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Der Eisenwall

Schon aus einiger Entfernung kündigt sich die Schmiede Eisenwall mit einem ganz eigenen Klangteppich an. Tiefes, rhythmisches Pulsieren dringt durch das Geäst des Waldes – das schwere „Klonn“ von Stahl auf Stahl, gefolgt vom vibrierenden Nachhall, der wie fernes Donnergrollen durch die Luft zittert. Helles Klickern mischt sich hinein, wenn heiße Funken vom Amboss springen und über den steinernen Boden tanzen. Dann wieder das zornige Zischen, sobald glühendes Eisen ins Schmiedeblut taucht. Fast klingt es wie das Fauchen eines lebendigen Wesens.
Am südöstlichen Rand von Eichenhain, an dem sich der Weg aus dem Wald zur neuen Straße schlängelt, steht sie – die Schmiede Eisenwall. Ein gedrungener Bau, rußgeschwärzt und schlicht, fast als würde er sich an den Waldrand ducken, um unauffällig die passierenden Reisenden zu beäugen. Und doch ist er Herz und Rückgrat des Dorfes. Errichtet aus dem wenigen Stein, den man aus den Flussklippen brechen konnte. Das Fachwerk aus Rundholz mit Lehm ausgefacht, trotzt der Eisenwall seit Jahrzehnten dem Zahn der Zeit. Das Dach besteht aus Schindeln und ist vom Kohlerauch der Jahre geschwärzt. Aus dem schmalen und fünf Meter hohen Schornstein steigt beinahe unablässig eine Säule aus weißem Dunst empor. Ein Zeichen, dass Rurik Lutger, der Schmied, seiner Arbeit nachgeht.
Rurik, ein stämmiger Zwerg mit wettergegerbtem Gesicht und einem weißen Bart, häufig so wild wie die Wälder ringsum, hat sich seinen Namen nicht durch Reden verdient, sondern durch Hitze, Hammer und Hingabe. Seine Werke sind keine Zierde – sie sind Werkzeuge, Rüstungen oder Klingen und benötigte Alltagsgegenstände. Gemacht für die Benutzung, den Kampf und die Ewigkeit. Verteidiger von Berge tragen seine Rüstungen, und selbst am Hof des Erzherzogs kennt man seine Äxte. Jedes Stück trägt das Zeichen seines Hauses: eine kleine Eichel, sauber ins Metall geschlagen – Sinnbild für Herkunft, Standhaftigkeit und Beständigkeit.
Je näher man kommt, desto feiner wird der Klang. Das angestrengte Ächzen der Blasebälge, die die Glut anheizen und das leise, hohe Pfeifen, das aus der Schmiede dringt, sobald der heiße Atem der Holzkohle die Esse hinauf steigt. Die rote Glut lockt und wartet nur darauf, dass ein frisches Stück Eisen eingelegt wird. Betriebsam verstrahlt das Schmiedefeuer seine Hitze, pulsierend im Takt der Blasebälge, wenn sie die Holzkohle weiter entfachen. Es ist fast so, als würde das Handwerk selbst einen Herzschlag besitzen. Selbst in stillen Momenten schwebt ein unterschwelliger Nachklang durch die Luft, ganz so, als sei das Gebäude selbst ein Resonanzkörper, einer Glocke gleich, die niemals ganz verstummen will.
Der Geruch ist ebenso unverwechselbar wie der Klang. Schwer liegt der Geschmack nach heißen Kohle und des Eisens in der Nase und legt sich auf die Zunge. Eine Mischung aus glühendem Metall, verbrannter Holzkohle und dem aufsteigenden Duft des Schmiedeblutes, wenn das Eisen abgekühlt wird. Besonders berauschend schwebt der Duft des noch rot glühenden Eisens in der Luft, kurz nachdem es aus Glut befördert wird, um auf dem Amboss mit dem Hammer bearbeitet zu werden. Der feine Schleier aus Asche, Ruß und Metallstaub hängt in der Luft, setzt sich auf der Haut und in der ledernen Kleidung fest.
Der Rauch, der als dünner Faden aus dem Eisenwall steigt, stammt nicht von irgendetwas – es ist hochwertige Holzkohle, aus bestem, selektiv geschlagenem Hartholz des Eichenwaldes. Sorgsam wurde sie von einem erfahrenen Köhler am Flussufer pyrolysiert. Diese Zusammenarbeit zwischen Köhler und Schmied ist ein stiller Tanz - wortlos, präzise, verlässlich.
Im Vorhof riecht es erdiger, gar gedämpfter. Der ölige Film von Werkzeugen, mit Tierfett geschützt, mischt sich mit dem herben Geruch alter Holzkisten, Leder und einem Hauch Schmieröl. Es ist ein Duft wie ein altes Versprechen, dass hier geschwitzt, gearbeitet und geschmiedet wird, wie es seit Jahrhunderten Tradition ist. Die Hitze drückt auf die Haut und das Atmen fällt schwer. Flirrt sie doch wie unsichtbares Tuch in der Luft, steigt aus der offenen Esse auf und lässt die Luft dicker wirken, als könne man sie mit den Händen greifen. Wenn der Wind günstig steht, trägt er den Rauch durch das Dorf wie einen stillen Fingerzeig – und dann sagen die Leute nur:  
„Der Lutger ist wieder an der Arbeit.“
  Und in solchen Momenten scheint selbst der Wind nach Eisen zu riechen.
Im Inneren herrscht Hitze, Leben und Ordnung im Chaos. Die große zentrale Esse brennt unermüdlich, flankiert von zwei Ambossen. Werkzeuge hängen fein säuberlich an den Wänden und die Regale sind voll mit Werkstücken, Metallbarren oder Ersatzteilen. In einer Ecke steht ein kleiner Tresen, der nur selten besetzt ist, jedoch ein stiller Ort für ruhige Geschäfte bietet. Rurik arbeitet meist allein, doch seit zwei Wintern hilft ihm sein Neffe Jero, der Sohn seines Bruders aus Maarikest. Jero ist jung, aufmerksam, und wenn sein Hammer auf das Eisen trifft, schmunzelt Rurik manchmal – nicht, weil es perfekt ist, sondern weil er den richtigen Takt erkennt.
Eisenwall ist kein Zentrum des Glanzes. Es ist der dumpfe Herzschlag aus Metall in einem Dorf aus Holz – und ohne diesen Schlag würde Eichenhain verstummen.

