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Thu, May 30th 2024 09:55   Edited on Fri, Sep 13th 2024 08:55

[Tag 15 morgens, mittag] Ein glücklicher Fang

Die Morgendämmerung umhüllte den Hafen von Pelorn mit einem Schleier aus Nebel, während die ersten zarten Strahlen der aufgehenden Sonne versuchten, sich durch die dichten Wolken zu kämpfen. Leif, ein erfahrener Fischer mit einem Gesicht, das von den Elementen gezeichnet war, stand am Ufer und überblickte das ruhige Gewässer, das vor ihm lag. Sein Schiff, die "Seewind", schwankte sanft an den Wellen, bereit, sich erneut auf das weite Meer hinauszuwagen.   Leif der gerade sein Kapitänspatent zurück erhalten hat rief seine Mannschaft herbei. Sechs Männer, deren Gesichter von Jahren harter Arbeit auf See geprägt waren, traten aus den Schatten des Hafenbeckens hervor und begannen, die Segel zu setzen und das Deck vorzubereiten.   "Seid ihr bereit, Männer?", rief Leif über das Knarren der Holzplanken hinweg. Seine Stimme klang kräftig und entschlossen, doch die leichte Spur von Aufregung war nicht zu überhören. "Immer, Kapitän!", antwortete einer der Matrosen mit einem breiten Grinsen. "Heute werden wir endlich wieder reiche Beute machen, das spüre ich!" Ein anderer Matrose warf einen skeptischen Blick auf die dichte Nebelbank, die sich am Horizont abzeichnete. "Ich weiß nicht, Leif. Das Wetter sieht nicht allzu verheißungsvoll aus. Vielleicht sollten wir es heute lieber sein lassen."   Doch Leif schüttelte den Kopf. "Wir haben schon Schlimmeres überstanden und wer weiß, vielleicht bringt uns dieser Nebel sogar Glück." Mit dieser Zuversicht stachen sie in See, die Segel prall gefüllt von der frischen Brise, die vom offenen Meer her wehte. Während die "Seewind" langsam den Hafen verließ, konnte Leif das leise Murmeln der anderen Fischer hören, die ihre Boote für den Tag vorbereiteten. Einige warfen neugierige Blicke auf Leifs Schiff, vielleicht in der Hoffnung, etwas von seinem Erfolg abzubekommen.   Die Nebelbank umhüllte sie nun vollständig, und die Welt schien sich auf das sanfte Wiegen der Wellen zu reduzieren. Doch Leif spürte eine ungewöhnliche Spannung in der Luft, als wäre etwas im Begriff, sich zu verändern.   Leif stand am Bug seines Schiffes, die Hand schützend über die Augen gelegt, um durch den dichten Nebel zu spähen. Seine Gedanken waren bei den bevorstehenden Stunden auf See, als er plötzlich etwas unter seinem Stiefel knirschen hörte. Er blickte nach unten und erstarrte. Ein Topf Harz, den er für die Reparatur eines Lecks in seinem Boot verwendet hatte, lag zerbrochen zu seinen Füßen. Ein Schauer der Bestürzung durchfuhr ihn, als er erkannte, dass das Harz über die Netze gelaufen war, die sorgfältig auf dem Deck ausgebreitet waren. "Verdammt!", fluchte er leise und beugte sich vor, um die klebrige Substanz genauer zu untersuchen. Das Harz hatte sich über mehrere Meter Netze ausgebreitet und war nun zu einem undurchsichtigen Film getrocknet. Leif seufzte schwer, während er versuchte, das Ausmaß des Schadens zu begreifen. Die Netze, auf die er sich verlassen hatte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, waren nun unbrauchbar geworden.   Leif blickte hinaus auf das trübe Wasser, seine Gedanken rasten. Sie konnten nicht einfach umkehren, nicht nachdem sie so viel Zeit und Mühe in die Vorbereitung gesteckt hatten. Doch ohne intakte Netze würde ihr Fang heute sicherlich mager ausfallen.   Plötzlich durchzuckte ihn eine Idee. Vielleicht konnte er das Harz zu ihrem Vorteil nutzen. "Vielleicht hat dieses Missgeschick eine unerwartete Wirkung auf unseren Fang. Es kann nicht schaden, es zu versuchen." murmelte er   Als die "Seewind" langsam durch den Nebel glitt, begann Leif, seine improvisierten Netze über Bord zu lassen. Die klebrige Schicht aus Harz, die sich über die Maschen gelegt hatte, glänzte im schwachen Licht der aufgehenden Sonne. Ein ungewohnter Gedanke von Hoffnung keimte in Leifs Brust auf, als er beobachtete, wie das Harz am Netz haftete. Es verging nicht lange, bis die ersten Fische auftauchten, neugierig von der ungewohnten Substanz angezogen. Zuerst war es nur ein einzelner Schwarm kleinerer Fische, die zaghaft um die Netze herumkreisten, aber dann geschah etwas Erstaunliches. Ein größerer Schwarm von Meeresbewohnern näherte sich, angezogen von dem Geruch des Harzes, der den üblichen, abschreckenden Geruch des Schiffes und des Netzes überlagerte.   Leif und seine Mannschaft beobachteten fasziniert, wie die Fische sich langsam dem Netz näherten, bevor sie mit einem plötzlichen Ansturm hineinschossen. Das Netz bebte unter dem plötzlichen Gewicht, als der Fang hereinströmte.   "Bei den Göttern!", rief einer der Matrosen aus, seine Augen weit vor Staunen. "Das habe ich noch nie gesehen!" Leif konnte ein breites Grinsen nicht unterdrücken, als er sah, wie seine improvisierte Methode Früchte trug. Das Harz, das zuerst ein Unglück zu sein schien, hatte sich als Segen erwiesen. Die Fische kamen in Schwärmen, angezogen von dem süßen Duft, der sie nicht abschreckte, sondern lockte. Sie arbeiteten eifrig, die Netze einzuholen und den Fang zu sortieren, und jedes Mal, wenn sie einen Schwarm abfischten, kamen bereits neue heran, hungrig nach dem Lockstoff des Harzes.   Die Sonne brach schließlich durch den Nebel, als die "Seewind" mit schwer beladenen Netzen zum Hafen von Pelorn zurückkehrte. Leif und seine Mannschaft hatten mehr Fische gefangen, als sie je zu träumen gewagt hatten, und ihre Gesichter strahlten vor Freude und Erleichterung. Manchmal, dachte er, lag der größte Segen in den unerwarteten Wendungen des Schicksals.
Thu, May 30th 2024 10:05

