommandant seine Elitetruppe auf so einen Vorstoß schicken? Keine Bogenschützen, um die Verteidiger einzudecken. Keine Infanterie, um über geschwächte Stellungen herzufallen. Die Reiter hatten nicht einmal Fackeln dabei, um eventuell wichtige Zelte in Brand setzen zu können. Es war einfach Zufall, dass sie das Küchenzelt durch das Suppenfeuer entzünden konnten.
Hat sich die Kavallerie von ihrem eigenen Momentum zu weit tragen lassen, als sie über die Bronzehelme herfielen? Oder...
Da wurde er von einem stöhnenden Laut aus seinen Überlegungen gerissen.
"Hedaa, Dan, mir scheint, hier lebt noch wer! Nun schau dir mal an, was sich da zwischen Tod und Elend erhebt. Junge, du hast auch schon besser ausgesehen!" Nun sah auch Dan, was der Koch schon längst bemerkt hatte: Der junge Flickers, blutüberströmt, aber scheinbar selber unverletzt, von einer großen Beule am Kopf mal abgesehen.
"Aah! Wally? Dan? Seid ihr das?" Die Stimme des Jungen klang ungläubig und leicht benommen.
"Klar sind wir das, oder kennst du sonst noch einen Halbling, der hier im Lager den besten Apfelstrudel zubereitet?" grinste ihn der Feldling an.
Man, Kleiner, das Glück ist mit den Dummen, oder?" Dan wusste in diesem Augenblick nicht, ob er den jungen Mann umarmen oder ohrfeigen sollte. "Wir sollten zusehen, dass wir Rapport geben. Die Stellung hier benötigt dringend neue Verteidiger, ehe ein weiterer ernsthafter Ansturm erfolgt. Wally, weißt du, wo der Hauptmann ist?"
"Sorry, Langer, keine Ahnung. Der wird aber wohl schon den ganzen Abend gesucht. Zumindest wenn ich die Stimmen außerhalb der Küche heute richtig gedeutet habe. Ich meine, ist ja nicht so, als würde ich alles belauschen, aber die Zeltplanen sind dünn."
Der Söldner musste über die Aussage lächeln, denn kaum ein anderes Mitglied der
Blutschwerter war gleichzeitig so kaltschnäuzig und so neugierig wie Wally. Aber gerade deshalb wusste er, dass die Worte des Kochs der Wahrheit entsprachen, und das bedeutete, dass die Truppe gerade ohne Oberbefehlshaber sein könnte. Der Angriff der Kavallerie hatte zudem noch den Unteroffizier Von Marktfurcht niedergemäht. Das hieß, jetzt gab es nur noch einen Unteroffizier im Lager, und wer sollte wissen, wo der steckte?
"Äh, Dan? Wally? Weiß einer von euch, was das ist?" Flickers deutete in südlicher Richtung in den Nachthimmel.
Vor dem schwarzen Rauch des brennenden Lagers der
Bronzehelme gut sichtbar stiegen drei kleine rotviolette Kugeln in den Himmel auf. Sie zogen eine Funkenspur hinter sich her, während sie mit gleichbleibender Geschwindigkeit in einem hohen Bogen über die Köpfe der Drei hinweg in Richtung des Lagerzentrums flogen.
"Verdammt! Die haben
Mysticana!" brachte Dan noch hervor, ehe die Kugeln ihr Ziel erreichten und sich dann im Bruchteil einer Sekunde in einer gleißenden Explosion aus violettem Licht ausbreiteten.
Zuerst wurden die Söldner geblendet, dann vernahmen sie den heranrollenden Donner, und zuletzt spürten sie den heißen Wind, welcher von der Druckwelle getragen über sie hinwegfegte.
Als er wiedersehen konnte, war ihm klar, dass diese Schlacht für die
Blutschwerter vorbei war. Die magischen Geschosse waren dicht an dicht im Zentrum niedergegangen, genau dort, wo die Söldner ihre Geheimwaffe, das
gnomische Drachenodem, aufbewahrt hatten. Die Flammen der Feuerbälle hatten das Gemisch entzündet, und die Explosionen hatten es im weiten Bogen über fast das gesamte Lager verteilt.
Er vermutete stark, dass mindestens eine der Explosionen sich von ihnen aus direkt vor der Lagerstätte ereignet hatte, weshalb das unlöschbare Gemisch des
kleinen Volkes sich von ihnen weg verbreitet und der feurige Regen sie verschont hatte.
