Mein Name ist Liam Eric Skarsgård und ich wurde am 11.03.19.. in Savannah, Georgia als ältester Sohn einer gutbürgerlichen amerikanischen Familie mit schwedischen Wurzeln geboren. Lange Zeit führte ich ein gutes Leben, wohlbehütet kannte ich keine Sorgen. Als ich 9 Jahre alt war, kamen meine Geschwister
Annica Skarsgard und
Jasper Skarsgard zur Welt, Zwillinge. Doch ab diesem Moment begann es abwärts zu gehen. Meine Eltern wussten, dass drei Kinder zu versorgen eine schwierige Aufgabe sein würde, da mein Vater zwar ein ausreichendes Einkommen für drei Personen besaß, bei fünf sah es jedoch schon schwieriger aus. Hinzu kam, dass aufgrund von Komplikationen bei der Geburt meiner Geschwister meine Mutter,
Hannah Skarsgard sich einen schweren Infekt einhandelte und wenige Wochen später daran verstarb.
Für meinen Vater,
Frank Skarsgard war der Verlust seiner geliebten Frau erschütternd. Und darüber hinaus stand Er plötzlich allein da, mit drei Kindern, die es zu versorgen galt. Ich war bereits alt genug, um zu sehen und zu verstehen, wie schwer Ihm alles fiel, was danach kam. Und obgleich Er zeitweise an Depressionen litt und krank wurde, nahm Er alle Mühen auf sich, um seine Kinder zu versorgen. Als ältester Sohn sah ich mich in der Pflicht, so gut wie möglich zu helfen. Als ich älter wurde, konnte ich helfen, etwas Geld zu verdienen und irgendwie gelang es uns immer, die Familie zu versorgen. Ich bewunderte meinen Vater für sein Durchhaltevermögen und lernte von Ihm die wichtigste Lektion: Die Bürden zu ertragen, die das Schicksal für einen bereit hält, in der Hoffnung auf bessere Zeiten.
Nach dem Ende der Highschool begann ich dann zu arbeiten, um meinen Vater noch besser unterstützen zu können. Ich fand eine Arbeit als Kurierfahrer bei einem kleineren Unternehmen und konnte so zumindest etwas beisteuern. Bald kannte ich Savannah wie meine Westentasche und während ich das meiste meines Einkommens dazu aufwendete, meine Familie zu unterstützen, sparte ich auch Geld. Ich träumte von einem eigenen Auto und davon, mich selbstständig zu machen. Ich war überzeugt, damit könnte ich meiner Familie noch besser helfen.
Schließlich erfuhr mein Vater von meinem Traum eines eigenen Unternehmens und ausgerechnet Er, dem ich eigentlich helfen wollte, sollte mir helfen, meinen Traum zu erfüllen. Er steuerte seine wenigen Ersparnisse bei, damit ich mir ein Auto kaufen und meinem Ziel ein Stück näherkommen würde. In einem Gespräch teilte Er mir mit, dass Er bedauerte, dass ich nicht studieren konnte und nie meine eigenen Ziele verfolgen konnte, da ich immer helfen musste, seine Probleme zu lösen. Auf diese Weise wollte Er sich revanchieren, obwohl ich betonte, dass Er mir nichts schuldig war. Doch Er bestand darauf und so machte ich mich auf, ein Auto zu kaufen, der wohl bedeutendste Tag in meinem Leben. Es sollte nicht irgendein Auto sein, das wusste ich von Anfang an. Ich glaube, ich habe alle Autohäuser in ganz Savannah abgeklappert, ehe ich bei einem kleineren Händler ein echtes Schmuckstück fand: Ein
Chevrolet Impala, etwas heruntergekommen und mit einigen Dingen zu reparieren, doch genau die Art von besonderem Fahrzeug, nach der ich gesucht hatte. Ich weiß nicht, warum der Händler, ein älterer, etwas schrullig wirkender Mann, mir das Fahrzeug überließ, da ich überzeugt bin, dass es eigentlich mehr wert gewesen wäre als das, was ich hätte bezahlen können, doch seinen Aussagen nach schien ich Ihm sympathisch zu sein. Und so kam ich in den Besitz meines eigenen Fahrzeugs.
So begann ich schließlich damit, selbstständig als Kurierfahrer zu arbeiten und während ich anfangs noch zeitweise für meinen alten Arbeitgeber fuhr, schaffte ich es bald schon, erste eigene Kunden an Land zu ziehen. Ich war unglaublich stolz auf mich.