Kaum hat Leif die “Seewind” verlassen, da stellt sich ihm plötzlich eine junge Frau in den Weg. Lange, pechschwarze, ungepflegte Haare fallen über ihre hageren Schultern, die großen, dunklen Augen schauen ihn aus einem sonnengebräunten Gesicht verzweifelt an. Die Lippen weisen einige Verletzungen auf, sind wohl vor einigen Tagen aufgeplatzt auf der Stirn hat sie eine blau unterlaufene Beule. Die zerfetzten Ärmel ihres ärmlichen Kleides offenbaren schwielige, von blauen Flecken übersäte arme und Hände, die Fingernägel ihrer linken Hand sind allesamt blau unterlaufen. Das Kleid flattert im Seewind um ihre magere, ja ausgezehrte Gestalt, dünne Beine münden in schmutzigen Füßen, deren Zehen aussehen, als wäre vor kurzem jemand mit festen Stiefeln darauf herumgetrampelt. Sie tritt nahe an ihn heran, legt ihre Hände auf seine Wangen und schaut ihm unterwürfig in die Augen.   “Seid Ihr Kapitän? Habt Ihr ein Schiff? Lauft Ihr gerade aus?” fragt sie ihn hastig. “Bitte, verdingt mich, nehmt mich mit, ich mache alles, was Ihr von mir wollt, Ihr könnt mich haben, von vorne, von hinten, ich mache jegliche Arbeit, die Ihr mir anschafft, aber bitte, bringt mich nur weg von hier! Er bringt mich um, wenn er mich findet! Bitte, ich flehe Euch an, helft mir!”
Leif stieg gerade von der „Seewind“ an Land, als die Mittagssonne hoch am Himmel stand. Der Erfolg des Tages lag ihm noch in den Knochen und er war in bester Feierlaune. Die Fracht war unversehrt und der Ertrag war der Beste der je protokolliert worden ist und auch seine Mannschaft ist in bester Stimmung.   Doch bevor er sich zu seinen Männern gesellen konnte, trat eine junge Frau plötzlich in seinen Weg. Ihr Erscheinungsbild war erschreckend und ihre dünnen Beine und schmutzigen Füße deuteten darauf hin, dass sie einiges durchgemacht hatte.   Leif fühlte sofort Skepsis in sich aufsteigen. Die letzten Tage hatten ihm gezeigt, dass nicht alles so war, wie es schien. Er hatte gelernt, Vorsicht walten zu lassen. Er sah sich unauffällig um und bemerkte, wie seine Männer bereits die Köpfe schüttelten. Einer seiner treuen Gefährten trat näher und flüsterte ihm ins Ohr: „Leif, lass dich nicht schon wieder auf etwas ein. Denk an die letzten Male.“   Leif nickte kaum merklich, die Worte seines Mannes in Gedanken abwägend. Dennoch zwang er sich, höflich und respektvoll zu bleiben. Leif sah sie mit scharfem Blick an, seine Augen suchten nach einem Anzeichen von Täuschung oder Betrug. Ihre Verzweiflung schien jedoch echt zu sein. Er nahm einen tiefen Atemzug, seine Feierlaune etwas gedämpft, aber nicht gänzlich verschwunden. Er fühlte das Gewicht der Verantwortung auf seinen Schultern und wusste, dass er die richtige Entscheidung treffen musste.   „Beruhigt Euch“, sagte er ruhig, seine Stimme fest, aber sanft. „Wer ist dieser 'Er', von dem Ihr sprecht? Warum glaubt Ihr, dass er Euch umbringen wird?“
Thu, May 30th 2024 12:59

Die junge Frau nimmt die Hände von Leifs Gesicht. Verstört und angespannt sieht sie sich um, nimmt dann Leifs Hand in die ihre und schaut ihn wieder an.   “Atli,” antwortet sie nur. “Bitte, schnell, ich muss hier weg! Er prügelt mich tot, wenn er mich noch einmal erwischt. Aber ich kann nicht mehr bei ihm bleiben, ich halte das nicht mehr aus. Ich bitte Euch, erbarmt Euch doch!”   Plötzlich sinkt sie vor Leif auf die Knie, schaut ihm nun von unten in die Augen, sackt dann jedoch zusammen, legt die Stirn auf seine Schuhe.   “Ich bitte Euch, rettet mich!”
Leif nickte langsam. Er fühlte die Blicke seiner Männer auf sich gerichtet, spürte ihre Skepsis und Besorgnis. Aber er konnte auch die unausgesprochenen Fragen in ihren Augen sehen: Was, wenn sie die Wahrheit sagte? Was, wenn sie wirklich Hilfe brauchte?   Er wandte sich kurz zu seinem treuen Gefährten, der ihm zuvor ins Ohr geflüstert hatte. „Bereite das Schiff vor“, sagte er leise. „Wir können sie nicht hierlassen.“ Dann sah er wieder die junge Frau an. „Kommt mit mir“, sagte er schließlich. „Ihr könnt an Bord der 'Seewind' kommen. Ihr werdet in meiner Kabine bleiben, bis wir mehr wissen. Niemand wird Euch etwas antun, solange Ihr bei mir seid.“   Er führte sie vorsichtig durch den Hafen, vorbei an den neugierigen Blicken der Leute. Das Geräusch der Wellen, das Kreischen der Möwen und der Duft des Meeres begleiteten sie. Als sie die 'Seewind' erreichten, half er ihr an Bord.   Er sorgt dafür, dass sie etwas zu essen und zu trinken bekommt. Und lasst sie ausruhen.   Die Feierlaune war nicht ganz verschwunden, aber sie hatte einen ernsten Unterton bekommen. Er wusste, dass dies nur der Anfang war und dass sie möglicherweise verfolgt wurde. Aber er war entschlossen, ihr zu helfen und sie zu schützen   Während er den Hafen überwachte hielt er immer wieder diese Frau im Blick und lächelt sie an. Zwei seiner Männer blieben auch an Bord und Leif und die beiden bereiteten nun das Boot für die nächste Fahrt vor.   „Wobei soll er euch nicht noch einmal erwischen?“ Fragt Leif in die offene Kabine
Thu, May 30th 2024 02:06

