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Fri, Jan 13th 2023 02:38   Edited on Wed, Nov 8th 2023 10:10

Ein Tag wie jeder andere...

Die Sonne hat sich soeben so weit erhoben, um mit iheren Strahlen die Gemäuer der Stadt Pelorn notdürftig zu erhellen. Es gibt allerdings keine Zeit zu verlieren für all die armen Seelen in den Außenbezirken Pelorns, um für den Unterhalt des folgenden Tages zu sorgen. Und so erwacht auch die Familie der Lua Aetaya zum Leben. Lua selbst ist mit Abstand die Älteste, mag jedoch selbst wohl nur 17 Jahre zählen, während ihre 5 Geschwister noch geradezu Kinder sind. Umso schwieriger ist es, alle 6 durchzubringen. Doch keiner darf ruhen in diesem ewigen Kampf um das Überleben, der den Armen der Stadt auferelegt wurde. Wenig wird gesprochen während des Frühstücks. Und mit einem kleinen Stück halb verschimmelten Brotes ist dieses Frühstück für die Familie auch schon als reichhaltig anzusehen - wie oft gibt es nur einen Becher dieses brackigen Wassers, das man aus dem Fluss Olifern geschöpft hat. Die Einteilung der Arbeiten ist längst geregelt. Luas Geschwister gehen mit ihr in die Innenbezirke. Jeder von ihnen schaut, irgendetwas lebenswertes zu ergattern - sei es durch Betteln, sei es durch kleine Dienstleisungen, die die Kleinen bereits imstande auszuführen sind, sei es durch irgendwelche Funde oder auch kleinere Mopsereien. Einzig Lua versucht Tag für Tag, durch ernsthafte Arbeit etwas zu verdienen. Lua ist keine hässliche Erscheinung, ganz im Gegenteil. Relativ groß gewachsen, mager zwar und doch recht sportlich anzusehen, mit langen, fast glatten schwarzen Haaren, dunklen, lebhaften Augen und einem ebenmäßigen Gesicht, das von großer Energie zeugt, würde sie wohl auffallen, wäre das Meer der Armen in der Stadt nicht so groß, dass eigentlich jeder darin untergeht. Und so hat sie in ihrem Dasein einen einzigen großen Nachteil, und zwar als Mädchen und nicht als Junge auf die Welt gekommen zu sein. Ist es doch so, dass für das Meer der Armen nur die Gelegenheitsarbeit bleibt, um hablwegs ehrlich über die Runden zu kommen, und diese Gelegenheitsarbeit liegt zumeist im Schleppen von Salzsäcken am Arsenal. Und freilich wählen die meisten der Händler die kräftigen Männer aus. Nichtsdestotrotz geht Lua jede Tag zum Arsenal, um ihre Dienste anzubieten. Mancher Händler hat sich wohl schon überzeugt, dass sie arbeiten kann, dass sie möglichst mehr gibt, als sie zu leisten imstande ist. Und doch ist sie eine Frau - und ob der Tag mit einem Verdienst endet alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Fri, Jan 13th 2023 05:21   Edited on Fri, Jan 13th 2023 05:23

Auf dem Platz unweit der Thornhoff Residenz sitzt auf einem der leeren Sockeln, die in besseren Tagen die Figuren getragen hatten, welche die Prena schmückten, eine Frau in der Sonne um sich zu wärmen. Auf den ersten Blick wirkt ihre Kleidung wie eine Sammlung verschiedener Lumpen, aber beim genaueren hinsehen erweist sich das Rock und Jacke zwar geflickt und verwaschen sind, aber ohne Löcher und Risse. Um den Kopf hat sie eine Art Turban aus einem breiten Streifen zerfransten Stoffes gewickelt, unter dem ein paar Strähnen dunkelrotes Haar hervorschauen, die sich über ihr Gesicht ringeln. Wirklich arm kann sie jedoch nicht sein, denn sie trägt zwar ausgetretene aber robuste Halbstiefel aus Leder. Den Trageriemen ihrer geflickten Umhängetasche, die sie mit dem linken Unterarm an sich drückt, hat sie sich vorsichtshalber quer über die Schulter gehangen. Im hellen Licht des Morgens kann man sehen, daß sie zwar immer noch gut aussieht, aber kein junges Mädchen mehr ist. Ratlosigkeit, vielleicht auch Resigantion zeigt sich auf ihrem Gesicht mit dem kleinen vollen Mund und der etwas zu breit geratenen Nase. Hier in der unmittelbaren Nähe des Thornhoffpalastes fühlt sie sich tagsüber relativ sicher und sieht sich nicht allzu oft um und schaut ein wenig geistesabwesend den in Richtung Arsenal vorbei ziehenden Arbeitssuchend zu. Schon von Weitem bemerkt sie die großgewachsene, schlanke Gestalt des Mädchens mit den langen dunklen Haaren. Wie alt sie sein mochte, siebzehn, achtzehn Jahre? Wehmut tropfte in ihre Gedanken, als sie sich der Tage erinnerte, als sie so alt gewesen war. Es war lange her und dazwischen lagen viel mehr Tränen und Schmerz, als Lachen und Freude. Sie überließ sich für den Augenblick der bitter-süßen Wehmut und ein Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht als das Mädchen voüberging. Ob es der Unbekannten galt oder bloß ihrer Erinnerung vermochte sie selbst nicht zu sagen.
Sat, Jan 14th 2023 09:32   Edited on Sat, Jan 14th 2023 09:37

Luas Blick bleibt an dem der an dem Platz sitzenden Frau hängen. Es ist normalerweise nie gut, mit irgendjemandem zu lange Blickkontakt zu halten, überall gibt es Gefahren, gibt es schlechte Menschen. Und doch kann Lua nicht anders. Irgendetwas in diesem Blick zwingt sie geradezu, länger darin zu verweilen. Ist es irgendetwas Geheimnisvolles, das sie in ihren Bann zieht, ist es diese Wehmut, mit der sie ihr begegnet? Auf jeden Fall ist es kein zwar irgendwie interessierter, aber doch distanzierter Blick, einer derjenigen, der in keinstem Fall imstande ist, irgendwelche Nähe aufzubauen. Und so kann Lua eben nicht anders, als irgendein Interesse in dem Blick zu vermuten und ihn also erwidern zu müssen. Ihr Gesichtsausdruck selbst verändert sich kaum, leicht verkniffen, ernst, etwas argwöhnisch. Doch da ist sie auch schon an der Frau vorüber und steht nun da am Arsenal, um eben ihre Arbeitskraft feilzuhalten.   Das Arsenal war ursprünglich ein bemerkenswerter Platz. Stattliche Schiffe lagen hier vor Anker, adrette Offiziere in schmucken Uniformen rauchten an den Kais, Seeleute luden Vorräte auf und ab. Diese Zeit ist nun seit langem vorbei. Es sind kleine Gefährte, die hier nun anlegen, meist mit Salz beladen. Dies muss in die Vorratshäuser geschafft werden, von dort zu den Handelshäusern, und schließlich von den Handelshäusern zu etwaigen Kunden. Dazu braucht es billige Arbeitskräfte, und wenn Pelorn von irgendetwas geradezu strotzt, dann sind es eben diese billigen Arbeitkräfte, die sich für einige wenige Filis abrackern. Das Vorgehen ist dabei sehr einfach. Man muss früh erscheinen, man muss sich einfach an eine Wand stellen und warten. Wer zu aggressiv vorgeht, etwa den Arbeiter suchenden hinterher läuft, sie aktiv anspricht oder gar in Verhandlungen zu treten versucht, der wird sich wohl oder übel eine blutige Nase holen. Und so steht nun auch Lua da, während die Bediensteten der Handelshäuser die Reihe abschreiten, und immer wieder einem der Wartenden mit dem Finger auf die Brust tippt. Dieser kann sich nun zu den Glücklichen zählen, wenigstens etwas zu verdienen. Ob es freilich nur einer, zwei, oder gar drei Filis sind, das ist ganz und gar dem Wohlwollen der Bediensteten und eben dem ihnen zur Verfügung stehenden Budgets geschuldet.   Immer wieder geht also einer der Männer an ihr vorbei, mustert sie von oben bis unten. Und immer wieder gehen sie weiter. Immer weiter lichten sich die Reihen, während manche sich wieder in die Reihe stellen um einen zweiten Auftrag zu ergattern. Sollte es wieder ein Tag werden, in dem es für sie nichts zu holen gibt?
Sun, Jan 15th 2023 05:59   Edited on Sun, Jan 15th 2023 06:00

[Verwaltung] Der Bewaffnete, der mit lauter Stimme verkündet, daß es für heute Schluß ist und keine Arbeiter mehr gebraucht werden, trägt das Wappen des Hauses Thornhoff, das den Salzhandel kontrolliert und die Lagerhäuser besitzt, auf der linken Brustseite seines Wamses. Diejenigen die bis jetzt keine Arbeit gefunden haben, darunter auch Lua, können nur mehr auf die Salzkäufer hoffen, die aber für gewöhnlich mit ihren eigenen Leuten kommen, um das Salz abzuholen. Die paar Leute, die sie dann doch anheuern, sind allesamt stämmige, kräftige Männer, denen es zuzutrauen ist, einen schweren Sack durch die halbe Stadt zu schleppen und Lua geht wieder leer aus. Dann spricht sie eine Frau mit grauem Haar und kalten Augen an.   „Wir brauchen noch ein paar Hände zum Fisch packen. Zahlen 5 Filis, Was ist?“: erkundigt sie sich barsch. Zum Fisch packen werden immer Leute gesucht, das weiß Lua und sie weiß auch warum. Es ist nicht nur eine elende Arbeit, sie ist auch riskant. Wunden die man sich beim Fischausnehmen zuzieht, entzünden sich häufig und werden brandig, aber man steht unter Druck und hat keine Zeit vorsichtig zu arbeiten. Ist der Fisch ausgenommen und geschuppt muß er mit grobem Salz eingerieben, in ein Faß gepackt und mit Salz bedeckt werden. Nach ein paar Stunden sehen die Hände aus, als hätte man sie in einen Ofen gesteckt. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Man wurde nur dann bezahlt, wenn man ein ganzes Faß bis zum Sonnenuntergang gefüllt hatte. Paßte auch nur ein Fisch zusätzlich hinein, gab es keinen Lohn. Viele schafften es nicht oder zerschnitten sich die Hände vor lauter Hast, außerdem war schon einige Zeit vergangen, seit Sonnenaufgang. „Also was ist? Hab nicht den ganzen Tag Zeit!“: fährt sie die Anwerberin an.
Sun, Jan 15th 2023 10:49