Während meiner Zeit bei dem Unternehmen, für das ich gefahren war, hatte ich auch meine Freundin
Selina Williams kennengelernt. Sie hatte dort in der Buchhaltung gearbeitet und wir verstanden uns von Anfang an gut. Jedes Mal, wenn Sie mir meinen Gehaltsscheck auszahlte, plauderten wir und irgendwann, als sich die Gelegenheit bot, lud ich Sie zum Essen ein, nur kurz, nachdem ich mein neues Auto erworben hatte. Als ich Ihr meine Pläne erzählte, war Sie begeistert davon und bot an, mit Mir zusammen zu arbeiten. Sie träumte schon lange davon, mehr von der Stadt zu sehen, als immer nur die ewig gleichen Zahlen. Sie wollte viel lieber mit mir gemeinsam Jobs übernehmen und naja, wie hätte ich diesen Enthusiasmus ablehnen sollen. Am Ende hatte ich also, mit knapp 22 Jahren, scheinbar alles erreicht, was ich wollte.
Zumindest schien es so. Doch leider machte mich mein anfänglicher Erfolg blind für die Gefahren, die da draußen lauerten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, unbesiegbar zu sein und dass nichts mich von meiner Welle des Erfolgs abbringen könnte. Das war eine schwere Fehleinschätzung.
Eines Abends tauchte ein Mann bei mir auf und fragte mich, ob ich jede Art von „Fracht“ transportieren könnte. Er wirkte seriös, trug einen Anzug, hatte eine Ausstrahlung und Charisma, die mich tief beeindruckten und erklärte mir, Er und sein Geschäftspartner hätten Verwendung für einen Fahrer, der in der Lage war, etwas „heikle Fracht“ zu transportieren. Für mich klang das alles nach Schwarzmarktgeschäften, Waffenschmuggel und illegalen Geschäften, doch ich dachte mir, wenn ich nur der Fahrer bin, wäre ich sowieso fein raus. Da Er mir auch anbot, absolutes Stillschweigen zu bewahren, mich nicht als offiziellen Mitarbeiter zu führen und mich immer bar zu bezahlen, sah ich darin kein Problem. Außerdem bot Er mir eine größere Bezahlung als alles, was ich je zuvor gesehen hatte. Obwohl Selina Ihre Vorbehalte hatte, willigte ich ein und nahm das Angebot an.
Und so führte ich bald diese besonderen Frachtaufträge aus. Es handelte sich dabei zumeist um Kisten oder längliche Behälter aus massivem Holz, die vollkommen unbeschriftet waren. Immer wieder erklärte mir Selina, dass es wahrscheinlich gefährlich war, mit diesen Leuten Geschäfte zu machen, zumal die Frachtaufträge immer nur nachts aufkamen, doch ich war wie berauscht von meinem neuen finanziellen Erfolg und wollte nichts davon hören.
Beinahe zwei Jahre ging das alles gut, mein Erfolg wurde lediglich durch den Tod meines Vaters getrübt, der letztlich an seiner dauernden Belastung zugrunde ging. Am Sterbebett versprach ich Ihm, meine Verantwortungen und Aufgaben stets gewissenhaft zu erledigen, genau wie Er es mich gelehrt hatte.
Eines Abends dann änderte sich alles. Selina und ich waren an diesem schicksalshaften Abend etwas zu früh an einem unserer Treffpunkte, zu denen wir zitiert worden waren, eingetroffen: einem alten Wohnblock, heruntergekommen und mit Sicherheit schon lange nicht mehr bewohnt. Entgegen der Anweisung, im Fahrzeug zu warten, hatten Selinas konstante Warnungen Zweifel in mir gesät und ich entschied mich, auszusteigen und das Wohnhaus genauer unter die Lupe zu nehmen. Von Gebäuden wie diesen hatten bereits mehrere Frachtaufträge begonnen und ich dachte mir, es könnte nicht schaden, mal einen Blick zu riskieren…was für ein Fehler.
Im Inneren des Wohnhauses waren tatsächlich die meisten Wohnungen leerstehend, heruntergekommen und verdreckt, aber auch blutverschmiert und der Gestank von Verwesung lag in der Luft. Schließlich erreichte ich eine Wohnung, bei der die Türe offenstand. Durch den Türschlitz konnte ich zwei Männer erkennen: meinen „Geschäftspartner“ und mehrere Männer, denen Er Anweisungen gab: Er sprach davon, dass die „Fracht“ noch verpackt werden müsse, damit Er sie mir übergeben und ich Sie, im Geheimen wie immer, zu seinem Partner bringen könnte. Dann sprach Er davon, dass es höchste Zeit wäre, denn seine Blutvorräte gingen zur Neige und Er brauche dringend Nachschub des köstlichen, gepeinigten Blutes. Schlagartig wurde mir klar, dass ich es wohl mit einer Art Freak zu tun hatte, da Er offenkundig davon sprach, Blut zu trinken.