Kaum hat Leif die junge Frau an Bord gebracht, hört auch schon hinter sich Gebrüll über den Hafen schallen.   “Gandaki!” schreit da eine rauhe, tiefe Stimme. “Gandaki, komm her, ich warne dich! Ich schlage dich windelweich, du undankbares Miststück! Warte du nur, bis ich dich in die Finger kriege, du Drecksvotze du! Du gehörst mir, hörst du, mir, mir ganz allein!”   Es ist ein abstoßend fetter Mann, der mit einem Holzprügel in der Hand über den Kai marschiert. Vor lauter Schreien ist er dunkelrot im Gesicht, der Schweiß rinnt ihm in Bächen in das vor Dreck und Speck ganz und gar verfärbte Hemd.   Die Angesprochene an Bord des Schiffes zuckt unweigerlich zusammen, ein sicheres Zeichen, dass sie wohl die Wahrheit gesagt hat und der Mann wirklich hinter ihr her ist. Die Farbe weicht aus ihrem gebräunten Gesicht, die Fäuste ballen sich, und erschrocken schaut sie Leif ins Gesicht. Dann jedoch scheint sich das Gebrüll wieder zu entfernen.   “Er soll mich nicht noch einmal beim Abhauen erwischen,” antwortet sie schließlich auf Leifs Frage. “Ich ertrage ihn nicht mehr, ich ertrage seinen Geruch nicht mehr, seinen fetten Wanst auf meiner Haut, ich ertrage seine Stimme nicht mehr und ganz besonders ertrage ich die fortwährenden Schläge nicht mehr. Ich hasse ihn, ich hasse ihn wirklich! Aber wenn ich ihn umbringe, dann lande ich auf dem Schafott, und diese Genugtuung will ich ihm auch nach seinem Tod nicht geben!”    
Leif stand reglos und beobachtete den fetten Mann, der mit einem Holzprügel in der Hand brüllend über den Kai marschierte. Seine Stimme war rau und schneidend, die Beleidigungen und Drohungen erfüllten die Luft. Leif bemerkte, wie die junge Frau an Bord der „Seewind“ unwillkürlich zusammenzuckte. Ihre Angst war beinahe greifbar, und Leif konnte den Hass und die Verzweiflung in ihren Augen sehen.   Er ließ den Mann ungehindert vorbeiziehen, wartete geduldig, bis das Gebrüll leiser wurde und schließlich in der Ferne verhallte. Als die Stille wieder einkehrte, drehte er sich zu der jungen Frau um und nickte ihr beruhigend zu.   „Die Gefahr ist vorerst vorbei,“ sagte er leise, seine Stimme ruhig und fest. „Er ist weg.“   Doch Leif wusste, dass die Situation nicht einfach war. Er konnte nicht mehr auslaufen und die Frau an Bord verstecken war keine langfristige Lösung. Sie brauchten eine andere Möglichkeit. Er sah sich um und stellte sicher, dass der Mann wirklich nicht mehr zu sehen war, bevor er ihr die Hand reichte.   „Komm,“ sagte er sanft, „ich helfe dir vom Boot.“   Als ihre Füße den festen Boden des Kais berührten, spürte Leif, wie die Anspannung in ihrer Haltung langsam nachließ. Er lächelte ihr ermutigend zu und nickte. „Du bist jetzt in Sicherheit,“ sagte er beruhigend. „Aber ich kann dich nicht länger verstecken.“   Er sah sich um, den leeren Kai entlang, und dachte schnell nach. „Du musst einen sicheren Ort finden, weit weg von hier. Ich kann dich nicht mitnehmen, und ich kann dich auch nicht bei mir verstecken. Es tut mir leid.“   Leif seufzte tief und wusste, er könnte mehr tun. „Hier,“ sagte er, zog ein paar Münzen aus seiner Tasche und drückte sie ihr in die Hand. „Nimm das. Es ist nicht viel, aber es sollte dir helfen, einen sicheren Ort zu finden.“   Leif nickte und trat einen Schritt zurück. „Pass auf dich auf,“ sagte er. „Und geh schnell, bevor er zurückkommt.“
Tue, Jun 4th 2024 02:20

Die junge Frau schaut Leif in die Augen, zunächst erschrocken, gar verzweifelt. Sie scheint schon etwas sagen zu wollen, aber sie hält sich zurück. In ihren Augen macht sich Resignation breit, der Blick geht vor Leif zu Boden. Sie nimmt die Münzen nicht aus seiner Hand, stattdessen umschlingt sie mit ihren Armen ihren schlanken Bauch.   “Danke,” sagt sie leise, fast unhörbar, verharrt dann einige Augenblicke in dieser Stellung, bevor sie den traurigen Blick aus ihren pechschwarzen Augen über den Kai schweifen lässt. Dann rennt sie davon, freilich in die entgegengesetzte Richtung, in der vorher die Stimme verschwunden ist. Und einige Augenblicke später ist auch sie wie vom Erdboden verschluckt. Ein Detail an diesem Tag, an dem Leif sich erinnern mag oder auch nicht.
Mon, Jun 10th 2024 12:34   Edited on Mon, Jun 10th 2024 12:34

