Mon, Sep 2nd 2024 11:29
Edited on Fri, Nov 15th 2024 07:14
Der Morgen in Pelorn erwacht langsam, die Dämmerung überzieht den Hafen mit einem sanften, goldenen Schimmer. Ein leichter Nebel liegt über dem Wasser und hüllt die Stadt in eine melancholische Stille, während die ersten Sonnenstrahlen sich durch die Wolken bahnen und glitzernd auf den leicht kräuselnden Wellen tanzen. Die Luft ist feucht und trägt den salzigen Geruch des Meeres mit sich, gemischt mit dem leichten Aroma von frischem Holz, das von den Arbeiten am Lotsengebäude herüberweht.
Am Ufer schwappt das Wasser leise gegen die alten Mauern des Hafens, dessen Steine glatt und dunkel vor Nässe schimmern. Der frühe Morgen ist die Stunde der Arbeiter und Fischer – ihre gedämpften Rufe und das dumpfe Rollen von Karren über Kopfsteinpflaster beginnen, die Stille zu durchbrechen, während der Tag in Pelorn erwacht.
Eine Kolonne von Männern in abgenutzten Hemden und Stiefeln nähert sich dem ehemaligen Lotsengebäude. Dieses liegt malerisch direkt am belebten Hafen, seine steinernen Mauern trotzen noch immer den Jahren der Vernachlässigung. Das Bauwerk erinnert an die stolzen Tage des alten Reiches, mit dicken Mauern aus behauenem Stein und roten Ziegeln, die sich in einem regelmäßigen Muster abwechseln. Die Fassade ist teils von bröckelndem Verputz bedeckt, der an manchen Stellen komplett abgefallen ist und das nackte Mauerwerk freilegt.
Ihre Gesichter sind noch vom Schlaf gezeichnet, aber ihre Bewegungen sind routiniert, der Geruch von Erde und Schweiß haftet ihnen an, selbst in den frühen Stunden. Die Karren, die sie ziehen, quietschen leise, beladen mit Holzschindeln, Ziegeln und Werkzeugen, während andere Leitern schultern oder schwere Säcke mit Mörtel tragen. Der Boden unter ihren Füßen knirscht, und das Klirren von Metall hallt in der morgendlichen Luft wider.
Hoch oben auf dem Dach steht Leif, schon seit den ersten Grautönen des Morgens in Arbeit vertieft. Mit der Geschicklichkeit, die nur jahrelange Erfahrung auf See verleihen kann, bewegt er sich mühelos über die schiefe Ebene, prüft die Balken mit kundigen Händen und ersetzt morsche Holzschindeln durch neue.
Der Wind streicht durch sein Haar, das vom Salz der See spröde geworden ist, und trägt den vertrauten Duft des Meeres zu ihm. Seine Hände, grob und stark von Jahren auf See, bewegen sich sicher und geschickt über das Holz, das er ersetzt. Der dumpfe Klang seines Hammers, der auf die Nägel trifft, mischt sich mit dem Rauschen des Meeres und dem entfernten Ruf der Möwen, die über dem Hafen kreisen.
Von seinem Platz aus hat Leif einen weiten Blick über den Hafen und die See hinaus. Während die Arbeiter beginnen, die morschen Ziegel zu entfernen und das Gerüst zu stabilisieren, schweift sein Blick über die Bucht, die hinaus auf das offene Meer führt. Dort, wo die Seewind, sein stolzes Schiff, gerade die Leinen löst und langsam aus dem Hafen gleitet. Die Segel bauschen sich sanft im Wind, das Holz des Rumpfes knarrt leise, als das Schiff sich in Bewegung setzt. Der Anblick erfüllt ihn mit einem tiefen Gefühl von Sehnsucht und Zufriedenheit zugleich, ein stilles Wissen, dass das Meer, seine wahre Heimat, ihm nie ganz fern sein wird.
Die Sonne steigt weiter und taucht den Hafen in warmes Licht, während die Nebelschwaden sich langsam auflösen. Der Hafen erwacht vollständig zum Leben – Fischerboote laufen aus, ihre Segel fangen den Wind, und die ersten Händler beginnen ihre Stände für den Wochenmarkt vorzubereiten, verschiedene Rufe der Händler hallen von den alten Mauern wider. Doch Leif bleibt fokussiert, seine Aufmerksamkeit kehrt zurück zum Dach, zu den Arbeiten, die noch vor ihm liegen.
Von seiner erhöhten Position aus hat Leif einen guten Überblick über die Arbeiten, die unten beginnen. Er wirft den Arbeitern gelegentlich kurze Anweisungen zu, die ebenso bestimmt wie freundlich sind. Sein scharfer Blick entgeht nichts; er scheint überall gleichzeitig zu sein, achtet auf jede einzelne Aufgabe, als wäre das Gebäude ein Schiff, das es sicher durch die stürmischen Wellen zu steuern gilt.
Die neuen Holzschindeln werden sicher befestigt, während unten die Männer den Mörtel vorbereiten, um die Lücken in den Wänden zu schließen. Der Geruch von frischem Holz mischt sich nun mit dem schweren, erdigen Duft des feuchten Mörtels und den salzigen Meeresbrisen. Leif ist überall – auf dem Dach, dann wieder unten, wo er das zugeschnittene Holz prüft oder einem Arbeiter hilft, eine schwere Leiter zu halten. Seine Präsenz ist beruhigend und treibt die Männer zugleich an.
Die Arbeiter respektieren ihn, nicht nur wegen seiner Fähigkeiten, sondern auch wegen seiner unermüdlichen Arbeitsmoral. Er arbeitet Seite an Seite mit ihnen, stets bereit, selbst Hand anzulegen, wenn es nötig ist. Unter seiner und der Leitung einer Handvoll ausgebildeten Männer schreiten die Arbeiten zügig voran, und das alte Lotsengebäude erwacht langsam zu neuem Leben – die Lücken im Dach schließen sich, und das Holz riecht frisch und neu unter den Händen der Männer, die daran arbeiten.
Leif bleibt ständig in Bewegung – mal auf dem Dach, dann plötzlich wieder unten, um sicherzustellen, dass das Holz richtig zugeschnitten ist, oder um einem Arbeiter bei einer besonders kniffligen Stelle zu helfen. Sein tiefes Verständnis sowohl für die See als auch für das Handwerk eines Zimmermanns macht ihn zu einem unverzichtbaren Führer für diese Reparaturen.
Mit jedem Hammerschlag, jedem festgezogenen Nagel, erwacht das alte Lotsengebäude weiter zu neuem Leben. Die Vergangenheit von Pelorn und die Zukunft, die vor ihr liegt, verschmelzen in diesem Moment, in der konzentrierten Arbeit von Leif und seinen Männern. Als die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht, scheint das Gebäude deutlich weniger verfallen und doch besteht noch einiges an Arbeit die hier hinein gesteckt werden muss um es erneut als ein Symbol des Hauses Thornhoff zu machen.