Die Hand, die Sayas Händedruck erwidert, ist ganz offensichtlich nicht die Hand eines Mannes der seinen Unterhalt mit körperlicher Arbeit verdient aber auch nicht die eines verweichlichten Gelehrten. "Es ist mir eine große Freude eure Bekanntschaft zu machen, werte Dargha.": sagt Gregorian, erwidert ihren Händedruck und ruft mit einem Wink eine Kellnerin an den Tisch, die Saya ihren Krug abnimmt und ihn mit Maris Scherbet auf einem Tablett stellt, um den beiden Frauen die Getränke nachzutragen. "Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich vorgehe?": erkundigt sich Gregorian höflich, erwartet aber keine Antwort, denn er setzt sich schon in Bewegung. Er scheint sich hier bestens auszukennen und führt die beiden Frauen mit der Kellnerin im Schlepptau bis zu einer bewachten Türe, die ihm sofort geöffnet wird. Über einen Treppenabsatz geht es noch einen Halbstock nach oben, in einen Korridor, in dem ein Bewaffneter der schmutzigen Ente wacht. Gregorian geht bis zur letzten Türe am Ende des Korridors, öffnet sie und läßt die beiden Frauen eintreten.
Die drei privaten Suiten der schmutzigen Ente sind sehr gefragte Treffpunkte für diejenigen, die es sich leisten können und auf absolute Diskretion in luxuriösen Rahmen wert legen und oft Monate ausgebucht. Kurzfristig in diesen Genuß zu kommen, ist nahezu unmöglich. Obwohl es natürlich möglich ist, die Suiten auch für intime Zwecke zu nützen, sind sie nicht dafür ausgelegt und auch nicht mit Betten ausgestattet.
Der kurze Flur, den sie betreten ist mit einem weichen Teppich ausgelegt, die Wände sind holzgetäfelt und von Lampen hell erleuchtet. Links und rechts öffnen sich je eine Tür in einen bequem möblierten Aufenthaltsraum und in einen kleinen Raum ist für das Servierpersonal. Im Aufenthaltsraum erhebt sich ein kräftiger Mann mit dem Wappen des Skriptoriums und verbeugt sich als Saya und Mari vorbeigehen. "Wenn ihr es wünscht, kann ich eure Wache heraufbringen lassen, damit sie hier auf euch warten.": sagt Gregorian im Vorbeigehen. Der andere kleine Raum ist für das Servierpersonal bestimmt. Am Ende des Korridors öffnet Gregorian die massive Türe und läßt die beiden Frauen in einen großen, fensterlosen Raum eintreten, der mit kostbaren Teppichen, Stofftapeten und geschmackvollen Möbeln ausgestattet ist. Ein großer runder Tisch mit bequemen Polsterstühlen beherrscht vor einer Anrichte, auf der bereits allerlei Köstlichkeiten bereitstehen, beherrscht den Raum. Zwei Schreibpulte und einer gepolsterten Sitzgruppe vervollständigen die Einrichtung. Auch dieser Raum ist hell erleuchtet. Bei ihrem Eintreten erhebt sich graziös vom Tisch eine bemerkenswerte ostische Frau. Groß und schlank, das glänzend schwarze Haar zu einem komplizierten Knoten aufgesteckt, die von Elfenbeinnadeln mit Silberfiligranverziehrungen gehalten werden, die leicht schräg gestellten, mandelförmigen Augen nur mit Kajal betont und bis auf die tiefroten Lippen ohne weitere Schminke auskommend, verbeugt sie sich mit vor der Brust aneinander gelegten Händen nach karischer Sitte vor der Dargha. "
Navadee lai, Dargha": sagt sie mit einer leicht rauchigen Stimme und verbeugt sich etwas weniger tief auch vor Mari. "
Navadee lam, Oni!": grüßt sie auf karisch. Ihre Bewegungen sind von vollendeter Anmut und auf ihrem feingeschnittenen, ebenmäßigen Gesicht zeichnet sich ein Lächeln ab, das jedoch die Augen nicht erreicht. Ihr hautenges, hochgeschlossenes Kleid aus pechschwarzer Seide, in die Arabesken eingewebt sind und mit ihrer samtigen Haut in der Farbe alten Elfenbeins harmoniert, reicht ihr bis zu den Knöcheln, ist an der linken Seite bis hinauf zur Hüfte geschlitzt und schimmert bei jeder Bewegung im Licht der Lampen. Leise klirrt der ungewöhnliche Silberschmuck an ihrer Linken, der aus einem Armreif und drei Ringen besteht, die mit Silberketten verbunden sind. "Darf ich vorstellen? Meine rechte Hand, die werte T'Sai!": läßt sich Gregorian vernehmen.