Wed, Jan 31st 2024 08:04
Edited on Thu, Apr 25th 2024 11:32
[Theahild] Theahild rennt über den großen Innenhof der Brauerei auf das Wohnhaus zu. Ihre nackten Füße wirbeln in der trockenen Sommerhitze den Staub auf und ein paar der Arbeiter, die gerade dabei sind, ein Fuhrwerk mit Bierfässern zu beladen, sehen dem Mädchen lächelnd hinterher, das sich aufjauchzend in die Arme seiner Mutter wirft. Sie hebt sie hoch und wirbelt sie lachend im Kreis. Theahild klammert sich fest an ihre Mutter und vergräbt die Nase in ihrem duftenden Haar... das plötzlich nach schalem Bier riecht.
Theahild öffnet langsam die Augen und blinzelt in den Sonnenschein, der durch das Glasfenster fällt, auf dessen anderer Seite sie den Olifern erkennen kann.
Sie liegt in einem Bett und kann sich nicht erinnern, wie sie hineingekommen ist. Langsam dreht sie sie den Kopf und ist erstaunt, dass sie keine Kopfschmerzen hat, aber das kann ja noch werden. Fast schon erwartungsgemäß liegt neben ihr ein Mann, den sie nicht kennt. Sie schließt die Augen und seufzt innerlich - verdammt, Mädchen... was hast du schon wieder angestellt? Sie schließt die Augen wieder und kramt im löchrigen Gedächtnis der vergangenen Tage, sieht aber nur Bildfetzen vor ihrem inneren Auge vorüberziehen.
Der Mann neben ihr bewegt sich, setzt sich auf und räuspert sich geräuschvoll. Immerhin furzt er nicht. "Guten Morgen, Schönheit", sagt er mit vom Alkohol rauer aber nicht unangenehmer Stimme. Sie öffnet die Augen und zwingt sich zu einem Lächeln, dabei mustert sie ihn eingehend. Er ist groß, schlank, hat braune Strubbelhaare und eine hässlich aussehende Narbe quer über der Brust.
"Guten Morgen," krächzt sie und räuspert sich, dann muss sie husten und setzt sich auf. Das Bettlaken rutscht herunter und als sie bis zur Hüfte entblößt wird, wird ihr unangenehm bewusst, dass sie unter dem Laken nackt ist. Der Blick des Mannes gleitet mit erwachendem Begehren über ihren Körper, aber dann sieht er sie nur stumm und versonnen an.
"Hast du Wasser?", fragte Theahild und widersteht dem Drang, sich zu bedecken. Sie hat schon erlebt, dass Männer das als Ablehnung sahen und ziemlich wütend geworden sind. Der Mann steht auf und geht zu einer Anrichte, wo er aus einem großen Tonkrug einen Becher einschenkt und ihr reicht. Sie trinkt in hastigen Zügen das schon etwas abgestandene Wasser und reicht ihm den Becher zurück. "Danke".
Er lächelt und schenkt sich selbst etwas ein. Dann gießt er Wasser in eine flache Schüssel und wäscht sich Gesicht und Oberkörper. Auch er ist nackt und steigt als nächstes in seine Beinkleider.
So sehr Theahild die Ruhe genießt, je länger niemand etwas sagt, desto seltsamer wird die Situation. "Ich fühle mich wie gerädert" sagt sie unverbindlich.
"Kein Wunder: du weißt echt, wie man feiert!", er grinst breit und setzt sich neben sie aufs Bett. Als er ihr durch das blonde Haar streicht, erinnert sie sich, dass er das schon einmal getan hat. In einer Schenke jenseits des Flusses.... Er war freundlich gewesen. Und am wichtigsten: Er hatte Geld und Schnaps.
Er beugt sich vor und küsst sie auf die Wange. Gleichzeitig umfasst seine Hand ihre linke Brust. Das war bereits unerwartet zärtlich, aber was er als nächstes fragt, verschlägt ihr glatt die Sprache: "Wann sehen wir uns wieder?"
Fast ist sie froh, als die Tür auffliegt und ein untersetzter, kräftiger Mann mit Dreitagebart in den Raum stürmt. "Sludig!", brüllt er. "Steig von deiner neuen Stute runter, es gibt Messerarbeit!" Seine Augen sind blutunterlaufen und er schnauft wie ein Blasebalg. Sein Blick fällt auf Theahild und er grinst einen Moment dreckig, bis Sludig - Sie erinnert sich jetzt an den Namen - ihr das Bettlaken schützend vor den Leib zieht.
"Was ist los, Stafan?", fragt der Angesprochene betont langsam und steht auf. Theahild mit seinem Körper vor gierigen Blicken abschirmend, zieht er sich ein Leinenhemd über. Sie ist froh, dass sie im Moment keiner der beiden ansieht, denn bei dem Namen Stafan ist ihr alles Blut aus dem Gesicht gewichen und der kalte Schweiß bricht ihr aus - verdammt, Mädchen... was hast du schon wieder angestellt?
"Jemand hat am großen Kontor ein Transportschiff versenkt und dem Besitzer mit einem Hammer den Schädel eingeschlagen!", stößt Stafan hervor. Theahild läuft es kalt über den Rücken. Das muss Gilad gewesen sein. Gilad war tot?
"Da will dir jemand was in die Schuhe schieben", meint Sludig und wirft sich eine gesteppte Weste über.
"Natürlich!", schnappt Stafan wütend. "Erst das Feuer im Löwen von Pelorn und jetzt das. Ich muss denjenigen finden, bevor die Schlangenmänner über uns herfallen. Diesen Transporter zu versenken ist eine riesen Sache!"
"Hast du einen Verdacht?"
"Allerdings! Dieser Bulle von Kerl der neulich bei Ruthard war. Seine Visage hat mir gleich nicht gefallen. Wenn er nicht selbst dahintersteckt, dann weiß er auf jeden Fall etwas. Wir werden jeden Stein umdrehen und so viele Finger brechen wie nötig, bis wir die Ratte gefunden haben!"
Sludig dreht sich zu Theahild um und zuckt mit den Schultern. "Du hast es gehört, ich muss los", er beugt sich runter und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Dabei flüstert er: "Ich werde morgen um die selbe Zeit wieder da sein, wo wir uns getroffen haben. Enttäusch mich bitte nicht!" Damit dreht er sich um und verlässt mit seinem Anführer das Zimmer. Draußen hört Theahild Stafan weiter lautstark Männer zusammentrommeln.
Sie springt aus dem Bett, sobald die Tür sich hinter den beiden geschlossen hat und sucht vom Boden ihre Kleider zusammen. Hastig zieht sie sich an, schüttet noch einen Becher Wasser hinunter und verlässt dann das Zimmer. Mittlerweile ist Ruhe eingekehrt, Stafans Meute scheint das Haus verlassen zu haben. Sie stürmt einige Treppen hinunter und aus dem Haus. Obwohl sie nicht sicher weiß, wo sie sich gerade befindet, ist die Haruland-Brauerei immer leicht zu finden und sie macht sich zu Fuß den Flusslauf entlang auf den Weg.
Sie rennt und stolpert so schnell sie kann nach Hause. Sie muss Theomer warnen, dass Stafan auf Blut aus ist.
Aber als sie atemlos an der Brauerei eintrifft, findet sie keine Spur von Theomer. Das Lager ist leer und der flache Kahn ist nicht an der Anlegestelle festgemacht. Vermutlich liefert er gerade Bier aus und weiß nicht, dass Stafans Männer überall nach ihm suchen.
Herubrand freut sich zwar, sie zu sehen, ist aber natürlich keine Hilfe. Vielleicht ist ja Mari da?