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Tue, Oct 17th 2023 07:10   Edited on Thu, Apr 25th 2024 11:24

Der Knecht

Am Morgen des Kampfes wäscht sich Theomer, zieht das alte, abgetragene und fleckige Lederwams seines Vaters an, packt sich einen Kanten Brot und einen kleinen Wassersack über die Schulter und geht los. Der schwere Wanderstab, der ganz gut auch als Knüppel durchgehen könnte, klappert laut auf dem Pflaster. Hopfenduft von der Brauerei liegt in der Luft und erfüllt die Gegend mit Kindheitserinnerungen: Arbeit, Schläge und Geschrei. Trotzdem ist es Heimat und es erfüllt ihn jedesmal mit einer Mischung aus Trauer und Wut, wenn er die großen aber verfallenen Lagerhallen und das alte Wohnhaus mit den eingeschlagenen Fenstern sieht. Heutzutage reicht das Sudhaus als Lager, Büro und Wohnzimmer für ihn, Herubrand und Theahild aus, falls seine Schwester mal eine Nacht zuhause verbringt. Heute Nacht war sie tatsächlich wieder nicht da gewesen und Theomer verdrängt vehement den Gedanken daran, auf welche Art und Weise sie sich das Geld für ihren Suff verdient. Herubrand hatte wie immer lächelnd in seinem Deckenhaufen gelegen und geschnarcht wie ein Bär. Wenn er aufwachte, würde er nach seinem Bruder suchen und wenn er ihn nicht fand, würde er sich auf den Hof setzen und den Vögeln beim Singen zuhören, bis sein Bruder wieder kam. Theomer schreitet munter aus. Hier kennt er jeden Stein und jedes Haus und jeden Bewohner von Kindheit an. Auch wenn die Armut schon längst Einzug in das Viertel gehalten hat, so ist dieser Teil der Stadt doch so weit vom Zentrum der Macht des Hauses Imeria entfernt, dass nur selten Handlanger des Fürsten hierherkommen. Im Grunde war es hier so friedlich, wie es in Pelorn dieser Tage nur sein konnte und man fand nicht oft Tote im Rinnstein. Er erreicht den Olifern und wandert an seinem östlichen Ufer entlang nach Süden. Er ist einige Stunden unterwegs, bevor er vollends nach Osten abbiegt und in die Häuserschatten von Imeria eintaucht. Er geht nun etwas langsamer und aufmerksamer. Sein Wanderstab klappert nicht mehr ganz so laut auf dem Pflaster wie zuvor und er hält geflissentlich Abstand von Hauseingängen und dunklen Gassen. Den Olifern hatte er seit Jahrzehnten befahren und hatte im Lauf der Zeit sicher jede Anlegestelle einmal benutzt. Er kannte die Stellen, die man dort besser mied, allen voran das Carnale, und wo man gefahrlos an Land gehen konnte. Aber hier ist er unsicher und je weiter er den Olifern hinter sich lässt, desto vorsichtiger wird er. Normalerweise hätte er diesen Stadtteil gemieden, aber wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann hielt ihn nichts davon ab. Wenn er seinem Vater nichts verdankte, dann wenigstens Sturheit. Wenn er sich nähert, werden Fensterläden knallend geschlossen und einige Male hört er nackte Füße eilig weg rennen.  Am späten Vormittag schließlich erblickt er an einer bröckelnden Fassade ein Schild, das er mit Mühe lesen und dessen Bedeutung er entschlüsseln kann. In diese Richtung geht es zum Tempelberg. Das ist ungefähr so weit, wie sein Plan reicht. Er bleibt unter dem Schild stehen, stemmt den Wanderstab in den Boden und kratzt sich den Bart. Er geht in Gedanken nochmal alles durch, was der Besoffene ihm damals erzählt hatte. Er war halb irre gewesen und fantasierte, daher hatten die anderen ihn nicht ernst genommen. Aber Theomer hatte erkannt, dass in diesem Unsinn ein Kern der Wahrheit verborgen lag. Er hatte von Männern in Kutten erzählt, die einen alten Gott verehrten und deren Segen echte Macht hatte. Dieser Segen hatte seinen Preis, aber was hat das nicht? Theomer ist bereit, eine Menge zu tun, um das Glück zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Aber erst einmal muss er finden, was er sucht. Wo sind Erus Knechte?
Tue, Oct 24th 2023 07:32   Edited on Tue, Oct 24th 2023 07:48

