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15.5: Der Dachs

General Summary

Bibliothek zu Korranberg

Am nächsten Morgen nehmen sich die Misty Steppers zum ersten mal die Zeit, ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen. Das Gebäude der Fakultät Cantor ist über weite Teilen ausgekleidet mit drückenden dunklen Holzvertäfelungen, die selbst die größten Lehr- und Lesesäle eng wirken lassen. Schwere samtene Vorhänge sperren zusätzlich öfter als notwendig die Sonne aus. Zudem ist auf den zweiten Blick ersichtlich, dass hier ein gewisser Renovierungsstau herrscht und kaum eines der angebotenen Studentenzimmer bewohnt ist, wie die Abenteurer spätestens bei ihrem ersten Besuch der Gemeinschaftsküche erkennen, deren karge Bestückung hauptsächlich aus schwer verderblichen, und dennoch bereits schal gewordenen Lebensmitteln besteht. Im Gegensatz dazu steht die schillernde Metropole Korranberg, auf die der Blick frei wird, wenn man einen der Vorhänge zu Seite schiebt. Das Juwel im Osten Zilargos kann als älteste Stadt des Landes auf eine reiche Kultur zurückblicken – die die Abenteurer allerdings zum aktuellen Zeitpunkt nicht erkunden können. Zwar ließe sich die universitäre Insel im Herzen der Stadt über diverse Brücken leicht verlassen, aber sie werden von Dekan Xeïvesso darauf hingewiesen, dass ihnen (abgesehen vielleicht von Wisper) aufgrund der unregulierten Einreise in das Land wichtige Papiere fehlen, was bei einer Kontrolle zu riskanten diplomatischen Verstrickungen führen könnte. Fürs erste scheinen die Misty Steppers also auf dem Campus festzusitzen.

Als Pragmatiker sieht Gauthak es als gegeben, mit ihrem Gastgeber letzte Details bezüglich der beiden vergangenen Aufträge zu klären. Einerseits wäre da der Wert des Armreifs, den sie von Xeïvesso erhalten haben. Dieser versichert, dass bei einem Juwelier problemlos der von ihm aufgerufene Preis zu erreichen wäre. Von einer Veräußerung des Schmuckstücks innerhalb Zilargos rät er jedoch ab, die findigen Gnome verstünden sich aufgrund des omnipräsenten Edelsteinhandels gut darauf, einen potentiellen Verkäufer stark herunterzuhandeln. Als Gauthak auch wegen Ajera Goldzimbels Auftrag nachhakt, erklärt der Dekan, er sei bereits in dieser und einer anderen Angelegenheit bei den Häusern Sivis und Orien eingekehrt. Die Korranberger Chronik bereite ihre Entlohnung bereits vor, die Abenteurer sollten sich lediglich darauf einigen, welche Art Edelsteine sie jeweils verlangten. Insgesamt möchte sich Xeïvesso jedoch offenkundig nicht lange mit diesen Angelegenheiten befassen, er scheint bereits gedanklich völlig absorbiert mit dem Problem um Prokurator Thimsh und dessen Lykanthropie. Diesbezüglich habe er außerdem nach einem Kollegen geschickt, von dem er sich entscheidende Beiträge verspreche.

Ein jovialer Verbündeter

Dem drohenden Lagerkoller begegnen die Misty Steppers auf unterschiedliche Arten: Ophelia, Wisper und Zenatha nutzen die extensive Bibliothek, um sich über Flüche, Gifte und Zauber weiterzubilden. Ophelia versinkt dabei unvermittelt in der Pseudowissenschaft der Phrenologie, was die Rangliste ihrer beliebtesten und unbeliebtesten Mitsteppers gehörig aufmischt. Gauthak hat von vorn herein wenig Interesse am Wissensschatz der renommierten Institution und nutzt stattdessen den Campus für allgemeine körperliche Ertüchtigung. Einige Studenten missverstehen seine Aktivität als extracurrikuläres Angebot der Universität und so sammelt sich eine täglich wachsende Traube stöhnender und schwitzender Nerds um den Goliath, die sich allerdings sowohl beim Konditionstraining als auch beim später ergänzten Ringkampf-Turnier kaum mit Ruhm bekleckern. Averys „Recherchen“ fördern erschreckend wenig Bildbände zutage, daher verlegt er sich stattdessen darauf, „die Gefahr zu suchen“. Viel Erfolg hat er dabei zwar nicht, aber so begegnet er Silas Armand, dem zuvor erwähnten Kollegen des Dekans, als dieser gerade in Cantor eintrifft. Averys Versuch, sich als Student der „Vasologie“ auszugeben, haben nur mittelmäßigen Erfolg, aber Silas scheint den Barbarladin dennoch sympathisch zu finden – auch nachdem dieser einen Riesendachs aus seinem Grauen Trickbeutel auf die arglose Fakultät losgelassen und damit die wenigen, blassen Studenten in Aufruhr versetzt hat.
Als der Dekan hinzustößt, ziehen sich die beiden Akademiker in sein Büro zurück, wo Xeïvesso dem Neuankömmling das Problem vorstellt. Wisper und Ophelia nutzen ihre jeweiligen Fähigkeiten, um zu lauschen.