Natürlich ist der Fortgang der Selektion des Gemüts der Lua Aetaya nicht zuträglich. Doch sie bemüht sich, die Verzweiflung nicht ankennen zu lassen. Niemand soll etwa denken, dass sie es gewohnt sei, eben nicht genommen zu werden. Dass sie eben nicht geeignet für den Knochenjob mit den Salzsäcken sei. Doch all die Schauspielerei nützt nichts. Als die Thronhoff-Leute kommen, weiß sie, dass sie keinen Auftrag bekommen wird. Doch sie ist nicht zum ersten Mal hier, und so weiß sie auch, dass dann die Fischpacker kommen werden, die nun unter den armen Seelen aussuchen, die noch immer ohne jegliche Einkünfte sind. Wahrlich, niemand mag unter denen sein, die sich ihnen anvertrauen müssen. Lua hat es schon oft gemacht. Sie ist schon im Fieber gelegen, sie hat schon oft umsonst gearbeitet. Aber mit der Zeit wird man besser. Mit der Zeit lernt man, wie man den Fisch anfassen muss, um sich nicht in die Finger zu schneiden. Mit der Zeit weiß man im Schlaf, wo sich der After des Fisches befindet, an dem es sich so gut ansetzen lässt. Mit der Zeit hat man den Dreh raus mit dem Schuppen. Und doch bleiben drei Unbekannte, die man leider nicht ausschalten kann: Zum Ersten die Qualität des Messers. Keiner der Leute am Kai besitzt wohl ein Messer, das gut genug ist, um einen Fisch ordnungsgemäß auszunehmen. So wird das wohl meist gestellt - niemand weiß jedoch, wie genau es die Fischhändler mit dem Schleifen nehmen. Und mit einem stumpfen Messer hat man eigentlich eh schon verloren. Zum Zweiten natürlich die Größe der Fische. Ein Fass ist immer gleich groß, und natürlich geht es viel schneller, wenige, große Fische auszunehmen als viele kleine. Und zum Dritten natürlich die Uhrzeit, zu der man beginnt. Und diese Uhrzeit hat ganz gehörig damit zu tun, wie viel beim Salztragen los ist. Aber kaum jemand hat eigentlich eine wirkliche Wahl. Kaum jemand unter den armen Schluckern kann sich aussuchen, wie er jetzt gerade sein Geld verdienen will. Zumal man, wenn man denn in einem Beruf einfach so anfangen will, es schnell mit irgendeinem der großen Häuser zu tun bekommt.   Lua sieht zu den Bewaffneten in ihren schmucken Uniformen, mit den Wappen auf der Brust. Ja, die haben es gut. Die brauchen sich keine all zu großen Sorgen machen, wie man denn zu der Grütze kommt, die einem das Überleben sichert. Sie sind sich sicher, dass immer irgendetwas zum Verbrennen im Haus ist, um diese Grütze eben zuzubereiten. Lua weiß nicht, wie man es denn schaffen könnte, in so einer Uniform zu landen. Sie weiß nicht, wie man es schaffen könnte, zu denen zu gehören, die die Arbeiter aussuchen. Freilich weiß sie, wo das Haus Thornhoff liegt. Würde sie aber einfach so anklopfen, um sich vorzustellen, um sich zu bewerben, sie würde im besten aller Fälle für ordentliches Gelächter sorgen. Oder es würde für sie schmerzhaft werden. Denn dass ein solch armseliges Bündel wie sie ins Haus gelassen würde, das wagte sie in den kühnsten Träumen nicht zu hoffen.   Und so würde es wohl wieder so sein, dass sie am Abend vor Schmerzen in den Händen nicht einschlafen können würde. Dass sie morgen am Arsenal ihre Hände so gut wie möglich verstecken würde, um nicht etwa den Eindruck zu erwecken, sie könne deswegen nicht anpacken. Und wenn es dann nicht einmal die so ersehnten drei oder vier Filis geben würde... Halt! Hatte sie gerade richtig gehört? 5 Filis? Nun wie gesagt, es war nicht sehr früh, aber eben auch nicht ausgesprochen spät. Und wenn nun das Messer nicht stumpf sein würde, und die Fische nicht allzu klein... 5 Filis! Das hieß für sämtliche Geschwister ordentlich satt zu werden. Das hieß, ein Feuer in der Nacht zu haben und nicht zu frieren. Das hieß, am Ende noch einen Fili für den Folgetag über zu haben. Vor ihren Augen erschien schon der dampfende Kochtopf mit der Grütze, vielleicht sogar einer Ratte darin, einigen Zwiebeln oder was immer ihre Geschwister aufzutreiben imstande wären. Oder vielleicht einigen achtlos weggeworfen Fischköpfen, Innereien... Aber da wurde sie doch recht unsanft aus ihren Träumen gerissen.   "Klar, auf jeden Fall!" Luas dunkle Augen blicken in die kalten Seelenspiegel der Frau. Und ihre Augen sind keineswegs von Kälte gezeichnet, ganz im Gegenteil. Nur schwer kann Lua die Begeisterung verbergen.
Mon, Jan 16th 2023 07:17   Edited on Tue, Jan 17th 2023 06:36

[Verwaltung] „Wird aber auch Zeit.“: gibt die ältere Frau kurz angebunden zurück. „Beweg deinen Hintern.“: fährt sie Lua an, als sie sich nicht sofort in Bewegung setzt. In den geröteten Augen der ältlichen Anwerberin glitzert es bösartig, als sie Lua mit einem giftigen Blick bedenkt, bevor sie sich abwenden und in Richtung Docks davon geht. Schon von Weitem kann Lua den Gestank von verdorbenen Fisch riechen, der von den Abfallhaufen vor der Halle aufsteigt, in dem der Fisch eingesalzen und in Fässer verpackt wird. Wobei die Halle zum größeren Teil, da wo die Tische stehen an denen die Packer die Fische ausnehmen und salzen, nur überdacht und sonst offen ist. Die Fische stammen von den Morgenfängen der Thornhoff Fischer, die sofort verarbeitet werden müssen, da sie für die Salzkaravane bestimmt sind und die Ware für den Export unverdorben und von erster Qualtiät zu sein hat. Die Räume für die Aufseher und das Salzdepot dagegen sind mit massiven Bretterwänden geschützt. Dutzende arbeiten bereits in großer Hast an den Tischen. Im Näherkommen wird der Gestank immer schlimmer. Kurz bevor Lua im Schlepptau der Anwerberin die Halle betritt, kommt ihnen ein Mann in besserer Kleidung entgegen, an dessem Gürtel neben einem Schlüsselbund auch eine kurze Peitsche hängt, der die Anwerberin anfährt: „Saria, du altes, faules Gestell. Jetzt kommst du daher? Wir haben alle Leute die wir heut brauchen. Du kriegst keinen rostigen Filis und wenn du morgen wieder so spät antanzt, dann kannst du selber Fische packen. Jetzt verpiss dich und das schnell!“ Mit einem Seitenblick streift er Lua: „Du auch. Brauchen keinen mehr.“ Dann stapft er davon.
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Tue, Jan 17th 2023 08:03   Edited on Tue, Jan 17th 2023 08:03

Mit der Begeisterung ist es nun freilich vorbei. Lua sackt sichtlich in sich zusammen. Ihr Blick geht zunächst zum Boden, dann schaut sie dem Peitschenmann hinterher, bevor sie schließlich kurz die alte Frau ansieht. Nun geht der Blick wieder zu Boden, und mit einem mehr gemurmelten als gesagten "Danke trotzdem" dreht sie sich um und schleicht von dannen. Es geht wieder zurück zum Arsenal. Der Platz hat sich nun ziemlich geleert. Die Ladungen der Schiffe sind gelöscht, die Waren größtenteils fortgebracht. Undenkbar, dass sie heute noch jemand anheuern würde.   5 Filis! Sie wäre nach Hause gekommen mit einer - gefühlt - halben Wagenladung Getreide, mit etwas Brennmaterial, sie hätten Feuer gemacht, den Kessel aufgesetzt, und dann hätten alle die Grütze aus dem Topf gegessen. Alle wären fröhlich gewesen, alle hätten gelacht, und am Ende hätten sich alle rund um den Topf in die Decken gewickelt und wären fröhlich eingeschlafen - und zum Frühstück hätten alle noch den letzten Rest der Grütze essen können. Und nun? Naja, Rondur is ein wahrer Meister in der Rattenjagd, die beiden Kleinen können betteln wie wenige andere. Vielleicht schaffen es ja auch Lonya und Laraya, irgendwo einen Fili zu ergattern, oder ein Brot oder irgendwas. Fest stand jedoch, dass es wieder einmal zu wenig werden würde für alle sechs, selbst wenn Lua wieder einmal nichts essen würde, damit wenigstens die Kleinen halbwegs satt wurden. Und nun? Wäre Wochenmarkt gewesen an jenem Tag, hätte sie versuchen können, dort etwas zu stehlen. Das ist riskant, denn die Thornhoff'schen Wachen sind auf der Hut. Aber da heute kein Markt stattfindet, ist das ausgeschlossen.   Und so schleppt sich die tieftraurige Lua in die Richtung der Prena. Vor der Thornhoff'schen Residenz bleibt sie stehen. Ihre Augen streifen über die wuchtigen Mauern. Welch Glück die Leute doch haben, die da drin wohnen! Da drinnen, wo es alles im Überfluss gibt. Wo die Leute den ganzen Tag nur am Essen sind, um ja alles zu verputzen, was jeden Tag neu auf den Tisch kommt. Und dazwischen immer wieder die Kleider wechseln müssen, da sie sonst gar nicht alles anprobieren können, was sie jeden Tag neu bekommen. Nun, sicher ist sich Lua freilich nicht, ob es wirklich so ist, aber so stellt sie sich das Leben der Reichen nun mal vor. Sie denkt an den kleinen Arcus, was der wohl für Augen machen würde, wenn man ihm ein ganzes Schwein auf den Teller legte. Wie sich Lonya in einem bodenlangen, bunten Kleid drehen und wenden würde, so dass das Kleid nur so herumwirbelte. Aber nein, heute Abend gibt es für sie kein ganzes Schwein, kein Kleid... noch nicht einmal genügend Grütze! Einige Tränen rinnen über Luas hübsches Gesicht.
Wed, Jan 18th 2023 10:09