Wohin die nackten Füße rennen weiß er jedoch nicht und das meiste ist für ihn ohnehin unhörbar. Je näher er sich dem Tempelberg nähert, desto enger werden die Gassen die ihn wie ein Spinnennetz umgeben. Imeria herrscht hier, ohne Zweifel, jene Schlangengruben die von allen Häusern gemieden werden. Über ihm wehen die schwarzen Banner, zu seinen Seiten, durch eingefallene Häuserschluchten, die roten Hoheitszeichen der Schlangen, Spinnen und Wölfe, aufgebracht an zerbrochenen Steinen, die keine Wände mehr sind und den Heimen der Menschen keine Stütze mehr ist, an morschem Holz, welches seinen Bewohnern längst verlassener Häuser kein Obdach mehr bietet. Leuchtende Graffitis, wie verronnenes Blut, immer wieder neu aufgetragen, um jeden Eindringling daran zu erinnern, dass sein Leben an diesem Ort bedeutungslos war, denn hier, ganz in der Nähe befand sich das Arkhenmar der schwarzen Schlange, ein Teil davon zumindest, und Theomer nähert sich dem gierigen Maul seiner Schatzkammer und betrat das Land der Wölfe, in dem die Dornfinger auf den Dächern wachen um ihren Herren ins Ohr zu flüstern. Vor ihm liegt Schlangenmund.   Einst wurde der große Platz vor dem Tempelberg für Feierlichkeiten genutzt, jetzt dient sie den Spinnen als Zeltstadt, den Fleischzeichnern als Altar und den Skorpionen als Feldschmiede. Hier steigt bei Tag und bei Nacht Rauch auf. Seit der Ankunft des Schatzmeisters Imerias, seine Residenz ein Teil der Befestigung, wird dieser Platz Schlangenmund genannt und ist neben dem Knochenhain und der Mehras, das bestbewachte Gebiet der Schlangenkrieger, und Schlangen scheren sich nicht um Kutten, sie kennen nur einen Meister.   Bald würde er entdeckt werden, oder ist es bereits. Wie im Westen jede Tätowierung Skepsis hervorruft, ist eine blanke Haut in diesem Teil der Stadt gefährlich. Hier war Theomer ein wandelndes Licht in der Dunkelheit, das Aufmerksamkeit erregt. Wenn er sich weiter in diese Richtung bewegen würde, würde er gefasst werden, ohne triftigen Grund oder Auftrag von den Spinnen festgehalten oder schlimmer, von Wölfen verhört. Nur wenige verirren sich in diesen Teil der Stadt, er müsste also äußerst überzeugend wirken und kreativ sein oder sich eines "Führers" bedienen. Obwohl die Schlangen tief gruben und Imerias Bluthunde überall in der Unterwelt jagten, waren sie selbst nach Jahrzehnten noch Fremde hier, ihre Art zu leben, ihre Art zu sprechen und zu denken war nicht pelornisch und das war eine nicht zu unterschätzende Schwäche, wenn man sie einmal erkannte.   Es gibt Ratten, die Pelorn besser kennen als Schlangen, wenn er auf der Suche nach Knechten war. Eine kleine Gruppe mit dem richtigen Führer könnte unentdeckt bleiben, jene Ratten würde den Ort finden, welchen er sucht. Wie auch immer er sich entscheidet, zur neunten Abendstunde würde Gner auf ihn warten, sollte Theomer nicht erscheinen, würde das zu einem weiteren Problem werden, denn er hatte auf seine Ziars geschworen, jene schwarzen Tätowierungen, die in dieser Welt Leben oder Tod bedeuteten.
Tue, Oct 24th 2023 04:17