Kaum hat sich die dunkelhaarige Frau entfernt, treten zwei Beamte der Wachkompanie vor Leif Thorbenson. Die erste ist auffällig groß gewachsen, mit langem blonden Haar, das sie zu einem Zopf geflochten hat. Große, stahlblaue Augen leuchten aus einem ebenmäßigen Gesicht mit feinen Zügen. Die zweite ist nicht minder auffällig mit ihrem leuchtenden, rotblonden, kurzen Haaren, den lustigen Sommersprossen im Gesicht und den wachen Augen. Sie ist ein ganzes Stück kleiner als die Blonde, sieht jedoch eher wie eine Kämpferin aus als letztere, die eher von eleganter Schlankheit als übermäßiger Athletik geprägt zu sein scheint. Nun, die Blonde könnte Leif als das Bündel erkennen, das er aus dem Okeanus gefischt hat. Die Rote wird ihm wohl eher unbekannt sein.   “Leif Thorbenson,” hört er da auch schon die Blonde sagen, “es ist mir eine Freude, Euch wiederzusehen. Ich hoffe doch, Ihr gehabt Euch wohl.”
Leif Thorbenson spürte die kühle Meeresbrise auf seiner Haut, als er sich zu den Frauen umdrehte. Ein stechender Schmerz erinnerte ihn an die letzte Begegnung mit den Wachen, doch seine Augen fixierten die Blonde. Er fühlte eine Mischung aus Erleichterung und Sorge, als er ihre stahlblauen Augen erkannte.   „Leif spürte eine Welle der Erleichterung und Freude, als er die Blonde erkannte. „Es ist gut, Euch wohlauf zu sehen,“ sagte er mit einem warmen Lächeln, das seine Augen erreichte. „Nach allem, was passiert ist, hätte ich nicht damit gerechnet.“. Seine Augen verengten sich leicht, als er die Blonde ansah. „Ich bin froh, dass Ihr in Sicherheit seid.“ Er trat einen Schritt näher und senkte die Stimme. „Was hat der Kommandant mit Euch gemacht? Seid Ihr verletzt?“   Erst jetzt scheint er die Uniform zu bemerken und tritt nochmal zurück. Dann nickt er „Ich verstehe“ murmelt er leiser, mehr für sich als für die anderen Ohren gedacht. Seine Augen wurden schmaler vor Misstrauen. „Was genau braucht Ihr von mir?“ fragte er langsam, seine Stimme fest.
Mon, Jun 10th 2024 03:58

Der Kapitän erntet ein offenes, freundliches Lächeln.   “Aber werter Herr Thorbenson,” antwortet sie ebenso freundlich, “Ihr hättet Euch wahrlich nicht solche Sorgen um meine Wenigkeit machen müssen. Ich bin ohne jegliche Argwohn hier hergebracht worden, war also gegen jegliche Anschuldigung absolut erhaben. Und ich besitze genügend Glauben in die Gerechtigkeit, als dass ich stets an ein positives Ende glaubte. Auch erwies sich Kommandant arn Melvart als äußerst gerechter und auch verständiger Mensch, so dass ich nahezu unversehrt dieser zu Beginn wohl etwas unangenehmen Situation entkommen bin.”   Sie steht in ganz normaler Distanz zu Leif Thorbenson, eine Distanz, die wohl von Vertrauen spricht, weder zu nahe, als wollte sie ihn irgendwie angreifen, auch nicht zu weit weg, als hätte sie irgendwelche Angst vor ihm. Und so bleibt ihr Ton auch ausgesprochen freundlich, als sie weiterspricht.   “Um zum Grund unseres Erscheinens an Eurem stattlichen Schiff zu kommen, so sollten wir Euch nur darüber informieren, als dass Kommandant arn Melvart Euch zu einer Besprechung in seinem Amtszimmer erwartet und wir Euch also unverzüglich zu ihm geleiten sollten. Ich möchte jedoch präzisieren, dass es sich hierbei um keinerlei Verhaftung handelt, Ihr uns also als freier Mann begleiten werdet.”
Leif spürte eine Welle der Erleichterung und Freude, als Sigrun ihm mit einem offenen Lächeln antwortete. „Ich freue mich wirklich, Euch wohlauf zu sehen,“ sagte er, seine Augen leuchteten vor Erleichterung. „Nach allem, was passiert ist, hätte ich nicht damit gerechnet.“   Er bemerkte die Blicke seiner Männer, die am Boot beschäftigt waren und neugierig zu ihm herüberschauten. Einige Hafenarbeiter unterbrachen ihre Arbeit und flüsterten miteinander, als sie sahen, dass Leif erneut mit der Wache zu tun hatte. Die Menschen am Hafen beobachteten die Szene mit wachsendem Interesse, was Leif eine leichte Anspannung verspüren ließ.   Als Sigrun fortfuhr und den Kommandanten erwähnte, verspürte Leif einen kalten Schauer. Seine bisherigen Erfahrungen mit dem Kommandanten waren alles andere als positiv, und er wusste, dass ein Ruf dorthin selten etwas Gutes bedeutete. Doch Sigruns freundliche und vertrauensvolle Haltung gab ihm zumindest ein wenig Trost.   „Ihr habt eine gute Wahl getroffen, Sigrun,“ sagte er mit einem Anflug von Stolz in der Stimme. „Ich bin froh, dass es Euch gut geht.“ Er seufzte innerlich, als sie den Grund ihres Erscheinens erklärte.   „Gut,“ sagte er schließlich, seine Stimme fest, obwohl er die Unvermeidlichkeit der Situation spürte. „Dann werde ich Euch selbstverständlich begleiten.“ Ein leises Aufatmen entwich ihm, mehr aus Resignation als aus Erleichterung. Er spürte die Blicke der Leute um sich herum und wusste, dass er keine andere Wahl hatte. „Danke, dass Ihr mich informiert habt. Auch wenn ich weiß, dass ich keine andere Wahl habe, ist es beruhigend zu wissen, dass ich als freier Mann gehe.“   Leif richtete sich auf und zieht seine Jacke straff, warf einen letzten Blick auf seine Männer und das geschäftige Treiben am Hafen und machte sich bereit, Sigrun und ihrer Begleiterin zu folgen.
Tue, Jun 11th 2024 06:37