An die anderen gewandt, brachte er mit brechender Stimme hervor: "Ihr könnt machen, was ihr wollt, aber ich verschwinde hier. Und ich rate euch, dasselbe zu tun. Hier gibt es nichts mehr zu gewinnen!"
Entfernt hörte er die Hörner der
Stahloger und die der Armee Rinthalias zum Rückzug blasen.
"Tja, von meiner Küche ist eh nix mehr über, also kann ich mir auch was Neues suchen! Komm, Kleiner, wir bleiben lieber bei dem langen Lulatsch. Soweit ich weiß, weiß er, wie man mit dem Schwert umgeht und vor allem, wie man dem Feind besser entgeht!" Dan hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, als der Halbling und der vollkommen aufgelöste Rekrut zu ihm aufschlossen.
Bis sie den östlichen Rand des Lagers erreicht hatten, war klar geworden, dass Dan recht mit seiner Vermutung gehabt hatte. Überall brannte es, und die Leichen der einstigen Kameraden, die unversehens von dem Feuerregen erwischt worden waren, versperrten überall die Wege.
Wer überlebt hatte, suchte nun sein Heil in der Flucht. Doch weder die valerasischen Truppen noch ihre krutschalaitischen Verbündeten hatten wohl vor, ihre Widersacher heute entkommen zu lassen.
Überall sahen die drei Flüchtenden nun kleine Trupps leichter Reiterei und Infanteristen, die den anderen Fliehenden nachsetzten oder den Verletzten im Lager den Rest gaben. Deshalb liefen sie tief geduckt, und Dan führte sie, so gut es eben ging, von Schatten zu Schatten an den Zelten vorbei bis in die trockene Gras-Ebene hinein.
Als sie endlich den Rand eines größeren Waldes erreichten und die brennenden Lager schon weit hinter ihnen zu liegen schienen, verließ sie schließlich ihr bisheriges Glück.
Sie wurden von zwei berittenen Spähern entdeckt, die vermutlich nicht einmal damit gerechnet hatten, heute noch einen Kampf erleben zu dürfen. Es waren Krutschalas Wüstenreiter, vermutlich die Windlanzen, dachte sich Dan noch.
Die Geschwindigkeit ihrer schlankeren Pferde nutzend, waren sie an Dan und seine Gefährten herangeprescht, ehe diese im Unterholz verschwinden konnten.
Wally warf sich der Länge nach hin und rollte zur Seite, um dem Speer des einen Angreifers und den Hufen seines Pferdes zu entgehen. Flickers reagierte zu langsam, und die Spitze der Stangenwaffe bohrte sich in die Schulter des Jungen, der daraufhin vor Schmerzen aufschrie und in die Knie brach.
Dan wäre ihm zwar gerne zur Hilfe gekommen, hatte jedoch seine liebe Mühe, dem zweiten Angreifer auszuweichen. Beim ersten Ansturm hatte er sich mit einer Pirouette nach links in Sicherheit bringen können. Doch der in einer Wickelrüstung steckende Wüstenreiter beherrschte sein Handwerk, nahm seine Stute in eine enge Kehre und zielte schon wieder auf Dans Brust, als dieser gerade sein Schwert zog und so die feindliche Waffe mit der Scheide gerade noch ablenken konnte.
Dadurch schabte das tödliche Metall nur linker Hand über seinen Brustpanzer. Ohne diesen wäre der Angriff dennoch fatal gewesen!
"Danke, Vater!" keuchte der Söldner und machte sich für den dritten Ansturm des Reiters bereit, indem er nun seinerseits auf den Angreifer zustürmte.
Immerhin brachte dies seinen Gegner kurz aus dem Konzept, sodass dieser in seinem Angriff zögerte. Nur kurz, aber gerade lang genug, damit sich der Söldner unter dem Spieß wegducken und mit dem Schwert einen halbkreisförmigen Hieb von unten gegen den Bauch des Pferdes führen konnte.
Die gewetzte Klinge fuhr in das Fleisch des Tieres, welches von seinem eigenen Momentum getrieben sich über die Schneide bewegte und sich somit letztendlich selbst verdammte. Dabei setzte sich die Klinge jedoch fest und wurde dem Söldner aus der Hand gezerrt, während er selbst herumgerissen und zu Boden geschleudert wurde.
