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Sat, May 11th 2024 05:00   Edited on Sun, Jul 21st 2024 06:49

[14.Tag, Abend] Die Vernehmung

Es dauert nicht lange bis Sigrun, Reland und ein Schreiber das Vernehmungszimmer, das ein einfaches Kasernenraum mit einem großen Tisch, Stühlen und einem Schreibpult in einer Ecke ist. Auffallend ist nur, daß die massiven Stühle im Fußboden verankert sind. „Bitte behaltet doch Platz.“: sagt Reland zuvorkommend und setzt sich Theomer gegenüber. „Wenn ihr euch über die Örtlichkeit wundern solltet, laßt mich euch versichern, daß euch die anderen Räumlichkeiten, die wir für Befragungen nutzen, noch weit weniger zusagen würden. Aber nun zur Sache, Meister Theomer.   Ihr seid Imeria Untertan und habt euch nach euren eigenen Angaben hier eingeschlichen, um euer Bier zu verkaufen. Dazu habt ihr die Einladung eines gewissen Radmir benutzt. Ich nehme an ihr seid auch darüber unterrichtet, wie die Belieferung unseres Gebietes mit alkoholischen Getränken geregelt ist. Als Brauereibesitzer darf ich euch diese Kenntnis durchaus unterstellen. Gestattet mir die Frage, die mir schon die ganze Zeit lang auf der Zunge liegt. Habt ihr im Ernst angenommen, daß ihr mit eurer seichten Geschichte durchkommt? Wir haben natürlich die Möglichkeit diese Angelegenheit wie zivilisierte Menschen zu regeln, dazu braucht es aber eure Bereitschaft zu kooperieren. Also, Meister Theomer, was wollt ihr hier wirklich ?“  
Sat, May 11th 2024 09:40

Sigrun betritt hinter Reland und Theomer den Verhörraum. Ihr Gesicht war die ganze Zeit, in der sie vom Ballsaal hierhergelaufen sind, ziemlich ausdruckslos. Es ist jedoch nicht diese kühle Härte, die er immer wieder bei der ihm inzwischen ziemlich bekannten ehemaligen Imeria-Jägerin gesehen hat, nein, es ist vielmehr vornehme Zurückhaltung. Und so bleibt sie auch hinter seinem Stuhl stehen, mit aufrechter Körperhaltung, die Hände hinter ihrem Rücken verschränkt. Sie sagt nichts, sie bewegt sich nicht. Schaut sie ihn überhaupt an?
Sun, May 12th 2024 12:59

Theomer sieht Reland konsterniert an, dann atmet er tief durch. "Ihr gebt mir da eine harte Nuss zu knacken: Wie überzeugt man jemanden mit Verfolgungswahn davon, dass man nicht hinter ihm her ist?" Er stützt die Unterarme auf den Tisch und tappt überlegend auf die schartige Platte.   "Zunächst einmal: 'Einschleichen' trifft es ja nun nicht so ganz. Ich bin ziemlich auffällig durch den Saal gewalzt, wie ihr sehr wohl wisst. Mein Erscheinen hat in bestimmten Kreisen großes Hallo verursacht. Schleichen geht auf jeden Fall anders."   Außerdem: Erzählt mir nichts von 'einem gewissen Radmir'. Er hat Avennas Becher schon seit Jahrzehnten, ist alt, treuherzig und ganz sicher kein Verräter, Spion oder was auch immer. Außerdem steht er seit Jahren auf der Gästeliste und es ist doch eure Arbeit, solche Dinge zu wissen?"   "Und was meine wahren Absichten angeht: Da sage ich tatsächlich die reine Wahrheit", er hält seine leeren Hände hin. "Im Imeria-Gebiet weiß niemand, dass ich hier bin und wenn sie es herausfinden würde, kann es gut sein, dass sie mir auch noch eine zweite Rippe bricht. Außerdem wisst ihr selbst, dass die Schlangenanbeter nicht sehr subtil sind. Jemanden irgendwo einzuschleusen ist nicht ihr Stil, sie würden den Empfang eher stürmen als unterwandern. Abgesehen davon bin ich keiner von ihnen, sie würden mir sowieso nichts Wichtiges anvertrauen."   "Ich bin Geschäftsmann und mache Geschäfte auf dem Empfang in der Thornhoff-Residenz. Dazu ist er ja wohl gedacht, oder? Na schön, ich habe mich reingemogelt, aber ich habe es eilig. Die Familie Haruland hat verlorene Jahrzehnte nachzuholen!"
Sun, May 12th 2024 10:34   Edited on Sun, May 12th 2024 10:36