Noch immer macht Sigrun ein ausgesprochen freundliches Gesicht, nun legt sich auch noch ein Schmunzeln darauf.   “Ihr habt wohl recht,” antwortet sie. “In der Tat würde es der Kommandant nicht begrüßen, würdet Ihr seine Einladung ausschlagen wollen. Ganz im Gegenteil, Ihr habt es ganz richtig dargestellt, im Grunde habt Ihr wahrlich keine Wahl. Allerdings sprach ich vorhin die Wahrheit: Ihr seid nicht verhaftet. Trotzdem würde ich vorschlagen, dass wir uns auf den Weg machen.”   Sie zeigt mit einer Hand in die Richtung des Sitzes der Wachkompanie. Dann wartet sie, bis Leif sich in Bewegung setzt, um dann neben ihm herzugehen.   “Ich hoffe doch, Ihr hattet meinetwegen nicht allzu viele Ungelegenheiten,” meint sie dabei. “Auf jeden Fall möchte ich mich dafür aufrichtig entschuldigen.”
Leif nickte langsam, während er Sigruns Handbewegung in Richtung des Sitzes der Wachkompanie folgte. Er atmete tief ein, um sich zu beruhigen, und begann sich in Bewegung zu setzen. Die Leute am Hafen beobachteten ihn weiterhin neugierig, einige flüsterten miteinander, während er und Sigrun gemeinsam losgingen.   Leif schüttelte leicht den Kopf. „Macht Euch keine Sorgen. Es war mir eine Ehre, Euch zu helfen. Ungelegenheiten hin oder her, das Wohl anderer geht vor.“   Er hielt kurz inne und sah ihr direkt in die Augen. „Bevor wir uns mit dem Kommandanten treffen, möchte ich Euch um etwas bitten.“ Seine Stimme war ernst, aber warm. „Bleibt menschlich bei allem, was von Euch verlangt wird. Ihr habt die Chance, anders zu sein, etwas Gutes zu bewirken.“   Er seufzte innerlich und versuchte, seine Nervosität zu verbergen, während sie dem Kommandanten entgegengingen. „Lasst uns sehen, was der Kommandant zu sagen hat. Vielleicht wird es diesmal anders.“  
Tue, Jun 11th 2024 08:40

Einige Augenblicke lang schaut Sigrun einfach nur in Leifs Auge. Sie sieht ziemlich überrascht aus, sie hat wohl nicht mit so einer Bemerkung gerechnet. Und so zögert sie auch merklich, bevor sie zu sprechen beginnt.   “Nun, werter Herr Thorbenson, ich muss gestehen, dass ich nicht vorhabe, mich in ein Tier zu verwandeln, nur weil der Donner es so wollte, dass ich in dieser Stadt eine Uniform trage. Und ich kann Euch versichern, dass auch meine geschätzte Kollegin Eiken vollends von menschlichen Zügen geprägt ist.”   Sie schaut ihn noch eine Weile mit einem leichten Lächeln an, dann meint sie: “Aber wir sollten den Kommandanten nicht zu lange warten lassen.”   Sie gehen nun also zur Kaserne. Niemand scheint sonderlich Notiz von den Dreien zu nehmen, und so kommen sie auch ohne irgendwelches Hindernis durch die Torwachen. Sie laufen nun eine Weile durch Gänge und Flure, bis sie schließlich vor einer massiven Tür stehen bleiben. Sigrun klopft an, wartet auf Antwort. Dann öffnet sie die Tür und tritt ein. Sie nimmt sofort Haltung an.   “Kommandant, der Herr Leif Thorbenson ist nun zugegen.”
„Ausgezeichnet!“: antwortet Reland. „Wartet draußen bis ich hier fertig bin.“: ordnet der Kommandant an und wendet sich dann Leif zu. „Die Zwillinge mit euch, Kapitän. Ich freue mich, daß ihr meiner Einladung so prompt gefolgt seid." Er deutet mit einem Schmunzeln einladend auf den Stuhl vor seinem Arbeitstisch. „Nehmt Platz!“: sagt er und blättert einen Moment in einem Dossier. „Nur damit keine Mißverständnisse aufkommen, Kapitän. Ich werde euch ein paar Fragen stellen und ich ersuche euch mir nicht das zu erzählen, was ihr glaubt, daß ich hören möchte. Ich will eure ehrliche Meinung zu diesen Fragen und ihr sollt euch kein Blatt vor den Mund nehmen. Nachdem das geklärt ist, kommen wir zur Sache. Ich habe hier einen Bericht, daß ihr die Fähigkeiten des Interimskapitäns der Seewind nicht besonders günstig kommentiert habt. Wir brauchen gar nicht auf Details einzugehen. Was ich von euch wissen will ist, ob sich diese fachliche Kritik auf den Ausbildungsstand und die Fähigkeiten dieses Mannes bezieht oder ob ihr der Meinung seid, daß generell der Ausbildungsstand der Seeoffiziere unserer Fangflotte zu wünschen übrig läßt? „ Reland lehnt sich in seinem Stuhl zurück und sieht Leif fragend an.  
„Kommandant, ich werde offen sprechen, wie Ihr es verlangt habt,“ begann Leif mit fester Stimme. „Meine Kritik am Interimskapitän der Seewind bezieht sich sowohl auf seine individuellen Fähigkeiten als auch auf den allgemeinen Ausbildungsstand der Seeoffiziere. Dieser Mann zeigt einige gravierende Schwächen in seiner Führung und Navigation, die meiner Meinung nach auf Lücken in seiner Ausbildung zurückzuführen sind.“   Leif machte eine kurze Pause, um seine Worte zu wählen. „Es ist nicht nur ein Problem dieses einzelnen Offiziers, sondern ein Symptom eines größeren Problems. Die Ausbildung unserer Seeoffiziere scheint in einigen Bereichen unzureichend zu sein, insbesondere was die Praxis und die Handhabung unvorhersehbarer Situationen auf See betrifft. Wenn wir wollen, dass unsere Fangflotte effizient und sicher operiert, müssen wir hier ansetzen.“   Er sah dem Kommandanten direkt in die Augen und fügte hinzu: „Das ist meine ehrliche Meinung, wie Ihr es gewünscht habt. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Offiziere die bestmögliche Ausbildung erhalten, um den Herausforderungen auf See gewachsen zu sein.“   Leif lehnte sich leicht zurück, sammelte seine Gedanken und sprach weiter: „Es gibt jedoch auch sehr gute Kapitäne in unserer Flotte. Zum Beispiel Kapitän Larsen, Kapitän Bjornsson und Kapitän Erikson – sie alle haben bewiesen, dass sie über hervorragende Fähigkeiten verfügen und ihre Schiffe und Mannschaften mit Kompetenz und Umsicht führen. Diese Männer sind Vorbilder und zeigen, dass gute Ausbildung und Erfahrung den Unterschied machen.“   Er machte eine kurze Pause und fügte hinzu: „Ich kenne nicht alle Kapitäne persönlich, aber ich habe viele beim Anlegen und Ablegen beobachtet. Was mir aufgefallen ist, ist, dass nicht nur der Kapitän wichtig ist, sondern auch die gesamte Crew. Eine gut ausgebildete und koordinierte Mannschaft kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Daher denke ich, dass wir auch in die Ausbildung der Crewmitglieder investieren müssen, um sicherzustellen, dass sie die Fähigkeiten und das Wissen haben, um in jeder Situation effizient zu handeln.“   Leif lehnte sich wieder zurück, bereit, die Reaktion des Kommandanten abzuwarten. Er hatte seine Meinung ehrlich und direkt geäußert, in der Hoffnung, dass seine Worte Gehör finden würden.
Thu, Jun 13th 2024 01:42   Edited on Thu, Jun 13th 2024 01:43

