Chae âd Draloc - Blumenfest

Seraphine stand am Rand des großen Spielfeldes, auf dem sich viele junge Kobolde versammelt hatten, um ihre Kräfte beim Baumstammtanz zu messen. Âthril, der Prinz des Landes, war ebenfalls unter ihnen. Wendelin hatte Seraphine erzählt, dass sich normalerweise Abkömmlinge des Fürstenhauses nie an diesen Wettbewerben beteiligen würden, sondern es nur ein Spaß der einfachen Bevölkerung wäre.   Es war das letzte von drei Spielen und der Prinz lag nach Punkten auf dem zweiten Platz. In der Mitte des Feldes waren Baumstämme etwa einen halben Meter über dem Boden waagerecht aufgehängt worden, die von jeweils zwei Kobolden links und rechts gedreht werden konnten. In der Mitte nahmen drei Musikanten Platz. Die Teilnehmer stellten sich jeweils auf einen der Baumstämme und warteten darauf, dass die Musik anfing und die seitwärts stehenden Kobolde die Baumstämme anschoben. Der Rest lag in den Füßen der Teilnehmer, die sich solange auf den Stämmen "tänzelnd" bewegen mussten, bis der Vorletzte das Gleichgewicht verlor.   Die anderen Teilnehmer hatten bereits aufgegeben, aber Âthril und der Führende des Wettbewerbs schenkten sich nichts und bewegten sich anmutig auf den Stämmen. Die Musik wurde immer schneller und plötzlich kam der Führende aus dem Rhythmus, stolperte und musste vom Stamm springen. Âthril hatte gewonnen und die Menge jubelte dem Prinzen zu.   Seraphine starrte auf den Prinzen, der nun von der Mitte des Spielfeldes direkt auf sie zukam. Die Blicke der Zuschauer waren auf sie gerichtet, während sich ihre Wangen vor Scham rot färbten. Sie sengte ihren Blick in der Hoffnung, der Prinz würde sie übersehen. Doch er hielt direkt vor ihr und verbeugte sich. Etwas verlegen und gleichzeitig stolz lächelte er sie an und fragte: "Wollt Ihr meine Blumenkönigin sein?".


 
In der ersten Woche des 5. Monats (Brictâdi) des Brictaelgischer Luni-Wandeljahrkalender wird das Chae âd Draloc gefeiert, das der Göttin der Fruchtbarkeit Brictissa gewidmet ist. Es beginnt immer am 1. Brictélu des Brictâdi und endet am nächsten Tag. Überall auf Brictaelgis werden die Häuser mit Blumengirlanden geschmückt. Es ist Tradition sich gegenseitig mit "Ýrad drui nócti ad Brictissanai!" zu begrüßen, was so viel wie "Freude und Segen Brictissas!" bedeutet.

 

by Blue Fairy 74 - Midjourney-Collage

 

Blumige Wettbewerbe

Höhepunkt der Feierlichkeiten ist das symbolische Ausbringen der ersten Saat, dem eine feierliche Prozession vorangeht. Um die Göttin zu ehren, wurde es im 5. Jahrhundert AEC Tradition, Blumenkronen zu binden, die von jungen unverheirateten Âdocôdix während der Prozession getragen wurden. Je nach Region werden unterschiedliche Blumen und Zweige von Weidenkätzchen in die Kronen gebunden. In Âdocôris sind es hauptsächlich Wiesenblumen. In Taen Wôtris sind es die ersten Waldblumen, die auf Lichtungen wachsen.   Seit etwa 300 Jahren finden in Âdocôris am ersten Tag des Festes die Kronenwettbewerbe statt, bei denen die Frauen mt ihren Kreationen gegeneinandeer antreten. Junge männliche Kobolde messen ihre Kräfte bei drei Geschicklichkeitsspielen, die einen Hindernislauf, Steinstoßen und Baumstammtanz umfassen. Der Gewinner wird zum Blumenkönig ernannt und darf sich aus einer Schar von weiblichen Kobolden eine Blumenkönigin erwählen, die zusammen mit ihm bis zum Tag des Glücks im Herbst "regiert". Beide werden mit den Gewinnerkronen geschmückt und eröffnen am Abend neben dem Herrscherpaar den Frühlingstanz.