Theomer scheint Reland eher zu amüsieren, als ihn zu verärgern. „Meister Theomer, in eurer Lage würde ich mir andere Gedanken machen als mich über den Gebrauch einzelner Worte in recht dürftiger Weise zu verbreitern. Aber wie es euch beliebt. Es ist euer Hals, um den ihr euch redet und darüber hinaus könnt ihr es wohl nicht lassen mir meine Tätigkeit erklären zu wollen. Nur soviel, Meister Theomer, ihr habt nicht die geringste Ahnung, was auf dieser Seite des Flußes und auf dem anderen Ufer tatsächlich vorgeht und wer oder was eure Oberherren sind.“ Dann beugt er sich lächelnd für einen Moment etwas vor. „Aber das Unvermögen, Sachverhalte zu hinterfragen zeichnet seit alters her Ignoranten aus.“ Reland lehnt sich wieder bequem zurück.   „Aber genug der Vorrede. Ihr habt euren Hals in eine Schlinge gesteckt in der arroganten Überzeugung, daß sie sich nicht zuziehen wird. Laßt es mich euch in einfachen Worten sagen. Ihr habt euch geirrt! Sie hat sich bereits zugezogen, auch wenn ihr sie im Moment nur leicht an eurem Halse kratzen spürt. Wißt ihr, man kann jeden zum Sprechen bringen, auch großspurige Bierbrauer, wenn man über Geduld und Zeit verfügt. Wir haben beides und Erfahrung obendrein. Ich lege euch also nahe, euch diese Erfahrung zu ersparen. Kooperation würde euch nicht nur davor bewahren, sondern sich auch deutlich auf eure Gewinne auswirken. Nun?": sagt Reland im Plauderton und sieht Theomer fragend an.  
Sun, May 12th 2024 05:04

Theomer seufzt und lehnt sich in seinem Stuhl zurück, der leise ächzt. "Ihr seid also ein Freund offener Worte, Kommandant. Na schön: Es gibt keinen geheimen Auftrag, in dem ich hergekommen bin. Das könnt ihr jetzt glauben oder mich in kleine Scheibchen schneiden, bis ich euch irgendeine Lügengeschichte erzähle. Aber wie gesagt: ich bin Geschäftsmann. Wir finden sicher eine Lösung für dieses Dilemma. Vielleicht kann ich euch irgendwie anders behilflich sein? Meine Mittel sind begrenzt, aber das wird sich ändern."
„Ausgezeichnet, Meister Theomer. Wie ich sehe gelingt es uns vielleicht doch dieses Gespräch in zivisierten Bahnen zu halten. Eure Mittel tun dabei nichts zur Sache. Auch der Grund warum ich tatsächlich hier seid, ist im Prinzip nicht mehr von allzu großer Bedeutung. Was es auch immer war, wir haben euch ohnehin daran gehindert. Ihr könntet mir in der Tat behilflich sein und dabei garantierte Gewinne einfahren. Eure Geschäftgrundlage ist Bier, die meine Information. Ich biete euch also einen Handel an. Ihr verschafft mir die Informationen, die ich haben will, ich laße euch ziehen und setze durch, das bei den üblichen Bestellungen die Quote für euer Bier signifikant erhöht wird. Was sagt ihr dazu?“:erkundigt sich Reland immer noch lächelnd.  
Sun, May 12th 2024 08:48