Aufmerksam und ohne Leif auch nur einmal zu unterbrechen, hört ihm Reland zu. Für eine kleine Weile schweigt er, nach dem Leif seine Fragen beantwortet hat. „Eure ehrliche Meinung ist genau, was ich hören wollte und eure fachlich sicher kompetentere Einschätzung deckt sich weitgehend mit meinen Überlegungen. Wobei mir jedoch im Augenblick mehr an der Ausbildung der Offiziere gelegen ist, als an der Schulung der Mannschaften.“ Reland macht sich eine kurze Notiz auf seiner Wachstafel.   „Gut, das Problem ist also klar umrissen. Eine Wurzel des Problems ist sicher die völlig unterschiedliche, von der Person des jeweiligen Ausbildners abhängende, Schulung angehender oder bereits in Verwendung befindlicher Offiziere. Das macht es auch schwierig und langwierig, Ausfälle durch Offiziere anderer Mannschaften zu ersetzen. Was müßte eurer Meinung nach getan werden, um die Ausbildung der Seeoffiziere auf ein höheres Niveau zu heben, vor allem im Hinblick auf eine vereinheitlichte Ausbildung?“  
Leif nahm einen Moment, um über die Frage nachzudenken, und antwortete dann mit Nachdruck. „Kommandant, ich denke, der Schlüssel liegt in der einheitlichen und zentralisierten Ausbildung. Es wäre sinnvoll, eine zentrale Akademie zu gründen, in der alle angehenden Offiziere die gleiche, hochwertige Ausbildung erhalten. Diese Akademie sollte nicht nur theoretisches Wissen vermitteln, sondern auch umfangreiche praktische Übungen beinhalten, um die Offiziere auf die realen Herausforderungen auf See vorzubereiten.“   Er ließ seine Worte einen Moment sacken, bevor er fortfuhr. „Die Fischerei ist derzeit ein Handwerk, das von Familie zu Familie weitergegeben wird. Diese Tradition ist wertvoll, aber sie reicht in unserer sich ständig verändernden und anspruchsvollen Umgebung nicht mehr aus. Wir brauchen eine Art Ausbildungsprogramm, ähnlich wie bei der Wache, das sowohl Offiziere als auch die Crew umfasst. So können wir sicherstellen, dass jeder an Bord, von den erfahrensten Kapitänen bis hin zu den jüngsten Matrosen, über die notwendigen Fähigkeiten und das Wissen verfügt, um ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen.“   Er machte eine kurze Pause, um seine Gedanken zu ordnen. „Wir könnten erfahrene Kapitäne wie Larsen, Bjornsson und Erikson einbeziehen, um ein standardisiertes Programm zu entwickeln und als Ausbilder fungieren. Ihre Erfahrung und Expertise würden sicherstellen, dass die Ausbildung praxisnah und effektiv ist. Zudem könnten regelmäßige Prüfungen und praktische Tests eingeführt werden, um den Fortschritt der Offiziere zu überwachen und sicherzustellen, dass sie die notwendigen Fähigkeiten erwerben.“   Leif sah dem Kommandanten direkt in die Augen. „Eine weitere Idee wäre die Einführung eines Mentorenprogramms, bei den erfahrenen Offizieren neue Offiziere anleiten und unterstützen. Dies würde nicht nur die Qualität der Ausbildung verbessern, sondern auch den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit innerhalb der Flotte stärken.“   „Ich glaube, dass diese Maßnahmen dazu beitragen würden, die Ausbildung unserer Seeoffiziere auf ein höheres Niveau zu heben und die Einheitlichkeit der Ausbildung zu gewährleisten. Es wird Zeit und Ressourcen erfordern, aber es ist eine notwendige Investition in die Zukunft unserer Flotte.“   „Ach und Kommandant,“ fügte er hinzu, „es ist wichtig zu betonen, dass nicht nur die Offiziere, sondern auch die Crew eine fundierte Ausbildung benötigt. Eine gut ausgebildete Mannschaft kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Wir sollten daher auch in die Schulung der Crewmitglieder investieren, um sicherzustellen, dass sie in jeder Situation effizient handeln können.“
Wieder hört Reland den Ausführungen Leifs zu, ohne ihn zu unterbrechen. Erst als er zum Schluß gekommen ist, sagt er: „Ich bin mir durchaus bewußt, daß auch die Ausbildung der Mannschaften ihren Stellenwert hat, doch wie gesagt, für den Moment liegt das Hauptaugenmerk auf der Ausbildung der Seeoffiziere. Ich teile auch eure Meinung, daß die Schulung in einer Art Akademie auch den praktischen Teil umfassen muß und daher Schulschiffe unumgänglich notwendig wären. Im Großen und Ganzen bestätigt eure seemännische Kompetenz meine persönlichen Überlegungen zu diesem Problemkreis und ich bin beeindruckt von eurer umfassenden Sicht der Dinge und eures Engagements, daß in eurer Argumentation deutlich wird. Ich habe daher eine Aufgabe für euch, Kapitän. Erstellt mir ein grundsätzliches Konzept einer Flottenakademie nach euren Vorstellungen. Ihr braucht nicht auf die organisatorischen Details eingehen, sondern konzentriert euch auf das Wesentliche. Ich stelle euch einen Schreiber zur Verfügung, wenn ihr eure Überlegungen nicht selbst zu Papier bringen könnt. Wie lange, denkt ihr, werdet ihr für die Erstellung eines solchen Konzepts brauchen?“  
Leif nahm sich einen Moment Zeit, um seine Gedanken zu ordnen, bevor er sich an den Kommandanten wandte. „Kommandant, ich habe das Konzept bereits grob im Kopf. Bevor ich mich jedoch daran mache, möchte ich kurz zu meiner Mannschaft gehen. Sie sollen die nächste Fahrt gegen Abend alleine antreten und nicht auf mich warten müssen. Danach werde ich zurückkommen und den Schreiber aufsuchen.“   „Darf ich offen sprechen?“ fragte Leif, während er sich sichtlich unwohl fühlte.   Reland nickte zustimmend. Leif nahm dies als Zeichen, weiterzusprechen.   „Es gibt ein Problem, Kommandant,“ begann Leif mit Nachdruck, seine Unsicherheit in der Stimme kaum verbergend. „Wie Ihr sicherlich wisst, nehme ich kein Blatt vor den Mund und sage heraus, was ich denke, egal ob richtig oder falsch. Aber viele haben Angst. Diese Angst, etwas Falsches zu machen und dass dies dann an ihren Familien ausgelassen wird, ist allgegenwärtig.“   Er machte eine kurze Pause, um seine Worte sacken zu lassen. „Diese Art von Angst kann man nicht einfach mit noch mehr Druck hinfortspülen. Nehmt beispielsweise Kapitäne wie Larsen, Bjornsson und Erikson. Sie sind erfahren und kompetent, aber auch sie könnten blockiert sein von dieser Angst. Sie werden der Bitte nachkommen, als Ausbilder zu fungieren, aber ich befürchte, dass ihre Leistung darunter leiden wird, wenn sie ständig in Sorge sind, dass ein Fehler Konsequenzen für ihre Familien haben könnte.“   Leif sah den Kommandanten fest in die Augen, seine Stimme war ernst und aufrichtig. „Der Ruf, dass Ihr mit erweiterten Verhören bestens vertraut seid, eilt Euch voraus. Ich weiß nicht, wie Euer Ruf in Militärkreisen ist, aber in dem Bereich der Flotte, den ich kenne, haben die Männer große Angst, sobald Soldaten der Wache auftauchen. Diese Angst ist tief verwurzelt und ich glaube nicht, dass sie vorteilhaft ist. Aber ich kann mich auch irren. Ich habe natürlich nicht den Weitblick, den Ihr als Kommandant habt.“   Er greift immer wieder an sein verwaschenes Hemd und zieht es stramm ist immer noch sichtlich angespannt. „Die größte Herausforderung wird es sein, diese Kultur der Angst zu durchbrechen. Wir müssen Vertrauen aufbauen und sicherstellen, dass die Männer wissen, dass ihre Familien sicher sind, egal was passiert. Ohne diese Sicherheit werden selbst die besten Ausbildungsprogramme nicht den gewünschten Erfolg bringen.“   Nach einer kurzen Pause fügte Leif hinzu: „Und noch eine Frage, Kommandant: Soll das Konzept sich ausschließlich auf die Küstenfischerei konzentrieren, oder spielt auch ein militärisches Interesse eine Rolle? Ich erinnere mich an die Geschichten meines Großvaters über die majestätischen Flotten, und ich frage mich, ob diese Tradition auch in unseren Plänen eine Rolle spielen soll.“
Tue, Jun 18th 2024 08:27   Edited on Tue, Jun 18th 2024 08:28

