Thu, May 30th 2024 09:55
Edited on Fri, Sep 13th 2024 08:55
Die Morgendämmerung umhüllte den Hafen von Pelorn mit einem Schleier aus Nebel, während die ersten zarten Strahlen der aufgehenden Sonne versuchten, sich durch die dichten Wolken zu kämpfen. Leif, ein erfahrener Fischer mit einem Gesicht, das von den Elementen gezeichnet war, stand am Ufer und überblickte das ruhige Gewässer, das vor ihm lag. Sein Schiff, die "Seewind", schwankte sanft an den Wellen, bereit, sich erneut auf das weite Meer hinauszuwagen.
Leif der gerade sein Kapitänspatent zurück erhalten hat rief seine Mannschaft herbei. Sechs Männer, deren Gesichter von Jahren harter Arbeit auf See geprägt waren, traten aus den Schatten des Hafenbeckens hervor und begannen, die Segel zu setzen und das Deck vorzubereiten.
"Seid ihr bereit, Männer?", rief Leif über das Knarren der Holzplanken hinweg. Seine Stimme klang kräftig und entschlossen, doch die leichte Spur von Aufregung war nicht zu überhören.
"Immer, Kapitän!", antwortete einer der Matrosen mit einem breiten Grinsen. "Heute werden wir endlich wieder reiche Beute machen, das spüre ich!"
Ein anderer Matrose warf einen skeptischen Blick auf die dichte Nebelbank, die sich am Horizont abzeichnete. "Ich weiß nicht, Leif. Das Wetter sieht nicht allzu verheißungsvoll aus. Vielleicht sollten wir es heute lieber sein lassen."
Doch Leif schüttelte den Kopf. "Wir haben schon Schlimmeres überstanden und wer weiß, vielleicht bringt uns dieser Nebel sogar Glück."
Mit dieser Zuversicht stachen sie in See, die Segel prall gefüllt von der frischen Brise, die vom offenen Meer her wehte. Während die "Seewind" langsam den Hafen verließ, konnte Leif das leise Murmeln der anderen Fischer hören, die ihre Boote für den Tag vorbereiteten. Einige warfen neugierige Blicke auf Leifs Schiff, vielleicht in der Hoffnung, etwas von seinem Erfolg abzubekommen.
Die Nebelbank umhüllte sie nun vollständig, und die Welt schien sich auf das sanfte Wiegen der Wellen zu reduzieren. Doch Leif spürte eine ungewöhnliche Spannung in der Luft, als wäre etwas im Begriff, sich zu verändern.
Leif stand am Bug seines Schiffes, die Hand schützend über die Augen gelegt, um durch den dichten Nebel zu spähen. Seine Gedanken waren bei den bevorstehenden Stunden auf See, als er plötzlich etwas unter seinem Stiefel knirschen hörte. Er blickte nach unten und erstarrte. Ein Topf Harz, den er für die Reparatur eines Lecks in seinem Boot verwendet hatte, lag zerbrochen zu seinen Füßen. Ein Schauer der Bestürzung durchfuhr ihn, als er erkannte, dass das Harz über die Netze gelaufen war, die sorgfältig auf dem Deck ausgebreitet waren.
"Verdammt!", fluchte er leise und beugte sich vor, um die klebrige Substanz genauer zu untersuchen. Das Harz hatte sich über mehrere Meter Netze ausgebreitet und war nun zu einem undurchsichtigen Film getrocknet. Leif seufzte schwer, während er versuchte, das Ausmaß des Schadens zu begreifen. Die Netze, auf die er sich verlassen hatte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, waren nun unbrauchbar geworden.
Leif blickte hinaus auf das trübe Wasser, seine Gedanken rasten. Sie konnten nicht einfach umkehren, nicht nachdem sie so viel Zeit und Mühe in die Vorbereitung gesteckt hatten. Doch ohne intakte Netze würde ihr Fang heute sicherlich mager ausfallen.
Plötzlich durchzuckte ihn eine Idee. Vielleicht konnte er das Harz zu ihrem Vorteil nutzen. "Vielleicht hat dieses Missgeschick eine unerwartete Wirkung auf unseren Fang. Es kann nicht schaden, es zu versuchen." murmelte er
Als die "Seewind" langsam durch den Nebel glitt, begann Leif, seine improvisierten Netze über Bord zu lassen. Die klebrige Schicht aus Harz, die sich über die Maschen gelegt hatte, glänzte im schwachen Licht der aufgehenden Sonne. Ein ungewohnter Gedanke von Hoffnung keimte in Leifs Brust auf, als er beobachtete, wie das Harz am Netz haftete.
Es verging nicht lange, bis die ersten Fische auftauchten, neugierig von der ungewohnten Substanz angezogen. Zuerst war es nur ein einzelner Schwarm kleinerer Fische, die zaghaft um die Netze herumkreisten, aber dann geschah etwas Erstaunliches. Ein größerer Schwarm von Meeresbewohnern näherte sich, angezogen von dem Geruch des Harzes, der den üblichen, abschreckenden Geruch des Schiffes und des Netzes überlagerte.
Leif und seine Mannschaft beobachteten fasziniert, wie die Fische sich langsam dem Netz näherten, bevor sie mit einem plötzlichen Ansturm hineinschossen. Das Netz bebte unter dem plötzlichen Gewicht, als der Fang hereinströmte.
"Bei den Göttern!", rief einer der Matrosen aus, seine Augen weit vor Staunen. "Das habe ich noch nie gesehen!"
Leif konnte ein breites Grinsen nicht unterdrücken, als er sah, wie seine improvisierte Methode Früchte trug. Das Harz, das zuerst ein Unglück zu sein schien, hatte sich als Segen erwiesen. Die Fische kamen in Schwärmen, angezogen von dem süßen Duft, der sie nicht abschreckte, sondern lockte.
Sie arbeiteten eifrig, die Netze einzuholen und den Fang zu sortieren, und jedes Mal, wenn sie einen Schwarm abfischten, kamen bereits neue heran, hungrig nach dem Lockstoff des Harzes.
Die Sonne brach schließlich durch den Nebel, als die "Seewind" mit schwer beladenen Netzen zum Hafen von Pelorn zurückkehrte. Leif und seine Mannschaft hatten mehr Fische gefangen, als sie je zu träumen gewagt hatten, und ihre Gesichter strahlten vor Freude und Erleichterung.
Manchmal, dachte er, lag der größte Segen in den unerwarteten Wendungen des Schicksals.