Er zwang sich dazu sofort wieder aufzuspringen. Als er mit zur Abwehr erhobenen Händen wieder stand, sah er das das Pferd mittlerweile gestürzt war und sein Reiter sich gerade unter dem massigen Leib des sterbenden Tieres hervor zu kämpfen versuchte.
Da hörte er hinter sich auch schon weiteres Hufgetrampel und drehte sich um. Der zweite Reiter war dabei, auf ihn zuzustürmen, hatte nun mehr seinen Krummsäbel gezogen und zum tödlichen Hieb erhoben. Dan war sich bewusst, dass er nicht mehr ausweichen können würde. Der Säbel zischte durch die Luft auf seinen Hals zu.
Plötzlich ging ein Ruck durch den Reiter, und der Säbel entglitt der Hand. Es schepperte, als er gegen Dans Brustpanzer knallte, dabei eine Macke hinterließ und zu Boden fiel.
Während das Pferd an ihm vorbei stürmte und hinter ihm immer langsamer wurde, wurde dem Kämpfer erst bewusst, dass er immer noch lebte. Langsam drehte er sich in Richtung seines Feindes um. Dessen Körper hing nun leblos im Sattel des mittlerweile stehenden Pferdes. In der Stirn prangte ein langer, rot gefiederter Pfeil aus hellem Holz.
Das schallende Lachen von Wally holte ihn zurück ins Hier und Jetzt. "Tja, Langer, ich sag’s ja! Du bist von Laneátiâ geküsst und geliebt!"
"Was dann wohl der Grund ist, warum es mit uns Beiden nie funktioniert hat. Hab‘ gehört, sie sei sehr eifersüchtig und besitzergreifend, was ihre Lieblinge angeht!" Diese weiblich-rauchige Stimme, welche aus dem Wäldchen herüber schallte, hätte Dan überall erkannt, und noch nie hatte er sich so sehr gefreut, sie zu hören.
"Nâra'ki? Wo kommst du denn her?!" Seine Stimme überschlug sich vor Freude und Unglauben gleichermaßen.
Sie trat aus dem Schatten hervor.
Die dunkle, fast bronzefarbene Haut und die spitzen Ohren verwiesen auf ihre waldelfischen Wurzeln, und die blaue Tunika im Stil der
Waldelfen von
Errán'dia unterstrich ihre Andersartigkeit dabei noch. Doch die etwas breite Nase und die weit auseinandergehenden Wangenknochen verrieten sofort, dass sie auch menschliches in sich trug. Sie war eine
Mêlan und eine verdammt gute Bogenschützin, wie sie soeben zum wiederholten Male bewiesen hatte.
"Na, aus dem Wald da. Aber hast du nicht gerade andere Sorgen? Der da hinten zappelt noch. Sei so gut und kümmere dich darum, Danny. Wir schauen währenddessen mal, ob wir noch was für den Kleinen hier machen können!"
Da entsann er sich wieder seines ersten Gegners, welcher sich tatsächlich unter wüsten fremdländischen Beschimpfungen unter dem Kadaver seines Pferdes hervorgearbeitet hatte. Sein Bein schien mehrfach gebrochen zu sein, und seine Waffen lagen außerhalb seiner Reichweite. Der Mann stellte eigentlich keine Gefahr mehr dar. Dennoch suchte Dan sein Schwert und ging auf den am Boden kriechenden, schimpfenden Mann zu, nachdem er es gefunden hatte.
Sie konnten sich einfach keine Zeugen erlauben, und das Geschrei könnte andere Späher zu schnell auf ihre Gruppe aufmerksam machen.
Als er vor dem Mann stand und sich ihre Augen trafen, wurde der Verwundete still. Da fragte sich Dan kurz, ob dieser Mann ihn wohl hasste oder einfach nur sein eigenes Schicksal verfluchte. Der Mann spuckte einen blutigen Klumpen vor Dans Füße.
"Ich weiß, Kumpel... es ist einfach einer dieser Tage!" Dann stach er mit dem Stahl in seiner Hand durch die Tuchrüstung ins Herz des Kriegers, welcher sofort tot war.
Sehr viel später, tief im Wald, saßen die Kameraden in einer Erdmulde zusammen. Sie wagten es nicht, ein Feuer zu machen, denn sie wollten keine unnötige Aufmerksamkeit von weiteren Spähern riskieren.
Flickers lag schlafend auf dem Boden, seine zerfetzte Lederrüstung hatten sie ihm abgenommen und seine Schulterwunde notdürftig versorgt, ehe Dan ihn Huckepack bis hierher getragen hatte.
