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Mon 10th Feb 2025 11:39

Isma

by Segu

[...]
Je weiter die Sonne gen Horizont sank, desto eher waren die Hexen mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt und bedachten Grauer und mich entweder mit höflicher Gleichgültigkeit, wie ich sie aus Colvera kannte, oder mit einem raubtierhaften Interesse, das ich so noch nie gesehen habe und das Grauer und mir nahegelegte, lieber Abstand zu halten - und so begaben wir uns an den Rand des Tafelbergs, der auf keiner Karte auffindbar sein würde, und besahen uns Moneda, das sich unter uns ausbreitete, so weit das Auge reichte. Wie eine Schlange aus brennendem Gold zog sich unser größter Fluss im Abendlicht durch die Landschaft, irgendwo weiter entlang dieses Weges müsste die Hauptstadt liegen. Das hieße, der dunkle Fleck nördlich von hier war der Vergessene Wald, und etwa drei Tage nördlich davon…
 
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als hinter mir ein erstauntes Ächzen ertönte und eine Stimme, die flüsterte: “Es ist ja wirklich grau!” Und dort, neben einer zufrieden lächelnden Soteira, stand eine Hexe, die trotz meiner Nachtsicht fast nicht zu sehen war. Die Spur aus Rauch und Ascheflocken, die sie hinter sich herzog, als sie zu uns huschte und Grauer ungeniert genauer untersuchte, machte es wahrscheinlich, dass es sich um eine Feuer-Genasi handelte. Ungewöhnlich war ihre dunkle Haut (tatsächlich Kohle, wie sich später herausstellen würde), die von grauen Adern durchzogen war (die beim Lachen oder anderen emotionalen Ausbrüchen rot-golden aufglühten und kleine Fünkchen versprühten, wie sich noch später herausstellen würde), und ihre gänzlich schwarzen, pupillenlosen Augen, die nun den Drake studierten, bevor sie sich umdrehte und entschuldigend als Isma vorstellte. Neben ihrer Berufung als Hexe war sie eine leidenschaftliche Künstlerin und Draconide ihr liebstes Thema, weshalb sie die beinahe vollkommene Farblosigkeit Grauers faszinierte. Als ich ihr von ihm und den anderen Drakes am Hof erzählte und wir ins Gespräch kamen, wurde Soteiras Lächeln umso breiter, und mit einem kurzen Winken ließ sie uns wortlos allein.
 
In den etwa zwei Stunden, die viel kürzer erschienen, tauschten wir viele Geschichten und Informationen über Drachen (manche davon sogar für mich vollkommen neu) und ab und an und immer öfter Blicke aus - ihre sicherlich aus einer rein künstlerisch-ästhetischen Perspektive, wie ich dachte, meine… eher weniger. Als sie mich dabei ertappte, glühten die Adern in ihrem Gesicht kurz auf, und ich fürchtete, sie wütend gemacht zu haben, aber sie schlug mir stattdessen vor, mir ihre bisherige Arbeit zu zeigen, wenn ich möchte, und reichte mir ihre Hand. Ich konnte mit Malerei und dergleichen zwar wenig anfangen, aber da es sich offensichtlich um drachische Motive handelte, bejahte ich ihr Angebot natürlich und nahm ihre Hand. Im nächsten Augenblick befanden wir uns in einem Raum, der teils ein Gemach und teils ein Atelier zu sein schien, allerdings sah ich nirgendwo ihre oder sonstwelche Kunstgegenstände. Wir tranken etwas Gewürzwein aus einer ihrer Kommoden, und als ich ihr meine Verwunderung mitteilte, grinste sie schelmisch. Der Rauch und die Asche, die jeder ihrer Bewegungen hinterherhingen, vervielfachten sich derart, dass sie bald den ganzen Raum verdunkelten. Aus den Schatten schälten sich allmählich rauchige Schemen mit glühenden Augen, deren Konturen immer mehr an Schärfe gewannen, bis aus ihnen die geflügelten Wesen wurden, die Isma und ich so bewunderten. Hexen hatten ja eine jede ihre Spezialität; Ismas schien die Illusionsmagie zu sein. Und wie! Nicht nur die realistischen Formen, auch die Bewegungen schienen echten Kreaturen nachempfunden zu sein, auch wenn es ungewöhnlich wäre, ihnen ohne Gefahr so nahe zu kommen und studieren zu können. Aus den Rauchschwaden trat Isma neben mich und fragte mich nach meiner Meinung. Ich glaube nicht, dass meine Worte ausgereicht hatten, um meine Bewunderung auszudrücken, aber sie schienen ausreichend.
 
[Fade to black (heh), blablabla...]