Auch diesmal hört Reland Leif an, ohne ihn zu unterbrechen, nur als Leif auf seinen Spitznamen anspielt, schmunzelt er einen Moment lang. „Da wir derzeit noch keine Kriegsschiffe haben, erübrigt sich die Berücksichtigung militärischer Aspekte in der Ausbildung. Außerdem seid ihr für militärische Ausbildung völlig ungeeignet. Ihr habt zwar die fachlichen Qualifikationen, das steht außer Frage, aber euer grundsätzlicher Mangel an Disziplin und Gehorsam wären nicht nur kontraproduktiv in Hinsicht auf die Erziehung von Offizieren und Mannschaften einer neu zu schaffenden Kriegsflotte, sondern sogar schädlich. Ihr habt euch kein Blatt vor den Mund genommen und ich werde es genauso halten.“: sagt der Kommandant ruhig.   „Die Kultur der Angst, wie ihr es nennt, ist ein notwendiges Herrschaftsinstrument, daß neben vielen Vorteilen auch einige Nachteile hat, das ist mir durchaus bewußt. In einer idealen Welt bräuchte es keinen Druck, damit jeder seine Aufgabe erfüllt und den Platz, an den er gestellt wird, auch ausfüllt. Da dies jedoch nicht der Fall ist, kann unter den gegebenen Umständen nicht auf Druck verzichtet werden. So ist das Verbreiten von Furcht durch die Wachkompanie durchaus erwünscht. Wir halten mit kaum dreihundert Mann die Ordnung trotz der widrigsten Umstände aufrecht. Das ist nur möglich, weil es sich jeder halbwegs geistig Normale dreimal überlegt sich mit der Wache anzulegen. Das dabei hin und wieder ein Unschuldiger unter die Räder kommt, ist bedauerlich aber nicht zu vermeiden. Ihr selbst seid das beste Beispiel für die Notwendigkeit der Ausübung von Druck. Außerdem übertreibt ihr gewaltig, was die Sippenhaftung angeht. Niemand auf Thornhoffgebiet muß Angst haben, daß seine Familie für fachliche Fehler, die der Betreffende begangen hat, zur Rechenschaft gezogen wird!   Das eigentliche Problem ist, daß ihr nicht begreifen könnt oder wollt, daß jeder von uns einen gewissen Handlungsspielraum hat, den er nützen kann oder auch nicht. Wer aber darüber hinausgeht, rüttelt am Rahmen, der und uns allen durch die gegebenen Verhältnisse gesteckt wird und ist damit eine Gefahr für das Ganze und muß mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unschädlich gemacht werden. Versucht nicht, mir eure Vorstellungen über Machtausübung als Grundlage für eine eventuelle Neuordnung der Ausbildung zu verkaufen. Ihr habt einen klaren Auftrag mit großem Gestaltungsrahmen. Wenn ihr euch dem nicht gewachsen fühlt oder die Aufgabe nicht wollt, dann sagt es mir, es wird euch daraus kein Nachteil erwachsen. Aber versucht nicht schon wieder eure Nase in Angelegenheit der Führung des Hauses zu stecken. Also?“ Reland sieht Leif fragend an.      
„Kommandant, es tut mir leid, wenn ich den Anschein erweckt habe, an der Machtausübung rütteln zu wollen“, begann Leif mit sichtlich unbehaglichem Gefühl. „Es wäre mir eine große Ehre, wenn ich an der Ausbildung der Flotte mitgestalten könnte.“   Er machte eine kurze Pause, um seine Worte sorgfältig zu wählen. „Was ich mit dem militärischen Interesse meinte war, , dass vielleicht jemand vom Militär unterstützen könnte, um etwas militärischen Schwung hinein zu bringen. Aktuell ist es auf einem Boot eher familiär gehalten und es würde ein wenig Disziplin und Ordnung nicht schaden. Zudem wären wir dann offener im Konzept zu jederzeit militärische Übungen mit zu integrieren, sollte der Wunsch danach aufkommen.   Leif sah den Kommandanten direkt an, seine Stimme fest und entschlossen. „Ich weiß, dass ich was Gehorsam betrifft nicht immer vorbildlich war, doch können Sie sich meiner absoluten Loyalität gewiss sein. Gerade wegen meiner fehlenden militärischen Kenntnisse habe ich vergessen, wo genau mein Platz ist, und versuchte mit Euch zu sprechen wie mit meiner Mannschaft. Dafür möchte ich mich entschuldigen und bin sehr geehrt und erfreut, dass Ihr mir noch eine weitere Chance gebt.“   Leif zögerte einen Moment, bevor er fortfuhr: „Ich möchte auch betonen, dass ich zutiefst dankbar für die Gelegenheit bin, Teil dieses wichtigen Vorhabens zu sein. Es ist mir klar, dass es keine leichte Aufgabe sein wird, aber ich bin fest entschlossen, meinen Beitrag zu leisten. Die Erfahrung und das Wissen der anderen Kapitäne werden ebenfalls von unschätzbarem Wert sein, und ich werde alles tun, um ihre Expertise in den Ausbildungsprozess zu integrieren.“   Er machte einen Schritt zurück und fügte hinzu: „Wenn Ihr mir erlaubt so würde ich gerne kurz zu meiner Mannschaft gehen, damit diese die nächste Fahrt gegen Abend alleine fahren kann und nicht auf mich warten muss. Danach werde ich zurückkommen und den Schreiber aufsuchen.
Tue, Jun 18th 2024 07:31   Edited on Tue, Jun 18th 2024 07:32