Fast wäre sie eingeschlafen auf dem Säulensockel unter der warmen Wintersonne. Erst als ihr Kopf auf die Brust gesunken warsank, hatte sie die Augen wieder aufgerissen und sich im Gedanken eine blöde Kuh geheißen sich so gehen zu lassen. Aber sie atmet auf, als sie ihre Tasche noch unter ihrem linken Arm spürt. Sie hat kaum geschlafen letzte Nacht in dem ungeheizten Unterschlupf in dem sie für die Nacht untergekrochen war. Zwei Jahre lang hatte sie ihre Nächte in einem weichen Bett in einem, in den Wintertagen, gut geheizten Raum verbracht. Das Leben auf der Straße ist sie nicht mehr gewohnt und sie haßt die Kälte, den Dreck und die Notwendigkeit stets wachsam sein zu müssen und mit nur einem Auge zu schlafen aus ganzem Herzen. Aber wenigstens reißt sie die Wut über die überwunden geglaubte Misere aus der dumpfen Lethargie, die sie überkommen hat.   Sie muß irgendwo halbwegs sicher unterkommen! Sie schleppt alles was ihr geblieben ist in einer gut gefüllten Tasche mit sich herum. Ein Patentrezept um alles zu verlieren, unter Umständen auch das Leben. Nochmals überdenkt sie ihre Optionen, aber auch diesmal sieht es nicht besser aus. Zwar hat sie zwölf Lamen versteckt und für ihre Ringe bekäme sie sicher auch noch zwei, aber das war alles was sie hatte! Außerdem reichten zwölf Lamen nicht für die Ewigkeit. Aber sie will nicht bei Farin, einem ihrer verflossenen Liebhaber, bei dem sie nicht davon ausgehen muß, daß er sie verprügeln und rauswerfen würde, nachdem ihr alles weggenommen hatte, anklopfen und Nacht um Nacht seine perversen Gelüste befriedigen. In einem besseren, halbwegs sicheren Puff nimmt man sie auch nicht mehr, dafür ist sie zu alt. Die Stadt wimmelt von billigem, zarten Frischfleisch, das aus dem Dreck herauswill und vor den billigen Hurenhäusern graut ihr. Sie kommt nicht darum herum, sie wird zumindest für eine Zeitlang ihre Ersparnisse angreifen müssen.   Nachdem sie diese bittere Pille hinuntergewürgt hat, beginnt sie zu überlegen. Sicher und billig sind zwei Qualitäten, die kaum miteinander zu vereinbaren sind und sie verbringt eine ganze Weile damit ihre Möglichkeiten abzuwägen. Es mußte in einem Viertel sein, daß sie kannte um damit die Gefahren kalkulierbar zu halten und leistbar sein. Wie sie es auch dreht und wendet, es bleiben nur die Balantbrüder über, die für die Madrana Familie eine diskrete Absteige betreiben. Ob Glückspiel mit hohen Einsätzen, Schäferstündchen oder geheime Treffen interessiert die Bürder nicht, solange bezahlt wirde und die Madrana Familie sorgt für die Sicherheit. Sie kennt den jüngeren der beiden Brüder recht gut und ist sich sicher, mit ihm einen guten Preis aushandeln zu können, wenn e sich auszahlen sollte auch mit Körpereinsatz. Zuwider ist ihr der Mann nicht. Nachdem sie sich entschieden hat, fühlt sie sich etwas besser. Langsam steht sie auf, streckt sich und macht sich auf den Weg. Auf der Prena dreht sich sich für einen Augenblick im Gehen nach einer vermeintlichen Feundin um und rempelt ziemlich unsanft jemand an. Als sie stehenbleibt und sich umdreht, schaut sie in ein verweintes Gesichgt, das ihr bekannt vorkommt. Im gleichen Atemzug erinnert sie sich an das Mädchen. „Verzeiht, ich habe nicht aufgepasst.“: sagt sie mit ihrer leicht rauchigen Altstimme und lächelt entschuldigend dabei.
Wed, Jan 18th 2023 10:50   Edited on Wed, Jan 18th 2023 10:51

Lua sieht Julia in die Augen, einen kleinen Moment lang, bevor sie sich mit dem dürftigen Ärmel ihrer Bluse über die Augen wischt. Das Lächeln, das sich auf ihre Lippen legt, ist mehr als zaghaft, aber für einen Augenblick verschwindet der verbissene Ausdruck, was das Gesicht noch ein bisschen hübscher macht. Auch sie hat das Gesicht erkannt - ist Julia doch eine für Gossenverhältnisse äußerst gepflegte Person, die schon nur dadurch auffällt. Und wenn sie schon vorher so interessiert zu ihr geschaut hat, wer weiß... und fragen kostet ja nichts.   "Macht Euch nichts draus, ist ja nichts passiert," antwortet sie und zieht sich die Bluse über Schulter nach oben, die vorher, durch den kleinen Rempler, etwas verrutscht ist. "Aber habt Ihr zufällig einen Filis für mich, oder wisst Ihr irgend eine Arbeit für mich? Bin heute leer ausgegangen am Arsenal, und ich muss doch meinen 5 Geschwistern ein Abendessen besorgen..."   Freilich ist Lua sehr wohl bewusst, dass ihr Gegenüber kaum danach aussieht, als ob sie mit den Filis nur so um sich schmeißen könnte. Denn dass Julia gar einige Lamen in der Tasche hat, das ist ihr absolut nicht anzusehen. Und das ist wohl auch ganz in ihrem Interesse. Nun sieht wenigstens Lua nicht unbedingt danach aus, als ob sie sie gleich abstechen würde, besonders mit diesem Hauch eines Lächelns in dem sonst so ernsten Gesicht. Aber so ganz genau kann man das freilich nie wissen. Und Lua selbst ist eben verzweifelt genug, jeden Strohhalm zu ergreifen, der sich ihr bietet, bevor sie zum letzten Mittel schreiten muss - und zwar zuzusehen, dass irgendjemand in der Stadt, der etwas besitzt, von eben diesem Besitz erleichtert wird - und Lua dafür zu einem Essen für die Familie kommt. Aber auch das ist in einer Stadt, wo der Großteil der Bevölkerung am Hungertuch nagt, nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen. Jedenfalls stehen sich nun zwei recht schöne Frauen gegenüber, eine jünger, eine etwas älter, wobei die jüngere die ältere mit erwartungsvollem, geradezu flehendem Blick ansieht.  
Thu, Jan 19th 2023 10:14

Die Geschichte mit den drei, fünf oder zwölf Geschwistern ist so alt, daß sie einen Bart bis zu den frenischen Inseln hat und das Mädchen bemüht sich nicht einmal sie halbwegs glaubwürdig klingen zu lassen. Julia ist schon dabei das zu tun was sie in solchen Fällen immer tut, den Kopf zu schütteln, eine nichtsagende Phrase zu murmeln und sich davon machen. Aber als die Kleine etwas von Arbeit sagt, kommt ihr eine Idee. Wenn sie anbeißt könnten auch ein paar Münzen für sie herausspringen. Dann geht ihr auf, daß sie das Mädchen im Gedanken Kleine genannt hat und muß schmunzeln, denn die Kleine ist mindestens eine Handbreit größer als sie. Noch immer lächelnd nickt sie.   „Ja ich weiß wo es Arbeit für dich gibt. Und ich rede nicht von schweren Säcken schleppen, Dreck putzen und sich den Rücken krumm rackern. Wenn du geschickt bist, kannst du zehn, zwanzig oder mehr Filis in einer Nacht verdienen. Hast ein Bett, zwei Mal am Tag Essen und brauchst dir keine Sorgen wegen Schlägern und anderem Gesindel machen.“ Sie läßt ihre Worte für einen Moment wirken. „Und du kannst dich jeden Tag waschen ohne dir am Fluß den Hintern abzufrieren.“: ergänzt sie noch. Die Möglichkeit sich zu waschen scheint Julia ziemlich wichtig zu sein, so wie sie es betont.   „Aber warte einen Moment.“: sagt sie und dreht sich halb von der Unbekannten weg, die zwar nicht so aussieht als ob man sie fürchten müßte, aber der Schein kann trügen. Sie öffnet zwei Knöpfe ihrer dicke Jacke und beginnt mit der Rechten darin herumzunesteln. Als sie sich wieder zu dem Mädchen dreht streckt sie ihr die Hand entgegen. Zwei Filis liegen in der geöffneten Hand. „Nimm dir einen, den anderen brauche ich für mich selbst.“ Sie lächelt und ihre stahlgrauen Augen suchen den Blickkontakt mit dem Mädchen.
Die aufgehende Sonne erhellt den Horizont und taucht die Küste in ein warmes, orangefarbenes Licht. Von weitem ist ein kleines Fischerboot zu sehen, das sich langsam den Anlegestellen des Arsenals nähert. Leif, der Kapitän, steuert das Boot gekonnt durch die Wellen, während seine Crewmitglieder bereits die Netze und Ausrüstungen vorbereiten. Als das Boot näherkommt, erkennt man die schwere Ladung an Fisch, die sich in den Netzen und Körben im Boot befindet. Die anderen Kapitäne im Hafen erkennen das Boot und begrüßen Leif freudig. „Du kommst wie immer zu spät Leif“ und „Dein Boot säuft ja bald ab bei dem Tiefgang“ kann man deutlich hören. Sie wissen, dass er erneut eine erfolgreiche Reise hinter sich hat und dass es bald frischen Fisch im Überfluss geben wird. Leif, ein großgewachsener junger Mann mit dunklem Haar, steuert das Boot sicher in den Hafen und vertäut es neben den anderen Booten. Wenn man das Szenario weiter verfolgt erkennt man nun, dass dieser durch den ewigen Kampf mit der See schwer gezeichnet ist. Eine Augenklappe verdeckt die leere Höhle die beim Verlust des Auges hinterlassen worden ist. Seine Crew besteht aus nur einem zusätzlichen Mann und dieser entlädt rasch die Fische. Leif umarmt einen Seemann hier, schüttelt kurz die Hände da und lächelt zufrieden dabei tauscht er sich mit den anderen Kapitänen über die Bedingungen auf See aus, während sich die Sonne weiter ihren Weg durch den Himmel bahnt.   Nachdem Leif alles geklärt und seine Unterhaltung mit den anderen Kapitänen beendet hat, kehrt er zu seinem Fischerboot zurück. Mit seinen 20 Jahren hat er sich bereits den Respekt der älteren Seebären verdient. Er trägt eine Hose aus Leinen und ein Hemd, dessen Ärmel aufgerollt sind, um seine muskulösen Arme zu entblößen. Er arbeitet kräftig und konzentriert, während er die Netze und Körbe trägt und die Fische sorgfältig verstaut. Sein Blick wandert immer wieder über die Anlegestelle, als ob er nach etwas sucht. Er scheint kurz bei zwei Frauen zu verweilen, die am Rand des Hafens stehen und die Arbeit der Fischer beobachten. Leif spricht kaum, während er arbeitet, aber sein Crewmitglied scheint ihm blind zu vertrauen und folgt seinen Anweisungen bereitwillig. Sie arbeiten als ein gut eingespieltes Team zusammen, um die Fische schnell und sicher abzuladen. Durch den ein weiteres Boot und der großen Anzahl an weiterem Fisch könnte man zusätzliche Arbeit vermuten
Fri, Jan 20th 2023 09:35