Jetzt kümmerte sich Maeve, eine junge Frau, die einst im Tempel der
Gwyynh-Q‘leth das Priestertum studiert hatte, um den Jungen.
Das Mädchen mit dem schwarzen Kurzhaarschnitt konnte tatsächlich ein wenig
Thaum kanalisieren, was sie bei den
Blutschwertern sehr wertvoll gemacht hatte. Auch wenn sie kaum mehr als eine etwas bessere Ersthelferin war, nachdem sie das Studium zur Klerikerin nach nur einem Jahr abgebrochen hatte.
Nâra'ki hatte die müde wirkende Frau zuvor mit auf eine Patrouille an der Ostflanke genommen, deshalb waren sie beide auch nicht im Lager gewesen, als der Albtraum losging.
"Also Danny, was genau ist passiert?"
Danny... Nur sie nannte ihn so. Das Wort war ein Relikt aus der kurzen Zeit, als sie gemeinsam das Lager teilten. Es hatte knapp zwei Monate gehalten, ehe sie einsahen, dass es einfach nicht sein sollte und sich einvernehmlich dazu entschieden, die Beziehung aufzugeben. Es war eine schöne Zeit gewesen, die keiner von ihnen missen wollte.
Sie waren danach Freunde geblieben, auch wenn Dan sich zugegebenermaßen seitdem immer etwas schwer damit tat, wenn er wieder einmal mitbekam, dass die Mêlan schon wieder einen neuen Liebhaber hatte.
"Ich weiß es selbst nicht genau. Der Alarm ging los, und die Bronzehelme wurden aus dem Süden angegriffen. Irgendwie hat das Kaiserreich es geschafft, seine schwere Kavallerie und einige ihrer Mystiker an unseren Spähern vorbei zu schmuggeln.
Die schwere Reiterei überrumpelte die Verteidiger und stieß bis tief in unser Lager vor, nur um sich dann zurückzuziehen. Ich vermute ganz stark, dass dies nur dem Zweck diente, damit ihre Mystiker mit ihren Mysticana-Waffen nahe genug herankommen konnten, um unseren Drachenodem unter Beschuss zu nehmen, um so den Kampf auf einen Schlag zu entscheiden!"
"Du klingst so, als hätten sie gewusst, dass wir das Zeug dabei hatten. Dabei war das doch ein wohlgehütetes Geheimnis. Nicht mal unsere Verbündeten wussten, dass Hauptmann Steinwart das Zeug gekauft hatte. Wir haben’s ja noch extra mit total unterschiedlichen Fässern und Kennzeichnungen hergeschleppt!" mischte sich der kleine Koch ein.
"Ja, das stimmt, und das ist es, was mir Sorgen bereitet. Die Mystiker haben genau eine Salve abgegeben. Normalerweise können diese Waffen gut drei bis sechs solcher Schüsse laden, und wenn du einfach nur ein gegnerisches Lager attackierst, würdest du als leicht gepanzerter Magier es doch auch vorziehen, möglichst schnell möglichst viele Angriffe durchzuführen, um dann wieder von der Front zu verschwinden, oder?
Außerdem waren diese Schüsse zu perfekt gezielt. Alle drei gingen knapp nebeneinander hoch! Würdest du möglichst viele Feinde auslöschen wollen, wäre es bei der Kraft dieser Zauber doch sinniger, eine solche Salve auszufächern. Hinzu kommt, dass Hauptmann Steinwart anscheinend schon den ganzen Tag verschwunden ist..."
"Der ist heute Morgen mit dem Unteroffizier Bering zu einem kleinen Erkundungsritt aufgebrochen." fügte nun Maeve der Unterhaltung hinzu, als sie sich sichtlich erschöpft erhob. Flickers schien nun ruhiger zu atmen, und die Wunde schien derzeit auch nicht mehr zu bluten. "Ich habe gesehen, wie die Beiden mit einigen der Jungs losgeritten sind. Eigentlich wollten sie bis zum Abend zurück sein."
"Also gab es unter ihnen vermutlich einen Verräter!" Nâra'kis Stimme war düster geworden. Stille legte sich über die kleine Runde.
"Ja, das denke ich auch, Nâra. Nur so macht es Sinn. Ich vermute, derjenige hat die Routen und Zeiten unserer Patrouillen weitergegeben, sodass der Feind unbemerkt vorbeischleichen konnte. Dann hat er den Hauptmann und seine Eskorte in einen Hinterhalt gelockt und entweder gefangen gesetzt oder getötet. Zu guter Letzt hat er ihnen dann auch noch den genauen Lagerort des Drachenodems gekennzeichnet, sodass die Mystiker uns ohne große Schwierigkeiten mit nur einer Salve den Todesstoß geben konnten.