Zweck / Funktion

Die Schmiede ist weit mehr als nur ein Ort, an dem Metall geformt wird – sie ist das Herz der handwerklichen Selbstständigkeit Eichenhains und ein unverzichtbares Glied in der funktionalen Kette der Siedlung. Ihr Hauptzweck liegt in der Versorgung der Dorfgemeinschaft mit Werkzeugen, Waffen und Rüstungen, doch ihr Einfluss reicht weit über das Offensichtliche hinaus.
In erster Linie dient Eisenwall der Herstellung von hochwertigem Werkzeug für Holzfäller, Jäger, Bauern und Handwerker. Äxte mit geschärften Schneiden, gezahnte Sägen, Meißel, Pflugscharen, Hämmer, Nägel – alles, was aus Eisen bestehen kann, wird hier gefertigt oder instand gesetzt. Ohne diese Werkzeuge würde das tägliche Leben im waldreichen Eichenhain nicht funktionieren. Selbst die Pferde beschlägt Rurik mit ruhiger Selbstverständlichkeit. Viele Reisende suchen ihn auf, gerade wenn es darum geht Kleinigkeiten zu reparieren.
Gleichzeitig ist der Eisenwall ein militärischer Rückhalt der Siedlung. Rurik Lutger stellt mit großem Geschick Schwerter, Speere, Dolche und Pfeilspitzen her, die der Miliz der Siedlung den Schutz ermöglichen. Seine Rüstungen, besonders die lederunterfütterten Kettenhemden und genieteten Plattenstücke, gelten als Meisterwerke. Sie bieten Beweglichkeit, sind widerstandsfähig und gelten als langlebig. Gerade in dieser abgelegenen Region, in der Hilfe von außen nur langsam eintrifft, ist der Eisenwall ein Symbol für Unabhängigkeit und Wehrhaftigkeit.
Doch der Zweck der Schmiede endet nicht beim Metall. Der Eisenwall ist ein Ort der Weitergabe von Wissen. Rurik nimmt zwar selten Lehrlinge auf, doch sind diese stets sorgfältig ausgewählt. Ihnen vermittelt er uraltes Schmiedewissen, das teilweise noch aus den Tagen der ersten Siedler stammt. Damit ist die Schmiede ein Hort der Tradition und des Gedächtnisses der Siedlung.