Theomer sieht sich unbehaglich um. Das läuft alles nicht so, wie er es sich vorgestellt hat. Er hatte einen Hinterhalt und Feindseligkeit erwartet, aber das Ausmaß der Andersartigkeit überrascht ihn dann doch. Er sieht die Straßen entlang auf und ab und ist sich plötzlich sicher, dass er so nicht weiterkommen wird. Er kaut nervös auf seinem Bart und sieht nach oben, wo sich die Sonne ihrem Zenith nähert. Noch hat er Zeit, aber er muss wirklich in die Gänge kommen. Er dreht sich ein paar Mal um sich selbst, mustert die eingefallenen Mauern und Ruinen. Er erinnert sich an längst vergessene Spiele aus Kindertagen und den Kitzel der Gefahr, den er damals verspürte, wenn er die Ausläufer der Kanalisation erkundete, die sich bis in die Nähe der Brauerei erstreckten. Mehr als einmal hatte er dort vor seinem Vater Zuflucht gefunden und sich in den engen Gängen versteckt. Heute würde er sicher nicht mehr in die Abflüsse seiner Kindheit passen. Aber hier, so viel tiefer in der Stadt müssten die Abflüsse viel größer sein. Er mustert das Straßenpflaster, studiert das Gefälle und geht dann langsam ein Stück zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Laub und Dreck haben sich hier angesammelt, aber er scharrt mit seinem Wanderstab und legt nach und nach ein altes, schweres Gitter frei. Er packt das schmierige Gitter, holt tief Luft und zieht aus Leibeskräften. Mit einer seltsamen Mischung aus Quietschen und Schmatzen kommt das Gitter frei, das vielleicht schon seit Jahrzehnten niemand mehr bewegt hat. Er hebt den immer noch eingehängten Fangkorb aus dem gähnenden Loch und stellt es daneben. Metalltritte führen in die Tiefe und Theomer schickt eine Mischung aus Gebet und Fluch an die Zwillinge, dass der Segen dieses alten Gottes den ganzen Ärger auch wert ist. Dann steigt er langsam in das Dunkel hinab. Unten verläuft eine Art Fußweg neben einer breiten Rinne, in der ein müdes Rinnsal Matsch steht. Aber in der Entfernung hört er das Plätschern von Wasser und er dankt seinem Orientierungssinn, der gemeinsam mit seinen Kindheitserinnerungen wieder auferstanden ist und ihn wissen lässt, dass diese Marschrichtung tiefer hineinführt in das Land der Schlange. Nach etwa hundert Metern erreicht er einen größeren Kanal, der Wasser und Unrat Richtung Meer führt. Die beinahe völlige Dunkelheit zusammen mit dem unfassbaren Gestank zerren an seinen Nerven und seiner Entschlossenheit. Mit den Händen tastet er sich an schleimigen Wänden entlang und von Zeit zu Zeit streifen Dinge sein Gesicht, die er zum Glück nicht sehen kann. Theomer zählt Abzweigungen und Gänge, während er dem Kanal folgt und hungert sehnsüchtig nach den kleinen Lichpfützen, die gelegentlich durch einen halb verstopften Einstieg in diese gottverlassene Unterwelt fallen. 
Wed, Oct 25th 2023 02:46   Edited on Wed, Oct 25th 2023 02:47

[Verwaltung] Zuerst ist es wie eine Sinnestäuschung, eine Einflüsterung der stinkenden Schwärze, des widerwärtigen Schleims an den Wänden des Gewölbes und des Echos seiner eigenen Schritte, doch dann hört es Theomer. Huschende und leise Schritte, einmal hinter ihm, dann aus der Dunkelheit eines Seitenkanals, dann vor ihm. Dann ist es ein metallisches Kratzen, so als würde jemand ein paar dutzend Schritte hinter ihm mit einer Klingespitze über den Stein des Gewölbes streichen. Vor ihm liegt eine der herbei gesehnten Lichtinseln und er kann die Einmündungen von Seitenkanälen zu beiden Seiten erahnen. Dann hört er ein leise Lachen und wieder das metallische Kratzen, doch nun ist es näher, viel näher. Er kann nichts erkennen, als er herum wirbelt und die versucht die Schwäzre mit seinen Blicken zu duchdringen. Ein paar Herzschläge später hört er Schritte aus der Richtung in die er zuvor gegangen war. Obwohl er sich sagt, daß es die Unbekannten sicher darauf angelegt hatten, ihn zu verwirren und ihn in Panik zu versetzen, zieht sich sein Magen zu einem Knoten zusammen. Plötzlich flammt Licht auf und blendet ihn fast völlig. “Er hat keine Tätowierung.”: sagt eine Frauenstimme aus dem Licht vor ihm. Theomer ist sich nicht ganz sicher, aber glaubt das leise Geräusch eines Bogens hinter sich zu vernehmen, der gespannt wird. “Also kein Schlangenarschkriecher, auch gut.” Ein leises Auflachen von einer anderen Stelle und die Stimme eines weiteren Mannes. “Schade, ich hätte eine tätowierte Haut gut brauchen können.” Dann läßt sich wieder die Frau vernehmen. “Man hört dich Meilen gegen die Wind, Trampeltier. Sag was du willst, aber schnell, sonst wirst du feststellen, daß Ratten beißen.” Wenn er die Augen zusammenkneift kann Theomer hinter dem Licht der Blendlaterne einen Schatten ausmachen.    
Wed, Oct 25th 2023 09:53

