Tue, Oct 24th 2023 07:32
Edited on Tue, Oct 24th 2023 07:48
Wohin die nackten Füße rennen weiß er jedoch nicht und das meiste ist für ihn ohnehin unhörbar. Je näher er sich dem Tempelberg nähert, desto enger werden die Gassen die ihn wie ein Spinnennetz umgeben. Imeria herrscht hier, ohne Zweifel, jene Schlangengruben die von allen Häusern gemieden werden. Über ihm wehen die schwarzen Banner, zu seinen Seiten, durch eingefallene Häuserschluchten, die roten Hoheitszeichen der Schlangen, Spinnen und Wölfe, aufgebracht an zerbrochenen Steinen, die keine Wände mehr sind und den Heimen der Menschen keine Stütze mehr ist, an morschem Holz, welches seinen Bewohnern längst verlassener Häuser kein Obdach mehr bietet. Leuchtende Graffitis, wie verronnenes Blut, immer wieder neu aufgetragen, um jeden Eindringling daran zu erinnern, dass sein Leben an diesem Ort bedeutungslos war, denn hier, ganz in der Nähe befand sich das Arkhenmar der schwarzen Schlange, ein Teil davon zumindest, und Theomer nähert sich dem gierigen Maul seiner Schatzkammer und betrat das Land der Wölfe, in dem die Dornfinger auf den Dächern wachen um ihren Herren ins Ohr zu flüstern. Vor ihm liegt Schlangenmund.
Einst wurde der große Platz vor dem Tempelberg für Feierlichkeiten genutzt, jetzt dient sie den Spinnen als Zeltstadt, den Fleischzeichnern als Altar und den Skorpionen als Feldschmiede. Hier steigt bei Tag und bei Nacht Rauch auf. Seit der Ankunft des Schatzmeisters Imerias, seine Residenz ein Teil der Befestigung, wird dieser Platz Schlangenmund genannt und ist neben dem Knochenhain und der Mehras, das bestbewachte Gebiet der Schlangenkrieger, und Schlangen scheren sich nicht um Kutten, sie kennen nur einen Meister.
Bald würde er entdeckt werden, oder ist es bereits. Wie im Westen jede Tätowierung Skepsis hervorruft, ist eine blanke Haut in diesem Teil der Stadt gefährlich. Hier war Theomer ein wandelndes Licht in der Dunkelheit, das Aufmerksamkeit erregt. Wenn er sich weiter in diese Richtung bewegen würde, würde er gefasst werden, ohne triftigen Grund oder Auftrag von den Spinnen festgehalten oder schlimmer, von Wölfen verhört. Nur wenige verirren sich in diesen Teil der Stadt, er müsste also äußerst überzeugend wirken und kreativ sein oder sich eines "Führers" bedienen. Obwohl die Schlangen tief gruben und Imerias Bluthunde überall in der Unterwelt jagten, waren sie selbst nach Jahrzehnten noch Fremde hier, ihre Art zu leben, ihre Art zu sprechen und zu denken war nicht pelornisch und das war eine nicht zu unterschätzende Schwäche, wenn man sie einmal erkannte.
Es gibt Ratten, die Pelorn besser kennen als Schlangen, wenn er auf der Suche nach Knechten war. Eine kleine Gruppe mit dem richtigen Führer könnte unentdeckt bleiben, jene Ratten würde den Ort finden, welchen er sucht. Wie auch immer er sich entscheidet, zur neunten Abendstunde würde Gner auf ihn warten, sollte Theomer nicht erscheinen, würde das zu einem weiteren Problem werden, denn er hatte auf seine Ziars geschworen, jene schwarzen Tätowierungen, die in dieser Welt Leben oder Tod bedeuteten.