"Ein wirklich großzügiges Angebot, Kommandant. Aber ich weiß nicht, ob die Informationen, die ich bieten könnte, diesen Lohn tatsächlich wert sind. Welches ähm... Wissensgebiet" - das Wort rollt ihm förmlich von der Zunge - "interessiert euch denn im Speziellen? Und ich möchte im Voraus anmerken, dass ich keinen Einblick in interne Angelegenheiten von Imeria habe. Allgemeine Entwicklungen, Gerüchte... solche Dinge erfahre ich natürlich. Aber ich weiß nicht, wie interessant sie für euch sein könnten. Abgesehen davon, dass ich nach wie vor Untertan von Imeria bin, wie ihr bereits angemerkt habt." Er zuckt die Achseln. "Wenn ich es auch vorgezogen hätte, mir meine Loyalitäten wie mein Großvater selbst aussuchen zu können, sind die Dinge im Moment, wie sie sind..." Der Satz hängt unvollendet in der Luft und Theomer kratzt sich nachdenklich den Bart.
„Die Dinge sind immer wie sie sind, Meister Theomer, nur wir befrachten sie mit unseren Wünschen, Illusionen, Ängsten und Erwartungen. Doch die Dinge so zu sehen wie sie sind, ist eine schwer zu meisternde Kunst. Sie ist jdoch unumgänglich notwendig , um nicht in den Fallstricken der eigenen Illusionen zu enden. Doch dazu bedarf es einer umfassenden Sicht der Dinge. Gerüchte, allgemeine Dinge, wie ihr es auszudrücken pflegt, sind natürlich von Interesse, aber wie ihr es richtig erkannt habt, ein wenig dünn für das Angebot das ich euch unterbreitet habe. Es wird niemand von euch verlangen, die schwarze Schlange in seinem Schlafzimmer zu belauschen, doch ich erwarte von euch schon ein wenig mehr als Gerüchte und das bezieht sich natürlich auf Imeria, eure neue ..“   Für einen Moment sucht Reland nach dem richtigen Wort. „Dargha zum Beispiel, wie sich das Machtgefüge in eurer Gegend verändert seit der Hinrichtung der alten Familie, die Vertrauenspersonen der neuen Dargha, ihre Vorlieben, ihre Maßnahmen, ihre Liebhaber, ihr Charakter , welche Leute jetzt hochkommen und die alten Strukturen ersetzen, die Stimmung auf den Straßen, all das ist für mich von Interesse. Ich biete euch die Möglichkeit eure Loyalität zu wählen, Meister Theomer. Ihr könnt Thornhoff wählen, dann werdet ihr prosperieren, ihr könnt euch natürlich auch für Imeria entscheiden, doch ich bezweifle, daß euch die Konsequenzen dieser Entscheidung sonderlich gefallen werden.“  
Mon, May 13th 2024 08:42

Theomer verschränkt die Arme und überlegt. "Ach, Kommandant... Wenn man die Konsequenzen seiner Entscheidungen nur immer so klar überblicken könnte. Das Leben lässt sich nicht mit einem Rechenschieber und einem Blatt Papier erfassen. Aber einige Dinge liegen immerhin klarer zu Tage als andere.   Ich bin kein Idiot, ich sehe jeden Tag, wie nah Imeria am völligen Chaos vorbei schlittert. Selbst der Salzbaron beherrscht seinen Teil der Stadt nicht nur durch Furcht und Schrecken. Irgendwann wird Thornhoff aller Wahrscheinlichkeit nach über Imeria triumphieren, aber das wird noch lange dauern.   Wart ihr je in den Mehras? Wohl kaum. Ich habe im Sand der Arena gekämpft und ich sage euch: Ihr wisst nichts über Imeria, bevor ihr nicht dort gewesen seid! Ihr habt gut ausgebildete, disziplinierte, starke Wachen mit scharfen Schwertern, natürlich. Aber die Männer dort? Einer davon frisst drei eurer Wachen zum Frühstück. Gestern habe ich von der Dargha Saya eine Tracht Prügel bezogen, die ich so schnell nicht vergessen werde. Ich wurde von einer Frau im Zweikampf besiegt, Kommandant!   Es mag sein, dass ich nichts über die Pläne des Barons weiß, aber ihr wisst ebenso wenig über die Geschehnisse jenseits des Flusses. Imeria ist stärker, als ihr oder der Baron es euch vorstellt. Er wird noch viele Salzkarawanen willkommen heißen und noch viele Soldaten anwerben müssen, bevor er Arkon Imeria wirklich gefährlich werden kann.   Bis dahin steht das Erbe meiner Familie auf Imeria-Gebiet, so wenig auch davon übrig sein mag. Und ich werde es nicht ohne Not aufgeben. Aber mein Leben dort ist gefährlich. Und es wird noch gefährlicher, wenn ich für euch arbeite. Also brauche ich einen Plan B, ein zweites Standbein. Die Brauerei allein bietet mit dabei keine Sicherheit, denn wenn ich fliehen müsste, muss ich sie mit allem anderen zurücklassen.   Meinem Großvater haben viele Häuser und Grundstücke in ganz Pelorn gehört. Viele davon sind nach seinem Tod im Chaos des Häuserkriegs sozusagen verlorengegangen und wurden von irgendwem in Besitz genommen, der gerade mächtig genug war. Andere hat mein Vater weit unter Wert verkauft oder verspielt. Ich möchte eure Hilfe dabei, diese Häuser und Grundstücke zurück zu bekommen. Ich weiß nicht, welche Mittel und Wege euch dabei zur Verfügung stehen oder ihr bereit seid, einzusetzen. Vielleicht reicht es auch nur, dass eure Wachen gerade woanders hinsehen, wenn ich ein bisschen Mobiliar zerbrechen muss, um das Eigentum meiner Familie zurück zu bekommen."
Tue, May 14th 2024 04:49   Edited on Tue, May 14th 2024 04:51