Theomer zwingt sich zu demonstrativer Gelassenheit, auch wenn ihm gerade eher nach Wegrennen ist. Er ist hier ganz und gar nicht in seinem Element und würde den glitschigen Boden und die Dunkelheit gerne gegen Sonnenlicht und festen Boden unter den Füßen tauschen. Wobei das auch nichts daran ändern würde, dass er gerade von einer Übermacht umzingelt ist. Er kneift die vom Licht tränenden Augen zusammen und wendet sich an die Wortführerin. "Ich bin Theomer. Wie ihr bin ich hier unten, weil ich nicht von Schlangenmännern gefunden werden will." Er grinst säuerlich. "Auch wenn ich hier unten ziemlich aufgeschmissen bin, kommts mir trotzdem sicherer vor als oben." Er schluckt und wählt seine nächsten Worte sorgfältig. "Ich bin auf der Suche nach Erus Knechten. Ich habe gehört, dass sie irgendwo in diesem Teil der Stadt einen Tempel oder Schrein oder sowas haben. Ehrlich gesagt könnte ich etwas Hilfe gebrauchen." Er hält es für keine gute Idee, sich bei seiner Suche auf Mari zu berufen. Seine Gastfreundschaft einer Ausgestoßenen gegenüber könnte ihn eher sogar in Schwierigkeiten bringen. Er weiß nicht viel über Kellerratten - niemand weiß wirklich viel über Kellerratten - aber ihm ist klar, dass er vorsichtig sein muss. In der Regel sind sie nicht besonders feindselig, aber hier war er in ihrem Gebiet und würde gut daran tun, sich zu benehmen.
Wed, Oct 25th 2023 11:01   Edited on Wed, Oct 25th 2023 11:01

[Verwaltung] Auf seine Bemerkung, daß er wie die Unbekannten hier unten ist, um sich vor den Tätowierten zu verstecken, erntet er schallendes Gelächter. “Da bist du ganz schön auf dem Holzweg, Theo...irgendwas. Wir verstecken uns nicht. Das hier ist unser Revier . Nachdem der blonde Kinderficker, denn sie da oben Knochenhand nennen, am Tempelberg eingezogen ist, haben sie es eine zeitlang versucht, sich hier unten breit zu machen. Aber viele Ratten sind der Schlange Tod, das wissen die Wichser da oben jetzt ganz genau. Es traut sich kaum mehr einer von ihnen hier herunter und wenn dann haben die vierbeinigen Ratten was zu fressen. Die lassen nach ein, zwei Tagen nur die Knochen von dir zurück.”: sagt eine der Männerstimmen mit drohendem Unterton. Doch als er Erus Knechte erwähnt, geht eine spürbare Veränderung im Verhalten der Unbekannten vor sich. “Erus Knechte?”: erkundigt sich die Frau vor ihm und bewegt den Lichtkegel etwas zu Seite, so daß der Schein der Laterne Theomer nicht mehr so stark blendet. Die Frau vor ihm ist, nach ihrer Stimme zu schließen, jünger als er. “Erus Knechte. Kann schon sein, daß wir dir helfen könnten, aber warum sollten wir? Was haben wir davon, daß wir dich zu ihnen führen? Der Weg führt teilweise durch die verseuchte Zone und die ist unberechenbar. Was wär’s dir denn wert, Theo?”: erkundigt sich die Frau leicht spöttisch bei ihm. Doch zu Theomers Erleichterung ist der aggressive Ton aus ihrer Stimme verschwunden.  
Fri, Oct 27th 2023 07:06

Ihm fällt ein Stein vom Herzen, als die Kellerrate Verhandlungsbereitschaft zeigt. Aber das machte natürlich ein neues Problem auf. "Ich bin kein reicher Mann," erklärt er und zuckt mit den Schultern. "Ich kann euch nicht mit Geld bezahlen. Aber mir gehört eine Brauerei, vielleicht können wir uns auf eine Lieferung einigen? Und mir gehört ein ziemlich großes Gelände in der Nähe der Metronismauer, falls ihr mal was lagern müsst, oder verstecken oder verkaufen, könntet ihr das benutzen. Obwohl ich ehrlich gesagt nicht glaube, dass die Kanäle dort oben groß genug sind." Er zuckt mit den Schultern. "Ansonsten: Was würdet ihr hier unten denn brauchen?" 
Sun, Oct 29th 2023 03:49   Edited on Sun, Oct 29th 2023 01:04