Hinterher mussten die Vasallentruppen aus Krutschala nur noch aufräumen. Ich vermute mal, dass die Landesverteidiger auf ihrem Rückzug noch in einen weiteren Hinterhalt geraten werden, falls der Verräter als Adjutant oder Ähnliches bei den großen Lagebesprechungen dabei gewesen sein sollte oder anders von den Notfallplänen Rinthalas erfahren hat."
Er seufzte und schloss die Augen, er war einfach nur noch müde.
"Was tun wir nun? Sollten wir versuchen, die Armee zu warnen? Sie sind doch unsere Verbündeten, oder?" Maeves Stimme klang ziemlich unsicher, als sie ihre Frage stellte.
"Ha, der war gut, Kleine. Wir sind Söldner! Wir sind nur so lange Verbündete, wie die Kasse stimmt, und ich befürchte, jetzt bekommen wir gar nichts mehr von Rinthalia. Selbst wenn wir sie warnen würden, würden sie vermutlich uns die Schuld für dieses Debakel geben, schließlich war es unser Zunder, der das Feuerwerk erst ermöglichte, gell?"
"Wally hat Recht, auf die Einheimischen brauchen wir nicht mehr zu bauen. Wir sollten uns gemeinsam nach Norden oder Osten durchschlagen, bis wir wieder in etwas friedlicheren Ländern sind. Dort können wir uns dann entweder anderen Söldnern anschließen oder vielleicht einer Monsterjägergilde beitreten oder was auch immer tun. Was denkst du, Danny?"
Er öffnete die Augen und begegnete Nâra'kis fragendem Blick.
"Ich denke auch, wir sollten zusammenbleiben! Aber ich denke, wir sollten uns entlang der Berge nach Südosten bewegen."
"Moment! Du willst zu diesen blasierten Spitzohren nach Belhérrâs?" Wally blickte schnell zur Bogenschützin hinüber. "Nichts gegen dich, du bist ja nur ein halbes Spitzohr und deine Sippe..."
Sie wiegelte mit der Hand ab. "Schon gut. Red’ dich nicht um Kopf und Kragen, du Meisterdiplomat!" Sie blickte wieder zu Dan. "Ich gebe Wally allerdings recht. Was willst du bei den Sonnenelfen, Danny?"
"Ganz einfach: Sie bewachen das Sintenjas-Gebirge auch entlang der rinthalianischen Grenze. Ihr Reich steht schon lange auf Kriegsfuß mit Valeras und ist mächtig genug, damit feindliche Truppen nicht bis hinter die Landesgrenzen gelangen. Somit wären wir dort sicher und könnten uns erstmal erholen. Dann können wir uns in einer der Hafenstädte um eine Passage nach Norden bemühen. Vielleicht nach
Neu Hamsberghafen oder nach Brückhaven. Von dort aus sollte es ein Leichtes sein, wieder nach
Mittel-Aravellien zu gelangen.
Außerdem müsste ja auch noch die Verstärkung aus dem Elfenreich auf dem Weg zu uns sein. Wenn wir ihnen unterwegs begegnen, können wir sie warnen, was hier geschehen ist. Dann werden sie sich sicher auch wieder zurückziehen wollen, und wir könnten mit ihnen als Geleit noch sicherer reisen!"
Sie alle nickten; seine Ausführungen schienen schlüssig. Dan hoffte allerdings, dass er recht behalten würde und sich diese Route nicht als ein weiterer Fehltritt erweisen würde.
Als alle schliefen, spürte Dan plötzlich, wie Nâra'ti sich unbewusst im Schlaf sanft an ihm schmiegte. So vertraut und doch so anders war das Gefühl.
Er seufzte schwer.
Es war einfach wieder mal einer dieser Tage...
Hat mir sehr gut gefallen und ich konnte mir den Hergang sehr gut vorstellen. Sehr schön waren auch die Dialoge mit einer Brise Witz.
Danke dir, freut mich wenn die Geschichte gefallen hat.
Hoffe mein Schreibstil war nicht zu repetiv.
(Ich hätte es noch 10 mal gegen- / korrekturlesen sollen)
A lot of unofficial Challenges