Luas Augen werden groß und größer, während ihre Kinnlade nach unten kippt. Ziemlich entgeistert sieht sie Julia eine Zeit lang an, während diese sich wegdreht und ihr den Fili hinhält. Sie greift ihn, ohne hinzusehen, schaut ihr nach wie vor in gerade in die Augen.   "10 Filis? Oder mehr? Wer bezahlt denn solche Gelder?" fragt sie dann, schüttelt dann plötzlich ganz kurz, dafür umso energischer den Kopf. "Natürlich mache ich es. 10 Filis... das bedeutet ja, endlich keinen Hunger mehr, Kleider, die wärmen, ein Feuer, jeden Abend."   Nun erst tritt ein Strahlen in ihre Augen, und endlich weitet sich ihr Mund zu einem breiten Lächeln, gibt eine Reihe praktisch weißer Zähne frei. Langsam geht ihr Blick in den Himmel, die Hände folgen ihr mit geballten Fäusten, doch kurz bevor wohl ein Jauchzen erklingt, verschwindet das Lächeln wieder, die Hände sinken nach unten. Sie sieht Julia nun wieder an.   "Aber was wird aus meinen Geschwistern? So wir Ihr spracht, würde ich wohl auch bei dieser Arbeitsstelle wohnen. Wer sorgt dann um sie? Würden auch sie unter diesem Schutz stehen?"   Die anfängliche Euphorie scheint verflogen. Man merkt, dass die Sorge um ihre Familie echt ist.
Sat, Jan 21st 2023 09:04

Das war leichter gegangen, als es sich Julia vorgestellt hat. Jetzt mußte sie ihr nur noch schmackhaft machen, daß sie für das viele Geld ein williges Mädchen zu sein hatte, das die Beine für jeden breit macht, der dafür bezahlte. Sie steckt den übriggebliebenen Filis unauffällig wieder ein. Aber das Mädchen ist viel zu aufgeregt um darauf zu achten.   „Ori.“: antwortet sie auf die Frage wer soviel bezahlte. „Nach außen ist sie ein wenig ruppig, aber sie hat ein Herz für ihre Mädchen und ist eine ehrliche Haut.“ Zustimmen nickt sie. „Ja genau das bedeutet es. Nicht mehr frieren, keinen Hunger mehr und sich keine Sorgen machen müssen, daß einem irgend ein Dreckskerl die Zähne einschlägt und einem das letzte Hemd weg nimmt und weit weniger anstregend als schwere Säcke hin und her zu schleppen.“ Dann setzt sie noch mit einem Zwinkern hinzu: „Und viel sicherer als in fremden Taschen nach Münzen zu suchen.“ Ihr Lächeln läßt Julia jünger erscheinen als sie ist. Das Strahlen in den Augen des Mädchens ist durchaus vielversprechend. Aber sich ehrliche Sorge auf dem Gesicht des Mädchens wegen ihrer Geschwister abzeichnet, wird Julia stutzig.   „Was? Du hast wirklich Geschwister?“ Prüfend sieht sie ihr Gegenüber an. Langsam verstärkt sich das Gefühl, das dieses Mädchen die Wahrheit sagt. Für einen langen Moment schaut ihr Julia in die Augen und ihr Lächeln versiegt. Nachdenklich geworden spielt kurz mit einer der Haarsträhnen die ihr ins Gesicht hängen, dann sagt sie leicht resignierend. „Aber ja, Ori nimmt deine Geschwister mit Freuden unter ihre Fittiche, besonders wenn sie jünger sind als du. Aber du siehts nicht so aus, als ob du an dieser Art Schutz viel Freude hättest.“ Das Wort Schutz betont sie überdeutlich.
Sat, Jan 21st 2023 06:42   Edited on Sat, Jan 21st 2023 11:01

[Verwaltung] Es dauert eine Weile bis Leif und seine Mannschaft den außerordentlich guten Fang dieses Tages ausgeladen haben. Als Leif für einen Moment verschnauft, bemerkt er, daß die beiden Frauen, die den Fischern zugesehen haben, verschwunden sind. Schließlich stehen alle Körbe auf dem hölzernen Pier und warten auf den Abtransport. Nun ist es für Leif und seine Besatzung höchste Zeit sich den persönlichen Anteil am Fang auszusuchen, der ihnen zusteht und ausreicht um eine Familie für einen Tag satt zu machen. Abgesehen von den Edelfischen, die für den Export und zahlungskräftige Kunden vorbehalten sind, haben sie freie Wahl. Für Viele hier im Arsenal ist dieser persönliche Anteil an den Fängen ein wichtiger Bestandteil ihrer Einkünfte, denn so muß nicht ein großer Teil des Lohnes für Lebensmittel ausgegeben werden.
Sat, Jan 21st 2023 10:49

Nun ist es aber an Lua zu stutzen. Sie macht ganz unbewusst einen Schritt nach hinten, legt den Kopf schief und sieht Julia argwöhnisch an, die Augenbrauen zusammengezogen. Sie hat den Mund geschlossen, und Julia sieht, wie ihre Backenknochen arbeiten.   "Was soll das heißen, DIESE Art von SCHUTZ," antwortet sie und betont dabei zwei Wörter überdeutlich. "Seht, ich muss meine Familie durchbringen. Und wenn ich die Möglichkeit habe, 10 Filis am Tag zu verdienen, dann mache ich, was immer Ihr wollt. Da wühle ich den ganzen Tag in der Scheiße von irgendwem, bis zum Hals, wenn es sein muss. Aber meine Geschwister sind heilig. Sie sind nicht verwöhnt, die älteren von ihnen können auch arbeiten. Aber sie sind noch zu klein, um für sich selbst zu entscheiden. Ich muss da also wissen, auf was sie sich einlassen müssen."   Wieder schaut sie Julia an, wieder presst sie die Zähne aneinander. Die eben noch gezeigte Euphorie scheint verflogen zu sein. Nun, eines sollte Julia nun klar sein: Auch wenn Lua wohl von ihrem persönlichen Interesse an dem Angebot nichts ahnt, auch wenn sie wenig argwöhnisch auf die Art der Arbeit zu sein scheint, so ist sie doch fast schon übervorsichtig, wenn es um ihre Geschwister geht.   "Wenn ich jedoch wirklich 10 Filis am Tag verdiene, dann müssen die gar nicht mehr viel tun. Aber Ihr sagtet, ich müsste in der Nacht arbeiten. Das ist absolut kein Problem für mich, aber ich muss meine Geschwister in der Nacht in Sicherheit wissen. Kann auch einfach eine sichere Wohnung sein, und wenn ich von den 10 Filis etwas abgeben muss."
Sun, Jan 22nd 2023 12:40

„Diese Art von Schutz heißt, daß Ori mit Vergnügen deine Geschwister in ihre Obhut nimmt. Es laufen genug Perverse durch die Gegend, die locker das Doppelte vom normalen Tarif zahlen, wenn sie sich über kleinen Mädchen oder Buben hermachen können und Ori liebt nichts mehr als das Klimpern von Lamen auf ihrer Marmortheke. Aber ich glaube nicht das dir das gefallen wird. Zumindest mir würde es nicht gefallen, wenn ich jüngere Geschwister hätte“ Julia streicht sie die Haarsträhne aus dem Gesicht.   „Ori hat einen ordentlichen, saubern Puff für die besseren Damen und Herren, falls du das bis jetzt nicht mitgekriegt hast. Sie betrügt nicht und hat ein Auge auf ihre Mädchen, aber an erster Stelle kommt bei ihr das Geld und an Kindern kann man ordentlich verdienen. Fällt jetzt der Filis? Du brauchst nicht in der Scheiße zu wühlen ganz und gar nicht. Aber Tageslicht wirst du nicht viel sehen bei Ori, wenn du ordentlich verdienen willst. Bei Tag ist nicht viel los bei ihr. Das Hauptgeschäft läuft in der Nacht. Eins ist noch wichtig bei ihr, Ori heißt Orisea, aber sie schätzt es sehr wenn sie ihre Mädchen mit Gnädiger Frau anreden. Ist ein Tick bei ihr. Hat was damit zu tun, daß angeblich irgendwer in ihrer Familie adelig war. Hast einen Stein bei ihr im Brett, wenn du sie gleich so an redest. Aber wenn du so um deine Geschwister besorgt bist und und trotzdem bei ihr arbeiten willst, dann mußt du dir was einfallen lassen. Ich wäre selber froh wenn ich eine sichere Bleibe für die Nacht hätte, da kann ich dir nicht helfen. Glaubst du das das hinkriegst? “   Julias fragender Blick wir plötzlich leicht besorgt. „Ich hab ganz vergessen dich zu fragen, du hast doch keine Krankheiten wie Tripper oder so was in der Art? Aber lüg mich nicht an. Ori nimmt niemand von der Straße und wenn ich jemanden mit einer Krankheit bei ihr anschleppe, dann macht sie mich dafür verantwortlich. Dich wirft sie hochkant raus, sobald sie dahinter kommt, aber erst nach dem sie dir die Arme hat brechen lassen und mir wird sie persönlich die Finger brechen, sobald sie mich erwischt. Also haben wir beide einen guten Grund um in dieser Frage ehrlich zu sein.“
Sun, Jan 22nd 2023 10:31   Edited on Sun, Jan 22nd 2023 10:40