Ich flüchtete die Treppen abwärts, wollte so schnell wie möglich einfach nur von hier verschwinden. Doch ehe ich das Erdgeschoss erreicht hatte, entdeckte ich die Fracht in einer der anderen, leerstehenden Wohnungen: Eine Frau und ein Kind, gefesselt und geknebelt, mit Blessuren am ganzen Körper. Mir wurde bewusst, dass ich nicht einfach nur Ware, sondern Menschen quer durch die Stadt geschmuggelt und einem Freak ausgeliefert hatte. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, wie oft ich das wohl schon getan hatte. Ich weiß nicht, ob es Schuldgefühle, Panik oder Instinkt waren, doch ich betrat die Wohnung und befreite Mutter und Tochter von den Fesseln. Beide waren schwer angeschlagen, das Kind sogar bewusstlos, doch irgendwie gelang es mir, die aufgebrachte Mutter soweit zu beruhigen, dass ich Ihr erklären konnte, dass ich helfen wollte. Gemeinsam flüchteten wir aus dem Gebäude und zu meinem Auto. Doch gerade als wir davonfuhren, erkannte ich, dass wir entdeckt worden waren. Der letzte Teil unserer Flucht aus dem Gebäude war nicht gerade sehr geräuschlos zugegangen und so hatten die Freaks Wind davon bekommen, dass ich spioniert und Ihre „Fracht“ gestohlen hatte.
Ich hatte keine Zeit, Selina zu erzählen, was geschehen war oder auch nur irgendeinen Plan zu entwickeln. Von einer Sekunde auf die Andere waren wir einfach nur auf der Flucht. Und die Freaks folgten uns.
Eine längere Zeit und dank meiner Stadtkenntnisse gelang es mir, Abstand zu halten, doch dann schätzte ich einen Häuserblock falsch ein. Nahe der Talmadge Memorial Bridge rammte mich eines der Fahrzeuge meiner Verfolger und direkt an der Brücke kamen wir schließlich zum Stehen, nachdem wir auch diese frontal gerammt hatten. Benommen wurde ich Zeuge, wie die Verfolger ausstiegen und der Geschäftsmann selbst mich mit einer Kraft aus dem Fahrzeug zerrte, die ich nicht erwartet hatte. Ich weiß noch, wie Er mich packte und gegen das Auto drückte. Seine wutentbrannten Worte hallten in meinem Kopf nach: „Was sollte diese Scheiße? Habe ich nicht immer gut dafür bezahlt, dass Du deinen Job machst und keine Fragen stellst. Das ist das Problem mit Menschen, irgendwann haben Sie alle ein Gewissen!“
Ich bereue bis heute, dass ich gefragt habe, was für ein kranker Freak Er eigentlich ist, denn seine Antwort gefiel mir nicht wirklich: „Ich brauche einfach nur Blut...das ist alles. Doch nicht irgendwelches Blut. Es gibt nichts köstlicheres als Blut von Menschen, die gefoltert wurden. Und welche Art von Folter ist wohl die effektivste? Richtig, blutmagische. Weißt Du, ich habe da einen Dealer…wenn man so möchte. Er foltert Menschen auf die schlimmste aller Arten, die magische und ich bekomme das köstlichste Blut aller Zeiten. Im Gegenzug helfe ich Ihm bei seinen Geschäften. Und deine verdammte Aufgabe war es einfach nur, die Fracht im Geheimen zu uns zu bringen. Doch nicht einmal das konntest Du tun, ohne Dummheiten zu machen! Jetzt haben wir das Chaos. Die Frau und das Kind sind tot, damit nutzlos für mich und Du hast mich um mein Blut gebracht…naja, vielleicht nehme ich dafür einfach deine Freundin, was denkst Du?“
Ich weiß noch, dass ich rasend vor Wut wurde, als Er das sagte und trotz meines verletzten Zustands konnte und wollte ich das nicht zulassen. Irgendwie gelang es mir an das Messer zu kommen, dass ich im Inneren meiner Jackentasche trug und ich rammte es Ihm ins Auge. Er heulte auf wie ein getroffenes Tier und mit einer Kraft, die ich niemals erwartet hätte, packte Er mich und schleuderte mich über mein Auto. Benommen konnte ich seine Stimme hören, rasend vor Wut: „Du wirst dafür büßen, mir alles kaputt gemacht zu haben und für deine Frechheiten! Ich nehme deine Freundin als Ersatz für meine Verluste. Doch ich werde Sie nicht einfach töten. Ich nehme Sie mit. Dich lasse ich am Leben und Du wirst niemals erfahren, was mit Ihr geschehen ist, auf dass es Dich zerstört und Du an Schuld und der Ungewissheit langsam zugrunde gehst. Das ist meine Rache!“ Und ehe ich mich versah, waren Er und seine Leute im Dunkel der Nacht verschwunden…zusammen mit Selina.
