Wed, Dec 20th 2023 10:52
Edited on Thu, Apr 25th 2024 11:28
Als Theomer mit raschen Schritten aus der Dunkelheit zum Anleger kommt, zuckt Mari kurz zusammen, bevor sie ihn erkennt. Er macht die Leine los, steigt auf den Kahn und packt die lange Stange. Mit einem energischen Stoß treibt er den flachen Kahn auf den Olifern hinaus. "Tut mir Leid, Mari" wendet er sich schließlich an sie "aber heute Nacht wartet noch eine Menge Arbeit auf uns und wir können noch nicht zur Brauerei." Er wühlt in seinen Taschen und wirft Mari ein zusammengefaltetes Wachstuch zu, in dem sie Brot und etwas Käse findet. "Etwas für den hohlen Zahn. Ich glaube nicht, dass wir vor Sonnenaufgang wieder in der Brauerei sind." Er steuert den Kahn zielsicher den Olifern hinab. Es ist Nacht und die beiden Monde hängen fahl am Himmel, aber Theomer ist hier schon so oft unterwegs gewesen, dass ihm die schattenhaften Umrisse der Gebäude, kaum merkliche Strömungen und Strudel oder vereinzelte Felsen an Ufernähe zur Orientierung mehr als ausreichen. Während sie so unterwegs sind, berichtet er Mari von seinem Gespräch mit Leif. "Ich brauche also eine Unterkunft für Vater und Sohn und ich habe natürlich keine." Er grinst Mari an. "Aber diese schöne Stadt bietet überall Möglichkeiten, wenn man weiß, wo man zu suchen hat." Vor ihnen schält sich die Wand eines Bootshauses aus der Dunkelheit. Theomer steuert um den länglichen Bau herum, hakt eine schwere Kette aus, die den flussseitigen Eingang versperrt und steuert in das Innere hinein. Er klemmt den Kahn beinahe zwischen dem Steg im Inneren des Bootshauses und dem darin vertäuten Boot ein, schafft es aber, längsseits zu gehen und eine kurze Leiter anzusteuern.
Gefolgt von Mari erklimmt er die Leiter und sieht sich um. Vor ihm liegt ein großes Fischerboot im Wasser, es hat deutlich Schlagseite und ein Segel hängt löchrig am einzigen Mast. "Schwimmt", kommentiert er und grinst. "Vor Jahren ist der alte Fischer, der hier gelebt hat, einem Schlangenmann dumm gekommen. Und das wars dann für ihn." Er fährt sich zur Illustration mit dem ausgestreckten Daumen über die Kehle. "Seitdem steht das Haus leer und niemand hat etwas angerührt." Er zuckt mit den Achseln. "Aberglauben, vermute ich. Es wird kein Schlangenmann auftauchen und Fischer werden wollen. Und wenn das hier doch einer als seinen Besitz betrachtet, handeln wir eben eine Pacht aus." Durch eine in den Angeln quietschende Tür gelangen sie in das Wirtschaftsgebäude. Zahlreiche Bottiche und Tische lassen den Schluss zu, dass der Fang hier ausgenommen und weiterverarbeitet wurde. Als nächstes begutachten sie das Wohngebäude, das ärmlich und verstaubt ist, aber Platz für eine kleine Familie bietet. "Das Werkzeug scheint größtenteils weg zu sein", zieht Theomer Bilanz. "aber die Netze sind noch da und das Boot schwimmt, das ist doch immerhin ein Anfang." Er füllt Flusswasser in einen Eimer im Arbeitsraum und gibt Mari einen staubigen Lappen. "Wir sollten zumindest grob sauber machen." Sie wischen den Tisch und die Stühle ab, stauben die wenigen Regale und das hölzerne Geschirr ab und fegen die Spinnen aus den Ecken. In einem kleinen Schränkchen findet Theomer beim Durchstöbern eine Tonflasche. Er entkorkt sie und riecht daran, dann nimmt er sie mit.
Als Theomer mit der getanen Arbeit zufrieden ist, tritt er durch die Eingangstür nach draußen. Das Haus liegt am Ufer des Olifern, durch einen verwilderten Grünstreifen ein gutes Stück von der Straße entfernt. Mit einem Stück Kreide malt er sorgfältig das Wappen seiner Familie auf die Haustür: Einen Schild mit drei Hopfendolden. Er grinst Mari zufrieden an, dann klettern sie wieder in den Kahn hinab und verlassen das Bootshaus, so wie sie reingekommen sind.
"Übrigens," fragt er zwischendurch "kennst du einen Kerl namens Gregorian Vellez? Es könnte sein, dass die Kellerratten ihm manchmal Dinge aus den Anomalien verkaufen."