S: „Dafür haben Sie mich herkommen lassen? Nicht nur, dass Sie meine Zeit verschwenden, Ihr Vorhaben ist noch dazu völlig aberwitzig!“
X: „Sie haben es mich doch noch gar nicht ausführen lassen.“
S: „Weil es nicht nötig ist! Wir hatten schon immer verschiedene Ansichten insbesondere bei der Lykanthropie, aber nun habe ich Sie wohl völlig verloren. Es wäre vielleicht das gnädigste gewesen, den armen Mann einfach direkt zu töten… Bringen Sie ihn zu Haus Jorasco, möglicherweise findet man dort eine Art Rettung für ihn.“
X: „Sie missverstehen, Doktor. Ich bin wenig interessiert an dem Mann, mehr an seinem Alter Ego.“
S: „Grundgütiger! Sie gedenken wirklich, der Bestie zu helfen? Sie haben den Verstand verloren!“
X: „In diesem Fall ist nicht die Bestie das Monster. Sie folgt eisernen Prinzipien, die ein Mann wie Sie als „Ehre“ oder „Anstand“ bezeichnen mag. Der Mann hingegen ist eine verachtenswerte Spinne, die nicht davor zurückschreckt, jenen zu schaden, welche ihm am nächsten stehen, solange es ihm zum Vorteil gereicht. Meine aktuellen Gäste werden Ihnen das gern bestätigen. Sind Sie nicht der Meinung, dass in einem solch speziellen Fall eine Abweichung vom Standardprozedere des Hauses Jorasco gerechtfertigt ist?“
S: „Eine unglückliche Konstellation, sollte Ihre Einschätzung stimmen, doch nicht zu ändern. Sei es drum, ich werde mich an Ihren fragwürdigen Versuchen nicht mitschuldig machen.“
X: „Sie enttäuschen mich, Armand. Ich hatte gehofft, gerade Sie könnten die moralische Komplexität des Falls erfassen. Doch wenn Sie sich nicht umstimmen lassen, werde ich jemand anders finden müssen, der diesen Durchbruch mit mir wagen will. Ich kann Sie kaum zur Kooperation zwingen. Sie finden den Weg zurück sicher selbst. Ich werde Sie bei meinen Gästen … entschuldigen.“
S: „… Dass Sie es wagen! … Bon. Ich werde Ihnen assistieren. Und sei es nur, um ein Auge auf Sie zu werfen.“
X: „Ausgezeichnet. Ich freue mich auf unsere neuerliche Zusammenarbeit.“


Im Folgenden richtet sich Silas einen Arbeitsplatz in einem der vielen unbenutzten Räume des Gebäudes ein und widmet sich – wenn auch zunächst widerstrebend – dem vorliegenden Problem. Die moralischen Implikationen beschäftigen ihn offensichtlich, und er sucht mehrmals das Gespräch mit den Misty Steppers und beiden Persönlichkeiten des Patienten, um die Verhältnisse voll zu erfassen. Dabei nähert er sich weiter Avery an. Als er ihn zu sich bestellt, um ihm eine vom Dekan in Aussicht gestellte Dosis Katecholamin auszuhändigen, bemerkt Avery das Symbol einer mit einem Gehstock gekreuzten Flinte auf dem Gehstock des Doktors. Avery spricht ihn darauf an und präsentiert auch den nahezu identischen Anhänger, den er Glorias Replikat innerhalb des Horologiums abgenommen hat. Silas Armand vertraut ihm aufgrund seiner Rolle bei der Rettung der Fee an, gemeinsam mit ihr zu einer geheimen Vereinigung zu gehören, die im Verborgenen buchstäbliche und metaphorische Monster jagt, wo immer die öffentlichen Schutzinstrumente versagen – der Ligue des Veneurs. Da Avery sich interessiert zeigt, mehr darüber zu erfahren, und Silas Potential in ihm erkennt, überlässt der Doktor ihm einen Teil des Kodex der Liga und vertraut ihm außerdem eine selbst konstruierte, exotisch anmutende Waffe an, die es dem Träger erlaubt, rasch zwischen zwei verschiedenen Kampfstilen zu wechseln.