Lua schüttelt den Kopf. "Tripper?" antwortet sie dann ziemlich nachdenklich, wohl an etwas ganz anderes denkend, und ohne Julia überhaupt anzusehen. "Nein. Ich habe das bisher noch nicht oft gemacht. Ihr wisst ja, einfach so mal sich in einem besseren Puff bewerben, das ist nicht. Bei all den jungen Mädels, die sich da ein sicheres Einkommen sichern wollen, da gehen die das Risiko gar nicht ein. Die verlassen sich schön auf Empfehlungen. Und die anderen, naja, da verdrängt der Tripper wohl am ehesten all die anderen Krankheiten, die du dir da einfängst. Und am Ende riskierst du, außer einer Tracht Prügel gar nichts zu kriegen."   Sie schaut vor sich auf den Boden, reibt mit einem Fuß auf dem Boden, dann schaut sie doch Julia wieder an. Sie schaut nun etwas zuversichtlicher aus. "Ich habe da einen Nachbarn, dem vertraue ich. Und ich denke, wenn der etwas Grütze kriegt und an einem warmen Feuer übernachten kann, dann übernachtet der schon bei meinen Kleinen. Und mit 10 Filis, da kann ich mir eine Portion Grütze schon leisten."   Sie schaut nach oben, zu irgendeinem ganz willkürlichen Fenster des festungsartigen Palastes hinter Julia, nur einen Augenblick lang, dann holt sie einmal tief Luft, stößt sie durch den Mund aus und schaut Julia an. "Ja, ich will. Wir sollten zu dieser Ori gehen. Denn ich habe jetzt einen Fili, aber noch immer kein Abendessen. Also, irgendwann muss ich mir noch ein paar Filis verdienen oder irgendwo irgendwas finden, bevor es Abend wird..."   Eigenartiger Weise hat sie noch nie danach gefragt, warum Julia ihr überhaupt helfen will. Entweder sie vertraut der schönen Frau direkt vor ihr aus irgendeinem wohl schwer erklärlichem Grund, die Aussicht auf den doch eindeutigen Aufstieg im Lebensstandard ist zu verlockend, oder sie ist einfach naiv und, wie so viele in den Straßen und Gassen der Stadt, einfach schicksalsergeben.
Leif geht wieder an Bord seines Bootes, um den eigenen Anteil des gefangenen Fischs aufzuteilen. Er bittet seinen Bruder sich seinen Anteil zu nehmen, und prüft anschließend, ob das Boot gut vertäut und für den nächsten Tag vorbereitet ist. Mit einem Korb voller frischen Fischs geht er dann zu den armen Kindern, die das Szenario beobachteten und betteln. Als die Kinder den Fischer und den Korb mit Fisch sehen und bemerken das er auf sie zukommt, beginnen ihre Augen zu leuchten und sie strahlen vor Vorfreude. Mit ausgestreckten Armen rennen sie auf Leif zu und umarmen ihn, denn sie kennen ihn schon und wissen was nun passiert. Als er zwei ausgewählte Kinder mit jeweils einem Fisch beschenkt, brechen Tränen der Freude aus und sie drücken den Fisch fest an ihre Brust, als wäre es ein kostbarer Schatz. Der Anblick des glücklichen Lachens auf den Gesichtern der Kinder und ihrer Dankbarkeit erfüllt den Leif mit einer tiefen Zufriedenheit und Freude. Doch wenn man genauer hinsieht, erkennt man auch eine Traurigkeit in seinen Augen, denn er weiß, dass er nicht alle Kinder helfen kann und das er nicht genug Fisch für alle hat. Es belastet ihn, dass er nicht in der Lage ist, noch mehr Kinder glücklich zu machen. Im Hintergrund kann man die Wachen sehen, die missmutig das Szenario begutachten. Sie werfen Leif und den Kindern kritische Blicke zu, als ob sie das Verteilen des Fischs nicht gutheißen würden. Sie müssen es jedoch dulden, da es sich bei dem Fisch um den verdienten Anteil des Fischers handelt und sie kein Recht haben einzugreifen. Eine Zeit lang streichelt Leif einigen Kindern noch liebevoll über den Kopf und lacht mit ihnen. Er genießt die Freude und Dankbarkeit, die die Kinder ausstrahlen und dann verabschiedet er sich von den Kindern. Er wendet sich dann der Straße Prena zu, um nach Hause zu gehen. Währenddessen sieht man seinen Bruder sich mit einer Wache, die das Szenario beobachtet hat , unterhalten. Leider kann man nicht verstehen, worüber sie sich unterhalten, aber man kann erkennen, dass sie ernst und konzentriert sprechen.
Mon, Jan 23rd 2023 09:45   Edited on Mon, Jan 23rd 2023 09:45

[Verwaltung] Leif hat schon ein paar Dutzend Schritte Richtung Prena zurück gelegt, als hinter ihm Geschrei laut wird. Im ersten Augenblick kann Leif nicht viel erkennen, aber dann sieht er einen Jungen von dem aufgestapelten Fischkörben davon hetzten. Vielleicht einer jener, die beim Verteilen seines Fischanteils zu kurz gekommen sind, der glaubte die Ablenkung der Wachen ausnützen zu können, um sich ein paar Fische zu greifen und damit davon zu kommen. Er ist sicher nicht viel älter als zehn Jahre und er ist schnell. Vielleicht hätte er sogar geschafft, wenn er nicht versucht hätte über ein paar Rollen Tauwerk zu springen, um eine der Wachen abzuhängen, die ihm schon knapp auf den Fersen ist. Stattdessen bleibt er mit einem Fuß hängen und stürzt kopfüber. Die paar Fische, die er ergattert hat, fliegen im hohen Bogen davon und dann ist die Wache schon über ihm. Es sind keine Thornhoff Bewaffnete, die hier Wache schieben. Zum Bewachen von Fisch und das Antreiben von Arbeitern setzt Haus Thornhoff seine gut ausgerüsteten Wachkompanien nicht ein. Es sind Schläger der Lestoris Familie, die sehr eng mit Thornhoff verbunden ist, die diesen Teil des Arsenals bewachen. Die Wachen sind mit Knüppeln ausgestattet, deren verdickte Enden mit Metall beschlagen sind. Schläge mit dieser Waffe brechen ohne große Anstrengung Knochen.   Zweimal tritt der Wächter mit voller Wucht dem liegenden Jungen in die linke Seite. So heftig sind die Tritte, daß das Kind drei, vier Fuß zur Seite geschleudert wird. „Hab die Scheißhausratte!“: ruft er über die Schulter seinen Kameraden zu und fährt dann einen der Arbeiter an. „Heb die Fische auf und trag sie zurück, aber fix, sonst mach ich dir Beine.“ Dann geht er zu dem sich auf dem Boden windenden Jungen. Vielleicht hätten die Zwillinge doch noch die Hand über ihn gehalten, hätte er nicht in panischer Angst, trotz der gebrochenen Rippen, der Schmerzen und der Atemnot, versucht auf die Beine zu kommen. Ohne zu Zögern schlägt der Wächter mit seinem Knüppel zu und trifft den Jungen am Hinterkopf. Der fällt aufs Gesicht, ein Zittern durchläuft den kleinen Körper und dann liegt er still. Der Wächter macht sich nicht die Mühe nachzusehen, ob der Junge wirklich tot ist. Mit einer herrischen Geste winkt er die ihm am nähesten stehenden Arbeiter heran. „Werft das Stück Scheiße in den Okeanus. Bewegt euch!“ Die Arbeiter gehorchen stumm und etwas später treibt der Körper des Jungen im Hafenwasser. Am Pier und der Halle geht die Arbeit weiter.
Tue, Jan 24th 2023 05:09   Edited on Tue, Jan 24th 2023 05:12

Erleichtert atmet Julia auf, als sie hört das die Unbekannte gesund ist. Sie kann nur hoffen, daß es die Wahrheit ist, denn wenn es um den Ruf ihres Bordell geht ist mit Ori nicht zu spaßen. Sie legt den Kopf etwas zur Seite und betrachtet ihr Gegenüber für einen Augenblick. Auf ihre Art sieht sie ohne Frage gut aus. Gewaschen und geschminkt in einem knappen Fetzchen von Kleid ist sie garantiert ein Anblick der so manchen Schwanz beleben wird. Aber viel Ahnung vom Leben in einem Puff scheint sie tatsächlich nicht zu haben. Julia hat nicht übertrieben mit dem Lohn bei Ori, aber Schminke, Parfum und Kleidchen mußten bezahlt werden, wenn man sie nicht besaß und sie konnte sich nicht vorstellen, daß dieses Mädchen viel mehr hatte, als sie am Körper trug. Aber das war nicht ihr Problem.   Es ist ihr auch ziemlich egal ob und bei wem die Kleine ihre Geschwister unterbringen konnte, aber irgendwie war Julia das Mädchen sympathisch. „Langsam!“: sagt sie mit einem Lächeln. „Zuerst muß Ori ja sagen und die 10 Filis für Holz und Essen mußt du auch erst verdienen. Ori ist ziemlich wählerisch, doch du siehst gut aus. Aber warten wir es ab. Früher Nachmittag ist eine gute Zeit, sie wird schon aufgestanden sein, aber noch nichts um die Ohren haben. Also laß uns gehen, es ist nicht sehr weit.“ Aufmunternd lächelt sie dem Mädchen zu und geht voraus.   Julia ist auch bei Tage vorsichtig und wählt mit bedacht nur die breiteren Straßen und meidet die engen Seitengassen, selbst wenn sie dafür einen kleinen Umweg in Kauf nehmen muß. Als sie auf den Platz einbiegen, an dessen nördlichen Ende das bekannte Skriptorium gelegen ist, sagt sie: „So, es ist nicht mehr weit.“ Sie schlägt die Richtung zum Wochenmarkt ein. „Ich schlage vor, du läßt zuerst mich mit ihr reden. Sie mag es nicht, wenn jemand den sie nicht kennt unangemeldet bei ihr reinplatzt. Mich kennt sie. Wenn sie dich sehen will, was ich stark annehme, komme ich dich holen.“ Sie deutet mit der Rechten in eine Seitengasse, die vom Wochemakrt wegführt. „Hier ist es. Wenn du nicht in der Seitengasse herumstehen willst, dann warte hier auf dem Platz. Aber laß dich nicht jetzt schon abschleppen.“ Mit einem Schmunzeln zwinkert ihr Julia zu.
In dem Moment, in dem Leif das verletzte Kind im Hafen liegen sieht, verfinstert sich sein Gesichtsausdruck. Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen und seine Lippen formen eine schmale Linie. Seine Hände ballen sich zu Fäusten und seine Schultern sacken nach vorne, als ob er die Last des Anblicks körperlich spürt. Er steht regungslos da, als ob er nicht glauben kann, was er gerade gesehen hat. Man kann sehen, dass er gerne eingreifen würde und die Täter zur Rechenschaft bringen würde, doch leider sind ihm die Hände gebunden durch die Machtverhältnisse in dieser Welt.   Als das Kind dann in das Hafenbecken geworfen wird, gleitet ihm eine Träne über die Wange und er atmet tief durch. Er dreht sich um und macht sich auf den Weg nach Hause, schwer beladen mit dem Gewicht dessen, was er gerade gesehen hat.
Tue, Jan 24th 2023 02:51   Edited on Tue, Jan 24th 2023 02:52