 
Flower crown by Blue Fairy 74 via Midjourney

 
Seed spiral by Blue Fairy 74 via Midjourney

Symbolische Aussaat

Am zweiten Tag der Feierlichkeiten segnen Druiden (beider Geschlechter), die zu den Orden der Erdgöttin Êlgista und des Regengottes Trállox gehören, die Saat. Die Priester stehen an der Spitze einer feierlichen Prozession, die vom Marktplatz der Stadt auf das nahe gelegene Heiligtum der Fruchtbarkeitsgöttin führt. Ihnen folgt ein kunstvoll geschmückter Waagen des Blumenkönigspaares, dass gleichzeitig Bricitissa und Lânis, die Göttin der Fruchtbarkeit und den Gott des Windes, symbolisiert und ein weiterer Waagen mit der Herrscherfamilie. Jungen Kobolde mit Körben, die kleine Säckchen mit Samen unterschiedlicher Feldfrüchte enthalten, schließen sich hinter den beiden Waagen an. Am Ende reiht sich das gemeine Volk der Bewohner und Gäste in die Prozession ein.   In der Mitte des Heiligtums befindet sich ein kleines rundes Feld und ein mit Blumen geschmückter Pavillion. Zum Pavillion und Feld führt ein kleiner gepflasteter Weg. Das Feld wurde bereits einige Tage vor der symbolischen Aussaat für die Feierlichkeiten vorbereitet und gepflügt.

by Blue Fairy 74 - Midjourney-Collage

Die beiden Druiden und das Königspaar stellen sich auf die Anhöhe inmitten des Feldes, während die restlichen Schaulistigen sich rund um das Feld aufstellen. Einige Frauen stimmen ein Frühlingslied an, was die ganze Zeremonie begleitet.

Die oberste Druidin der Erdgöttin segnet eine Pikierharke, mit der zwei spiralförmige Furchen in des Feld gezogen werden. Anschließend segnet die Göttin die Saat, die von der Blumenkönigin in eine der Furchen gestreut wird. Während die Samen wieder mit Erde bedeckt werden, segnet der oberste Druide des Regengottes eine Kanne voll heiligem Wasser, dass vorher aus dem Brunnen des Heiligtums entnommen wurde. Der Blumenkönig gießt das Wasser sorgsam in eine gepflasterte Rinne, die die Form eines Blaates hat. Ausgehend von dort fließt das Wasser gleichmäßig über die zweite spirale Furche zu den Samen.

Beide Druiden segnen nochmals die frisch genässte Erde mit Segenswünschen. Anschließend kniet das Königspaar vor den beiden Druiden nieder und wird von ihnen stellvertretend für die beiden Götter symbolisch durch ein Blumenband verheiratet. Wenn diese symbolische Ehe bis zum Tag des Glücks im Herbst durch das Königspaar vertieft wurde und beide es wünschen, wird sie im Herbst nochmals rechtskräftig besiegelt.
"Sieht das Mädchen am Arm des Prinzen nicht einfach lächerlich aus?", fragte ein Koboldmädchen ihre Freundin.   "Sei still! Ich weiß, du wärst gerne Blumenkönigin geworden, aber er hat sie erwählt und ich finde, sie sieht wunderschön aus. Und das, obwohl sie ein Mensch ist.", antwortete die Freundin barsch.


 

Traditioneller Genuss

Während der beiden Tagen gibt es an Marktständen überall frisches leichtes Frühlingsbier, dessen Geschmack an Holunderblüten erinnert und seine Farbe eine warme Honignote aufweisst. Dazu gibt es grüne Suppen mit gehackten Frühlingskräutern oder Winternüssen und herzhafte kleine Pasteten mit Fleisch von Grünhasen oder Zwerghühnern. Als Nachtisch genießen Kobolde Krokuskrapfen, Kekse oder Hefezöpfe in Blütenform und kandierte Frühlingsblumen.


Cover image: Festivals of Nature by Blue Fairy 74 - Midjourneycollage

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