Ein Coup im Orien-Express

Der Tag kommt, an dem die beiden Akademiker verkünden, einen Ansatz zur Lösung des lykanthropen Problems gefunden zu haben. Durchführen ließe sich die Behandlung aber nicht hier, sondern nur in einem speziellen Institut am Breysee. Silas beabsichtigt, gemeinsam mit den Abenteurern mit der Blitzbahn nach Wroat und von dort aus per Kutsche weiterzureisen, während der Dekan seinen Probanden auf weniger öffentlichem Wege zum Ziel bringt. Silas hat außerdem dafür gesorgt, dass den Abenteurern alle notwendigen Papiere ausgestellt wurden, damit sie ihn als seine Assistenten unbehelligt begleiten können.

Der Blitzbahnhof Korranbergs ist gänzlich anders und vor allem kleiner als der Sharns, aber aufgrund seiner beeindruckenden Architektur nicht weniger bemerkenswert. Am Bahnsteig herrscht ein reges Treiben, hier mischen sich auch zahlreiche andere Völker unter die ansonsten omnipräsenten Gnome, so redet zum Beispiel ein blasierter Halbork auf einen Kofferträger ein und eine schlanke Frau mit schwarzem Witwenschleier diskutiert mit einem Schaffner über das Verladen einer Reihe von Hundekäfigen. Außerdem fallen einige bewaffnete Thri-Kreen auf, die zu einer der Blitzbahn unterstellten Sicherheitsfirma zu gehören scheinen.

Abgesehen davon, dass der Zug in umgekehrter Wagenreihung ankommt, verläuft die Reise trotz eines sich zusammenziehenden Unwetters zunächst ohne Zwischenfall. Nach einem etwas längeren Halt in Zolanberg befinden sich die Misty Steppers im Bordbistro, als Ophelia von den anderen ermutigt wird, neue Kontakte zu knüpfen, um einerseits ihre Sozialkompetenz zu verbessern und andererseits über den Verlust ihrer ersten großen Flamme Mylan hinwegzukommen. Die Wahl fällt auf Vincent Stocker, einen mitreisenden Architekten: Er ist alt, und deshalb näher am Tod; ein offensichtlicher Bonus, wenn man die Grabesklerikerin fragt (was aber wie üblich niemand tut). Es folgen zermürbende Minuten einer fremdschamerregenden Unterhaltung, während der Stocker erst sehr spät einen Flirtversuch wittert. Da Ophelia sich dann aber doch distanziert gibt, überlässt er ihr ohne viel Hoffnung lediglich seine Anschrift in Vathirond. Das Gespräch wird unterbrochen durch einen verahrlosten alten Mann, der ins Bistro stürzt und Richtung Zugende hastet. Wenig später folgen zwei der Thri-Kreen, die allerdings einige Minuten später anscheinend unverrichteter Dinge wieder zurückkehren.

Die Misty Steppers beschließen zwar vorerst, sich nicht in die Angelegenheit verwickeln zu lassen, dann jedoch geht ein kleiner Ruck durch den Zug und die rote Notbeleuchtung springt an. Nun sprechen sie doch die Sicherheitsleute an und überzeugen sie, sie in die Vorgänge zu involvieren. Die Abenteurer erfahren, dass kurz zuvor zwei unbefugte Personen im Güterwagen direkt vor dem Bordbistro entdeckt wurden, die in Richtung der Lokomotive am Zuganfang geflohen seien. Ein Teil der dort postierten Thri-Kreen habe die Verfolgung aufgenommen, die zurückbleibenden hätten kurz darauf jedoch zwei weitere Unbefugte entdeckt, eine junge Frau und der alte Mann, die dann Richtung Zugende geflohen seien. Die Abenteurer durchschreiten das besagte Güterabteil, in dem sie unter anderem vier leere, geöffnete Hundekäfige vorfinden. Im Güterwagen davor treffen sie weitere Thri-Kreen an, die gerade damit beschäftigt sind, nach einem Kampf aufzuräumen. Tot am Boden liegt eine hundeartige Gestalt, die rasch als Schakalwer identifiziert wird. Durch die geschickte Kombination individueller Talente gelingt den Abenteurern eine Befragung des Toten. Folgende Fragen und Antworten werden gestellt und gegeben:
1. Warum seid ihr hier?
„Mori, bist du- ? Oh. … Sie hat uns geschickt, um es zu holen“
2. Wer ist sie?
„Eiskalt, das Mädchen mit den Spiegelaugen“
3. Was ist es?
„Die letzte Tür – und die erste“
4. Genauer?
„Alt, Holz, ein geschnäbelter Kopf, ein Ring“
5. Wo sind die anderen?
„Herennion konnte weiter nach vorn fliehen, wo die anderen beiden sind, weiß ich nicht“