Lua geht also hinter Julia her. Was hätte sie sonst auch tun sollen? Das Kompliment, dass sie gut aussehe, prallt an ihr ziemlich reaktionslos ab. Vielleicht ist sie sich dessen bewusst, vielleicht auch nicht, jedenfalls scheint sie nicht viel auf ihr Aussehen zu geben. Gut, allem Anschein nach hat es ihr ja bisher keinen bedeutenden Vorteil gebracht, so armselig wie sie daherkommt. Und dass sie außer den Kleidern am Körper keine weiteren besitzt, das ist wohl wahr, trifft aber wohl auf die Mehrzahl der Einwohner der Stadt zu. Nun denn, es geht also durch die Straßen Pelorns. Mancher nimmt wohl Notiz von den beiden schönen Frauen, mancher weit weniger, aber es scheint nicht so zu sein, dass sie soweit Aufsehen erregen, dass irgendjemand es für nötig hält, sie anzusprechen.   Das Etablissement dieser Ori liegt in einem der besseren Teile der Stadt. Selten ist Lua in diesem Teil unterwegs gewesen. Zum Betteln ist sie zu alt, und beim Stehlen ist es besser, sich an der ärmeren Bevölkerung schadlos zu halten. Freilich ist es für diese weit schmerzhafter, bestohlen zu werden. Auf der anderen Seite ist es der Obrigkeit ziemlich einerlei, ob einer dieser armen Schlucker nun einen weiteren Verlust erfährt oder auch nicht. Eine ordentliche Abreibung gibt es freilich beim Erwischtwerden. Aber wenn einem dies beim Beklauen eines der wichtigeren Leute der Stadt passiert, dann ist es äußerst fragwürdig, ob man überhaupt noch davonkommt. Ein Leben in der Gosse zählt nicht viel. Das weiß Lua. Also, Stehlen in dieser Gegend ist zu gefährlich, und zum Betteln, naja, da ist sie eindeutig zu alt. Als sie nun endlich ankommen, nickt sie nur auf die Anweisungen ihrer Begleiterin hin. Diese verschwindet in dem Gebäude. Lua lehnt sich gegen einen Mauervorsprung und beobachtet die Leute, die an ihr vorüberziehen.   Lua ist es nicht gewohnt, wahnsinniges Aufsehen zu erregen. Vielleicht hängt es mit der doch recht einschlägigen Nachbarschaft zusammen. Aber das mit dem Sich-Nicht-Abschleppen-Lassen, nun, das ist ihr vorhin doch als etwas schlechter Scherz vorgekommen. Sie merkt nun aber, dass die Möglichkeit wohl da wäre. Immer wieder schaut jemand zwischen Oris Schuppen und ihr hin und her, immer wieder erntet sie ein kaum mehr zweideutiges Zwinkern. Zwei kaum mehr als halbwüchsige Jungen aus gutem Hause bieten ihr gar einen Filis, um ihr in die Hose fassen zu dürfen. Lua lehnt ab. Nein, womöglich ist sie kurz vor dem Ziel. Kein Hungern mehr. Kein Frieren mehr. Doch nun wegen eines Filis geschnappt zu werden, gerade vor einem dieser Etablissements, wo die reichen Leute ihr Vergnügen suchen, das kann sie einfach nicht riskieren. Wenn dieses alles andere als unfreundliche "Ich kann nicht..." auch nicht sehr überzeugend klingt. So steht sie also da und wartet. Die Aufregung ist ihr freilich anzukennen. Die Pflastersteine unter ihren Füßen sind bald blankgescheuert, so sehr bewegt sie diese hin und her.   "Du siehst gut aus", so hatte Julia gesagt. Das ist wohl ein gutes Zeichen. Julia muss es irgendwie ja wissen. Denn sie ist eine ausgesprochen schöne Frau. Wer weiß, wie viel sie an einem Abend verdient... 40, 50 Filis? Fast wird Lua schummrig, wenn sie sich solche Summen vorstellt. Natürlich, Julia ist gepflegt, sauber. Wäre Lua doch an diesem Morgen noch in den Olifern gesprungen... aber in den Wintermonaten ist das nun einmal nicht ungefährlich. Normalerweise gilt unter den armen Leuten die Devise "Besser dreckig als tot". Heute hätte Lua sich gewünscht, sie hätte das Risiko auf sich genommen. Würde diese Ori denn auch erkennen, dass sie alles andere als hässlich war, auch wenn sie sich eben schon länger nicht mehr gründlich gewaschen hatte? Würde das Glück ihrer Familie jetzt wirklich daran scheitern, dass es eben Winter ist, ein Bad im Olifern gefährlich und sie dadurch eben nicht so reinlich aussieht wie es ihre neue, wenigstens vermeintliche, Freundin tut? Die Pflastersteine unter ihren Füßen beginnen zu glänzen.
Wed, Jan 25th 2023 03:40   Edited on Wed, Jan 25th 2023 03:41

[Verwaltung] Auf dem Nachhauseweg begegnet Leif der alte Othar, der in dem Teil des Häuserblocks in dem Leif wohnt, für Ordnung sorgt. Sein Haar ist schlohweiß, er hat kaum noch einen Zahn im Mund, aber hält sich immer noch gerade und mit dem kurzen Knüppel an seinem Gürtel vermag er immer noch kräftig auszuteilen. Lange Jahre Dienst in einer Wachkompanie des Hauses Thornhoffs hatte ihm diese privilegierte Stellung verschafft. „Die Zwillinge mit dir!“: grüßte er als er Leif erkennt. Aber wegen seiner Kurzsichtigkeit erkennt er erst im Näherkommen Leifs düsteren Gesichtsausdruck und seine gedrückte Haltung. Er bleibt stehen und kneift wie immer wenn er etwas besser sehen will die Augen zusammen. „Was ist den mit dir los, Fischbändiger? Ist dir dein Kahn abgesoffen oder ist der Okeanus ausgetrocknet? Du siehst ja aus als hättest du einen Schatten erblickt.“
Leif ist besorgt, als er von dem alten Mann angehalten wird, der zu derselben Wachmannschaft gehörte die dieses Kind wegen einer belanglosen Sache getötet hat "Mögen die Zwillinge auch mit dir sein" erwidert Leif die Begrüßung. Er bleibt kurz bei dem alten Mann stehen und zwingt sich ein Lächeln heraus, denn das der Alte einen Knüppel an der Seite hängen hat macht die Situation nicht gerade angenehmer. "Nichts dergleichen. Es war wirklich ein sehr produktiver Tag heute." Der kurzsichtige alte Mann hält Leif mit belanglosem Gespräch auf, während dieser eigentlich nur nach Hause zu seiner Familie möchte. Leif versucht, höflich zu sein und zeigt dem alten Mann seinen Korb mit frischem Fisch, in der Hoffnung, dass er schnell gehen kann, aber er bleibt auf der Hut und bereit, sich zu verteidigen, falls es nötig sein sollte.
Wed, Jan 25th 2023 04:41   Edited on Wed, Jan 25th 2023 04:42

[Verwaltung]Leif kann froh sein, daß der Alte nicht wissen kann was er über ihn denkt, sonst hätte er tatsächlich mit dem Knüppel Bekanntschaft gemacht. Die Wachkompanie des Hauses Thornhoff ist, abgesehen von der Leibwache des Hauses, die einzige Truppe der Stadt die in Ausbidlung und Disziplin an Einheiten der alten Reichsarmee herankommt und den Vergleich mit Schlägern, wie jene der Lestoris Familie, hätte Othar wie jeder Angehörige der Wachkompanie als persönliche Beleidigung empfunden. So aber grinst er zahnlos und meint freundlich: „Freut mich für dich. Also dann, ich will dich nicht aufhalten. Schönen Tag noch.“ Er hebt die Hand zum Gruß bevor er davon stapft um sich um seine Angelegenheiten zu kümmern.
Wed, Jan 25th 2023 05:24

Lua muß nicht lange warten. Mit einem Knall fliegt die Türe auf, in der Julia verschwunden ist und ein bulliger, stiernackiger Mann wirft Julia wie einen Sack hinaus aufs Pflaster der Straße, gefolgt von ihrer Tasche. „Zieh Leine, du alte Schlampe!“: brüllt er. „Wenn du nicht gleich weg bist, trete ich dich so in deinen Blumenarsch, daß dir die Scheiße bei den Ohren heraus quillt. Und wenn du noch einmal auch nur in die Nähe dieser Türe kommst, dann zieh ich dir die Haut ab und nagle sie an die Scheißhaustüre. Hau ab, blöde Votze!“ Mit diesen Worten verschwindet er im Haus und wirft krachend die Tür ins Schloß.   Benommen und verwirrt rappelt sich Julia auf. Die linke Seite ihres Gesichtes ist gerötet und beginnt schon anzuschwellen, ihre Oberlippe aufgeplatzt und ein wenig Blut läuft ihr übers Kinn. Ihre Hände, mit denen sie ihren Sturz aufgefangen hat, sind an den Handflächen aufgeschürft und ihr Rock hat über dem rechten Knie ein neues Loch. Sie hat Tränen in den Augen, aber instinktiv greift sie sich ihre Tasche, hängt sie über die Schulter und drückt sie mit dem linken Arm an sich. Noch immer benommen von dem heftigen Schlag des Rausschmeißers und dem Sturz taumelt sie eher die Nebenstraße entlang hinaus auf den Platz, als sie geht. Das Tuch auf ihrem Kopf ist verrutscht und eine lange Strähne dunkelroten, lockigen Haars fällt ihr bis weit über die rechte Schulter. In ihrem Gesicht spiegeln sich Schmerz, Wut aber hauptsächlich Verständnislosigkeit.
Wed, Jan 25th 2023 09:12   Edited on Thu, Jan 26th 2023 01:47

Der Seufzer, den Lua ausstößt, als Julia unsanft auf die Straße befördert wird, ist tief. Nun ist es bei den Zwillingen nichts Ungewöhnliches, wenn zwischendurch einmal jemand vor eine Tür geworfen wird. Und auch eine aufgeplatzte Lippe beziehungsweise aufgeschlagene Knie und Hände erregen wenig Aufsehen in dieser Stadt, wo Gewalt an der Tagesordnung steht und zumeist die wichtigste Art der Zurechtweisung Untergebenen gegenüber darstellt. Aber Lua wird nun schlagartig klar, dass die 10 Filis wohl ein Wunschtraum bleiben werden. Jedenfalls sieht es nicht danach aus, als ob Julia großen Erfolg bei der Anpreisung ihrer neuen Bekanntschaft gehabt hätte. Und so ist sie wieder ganz am Anfang ihrer Bemühungen, dass diesen Tag zu einem guten Tag zu machen - wenn sie so langsam auch wenig Ideen übrig hat, wie so etwas vonstatten gehen sollte. Reichlich zerknirscht geht sie also zu Julia, bleibt vor ihr stehen, sieht sie an. Es dauert eine ganze Weile, bis sie irgendetwas zu sagen imstande ist. Zu tief sitzt die Enttäuschung, schon wieder so kurz vor einem vermeintlichen guten Verdienst mit leeren Händen dazustehen.   "Was war denn los?"   Nein, die Worte sind nicht gefühlskalt von sich gegeben, auch schwingt kein Vorwurf darin. Vielmehr zeugen sie von mindestens ebenso großer Verständnislosigkeit als diejenige, die sich eben in Julia Feltres Gesicht breitgemacht hat. Hat die Gnädige Frau sie doch noch nicht einmal gesehen... und Julia, die ihr doch so gerne helfen würde, die kennt sie doch so gut...
Thu, Jan 26th 2023 11:11