[Verwaltung] “Was wir hier unten brauchen?”: erkundigt sich die Männerstimme hinter Theomer um sich sogleich eine Antwort zu geben. “Ein gebratenes Spanferkel, ein Dutzend Krüge Schnaps, drei, vier Huren und einen Fiedler.” “Egoist, mieser!”: wirft die Frau vor ihm mit gespieltem Ernst ein. “Also gut, dann auch noch ein, zwei Strichbubis für die Mädels.”: entgegner der Mann lachend. Die Frau stimmt kurz in das Lachen ein und wendet sich dann an Theomer: “Laß es gut sein, Theo. Wir haben eine Abmachung mit den Knechten. Aber das mit dem Gelände klingt interessant. Ich leite es weiter, vielleicht kommen wir einmal ins Geschäft. Wenn jemand zu dir kommt und sich als Loros Onkel vorstellt, dann weißt du, er kommt von uns. Aber jetzt komm und paß auf wo du hinsteigst. Aus der Scheiße da holt dich niemand raus.”   Sie läßt kurz den Lichtkegel zur Kanalmitte wandern, dreht sich um und geht voraus. Kreuz und quer geht es durch die stinkende Dunkelheit und schon nach kurzer Zeit hat Theomer die Orientierung verloren. Nach den Geräuschen zu urteilen ist nur mehr ein Mann hinter ihnen. Nach einer Weile hört er ihn sagen: “Ach ja bevor ich es vergesse. Halbohr soll in der Nähe von Ruthards Schenke gesehen worden sein. Aber ich würde keinen grünspanigen Filis darauf setzen, daß es stimmt. Der Tipp kommt von einem blöd gesoffenen Lumpensammler, der noch dazu halb blind ist von dem Fusel, den er runter schüttet. Wahrscheinlich will er nur ein paar Filis rausschlagen für den nächsten Rausch. Die Geschichte ist jetzt drei Jahre her. Glaub nicht, daß irgend jemand so lange alleine in den Ruinenfeldern überlebt.” “Wer weiß? Die Schlampe soll ganz schön hart im Nehmen sein. Ich geb’s nach Oben weiter, auch wenn nichts dabei rauskommt. Sicher ist sicher.”: antwortet die Frau an der Spitze und bleibt dann stehen. “So, wir sind fast da.”: sagt sie. “Du kannst jetzt allein weitergehen.” Sie leuchtet mit der Laterne in den engen Gang vor sich an dessen Ende Theomer metallerne Sproßen ausmachen kann, die nach Oben führen. “Wenn du oben bist, halte dich links bis du zu einer Treppe kommst. Sie führt zu einem kleinen Raum. Klopf an die Tür und warte.” Sie wendet sich zum Gehen, bleibt aber dann noch einmal stehen. “Loros Onkel, vergiß es nicht.”  
Mon, Oct 30th 2023 10:30

Theomer folgt der Silhouette der Frau und dem tanzenden Lichtkegel vorsichtig durch die stinkende Dunkelheit. Wenn sie jetzt auch nur das Licht ausmacht, würde er hier unten vermutlich einen einsamen Tod sterben und niemand würe überhaupt je erfahren, was geschehen ist. Er gibt es bald auf, sich den Weg merken zu wollen. Bei Avennas fettem Arsch, wie konnten sie sich hier unten nur orientieren? Als der eine über "Halbohr" und Ruthards Schenke gesprochen hatte, hatte Theomer mit keiner Wimper gezuckt. Aber natürlich hatte er sofort die Verbindung zu Mia hergestellt. Von ihren Ohren weiß er zwar nichts, aber wer könnte sonst schon gemeint sein? Sie musste irgendwas ziemlich Schlimmes angestellt haben, wenn diese Leute noch nach drei Jahren so einen Groll hegten. Es brauchte auch eine ganze Menge Verzweiflung, sich in den Ruinenfeldern zu verstecken. Er brennt darauf, mehr zu erfahren, aber er will durch neugierige Nachfragen kein Misstrauen erregen. Immerhin: Vielleicht würde es irgendwann mal ganz nützlich sein, etwas zu haben, was die Kellerratten so sehr wollten. Ihr Kontaktmann zu sein, könnte sich vielleicht als recht lukrativ erweisen und sie haben sicherlich Zugang zu Bereichen der Stadt, in die er normalerweise nicht gelangen würde. Zu Erus Knechten zum Beispiel. Als die Kellerrate sich nach der kurzen Erklärung in die Dunkelheit davonmacht, überkommt Theomer kurz Panik, aber dann reißt er sich zusammen und folgt dem Gang. Er sieht jetzt überhaupt nichts mehr und tastet sich langsam voran. Seine Hände berühren an den Wänden absonderliche Dinge und er ist froh, dass er sie nicht auch noch sehen kann. Die Metalltritte sind glitschig und rostig, aber sie halten ihn. Oben angekommen ist es immer noch stockdunkel und er taste sich nach links den Gang entlang. Es dauert eine ganze Weile, dann stolpert er beim ersten Tritt der angekündigten Treppe und stürzt fast, fängt sich aber gerade noch rechtzeitig. Die Stufen sind unregelmäßig, scheinen aber trocken zu sein. Auch die Tür kann er nur mit den Händen ertasten und klopft an. Nach der langen Stille dröhnt das Gäusch in seinen Ohren wie ein Gongschlag und er wartet gespannt darauf, was als nächstes passiert.
Mon, Oct 30th 2023 06:25