„Ihr braucht euch nicht zu entschuldigen. Ich habe euch aufgefordert, offen zu sprechen. Ihr habt bloß getan wozu ich euch gebeten habe.“ Für einen Augenblick mustert er Leif nachdenklich, dann sagt er:“ Gut, Kapitän ich betraue euch damit offiziell mit der Erstellung des Entwurfes für eine Neuordnung der Flottenausbildung. Euren Vorschlag der Einbindung eines Offiziers werde ich mir durch den Kopf gehen lassen. Meldet euch bei der Torwache, wenn ihr zurückkommt, man wird euch zu einem Schreiber bringen. Ich hoffe, ihr werdet das Vertrauen, daß Haus Thornhoff in euch setzt, nicht enttäuschen.“: sagt Reland. „Ach ja, schickt mir bitte auf eurem Weg hinaus, den Zugsführer und die Soldatin herein.“ Damit ist Leif fürs Erste entlassen. Als Sigrun mit Eicken eintritt, wendet sich Reland an Eicken. „Soldat, führt Zugsführer Sigrun bis zur Dämmerung ein wenig in den Randbezirken herum. Nicht in die heißen Zonen, aber so weit, daß sie einen Eindruck davon bekommt, womit wir es jeden Tag zu tun haben.“ Dann wendet er sich an Sigrun. „Soldat Eicken ist mit den Verhältnissen bestens vertraut. Ihr könnt euch auf ihre Einschätzung verlassen. Haltet eure Augen offen und seid jeden Augenblick bereit. Morgen meldet ihr euch zu Dienstbeginn bei Kornett Tovales. Das wäre alles! Abtreten.“ Nachdem Sigrun und Eicken seinen Arbeitsraum verlassen haben, hinterläßt Reland bei seinem Adjutanten seinen Aufenthalt für die nächste Stunde und verläßt die Residenz.  
Wed, Jun 19th 2024 10:51

Sigrun und Eiken betreten also das Büro des Kommandanten - und stehen wenig später auch schon wieder zuvor. Die Anweisungen sind kurz, eindeutig, so dass wohl keinerlei Fragen aufkommen. Viel Zeit, um solche zu stellen, gibt es auch nicht, denn kaum hat der Kommandant den Befehl zur Patrouille erteilt, ist er auch schon wieder weg. Sigrun schaut zu Eiken und grinst.   “Es dünkt mir, es will dir wohl einfach nicht gelingen, dich meiner zu entledigen,” sagt sie schmunzelnd.
Thu, Jun 20th 2024 02:04

[Soldat Eicken] Schaut ganz so aus!“: grinst Eicken. „Aber es gibt Schlimmeres, Zugsführer.“ Ganz unsoldatisch zwinkert die schmunzelnde Rothaarige Sigrun zu. „Aber kommt, laßt uns aufbrechen. Wir werden uns Richtung Westen halten, da ist es nicht so schlimm wie im Norden, aber schlimm genug, daß ihr einen Eindruck bekommt wie es in vielen Teilen der Stadt zugeht. Und eins noch, Zugsführer. Redet nicht lange herum, wenn irgendwas passiert, haut lieber als Erste zu.“: sagt Eicken.  
Thu, Jun 20th 2024 03:10

Ein tiefes Seufzen ist die erste Antwort, die Eicken auf ihren Ratschlag erhält.   “Und es ist deine tiefste Überzeugung, dass ein Gespräch unmöglich zum erwünschten Ziel führen könnte?” fragt sie, doch ist aus ihrer resignierenden Betonung schon spürbar, dass sie sich kaum Zustimmung erwartet. Und so wartet sie gar nicht einmal auf das sicher ganz entschiedene “Nein” sondern legt höchst kollegial ihren Arm um Eickens Schultern.   “Ich denke, wir sollten aufbrechen,” sagt sie dabei. “Ich mag wohl im Range des Zugführers stehen, betrachte dich für den heutigen Nachmittag als Zugführersfrührer. Denn ich versichere dir, ich werde dir dorthin folgen, wo immer du mich zu führen gedenkst.”
Fortsetzung in "Auf Patrouille"

Sun, Jun 23rd 2024 01:43