Mit einer Geste völliger Ratlosigkeit schüttelt Julia den Kopf. „Ich..ich weiß es nicht. Vorige Woche bin ich noch einen ganzen Abend bei Ori gewesen.“ Sie streift das völlig verrutschte Tuch von ihrem Kopf und tupft sich mit einem Ende das Blut vom Kinn. „Alvert war immer ein Arschloch und kann mich nicht ausstehen, weil ich für ihn nicht die Beine breit mache. Das weiß ich! Aber das was er jetzt abgezogen hat...“ Nochmals schüttelt sie ihren Kopf. „Eigenmächtig traut sich der Scheißkerl das nicht. Ich kenne ihn! Der ist der Typ der nach oben in die Ärsche kriecht und nach unten tritt. Ich kenne Ori seit über zehn Jahren, habe immer wieder für sie gearbeitet und eine zeitlang...war ich eines ihrer Schoßtierchen, wie sie das nennt. Ich hatte keinen Streit mit ihr. Und heute...das. Ich verstehe es einfach nicht. Sie muß ihm gesagt haben, daß er mich rausschmeißen soll. Aber wieso?“   Noch immer benommen von dem kräftigen Schlag und dem Gang der Ereignisse merkt sie es gar nicht, daß sie einer völlig Fremden Details aus ihrem Leben erzählt, die sie nicht zu wissen braucht. Nochmals tupft sie sich mit dem Tuch übers Kinn, bevor sie zusammen knüllt und in ihre Jacke steckt. Aber langsam fängt sie sich soweit, daß sie wieder ein wenig klarer denkt. „Irgendwas muß sie gehört haben, daß sie so reagiert und das kann nichts Gutes gewesen sein. Sie ist ein harter Brocken, aber eine sentimentale alte Schnepfe wenn es um ihre abgelegten Spielzeuge geht. Sicher ist….“ Dann unterbricht sich Julia. „Aber das interessiert dich höchstwahrscheinlich gar nicht. Tut mir leid, daß ich dich hier hergeschleppt habe für Nichts und wieder Nichts. Das konnte ich nicht ahnen.“ Sie zögert ein wenig bevor sie dem Impuls nachgibt, der recht ungewöhnlich ist für sie. Sie macht sich jetzt nicht die Mühe sich wegzudrehen, als unter ihre Jacke greift. „Ich hab dich davon abgehalten, dir was zu verdienen. Hier, nimm das und kauf dir und deinen Geschwistern was zu essen.“ Sie streckt ihr die Hand hin auf der drei Filis liegen.
Fri, Jan 27th 2023 03:57   Edited on Fri, Jan 27th 2023 03:59

Lua hört zu und sieht Julia dabei in die Augen. Kaum kann man annehmen, es würde sie nicht interessieren. Der Blick, der in Julias Augen liegt ist besorgt, er ist mitfühlend, verständnisvoll was die Emotionen ihres Gegenübers angeht, doch gleichtzeitig sichtbar verständnislos was eben die Motivationen dahinter angeht. Hätte ein Außenstehender die beiden gesehen, wie die eine spricht, die andere zuhört, kaum hätte er geglaubt, dass sie sich seit kaum einer Stunde kennen. Erst als Julia aussagt, es würde Lua wohl nicht an die Nieren gehen, senkt sie ihren Blick, und selbst dann ist klar zu sehen, dass diese Aussage mehr Floskel als Wirklichkeit ist. Dann streckt ihr Julia die drei kümmerlichen Münzen entgegen. Der Blick, eben noch betrübt zu Boden gerichtet, hebt sich zu ihrer Hand. Die Kinnlade fällt nach unten, die Augen fixieren einen Moment lang die Münzen, ungläubig darüber, dass jemand so freigiebig sein könnte. Dann erheben sie sich erstaunt zu Julias Augen, gehen von diesen wieder zu den Münzen und drei oder viermal hin und her, bevor endlich ihre Hand die Münzen nimmt und in ihre eigene Tasche verfrachtet. Und nun, da die Augen in Julias Hand nichts mehr zu schauen haben, fixiert sie endgültig das so klare Grau ihn Julias Blick, verharrt einige Sekunden regungslos. Dann fällt sie förmlich Julia entgegen, ihre Arme umschlingen den Oberkörper der eben noch so misshandelten und entwürdigten Frau, drückt sie an sich. Nein, das ist kein Theater, bebt doch Luas gesamter Körper vor Erregung angesichts so großer Güte. Eine ganze Weile verharrt Lua nun so, wohl mag Julia wohl sie von sich fortschälen wollen, als sie endlich den Griff löst. Als sie dann wieder Julia in die Augen schaut, haben sich auf ihren Wangen feuchte Bahnen gebildet, von Tränen verursacht, die umso mehr von den wahren Emotionen der hübschen jungen Frau zeugen. Die Hände gehen über ihre Arme nach unten, fassen schließlich ihre Hände. Und wieder dauert es etwas, bis Lua zu sprechen beginnt.   "Vielen Dank, werte Frau," sagt sie, doch noch immer komplett unwissend, was den Namen ihrer Wohltäterin betrifft. "Würde es mehr Leute wie Euch in dieser Stadt geben, das Leben für unsereins wäre ungleich besser. Ihr habt etwas gut bei mir. Ich weiß zwar nicht, wie ich es bewerkstelligen sollte, aber wenn Ihr irgendetwas braucht, ich bin für Euch da. Vielen, vielen Dank, bei den Zwillingen und allem was darüber oder darunter liegen mag, aber Ihr seid eine wahrlich Heilige. Wir werden alle Euer gedenken, wenn wir diesen Abend wieder ein Abendessen zu uns nehmen können, an einem warmen Feuer."   Sie hält inne, eine warme Träne folgt der feuchten Strecke über ihre Wange. Dann fügt sie noch hinzu: "Ich bin übrigens Lu."
Sat, Jan 28th 2023 09:10

Als Julia so plötzlich umschlungen wird, versteift sich ihr Körper und ihre linke Hand, die Finger wie zu einer Klauen gekrümmt, fährt in einem Reflex hoch. Aber bevor sie noch ihre langen Fingernägel in Luas Gesicht krallen, wird ihr klar, daß sie nicht schon wieder angegriffen wird und sie läßt die Hand sinken. Irgendwie weiß sich nicht was sie jetzt tun soll umarmt von dem Mädchen, das sie kaum kennt. So läßt sie es mit sich geschehen. Als sie sich dann mit tränenfeuchtem Gesicht von ihr löst, ihre Hände faßt und sie dann auch noch mit werter Frau anredet, ist das zuviel für sie.   „Spinnst du, oder was? Ich bin keine werte Frau und meiner Gedenken brauchst du auch nicht.“ Es kommt nicht sehr oft vor das Julia sagt was sie wirklich denkt oder fühlt, doch jetzt in diesem Moment platzt es mit brutaler Offenheit aus hier heraus. „Ich war dabei, deinen süssen kleinen Hintern an die alte Vogelscheuche zu verschachern und dabei ein paar Münzen für mich heraus zu schlagen. Verstehtst du? Nichts mit Heiliger, bloß ein Geschäft von dem wir Beide etwas gehabt hätten und jetzt hör auf mit deinen schwülstigen Geschwafel. Das ist ja nicht auszuhalten.“ Ärgerlich schnauben streicht sie sich das Haar aus dem Gesicht. Aber schon nach ein paar Atemzüge scheint der Ärger verflogen. „Ich heiße Julia.“:sagt sie. „Aber bei den Schatten, nenne mich nicht Lia, ich hasse es!“: sagt sie mit Inbrunst. Die linke Seite ihres Gesichts ist schon merkbar angeschwollen.
Tue, Jan 31st 2023 09:07   Edited on Tue, Jan 31st 2023 09:09

[Verwaltung] Während Lua und Julia noch miteinander reden, überquert die ältere Vertraute des Besitzers des Skriproriums in Begleitung eines Bewaffneten, der die Hausmarke des Skriptoriums auf dem Wams trägt, mit einer Mappe unter dem Arm den Marktplatz. Ohne die beiden Frauen näher zu beachten geht sie an ihnen vorbei, als sie aber auf gleicher Höhe wie Julia ist bleibt sie aprupt stehen als wäre sie gegen eine Wand gelaufen. Für langen Augenblick schließt sie die Augen halb, so als müßte sie mit Schwindel oder Übelkeit kämpfen. Den besorgten Bewaffneten bringt sie mit einer kurzen Geste ihrer Rechten zum Stehenbleiben. Dann schweift ihr Blick für einen kleinen Moment zu Lua, bewegt sich aber sofort zurück zu Julia und verweilt dort. Sie unterbricht die beiden Frauen nicht, aber ihr Blick und ihre Haltung lassen keinen Zweifel daran aufkommen, daß sie etwas von Julia möchte.
Wed, Feb 1st 2023 12:33