Ich weiß nicht mehr, wie lange ich auf der Brücke neben meinem beschädigten Auto lag, es hätten Minuten oder Stunden sein können. Irgendwann rappelte ich mich auf und als ich in mein Auto einstieg, mehr tot als lebendig und feststellte, dass es tatsächlich noch fahrtüchtig war, bemerkte ich noch etwas anderes: Das kleine Mädchen auf dem Rücksitz war noch am Leben. Die Mutter war bei dem Aufprall tatsächlich zu Tode gekommen, aber das Mädchen hatte überlebt. Ein kleines Wunder in diesem schrecklichen Moment. Wir verließen die Unfallstelle und ich brachte das Mädchen, deren Name
Chiara Jones lautet, wie ich später erfahren sollte, in ein Krankenhaus, wo Sie behandelt werden konnte. Ich selbst musste ebenfalls einige Zeit dort verbringen, die wohl schlimmste Zeit meines Lebens, in der ich die Schrecken jenes Abends und meine Fehler immer wieder in Gedanken und Träumen erleben musste.
Als ich entlassen wurde, hatte ich den ersten Schock verarbeitet und mehrere Dinge für mich beschlossen: Zum einen würde ich versuchen dem kleinen Mädchen zu helfen, so gut ich konnte, wenn auch aus der Ferne, denn schließlich war es allein meine Schuld, dass Ihre Mutter zu Tode gekommen war. Zugleich würde ich versuchen, Selina’s Schicksal zu ermitteln und Rache an dem perversen Freak zu nehmen, koste es, was es wolle.
Mein erster Anlaufpunkt war das Wohnhaus, welches wohl als Versteck fungiert hatte, doch da war Er natürlich nicht mehr. Auch die anderen Treffpunkte, an denen ich bereits zuvor gewesen war, erwiesen sich als fruchtlos. Natürlich hatte der Freak längst die Flucht ergriffen und erstaunlicherweise so gut wie keine Hinweise hinterlassen. Doch zu meinem Glück waren seine Mitarbeiter nicht ganz so gründlich wie Er: Ich fand ein altes Handy, wohl nur kurzzeitig genutzt, aber mit einer nicht gelöschten Sprachnachricht darauf, eine Anweisung für einen seiner Mitarbeiter. Darin teilte Er mit, dass Er gezwungen ist, seine gesamten Operationen nach Atlanta zu verlagern, da der Vorfall mit mir seine Tarnung aufgedeckt haben könnte und Er befürchtet, dass seine Machenschaften öffentlich werden. Er gab an, dass Er dort untertauchen würde und sich beizeiten bei seinen Mitarbeitern wieder melden würde. Leider gab Er telefonisch keine Anschrift oder ähnliches durch, doch einen Anhaltspunkt erhielt ich doch aus dem Telefonat: Er gab dem Mitarbeiter, für den diese Nachricht bestimmt war, die Anweisung, sich bei der „Blutroten Lilie“ zu melden, um Vorbereitungen für weitere Aktivitäten zu treffen. Für mich war die Sache damit klar: Er hatte sich nach Atlanta abgesetzt und würde seine dreckigen Machenschaften dort weiterführen. Doch diesmal würde ich Ihm endgültig einen Strich durch die Rechnung machen.
Ich traf Vorbereitungen, nach
Atlanta aufzubrechen. Ich ging nicht zur Polizei, da mir schon klar war, dass Niemand mir glauben würde, was vorgefallen war. Im schlimmsten Fall würde ich verdächtigt werden, meine Freundin und die Mutter des Mädchens umgebracht zu haben und damit würde ich jede Chance auf Vergeltung verlieren. Es dauerte einige Zeit, bis mein Auto repariert und wieder einsatzfähig war, doch glücklicherweise erlaubte mir meine Arbeit relativ problemlos, meinen Geschwistern eine plausible Erklärung dafür zu liefern, warum ich mein Betätigungsfeld nach Atlanta auslagern würde. Sie waren zwar immer noch skeptisch, aber glaubten mir letztlich. Ich versprach, in Kontakt zu bleiben und verließ Savannah schließlich mit Ziel Atlanta.
Ich hatte keine Ahnung, was mich in der Hauptstadt Georgias erwarten würde. Ich besorgte mir eine kleine Wohnung in einem Apartmentgebäude der Avana Uptown Apartments in der Stadt. Dank meiner guten finanziellen Lage konnte ich mir eine durchaus ordentliche Bleibe leisten, wo es keinen Verdacht erregen würde. Während ich mich weiterhin als freischaffender Kurierfahrer für Frachten aller Art betätigte und mich in der Stadt zu etablieren versuchte, begann ich meine Suche nach der Blutroten Lilie. Doch ich hatte keine Ahnung, dass sich bald schon durch eine schicksalshafte Begegnung alles verändern würde…
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