Bewohner

  • Meisterschmied: Rurik Lutger
  • Lehrling: Jero Lutger, der Sohn von Talbert Lutger, Ruriks jüngerem Bruder
  • Architektur

    Die Schmiede Eisenwall steht im südöstlichen Teil Eichenhains, leicht erhöht auf einer natürlichen Anhöhe aus festem, felsigem Grund, der stets vom Morgentau benetzt ist. Kein Prunk, kein unnötiges Zierwerk – aber alles an diesem Gebäude spricht von Beständigkeit, Zweckmäßigkeit und stiller Würde.
    Das Fundament besteht aus behauenen Flusssteinen, die in traditioneller Trockenmauertechnik aufgeschichtet wurden. Sie wurden bewusst nicht verfugt, sondern mit Moos und Lehm ausgefüllt, sodass sie bei Temperaturschwankungen atmen können. Das macht die Struktur widerstandsfähig gegen Frost und Bodenfeuchte. Über die Jahrhunderte haben sich Flechten in den Fugen angesiedelt, sodass das Fundament beinahe wie ein natürlicher Teil des Bodens wirkt.
    Darauf ruht ein Ständerbohlenbau aus massiven Rundhölzern aus Eiche aus den umliegenden Wäldern. Die vertikalen Ständer – vierzig Zentimeter dick – wurden mit Zapfen und Holznägeln verbunden, ohne einen einzigen Eisennagel. Zwischen den Ständern sitzen gefalzte Bohlen, innen mit Lehmbewurf und einem Gemisch aus Tierhaar, Kalk und Sand verputzt. Die Wände sind dadurch dick, schwer und ausgezeichnet isolierend – im Winter speichert der Lehm die Hitze der Esse, im Sommer schützt er vor der Sonne.
    Der Boden besteht aus hochkant aufgestellten Holzsplinten, die ein angenehmes Stehen, auch über Stunden ermöglicht. Lediglich an der Schmiedeesse ist Stein und teils Metallblech verarbeitet, um einen Brand zu vermeiden.
    Die Esse selbst ist das Herz der Schmiede und nimmt fast ein Drittel des Innenraums ein. Sie wurde aus feuerfestem Stein und Lehm errichtet, mit einem tief eingelassenen Glutbett, das in einer halbrunden Wanne aus Schamott mündet. Darüber wölbt sich ein Rauchfang aus Tonziegeln, der sich trichterförmig nach oben verjüngt und in einen geradlinigen Schlot aus schwarzen, glasierten Ziegeln übergeht – hoch genug, um die Rauchsäule über die Baumwipfel zu führen. Zwei große Blasebälge, gefertigt aus Leder, Eichenholz und Bronzenieten, sind an einem Schwungradmechanismus gekoppelt, der per Fußpedal oder Handhebel bedient werden kann. Das erlaubt es dem Schmied, die Luftzufuhr präzise zu regulieren.
    Links von der Esse stehen zwei Ambosse, einer alt, abgeschliffen und ausladend, der andere neuer, massiger und mit eingearbeiteten Gravuren am Sockel. Zwischen ihnen verläuft eine eingelassene Steinrinne, in der abgeschlagene Schlacke und glühende Reste gesammelt werden – ein Detail, das sowohl für Ordnung sorgt als auch Verletzungen vorbeugt. Rings um die Ambosse hängen Hämmer, Zangen, Ziselierwerkzeuge, Bohrer, Körner und Feilen in exakt zugeordneten Halterungen, sorgfältig beschriftet mit kleinen Lederbändern.
    Die Decke ist überraschend hoch, mit freiliegenden Balken, die teils von Schmier und Rauch geschwärzt sind. Die Sparren sind mit Holzdübeln verbunden, einige zeigen Reparaturen – Spuren von Bränden, von Alter, von Nutzung. In der Firstlinie verläuft eine schmale Dachluke, die bei Bedarf mit einem Hebel geöffnet werden kann, um überschüssige Hitze entweichen zu lassen.
    Das Dach selbst ist mit handgespaltenen Holzschindeln gedeckt, doppelt gelegt und an den Rändern mit erhitztem Pech abgedichtet. Es neigt sich leicht in Richtung Norden, da dort das Regenwasser über ein halbrundes, ausgehöhltes Baumstück in ein Fass geleitet wird – Brauchwasser das teils für das Abschrecken von Schmiedegut genutzt wird.
    Ein kleiner Anbau aus Lärchenholz beherbergt das Lager. Hier finden sich Rohlinge, Stäbe aus Eisen, Holzkisten mit Holzkohle, Bündel von Werkzeuggriffen und Rüstungssegmente. Die Temperatur ist hier konstant kühl und trocken.
    Nach Süden hin öffnet sich das Gebäude zu einem halboffenen Arbeitsvorplatz, geschützt durch ein weit auskragendes Vordach. Darunter steht eine große Wassertonne aus gerissener Eiche mit eisenbeschlagenen Ringen. Daneben ein Gestell mit frisch geschmiedeten Werkstücken zum Abkühlen – manche glänzen noch, andere sind mit Kreide zur Weiterbearbeitung markiert. Auf einem dicken Holzblock liegt eine schwere Schneideplatte aus Eisen, um große Stücke zu kürzen oder Klingen final abzustimmen.
    Die Tür zur Werkstatt ist dick, aus querverleimten Hartholzplanken, die mit schweren Bändern beschlagen sind. In ihrer Mitte prangt das Symbol der Schmiede – Ein metallenes Schild mit einer eingelassenen Eichel aus Messing, schlicht, aber kunstvoll gefertigt. Es ist das Zeichen der Lutgers, und wer es erkennt, weiß: Dieses Gebäude steht seit Jahrhunderten. Und es wird noch viele Winter stehen.