„Da kann ich euch behilflich sein, Meister Theomer. Die Konsequenz einer Loyalitätserklärung für Imeria ist kristallklar. Ich werde euch Imeria zurückgeben! Es hat sich als außerordentlich nützlich erwiesen, inoffizielle Kontakte zur anderen Seite zu unterhalten und kleine Geschenke erhalten die gute Feindschaft. Ihr wäret in diesem Fall das Geschenk, Meister Theomer! Ich würde meinem Gegenspieler auf der anderen Seite des Flußes eine Mitteilung zukommen lassen, daß wir einen Imeria Untertan haben, der sich angeboten hat für Thornhoff zu spionieren, aber als zu unverläßlich erachtet wurde, um sein Angebot anzunehmen. Den Rest überlasse ich eurer Vorstellungskraft. Da nun diese Unklarheit beseitigt ist, schlage ich vor wieder zur Sache zu kommen.“: erklärt Reland in freundlichem Plauderton.   „Es steht euch natürlich frei auf den Busch zu klopfen, aber wenn ihr annehmen solltet, daß ich jetzt erbost über eure Ausführungen darlegen werde, warum ihr falsch liegt, irrt ihr euch. Nur soviel, Meister Theomer, ich war einige Male in der Mehras und wir haben eine ziemlich genaue Vorstellung über die Stärke des Feindes. Ich kann euch auch mit einer Frau dienen, die euch in einem Kampf nicht nur eine Rippe bricht, sondern Arme und Beine. Die Reihenfolge könntet ihr euch aussuchen. Ihr braucht es nur zu sagen, wenn ihr Sehnsucht danach habt.“   Jetzt schmunzelt der Kommandant wieder. „Eure Fähigkeiten als Geschäftsmann in allen Ehren, aber ihr seid hier nicht auf dem Wochenmarkt und ich müßte ein Narr sein und euch solche Zusagen zu machen, bevor ihr nur im Geringsten bewiesen habt, daß eure Dienste auch nur den Bruchteil dessen, was ihr fordert, wert sind. Aber ich versichere euch, daß Thornhoff Loyalität und gute Arbeit zu schätzen weiß und euch nicht an der ausgestreckten Hand verhungern läßt, solltet ihr überstürzt Imeria Gebiet verlassen müßen. Ich bin auch geneigt mein Angebot noch ein wenig aufzubessern. Sollten wir uns auf eure Mitarbeit im vorher aufzeigten Rahmen einigen können, dann lasse ich nach ein, zwei Tagen euren Freund Radmir ohne ihn intensiv zu befragen und ohne weitere Folgen gehen. Also?“  
Wed, May 15th 2024 03:50

Theomer lächelt verhalten. Unter den gegebenen Umständen ist Relands halbe Zusage, die Sache mit den Haruland-Immobilien zumindest nicht rundweg abzuschmettern mehr, als er eigentlich erwartet hatte. Abgesehen davon kann er den alten Radmir nicht hängen lassen.   "Na schön, Kommandant. Das hier ist zwar mehr eine Geiselnahme als eine geschäftliche Besprechung, aber da euch euer Ruf vorauseilt, habe ich ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Ich verschaffe euch eure Informationen so gut ich kann.   Fürs Erste könnte Euch interessieren, dass die Dargha Nayara in eine Auseinandersetzung mit einer Fraktion der Kanalratten verstrickt wurde. Ein Mann, den man Loros Onkel nennt, hat einen großen Teil der Ratten unter seine Kontrolle gebracht und verfolgt eine ehemalige Kanalratte, die sich auf dem Gebiet der Dargha in Sicherheit gebracht hat und ihre Geliebte geworden ist. Wenn alles plangemäß abläuft, laufen diese Ratten - eine Art Elitetruppe, die man Arendai nennt - morgen im Alten Theater im Norden der Stadt in eine Falle und werden allesamt getötet." Er zuckt mit den Achseln. "Die Dargha hat einen holprigen Start, aber ich halte sie für überaus fähig, mit diesen Problemen fertig zu werden."   Er kratzt sich den Bart und überlegt. "Ich bin jeden Morgen im Skriptorium. Wenn mein Kahn an der Anlegestelle mit dem Heck stromabwärts zeigt, hab ich etwas für euch. Ich könnte eine Nachricht unter der obersten losen Stufe der Anlegestelle platzieren, was meint ihr?"
Thu, May 16th 2024 05:15   Edited on Thu, May 16th 2024 05:20