Auf der Suche nach dem anscheinend Richtung Lokomotive geflohenen zweiten Schakalwers stoßen die Misty Steppers auf eine Tür am Ende des Güterabteils, die sich nicht öffnen lässt. Ein hinzugerufener Bahnmitarbeiter zeigt den Abenteurern den Mechanismus zum Entriegeln – und unvermittelt schlagen ihnen Wind und Regen entgegen. Der hintere Zugteil, in dem sich die Misty Steppers befinden, wurde abgekoppelt und kam allmählich zum Stehen, während der vordere Teil davongefahren ist. Im nächtlichen Unwetter ist das bisher niemandem aufgefallen – zumal aufgrund der permanenten rötlichen Notbeleuchtung beim Blick aus dem Fenster nur die eigene Reflektion zurückstarrt. Die Misty Steppers sorgen dafür, dass der Blitzbahnbetreiber Haus Orien von den Mitarbeitern an Bord informiert wird, damit kein Unfall geschieht und die Bahn evakuiert werden kann. Dann beschließen sie, den restlichen Zug zu untersuchen. Weder das Postabteil am hinteren Zugende noch die hinteren Personenabteile fördern entscheidende Spuren zutage, nur das Personenabteil zwei Waggons hinter dem Bistro ist auffällig: Im unteren Bereich scheinen die Passagiere nicht ungeduldig oder aufgebracht, im Gegenteil, jeder Insasse scheint zu schlafen. Gauthak nutzt einen magischen Schleier, um für kurze Zeit die Wahren Gestalten aller erkennen zu können. Zunächst erkennt er nur wenig von Bedeutung – eine kosmetische Illusion hier, drei Kobolde in einem Mantel dort – , bevor er die verschlossene Tür zum Abort aufbricht und einen letzten flüchtigen Blick auf den Spiegel erhascht, gerade als seine Wahre Sicht endet. In diesem Sekundenbruchteil erscheint es ihm so, als sei dessen Oberfläche seltsam wabernd, fast flüssig. Der Raum wird genauer untersucht, aber bis auf die Andeutung einer verblassenden magischen Aura können die Misty Steppers keine Spuren finden; auch der Spiegel hält allen Untersuchungen stand und bleibt, was er zu sein scheint: ein gewöhnlicher, billiger Spiegel, mit Kleber an der Wand befestigt. Zuletzt betreten die Abenteurer noch einmal den Güterwagen, in dem die Eindringlinge zuerst gesichtet wurden und dessen obere Etage sie noch nicht in Augenschein genommen haben. Es scheint, als sei dieser Bereich speziell für den Transport von Wertgegenständen gedacht. Die hier postierten Thri-Kreen bestätigen die Annahme und versichern, dass sich niemand Zutritt verschafft haben kann. Ophelia schließt einige der gesicherten Abteile mit einem zuvor entdeckten Schlüsselbund auf, deren Inhalt ist jedoch größtenteils nicht hilfreich. Das größte Abteil ist leer bis auf ein metallenes Gestell, um das lose Zurrgurte auf dem Boden liegen. Was hier einst fixiert war, ist unklar, aufgrund der Aussagen des toten Schakalwers lässt sich aber schließen, dass es eine Tür gewesen sein mag. Das einzige weitere auffällige Detail des Raums ist eine große Pfütze auf dem Boden, die rasch als gewöhnliches Wasser identifiziert wird.

Da offenbar wird, dass die Misty Steppers keine Möglichkeit haben, die bereits abgelaufenen Geschehnisse in irgendeiner Weise zu beeinflussen, stellen sie ihre Untersuchungen ein. Zudem treffen nach und nach die von der Blitzbahn ausgesandten Ersatzfahrzeuge ein, um den liegengebliebenen Zug zu evakuieren. Der Schienenersatzverkehr sammelt auch die reichlich irritierten Abenteurer ein und bringt sie über die breländische Grenze nach Unbeugsamtor, von wo aus sie ihre Reise fortzusetzen gedenken.

Belohnungen

Erhaltene Erfahrungspunkte: 700XP

Zugehörige Berichte

Notizen

Anwesende Spieler:   Spielleiter:  
Datum des Berichts
21 Oct 2024
Hauptschauplatz

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