[Verwaltung] Immer wieder klopft Theomer an die Türe. Nichts rührt sich außer daß irgendwo in der Dunkelheit Wasser auf den Boden tropft. Herzschlag reiht sich an Herzschlag und das Gefühl der Verlorenheit wird immer erdrückender. Länger und länger denkt er darüber nach, wie er ohne Licht und ohne Orientierung den Weg zurück an die Oberfläche finden könnte. Doch desto länger er darüber nachdenkt, umso mehr drängt sich ihm der Gedanke auf hier nicht mehr herauszukommen. Schwerer und schwerer fällt es ihm die aufkommende Panik nicht weiter hochkommen zu lassen, da öffnet sich so plötzlich die Türe, daß er unwillkürlich einen Schritt nach hinten macht und nur mit Mühe verhindern kann, die Steintreppe hinunter zu fallen. Goldenes Licht fällt aus der Türöffnung und läßt die Gestalt darin wie eine Scherenschnittfigur erscheinen, schwarz auf gold. Ein, zwie Herzschläge lang dauert dieser unwirkliche Moment, dann tritt die Gestalt mit einer einladenden Handbewegung zur Seite.   “Kommt nur.”: sagt der Mann in der Kutte einladend. Sorgfältig verschließt er die Türe nachdem Theomer eingetreten ist. “Verzeih, das du solange warten mußtes, aber es war die Zeit des dritten Gebets. Folge mir, ich bringe dich zu Bruder Verinacus.” Ohne weitere Fragen geht der Mann dessen Gesicht im Schatten der Kapuze seiner Kutte fast vollständig verbrogen ist voran und führt Theomer eine weitere Treppe hoch. Auch hier verschließt der Mann die Türe wieder hinter ihnen. Er bringt seinen Gast in kleines Zimmer, dessen Ausstattung nur aus einem Tisch, zwei Stühlen, einem einfachen Bett und einer Truhe besteht. “Setzt euch nur.”: deutet sein Begleiter auf einen der Stühle. “Bruder Verinacus wird gleich bei euch sein. Möge Eru seine Hand über euch Halten!”: wünscht er freundlich bevor er aus dem Zimmer geht. Es dauert in der Tat nicht lange bis ein hochgewachsener Mann in lehmfarbener Kutte, die Kapuze zurück geschlagen, den Raum betritt. Eisgraues, schütteres Haar umspielt das eingefallene, asketische Gesicht aus dem blaue Augen mit dem brennenden Blick eines Fanatikers leuchten. “Erus Segen auf all deinen Wegen!”: begrüßt ihn der Mann mit erstaunlich tiefer Baßstimme. “Ich bin Bruder Verinacus. Was führt dich ins Haus des Göttervaters?”  
Tue, Oct 31st 2023 07:24