„Beschwert euch nicht, Meister Theomer! Wäret ihr nicht so töricht gewesen, euren Kopf von ganz allein in die Schlinge zu stecken, wäre ich nicht in der Lage gewesen, euch von den Vorteilen des Dienstes für unser Haus überzeugen zu können. Ich hoffe jedoch für euch und für uns, daß ihr in Zukunft die Folgen eure Handlungen besser abwägt, sonst könnten eure Dienste nur von kurzer Dauer sein. Mit Imeria ist nicht zu spaßen.“ Dann jedoch gibt er dem Schreiber ein Zeichen und hört er sehr aufmerksam zu, was Theomer zu sagen hat. „Interessant!“: läßt sich Reland vernehmen. „Erzählt mir alles, was ihr von dieser Dargha wißt, Angewohnheiten, Vorlieben jede Einzelheit, auch wenn sie euch noch so unbedeutend erscheint und eure persönliche Einschätzung. Hat diese Geliebte einen Namen? Was wißt ihr von ihr? Mein Schreiber wird inzwischen die Vereinbarung ausfertigen, mit der ihr erklärt in unsere Dienste zu treten, ihr könnt euch also ruhig Zeit lassen.“: sagt Reland und lehnt sich zurück. Für einen Augenblick ist nur das Kratzen der Feder auf dem Papier zu vernehmen.  
Thu, May 16th 2024 12:25   Edited on Thu, May 16th 2024 12:25

Dass es über diese Unterredung schriftliche Aufzeichnungen geben wird, passt Theomer ganz und gar nicht, aber er hat keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen.   Über Saya und Mari weiß er im Grunde freilich ziemlich wenig. Er lässt die pikanten Details der Unternehmungen aus, die er mit Mari bereits durchgezogen hat und da er sie in Zukunft ohnehin nicht in der ersten Reihe auftreten lassen will, sieht er auch keinen Schaden darin, ein bisschen was über sie erzählen. Da er selbst kaum mehr als ihren Namen weiß, ist es wenig genug.   Über Saya selbst weiß er eher noch weniger als über Mari, außer dass sie treten kann wie ein Maulesel. „Ich weiß nicht, wie hoch eine Dargha in der Hierarchie von Imeria steht und was ihre Aufgabe ist. Sie hat allerdings Andeutungen gemacht, das Viertel mehr entwickeln aus auspressen zu wollen, das wäre immerhin mal was Neues. Aber das muss die Zeit zeigen.“ Wie nah er Saya außer der erwähnten Tracht Prügel bereits gekommen ist, lässt er ebenfalls aus. Es würde auf alle Beteiligten ein komisches Licht werfen und Reland vielleicht den Eindruck vermitteln, er hätte irgendeinen Einfluss auf sie, was ziemlich sicher nicht der Fall ist.   Als er seine Ausführungen beendet, wirft er dem Schreiber einen etwas neidischen Blick zu. Die eifrige und ununterbrochene Arbeit des Mannes hatte ihm unangenehm in Erinnerung gebracht, wie sehr er selbst sich bei seinen Übungen noch mit jedem Wort abmüht.   Er sieht den Kommandanten abwartend an.
Thu, May 16th 2024 02:28   Edited on Thu, May 16th 2024 02:34