    Geschichte

    Die Geschichte vom Eisenwall reicht bis zur Gründungszeit Eichenhains zurück. Als die ersten Siedler das Gebiet besiedelten, brachten sie kaum mehr als ihr Werkzeug, Mut und ein paar Tiere mit. Ein ausgebildeter Waffenschmied war unter ihnen. Doch anstatt, wie ursprünglich geplant nach Maarikest zurückzukehren, entschied sich Rurik Lutger, mit den anderen Pionieren zu bleiben.
    Er errichtete die erste Schmiede aus Rundholz, Lehm und einem Fundament aus Feldsteinen, die er selbst aus dem Flussbett barg. Schon bald wurde die Schmiede zum unverzichtbaren Bestandteil der jungen Siedlung. Die ersten Forstaxtköpfe, Türscharniere und Feuerstellen trugen alle seine Handschrift.
    Besonders legendär ist der Winter im dritten Jahr der Besiedlung. Eine Räuberbande aus dem Osten bedrohte die Siedlung. Rurik arbeitete tagelang ohne Pause, um Waffen für die Verteidiger herzustellen. Seitdem ist der Eisenwall nicht nur ein Handwerksort, sondern ein Symbol der Standhaftigkeit geworden.
    Der Name „Eisenwall“ geht zurück auf einen alten Spruch, den Rurik selbst in die Schwelle der ersten Esse ritzte:  
    „Wenn Holz die Wände und Eisen das Herz bildet, dann steht ein Wall gegen Kälte, Krieg und Zeit.“
      Mit diesem Gedanken im Herzen baute er die Schmiede, erst um Werkzeuge für die neu gegründete Siedlung zu erstellen und dann nicht nur als Ort der Arbeit, sondern als Schutz – ein Bollwerk aus Können, Hitze und Beständigkeit in einer Welt, die sich stetig wandelte. Der Name wurde zur Tradition und zugleich zum Anspruch. Was hier geschmiedet wird, soll so verlässlich sein wie eine Mauer aus Eisen.
    Text erstellt von Chalwi, lektoriert von wintergoettin
    Typ
    Craftsman, Blacksmith / Smithy
    Übergeordneter Ort
    Besitzer

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