Freilich macht Lua zunächst einen gehörigen Schritt nach hinten, als Julia sie so harsch anfährt. Freilich geht ihr Gesichtsausdruck zurück in diese verbissene Ernsthaftigkeit, die ihr so eigen ist. Und doch, es ist ein kurzer Augenblick, in dem die Distanz zweier komplett unbekannter Personen vorherrscht. Dann wird der Ausdruck schon wieder weicher, ja, es legt sich gar ein zaghaftes Lächeln auf die Lippen der jüngeren der beiden Frauen. Die Dame des Skriptorium mag sie wohl bemerken, linst zu ihr hin, einen kleinen Moment lang, allein mag sie nicht ihre Aufmerksamkeit dahingehend erregen, ihr größere Achtung zu schenken.   "Ihr seid eine wohlhabende Frau," antwortet sie also, wohl komplett unwissend über die wirklichen ökonomischen Fähigkeiten ihrer Begleiterin, "also könnt Ihr gar nicht wissen, wie es ist, in meiner Lage zu sein. Ich bin ganz unten in der Gesellschaft dieser Stadt. Jeder versucht, meinen Hintern für irgendetwas zu gebrauchen, jeder versucht, daraus Profit zu schlagen. Jeder versucht, so viel wie möglich durch meine Arbeit zu verdienen und mir so wenig wie möglich dafür zu bezahlen. Und so bin ich jeden Tag froh, wenn am Ende alle nicht allzu hungrig zu Bett gehen. Nun kommt Ihr, versucht nun eben meinen Arsch genauso auszunutzen wie alle anderen. Aber Ihr seid so nett und lässt mir, wie Ihr sagtet, 10 oder mehr Filis am Tag. Habt Ihr denn irgendeine Ahnung, was das für mich bedeutet? Vielleicht sind 10 Filis für Euch ein normaler Tagesverdienst, vielleicht gar nicht einmal das. Für mich sind 10 Filis eine klare Verbesserung des Lebens meiner ganzen Familie. Ein nahrhaftes Essen, Brennholz, Kleidung, meinetwegen sogar etwas Geld um meinen Geschwistern ein besseres Leben zu erkaufen - das alles könnte ich mit 10 Filis am Tag haben. Ja, Ihr wolltet mich benutzen, und ja, es ist misslungen. Aber versteht Ihr nicht, dass es mir absolut egal ist, einfach benutzt zu werden, wenn dies heißt, endlich die Angst vor dem Verhungern zu verlieren? Versteht Ihr nicht, dass es für mich gar keine andere Möglichkeit gibt zu überleben, als von irgendjemandem benutzt zu werden? Ihr versuchtet, mir ein bessers Leben zu ermöglichen, und als dies für Euch nicht nur unglücklich, sondern gar schmerzhaft endete, wart Ihr dann noch so gütig, mir vier Filis zu schenken. VIER Filis! Habt Ihr denn irgendeine Ahnung, was es für mich bedeutet, wenn mir jemand so viel Geld schenkt? Habt Ihr denn irgendeine Ahung, was ein einziger Fili für mich bedeute? Verkauft mich, an wen Ihr wollt, wenn meine Geschwister danach ein unbeschwertes Leben haben, so nehme ich mir einfach das Recht, Euch dankbar zu sein. Verdammt noch mal, Leute wie ich haben nicht Eure Möglichkeiten!"   Sie steht nun da, macht keine Anstalten, noch einmal auf Julia zuzugehen. Das Lächeln verschwindet, und ihr Gesicht geht zurück zu dieser ernsten und leicht finsteren Verbissenheit. Doch eins kann Julia eigentlich nicht übersehen, und zwar dass es der hübschen jungen Frau sehr, sehr ernst ist, mit dem, das sie gerade gesagt hat.
Wed, Feb 1st 2023 01:36   Edited on Wed, Feb 1st 2023 01:36

„Wohlhabende Frau?“: lacht Julia freudlos auf. „Aber ja! Ich gehe jeden Abend heim in mein Palais und poliere meine Lamen damit sie nicht anlaufen, bevor ich sie wieder in meine Schatztruhe lege.“: giftet sie. Wenn sie zornig ist ziehen sich ihre Augenbrauen zusammen. „Du hast wirklich einen Dachschaden, wenn du glaubst ich bin mit einem Silberlöffel im Arsch auf die Welt gekommen. Ich weiß mindestens genauso gut wie du, wie es ist wenn man ein paar Tage nichts in den Magen bekommen hat! Und mach nicht den Fehler zu glauben, daß ich durch die Straßen laufe und mit Münzen herumwerfe. Ich tue es nicht! Aber du hast dich auf mich verlassen. Sonst hättest du vielleicht doch noch irgendeine Arbeit gefunden. Blöd von dir mir einfach zu glauben? Ja, schon. Aber ich mag es nicht solche Rechnungen aufzumachen. Auch dann nicht wenn ich gar keine Schuld daran habe. Deswegen hast du das Geld von mir bekommen! So und jetzt erzähl mir was über meine Möglichkeiten. Ich bin schon ganz gespannt. Sicher habe ich eine Menge übersehen, vor lauter Wohlhabenheit.“ Julia klingt ganz schön zynisch. „Von mir aus sei mir dankbar, wenn es dir ein Bedürfnis ist, aber bei den Zwillingen, mit weniger Geschwafel.“: setzt sie noch eins drauf.   Der Gutteil ihres Zornes richtet sich gar nicht gegen Lua, es sind einfach nur die Tropfen, die den Krug zum Überlaufen bringen. Außerdem weiß sie selbst nicht so genau warum sie Lua den Tagesverdienst eines Arbeiters gegeben hat. Sie macht sich kaum etwas aus Frauen und selbst wenn wäre Lua ganz und gar nicht ihr Typ. Aber verdammt noch einmal, war sie verpflichtet sich und Anderen Rechenschaft darüber abzulegen? Nein! Ganz und gar nicht! Sie steckt auch so schon tief genug in der Scheiße, um sich auch noch darüber den Kopf zu zerbrechen. In ihrem Ärger bemerkt sie die ältere Frau und den Bewaffneten erst jetzt so richtig. Aufmerksamkeit von Fremden bedeutet selten etwas Gutes! So macht Julia ein, zwei schnelle Schritte zur Seite bevor sie die Frau, die sie unverkennbar mit ihrem Blick fixiert, angiftet. „Was starrt ihr mich so an? Habt ihr einen Narren gefressen an mir und bewundert meine Schönheit? Macht euch ein verschwollenes Gesicht an, oder was?“
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Wed, Feb 1st 2023 01:40
Wed, Feb 1st 2023 02:06

[Verwaltung] Das Gesicht der älteren Frau ist eines derer die man in der Menge sieht und schon drei Schritte weiter wieder vergessen hat. Aber jetzt scheint der geschäftsmäßig freundliche Ausdruck auf diesem Gesicht einzufrieren. Wieder ist es nur eine knappe Geste ihrer Rechten, die den Bewaffneten der sich in Richtung Julia in Bewegung setzen wollte, schon im Ansatz stopt. Der eisige Tonfall ihrer Stimme straft die höflichen Worte derer sie sich bedient Lügen. „Verzeiht wenn ich diesen Eindruck erweckt haben sollte. Es war nicht meine Absicht.“: sagt sie und der Blick der moosgrünen Augen, in denen winzige goldene Flecken wie Funken glitzern, ist kalt und durchdringend. „Ich werde mich kurz fassen um euch nicht noch länger zu stören. Das Skriptorium hat vielleicht Verwendung für euch. Solltet ihr Interesse an guter Entlohnung und leichter Tätigkeit haben, dann sprecht bitte dort vor. Euer Zeitaufwand wird euch auf jeden Fall abgegolten und jetzt entschuldigt mich.“ Auf dem Absatz macht die Frau kehrt und marschiert ohne Julia noch eines Blickes zu würdigen in Richtung Skriptorium davon.
Wed, Feb 1st 2023 05:33

Nun denn, Luas Augenbrauen ziehen sich wieder zusammen, und ihr Gesichtsausdruck kehrt zurück zu dieser leicht verbissenen Ernsthaftigkeit, die ihr so eigen zu sein scheint. Geschwafel? Ein gutes Wort, ausgesprochen von jemandem, die zwar vorgibt, ebenso arm zu sein wie sie selbst, dann aber einfach so vier Filis abzugeben hat. Dass ihr dann noch einfach so eine wenigstens scheinbar sehr lukrative Stellung angeboten wird, trägt freilich wenig dazu bei, dieses sonderbare Verhalten der Frau zu erklären. Wobei der Ausdruck "lukrativ" für Lua freilich bereits mit der Aussicht auf eine feste Anstellung vollständig erfüllt wird. Eine gewisse Verbitterung ist ihr anzusehen - wer lässt sich schon gerne für dumm und naiv verkaufen, nur weil man halt einmal dankbar ist für eine Geldsumme, die ansonsten nur mit schwerer körperlicher Arbeit, oft auch verbunden mit einem großen Verletzungsrisiko, zu erlangen wäre? Nun denn, das, was Lua gerade mitbekommt, trägt freilich wenig dazu bei, der äußerst aggressiv vorgetragenen Rede der Julia Feltre extrem großen Glauben zu schenken. Vielmehr hält sie es wohl für das übliche Geschwafel, das die reichen Leute eben vorbringen, wenn sie sich aus einer Hilfestellung für echt Bedürftige herauswinden wollen. Auf der anderen Seite hat sie vier Filis in der Tasche, und dies allein macht den Tag schon zu einem der erfolgreicheren. Sie wartet also nicht lange, ob Julia sich noch einmal zu ihr umdreht. Sie rechnet nicht damit. Vielleicht hat sie in einem Recht, und zwar dass ihr eigener Verdienst ihr wichtiger gewesen wäre als das Glück der Lua Aetaya. Und so dreht sie sich einfach um und geht von dannen, macht sich auf den Weg in die Außenbezirke, wo der sogenannte Abschaum der Gesellschaft einfach einmal wohnt.
Thu, Feb 2nd 2023 06:29   Edited on Thu, Feb 2nd 2023 06:29

Am liebsten hätte sie sich auf die Zunge gebissen, als die ältliche Frau mit der Mappe, die sie so angefahren hatte, etwas von gut bezahlter, leichter Tätigkeit im Skriptorium sagt. Unverkennbar ist sie ihr gehörig auf die Zehen gestiegen, so wie sie abbraust. „Eine perfekte Art um sich um eine Stelle zu bewerben.“: sagt sie sich im Gedanken und hätte sich selbst in den Hintern getreten, wenn sie es gekonnt hätte. Der Kopf tut ihr weh, ihr Gesicht muß schon auf die Größe eines Pferdehinterns angeschwollen sein und jetzt tritt sie auch noch mit beiden Füßen ins Fettnäpfchen. Leise flucht Julia vor sich hin während sie sich umdreht und bemerkt, daß diese Lua sich aus dem Staub gemacht hat.   „Auch gut.“: sagt sie sich. Vermissen würde sie die Kleine nicht sonderlich. Dafür fällt ihr auf, daß es schon ganz schön spät ist um noch bei Helligkeit in ihr Viertel zu kommen. Für einen Moment spielt sie mit dem Gedanken gleich ins Skriptorium zu gehen. Obwohl ihr die Frage welche Arbeit das Skriptorium für sie haben konnte und warum man auf sie gekommen war unter den Fingernägeln brennt, entschließt sie sich anders. Es war vielleicht besser jetzt nicht dort hineinzuplatzen während die alte Schachtel noch vor Wut schäumte. Außerdem mußte sie herausfinden, was es mit dem Hinauswurf bei Ori auf sich hatte. Irgendetwas stimmt da nicht und das ungute Gefühl, das sie bei diesem Gedanken hat, liegt ihr im Magen. So macht sich Julia auf den Weg, nicht ohne sich hin und wieder umzusehen.