„Kiroval? Interessant! Unterstreicht das.“: sagt er in Richtung des Schreibers. Als er sich an wieder an Theomer umdreht, sagt er belustig zu Sigrun: „Köstlich! Ein Offizier der Leibgarde muß einem Imeria Untertan erklären, was Darghe sind.“: schmunzelnd schüttelt er den Kopf. „Wahrlich, diese Situation könnte einer klassischen Komödie entnommen worden sein. Nun gut, Darghe sind vergleichbar mit einem Statthalter. Eure Dargha ist in ihrem Gebiet, das was der Barbarenfürst für Imeria ist, die unumschränkte Herrscherin und Herrin über Leben und Tod. Ihr Wort ist Gesetz und ihre Macht uneingeschränkt. Doch alle Darghe sind persönlich verantwortlich für ihre Gebiete und wenn es dem Fürsten, der Knochenhand oder der Kralle gefällt, dann geben sie eine Galavorstellung in der Mehras oder Schlimmeres.“   Als er weiter spricht ist die scheinbare Freundlichkeit aus seiner Stimme gewichen, obwohl er sich immer noch eines normalen Umgangstons bedient. „Meister Theomer, ihr beginnt mich zu langweilen. Nur falls es eurer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, ihr handelt hier um euer Leben. Für mich wäre euer Abgang nur sehr bedingt ein Verlust. Für euch dagegen, nun das überlasse ich eurer Einschätzung. Ich ersuche euch dringen mich ernst zu nehmen! Wenn ich detailliert sage, dann meine ich detailliert! Wenn ich euch um eine persönliche Einschätzung ersuche, dann meine ich persönliche Einschätzung keine nichtssagenden Floskeln! Was ist mit dieser Kiroval? In welcher Beziehung steht die Dargha zu ihr? Ist sie bloß Spielzeug oder geht diese Beziehung tiefer? Also? Oder muß der Zugsführer eurem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge helfen?“      
Thu, May 16th 2024 08:53

Theomer schnaubt genervt. „Ich kenne die beiden noch nicht lange genug, um mir tatsächlich ein Urteil bilden zu können. Aber wenn ihr an Mutmaßungen interessiert seid, bitte schön.   Die Kiroval hat drei Jahre in den Ruinenfeldern überlebt, also muss sie ziemlich zäh sein. Sie ist dürr wie ein Stecken, aber zäh und ich vermute, dass sie mit einem Messer einigen Schaden anrichten könnte. Die Zwillinge allein wissen, was sie überkommen hat, aber sie scheint auf die Dargha ganz versessen zu sein, seit sie sie das erste Mal gesehen hat. Umgekehrt kann ich wirklich nicht sagen, was die Dargha für die Kiroval empfindet. Sie ist ein zähes, brutales Luder ohne Mitleid und mit einem Hang zu bestialischer Folter. Es mag sein, dass die Anhänglichkeit der Kiroval sie rührt, vielleicht betrachtet sie sie nur als amüsantes Spielzeug, ich kann es wirklich nicht sagen. Sie nimmt jedenfalls einige Mühen auf sich, um sie vor den Arendai zu beschützen, aber natürlich kann sie sich schon in ihrer Funktion als Dargha nicht erlauben, dass die Kellerratten in ihrem Gebiet treiben, was sie wollen.“
Sun, May 19th 2024 04:24   Edited on Sun, May 19th 2024 04:24

Aufmerksam und ohne zu unterbrechen, hört Reland den Ausführungen Theomers zu. „Ich sehe, ihr habt mich verstanden. Gut, Meister Theomer! Ich will alles über diese Kiroval wissen, was ihr in Erfahrung bringen könnt. Vor allem die Beziehung zur Dargha und ihre Vergangenheit bei den Kellerratten ist von Interesse. Macht euch an sie heran, beschenkt sie, geht mir ins Bett, ganz wie ihr wollt. Wie ihr es zuwege bringt, ist mir egal, aber ich möchte Ergebnisse sehen!“ Wieder ist für einen Moment nur das Kratzen der Feder auf Papier des Schreibers zu hören.   „Und jetzt will ich von euch eine umfassende Einschätzung der Dargha, abgesehen von der Beziehung zu dieser Kiroval. Wer sind die Personen ihres Vertauens, welche Eigenarten hat sie, wie nahe steht ihr zu ihr, was ist sie noch außer brutal? Intelligent? Verschlagen? Dumm? Eine Person die auch ihren Kopf gebraucht oder eine der typischen Imeriabarbaren? Wie ist die Stimmung in eurem Viertel und welchen Platz nehmt ihr in den Plänen der Dargha ein? Es ist mir durchaus bewußt, daß wir von eurer persönlichen Einschätzung sprechen, nicht von gesicherten Fakten. Wenn sich herausstellen sollte, daß ihr euch in einem Punkt geirrt habt, schön, aber irrt euch nicht zu oft und vor allem erzählt mir keine Lügen. Ich nehme an, daß ihr euch bewußt seid, daß bewußte Irreführung Konsequenzen hat. Bitte, fahrt fort!“  
Sun, May 19th 2024 05:12