Während er wartet, wird Theomer peinlich bewusst, wie er aussehen muss: Seine Kleidung ist völlig verdreckt mit dem ekelhaften Schleim aus den Kanälen, seine Schuhe sehen besonders schlimm aus und er sollte erstmal niemandem die Hände schütteln. Als Bruder Verinacus eintritt, steht Theomer sofort auf und macht eine kleine Verbeugung. Der Anblick des Mannes macht ihm sofort klar, dass er noch nicht am Ziel seiner Reise angekommen ist. Von diesem hageren Gesellen mit den strengen Augen würde er sicher nicht leicht bekommen, was er wollte. Er räuspert sich und sagt, was er sich schon die ganze Wanderung durch die Dunkelheit hindurch zurechtgelegt hat. "Mein Name ist Theomer. Ich habe eine Brauerei in den Außenbezirken der Stadt und will einfach meinen Geschäften nachgehen. Aber einer der Schlangenmänner hat mich zu einem Zweikampf in der Arena herausgefordert und ich werde hingehen müssen, weil er sonst vermutlich meine verbliebenen Geschwister umbringen und meine Brauerei niederbrennen wird. Ihr wisst ja, wie die sind." Er zuckt mit den Schultern und lächelt kurz. "Jedenfalls habe ich einer Schenke, in die ich mein Bier liefere, vor einiger Zeit Erzählungen über Erus Knechte gehört und dass Euer Segen einem Mann sehr geholfen hat. Und deswegen sehe ich aus wie ich aussehe," er deutet an seiner verdreckten Kleidung hinab "weil ich Euren Segen brauche und dazu durch die Kanalisation gekrochen bin." Er sieht Verinacus abwartend und bittend an. Es ist vermutlich besser, die Wahrheit zu sagen, denn dieser hagere Asket sieht aus, als würde er jede Lüge mit seinen Flammenaugen sofort durchschauen. Und er hatte ihm ja auch die Wahrheit gesagt, dass er alle seine Pläne für nach dem Kampf offenlegte, würde sicher zu weit führen. 
Thu, Nov 2nd 2023 09:53

[Verwaltung] Ruhig hört sich Verinacus an was ihm sein Gast zu sagen hat. In einer begütigenden Geste hebt er die Rechte. “Mache dir keine Gedanken über dein Aussehen. Wir wissen, daß es dieser Tage nicht leicht ist zu uns zu gelangen. Die Schlangenanbeter sind eine Plage, aber auch sie werden Erus Gericht nicht entgehen.” Der Priester setzt sich und richtet seinen Blick auf Theomer. “Du bist also nicht gekommen um hier bloß deine Andacht zu verrichten. Danke für deine Aufrichtigkeit. Die Meisten, die den Weg zu uns finden, kommen wegen Erus Mantel und nicht um im Tempel zu beten. Doch Erus großer Segen ist nichts was ich euch gewähren könnte oder ihr kaufen könnt. Der Segen des Göttervaters muß erworben werden. Nur dem der sich würdig erweist wird die Gnade Erus in diesem Ausmaß zuteil. Ich verstehe eure Wunsch bei diesem Kampf auf den Schutz des Göttervaters zählen zu können, aber schon die Vorbereitungen für eure Prüfung nehmen einige Tage in Anspruch, ganz zu schweigen von der Prüfung selbst. Ihr wäret also in jedem Fall zu spät. Doch wenn ihr wollt, werde ich mit euch beten das Eru die Hand über euch hält. Der Göttervater ist mit den Aufrichtigen und Entschlossenen. Sein Wohlwollen mag euch schützen und behüten auch ohne daß ihr euch seinen Mantel um die Schultern legen könnt.”  
Fri, Nov 3rd 2023 09:06

Die Enttäuschung ist Theomer einen kurzen Moment anzusehen, bevor er sich wieder im Griff hat. Dieser versoffene Bastard hätte ihm damals auch gleich sagen sollen, dass das eine tagelange Veranstaltung werden würde. Er hätte sich den ganzen Weg durch diese verfickte Kloake schenken können und es wäre nicht der halbe Tag für eine sinnlose Wanderung draufgegangen. Naja, vielleicht war sie gar nicht so sinnlos gewesen. Wer weiß, was sich aus seinem Kontakt bei den Kellerraten noch alles ergeben würde? Er atmet tief durch. Wenn er schonmal hier ist, kann er genausogut beten. Theomer ist nicht übermäßig gläubig, aber er bringt durchaus den Zwilligen manchmal sein Opfer dar, immerhin kann es nicht schaden. Er rafft sich auf und fragt: "Na schön, was muss ich tun?"
Fri, Nov 3rd 2023 10:44   Edited on Fri, Nov 3rd 2023 10:44

