Fri, Jan 26th 2024 08:13
Edited on Thu, Apr 25th 2024 11:31
Seit Ailis den Auftrag von Herrn Vellez abgelehnt hatte, schien es immer schlimmer im Block zu werden. Sie hatte mit Halvar gesprochen, ihm noch ein paar vergnügliche Stunden mehr geschenkt und er hatte Fiete zurechtgewiesen. Aber Fiete lauerte nur auf einen Fehler, lies sie durch seine Freunde beobachten oder wahlweise mit blöden Sprüchen überhäufen. Es ist, als würde dieser dumme Schläger als Halvars Stuhl sägen und das nicht zu knapp.
Wie jeden Morgen hatte sie Toren Wasser holen geschickt. Als der Junge nach einer viel zu langen Zeit nicht zurückgekehrt war, ist sie ihn suchen gegangen. Und sie hatte ihn auf der Straße liegend gefunden. Fiete und seine Freunde haben ihn als Prügelbock missbraucht.
“Du solltest zur Gräfin gehen.” sagt ihre Großmutter schließlich, als sie aus Torens Zimmer zurückkommt.
“Großmutter, ich liebe dich, aber das ist das verrückteste, was du je vorgeschlagen hast.” Frustriert schiebt Ailis den nächsten Holzscheit in den Ofen. Mit soviel Schwung, dass sie den hinaus stobenden Funken ausweichen muss. “Selbst wenn ich das wollte, wir können unseren Soll nicht mehr erfüllen, wenn Toren ausfällt. Was für Argumente hätten wir dann vor der Gräfin?” fragt sie und fährt damit fort, den Ofen weiter anzuheizen.
“Wenn ich hiermit fertig bin, dann werde ich versuchen Frams Tochter zu finden oder einen seiner Angestellten. Wenn Avenna uns wohlgesonnen ist, dann finde ich jemanden, den wir einstellen können. Und wenn es nur ein neuer Lehrling ist, dann soll mir das auch recht sein.”
“Dann werde ich wohl Aodh und Gundrid bitten, bei Avenna für uns vorzusprechen.” schlägt die alte Tessaya vor.
Der Gedanke an ihre Eltern entlockt Ailis ein Lächeln trotz der aussichtslosen Situation. “Das und ich fürchte, du musst den Ofen weiter befeuern bis ich zurück bin.”
Am frühen Nachmittag schafft es Ailis zur verlassenen Werkstatt von Fram. Nach einem zögerlichen Klopfen und einer ausbleibenden Antwort, tritt sie ein. “Brin? Brin, bist du da? Ich bin es, Ailis." fragt sie in die kalte Stille, auch wenn der Anblick der geplünderten und verlassenen Werkstatt ihr längst eine Antwort gegeben hat. Mit einem unguten Gefühl begibt sie sich auch in den ersten Stock, die Wohnung der beiden. Das so unversehrt vor ihr liegende Heim der beiden macht die ganze Situation nur noch unheimlicher. Sie wünschte, sie könnte dem Mädchen eine Nachricht hinterlassen. Aber an ihrer Stelle würde sie vermutlich auch nicht in die Werkstatt zurückkehren. Sie hätte es auch nicht getan, wäre ihre Großmutter nicht gewesen.
Als sie wieder auf die Straße hinaus tritt, lenkt sie ihre Schritte in den Lachenden Zwilling. Wenn man irgendwo etwas Klatsch und Tratsch aufschnappen kann, abgesehen vom Markttag, dann wohl in der Kneipe um die Ecke.
Damals mit Fionn war sie öfter in den Schankstuben unterwegs. Damals, als die Welt noch in Ordnung. Heute öffnet sie die Tür und hat nicht die geringste Ahnung, was sie wohl erwarten würde. Neugierig schaut sie sich um, während sie langsam eintritt und nach dem besten Platz für ihr Vorhaben Ausschau hält.