Auf Mari angesetzt zu werden, passt ihm gar nicht, zumal er den Kontakt eher etwas zurückfahren wollte, aber die Zeit würde zeigen, was sich da noch ergeben könnte.   "Ich kenne die Dargha nicht sehr lange. Sie hat ihre Position gerade erst erhalten und war vorher Jägerin. Sie hat eine örtliche Bande sehr rabiat zur Strecke gebracht und war in letzter Zeit öfter im Lachenden Zwilling, wo auch ihre Affäre - oder wie man das nennen soll - mit der Kiroval angefangen hat. Ich bin sicher, das sorgt für einigen Gesprächsstoff. Ich hab mit ihr dort auch ein bisschen Theater gespielt, als Teil der Falle für die Kellerratten. Sie ist Imeria fanatisch ergeben aber es ist spannend zu beobachten, ob ihre Überzeugungen durch die Kiroval ein paar Risse bekommen. Sie scheint daran interessiert zu sein, das Viertel auch wirtschaftlich zu entwickeln und zählt auf meine Hilfe. Was ganz in meinem Interesse liegt."   Er zuckt mit den Schultern. "Ich schätze, sie wird sich beweisen müssen, für Ruhe sorgen und Geld ranschaffen, wenn sie Position und Kopf behalten will. Hoffentlich ist sie klug genug dazu und nicht nur eine Irre im Blutrausch, aber das wird die Zeit zeigen müssen."
Einen Moment lächelt Reland breit, als Theomer spricht, dann nickt er scheinbar für den Moment zufrieden. „Wie ich sehe, habt ihr bereits ein näheres Verhältnis zu der Dargha, das wird euch eure Aufgabe leichter machen. Was diese Dargha betrifft, will ich zuallererst wissen, wie tief die Beziehung zu dieser Kiroval ist. Sonst tut, was sie von euch verlangt, sperrt eure Augen und Ohren auf und erwerbt euch ihr Vertrauen. Eure Rolle ist bis auf diese Beziehung zu der Ex-Ratte die eines Beobachters. Dabei sind ihre öffentlichen Maßnahmen eher uninteressant, die erfahren wir ohnehin. Wichtig ist alles, was hinter der Kulisse vorgeht, persönliche Dinge, Pläne, ihre Vertrauenspersonen, Wünsche, Ängste.   Was eure Berichte angeht, vergesst die Spielerei mit den losen Stufen. Ich glaube nicht, daß ihr schon in der Lage seid einen umfassenden schriftlichen Bericht abzuliefern. Ihr werdet einmal in der Woche Oris Bordell aufsuchen und dort nach Sorina fragen. Beim ersten Mal erwähnt ihr, daß euch Petar diese Dame empfohlen hat. Ihr berichtet Sorina und von ihr erhaltet ihr auch etwaige Anweisungen. Auch in einem Notfall haltet euch von der Residenz fern, wendet euch an Sorina. Wenn wir unbedingt mit euch Kontakt aufnehmen müssen, dann wird jemand zu euch kommen. Ihr bekommt jede Woche von Sorina eine neue Phrase, mit der sich jemand von uns bei euch zu erkennen geben wird.“   Reland wendet sich an den Schreiber, der ihm einen beschriebenen Bogen aushändigt und vor Theomer eine Schreibfeder, Tintenfaß und einen Lappen überreicht. „Dies ist eure Erklärung, in unsere Dienste zu treten.“ Reland schiebt ihm den Bogen hin. „Wenn ihr euren Namen schreiben könnt, dann unterzeichnet oder macht euer Zeichen. Dann tränkt den Lappen mit der Tinte und färbt euch den Daumen und Zeigefinger mit der Tinte ein. Setzt beide Fingerabdrücke unter eure Unterschrift oder euer Zeichen. Noch Fragen?“: erkundigt sich Reland nun wieder freundlich.      
Sun, May 19th 2024 10:48