[Verwaltung] Das Lächeln wischt die Strenge aus den Zügen des Priesters. “Du mußt nur dein Herz öffnen und Vetrauen haben. Sprich mit ihm, wie mit deinem Vater und er wird dir zuhören. Komm!” Verinacus erhebt sich und bedeutet Theomer ihm zu folgen. Er führt ihn einen langen Korridor an etlichen verschlosenen Türen vorbei bis in einen großen schlichten Raum. Durch eine Öffnung in der Decke fällt Licht in den Raum, an dessen Stirnseite sich das Standbild Erus erhebt. als würdiger Mann mit Bart dargestellt. Die zwei Räucherbecken, welche die Statue flankieren, aus denen duftender Rauch hochsteigt und ein einfacher Steinaltar auf dem Öllämpchen brennen geben dem ansonst leeren Raum mit seinen unverputzen Wänden und Steinfließen eine schlichtes aber sakrale Note. Verinacus wendet sich an seinen Gast. “Du mußt nicht laut sprechen, damit dich Eru hört. Er kann in dein Herz sehen, wenn du es für ihn öffnest. Bitte ihn seine Hand über dich zu halten in deinem bevorstehenden Kampf. Ich werde mit dir beten und ihn gleichfalls darum bitten.” Der Priester wendet sich dem Standbild zu und hebt seine Hände in Brusthöhe. Er schließt die Augen und mit entrückten Gesichtszügen bewegen sich seine Lippen in stummen Gebet.  
Tue, Nov 7th 2023 05:01

Theomer beobachtet die Handlungen des Priesters und seufzt innerlich. Dann tut er es Verinacus nach und hebt die Hände. Er versucht, sich trotz seiner Enttäuschung und den Strapazen der vergangenen Stunden zu entspannen und schafft es wirklich, den Gott um Beistand zu bitten. Einige Minuten lang steht er so... dann noch einige Minuten. Dann holt er tief Luft und öffnet die Augen. Er macht einen Schritt zurück und betrachtet die Statue des Schöpfergottes. Ob er das Gebet überhaupt hören kann auf seinem fernen Stern? Seine Mutter hatte ihm manchmal von Eru und Erutha erzählt um ihn von den Wutausbrüchen seines Vaters abzulenken, als er noch ein Kind gewesen war. Aber seitdem hatte er nur noch wenig an den alten Gott gedacht und eher seinen Fäusten vertraut, wenn es darauf ankam. Er sieht durch die Öffnung in der Decke. Allmählich musste er sich auf den Rückweg machen, wenn er rechtzeitig zu seinem Kampf vor Ort sein wollte. Es würde wenig Sinn machen, noch zur Brauerei zurückzukehren, aber er hatte Theahild Feuer und Schwefel angedroht, wenn sie die Fässer nicht rechtzeitig zur abgemachten Anlegestelle bringen würde, wo er sie treffen würde um dann gemeinsam zur Mehras zu gehen. Hoffentlich kannte der Priester auch einen sicheren Weg zurück zum Olifern, damit er sich heute abend von Gner in der Arena den Kopf abreißen lassen konnte. Obwohl... er mustert das bärtige Gesicht der Statue und fühlt etwas Zuversicht in sich keimen. Als der Priester sein Gebet beendet hat, wendet Theomer sich an ihn. "Danke. Irgendwie fühle ich mich jetzt tatsächlich besser. Aber ich fürchte, ich brauche auch noch einen sicheren Weg zurück."
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Tue, Nov 7th 2023 07:53
Tue, Nov 7th 2023 08:04   Edited on Tue, Nov 7th 2023 09:24

[Verwaltung} “Schön das du dich besser fühlst, aber dank nicht mir, Theomer, danke Eru. Ich bin nur eines seiner unvollkommenen Werkzeuge.”: sagt der Verinacus bescheiden und sein Lächeln verwandelt sich für einen Moment in ein spitzbübisches Grinsen, daß auf dem asketischen Gesicht seltsam deplaziert wirkt. “Ein Laienbruder wird dir einen Weg zeigen, der weit angenehmer zu beschreiten ist, als der auf dem du in Erus Haus gekommen bist. Sorge dich nicht wegen der Anomalien, der Weg ist sicher bis in die Nähe des Flußes. Dort bist du wieder im Gebiet der Schlangenanbeter und mußt wie gewöhnlich auf der Hut sein. Unser Bruder wird dich dort verlassen.” Der Priester holt etwas aus seiner Kutte. “ Das Haus Erus steht dir jederzeit offen und du kannst wiederkommen wann immer du den Wunsch hast zu beten, den Ruf Erus vernimmst oder auch nur mit einem der Brüder oder mir zu sprechen.” Er reicht Theomer einen Anhänger an einer einfachen Hanfschnur. Der Anhänger ist ein gebranntes Tonplättchen mit einem stilisierten bärtigen Gesicht auf einer Seite. “Hier! Trage es bei dir, vielleicht wird es dir eine Stütze sein in deinem Kampf. Möge der Göttervater seine Hände über dich halten.” Als Theomer den einfachen Anhänger berührt, spürt er wie sich mit einem Mal wache Zuversicht in ihm ausbreitet und er fühlt sich plötzlich so als ob er aus erholsamen Schlaf ergewacht wäre.