Kaum merklich zögernd setzt Theomer seine Unterschrift auf das Schriftstück, die sogar einigermaßen manierlich aussieht, wenn man bedenkt, dass er erst sein kurzem Schreiben lernt. Dann drückt er seine Fingerabdrücke unter seine Unterschrift.   "Ja, eine Frage habe ich allerdings. Die ganze Abendgesellschaft hat gesehen, wie ich abgeführt worden bin. Wenn man bedenkt wer ihr seid - ein bekannt gnadenloser Scherge des Salzbarons - und wer ich bin - ein bekannt sturer Esel - wäre es wohl ziemlich ungewöhnlich und auffällig, wenn ich hier einfach so rausspaziere. Was also ist für so einen Fall die übliche Vorgehensweise?" Sein säuerlicher Gesichtsdausdruck macht klar, dass er nicht damit rechnet, dass Relands Antwort im gefallen wird.
Sun, May 19th 2024 11:23   Edited on Sun, May 19th 2024 11:23

Bei dem Ausdruck „gnadenloser Scherge“ lacht Reland amüsiert auf. „Das normale Prozedere wäre in dem Fall euch in einem großen Kessel über kleinem Feuer gar zu kochen und euch dann an die Ratten zu verfüttern. Oder was habt ihr gedacht?“ : erkundigt er sich gut gelaunt. "Aber da ich euch als neugewonnenen Mitarbeiter nicht dieser doch etwas unangenehmen Prozedur aussetzen möchte, schlage ich vor, ihr geht euch die Tinte abwaschen und dann zurück in den Saal. Tut das wozu ihr angeblich hergekommen seid. Wenn man euch fragt, habe ich euch wegen einer Unstimmigkeit mit der Einladung vernommen. Da sich die Sache als Irrtum des ausstellenden Schreibers herausgestellt hat, habe ich euch gehen lassen. Es wird niemand anzweifeln, denn ich bin für meine rigiden Maßnahmen zur Sicherheit des Salzbarons und seiner Gäste bekannt.“ Reland erhebt sich. „Der Kellermeister wird bei der nächsten Bestellung zusätzlich 50 Fässer eures Bieres anfordern. Jetzt bleibt mir nur euch viel Glück zu wünschen.“: sagt der Kommandant und streckt Theomer die Hand hin.  
Tue, May 21st 2024 02:19

Theomer hat es aufgegeben, den Kommandanten davon zu überzeugen, dass er tatsächlich nur hergekommen war, um möglichst viele Leute kennen zu lernen und sein Bier an den Mann zu bringen. Dass er am heutigen Abend in die Fußstapfen seines Großvaters als "Mitarbeiter" Thornhoffs treten würden, hatte er nicht erwartet. Für fünfzig Fässer Bier zusätzlich zu dem, was er bereits auf dem Empfang angeleiert hatte, würde er sich in den nächsten Tagen ganz schön ins Zeug legen müssen. Der Abend verläuft alles in allem besser, als er es erwartet hatte.   Er steht auf und schüttelt dem Kommandanten die Hand. "Danke, Kommandant, ich werde bei dieser Aufgabe alles Glück brauchen, dass ich kriegen kann", meint er trocken, bevor er von den Wachen wieder bis zum Kleinen Saal eskortiert wird.
Tue, May 21st 2024 09:52   Edited on Tue, May 21st 2024 09:53

Als Theomer gegangen ist, wendet sich Reland schmunzelnd an Sigrun: „So sind wir unerwartet und äußerst günstig zu einem Maulwurf gekommen. Laßt uns jetzt zurückgehen zum Empfang.“ Auf dem Weg durch die Innenhöfe sagt Reland: „Es ist mir aufgefallen, daß ihr gar nicht begeistert davon wart, dem Kerl im Fall des Falles ein wenig Manieren beizubringen. Wenn es auch nicht unbedingt notwendig ist, daß ihr euch als Verhörspezialist betätigen müßt ist doch Gewaltanwendung in unserem Metier eine alltägliche und unumgängliche Sache. Es muß euch keine Freude machen, Sigrun, aber ihr werdet immer wieder in Situationen kommen, indem auch nur einen Herzschlag lang zögern, den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeutet. Wir müssen in dieser gewalttätigen Welt härter und gnadenloser sein, als alle anderen Gegner. Wenn euch dem Probleme bereitet, dann sagt es offen heraus. Es gibt Verwendungen, die kein so hohes Maß an Gewaltausübung voraussetzen. Es ist weder eine Schande noch eine Herabsetzung. Ihr müßt euch völlig klar werden über eure Fähigkeiten und vor allem darüber, was ihr nicht könnt. Überlegt euch das und sprecht mich darauf an, wenn ihr mit euch im Reinen seid.“ Höflich läßt Reland Sigrun den Vortritt in den Saal.