Thu, Sep 12th 2024 09:11
Edited on Fri, Sep 13th 2024 12:13
Mari hört Saya zu und in ihrem Gesicht spiegeln ihre Emotionen wider. Da ist Stolz in ihrem Blick, als Saya von ihrem Rang spricht, Zorn und Haß, als sie Lisina erwähnt und vor allem Zuneigung und Dankbarkeit. „Ja, ich bin jetzt Arendai.“: sagt sie. „Aber es ist nicht meine erste Hand, Saya. Ich habe ihnen keinen Eid geleistet und ich werd‘ es auch nicht. Doch das verdank‘ ich dir! Wenn du nicht deinen Kopf für mich hingehalten hättest, wär‘ ich entweder tot oder wieder auf den Ruinenfeldern. Du hast da also ein gewichtiges Wort mitzureden. Silber kannst du immer brauchen! Lamen sind Macht, auch wenn sie nur irgendwo in einer Kiste darauf warten, daß du sie als Waffe verwendest. Ich hab‘ nicht viel Ahnung von deinem Haus, aber ich weiß, wie es ist. Je höher du hinaufsteigst, desto mehr wollen dir an den Kragen. Aber ich versprech‘ dir, ich denk’ darüber nach.“ Als Saya ihr auf den Oberschenkel klatscht und aufsteht, erhebt sich auch Mari. „Dann laß mich der beschissenen Dargha noch einen Kuß mit auf den Weg geben.“: sagt sie schmunzelnd und küßt Saya.
Nachdem sich Mari angezogen und sich ihren Messergurt umgeschnallt hat, macht sie sich auf den Weg in den hinteren Hof, auf dem auch die Jäger trainieren. Laufen läßt sie sausen, das braucht sie nicht zu trainieren und wärmt sich stattdessen mit Gymnastik auf. Liegestütze, Bauchpressen, Kniebeugen, Entengang bringen sie ordentlich ins Schwitzen und sie spürt jetzt schon, daß sie viel aufzuholen hat. Aber sie spürt auch, daß sie seit langer Zeit wieder die Kraft hat, es anzugehen und das bekräftigt sie in ihrem Entschluß. Was ist schon eine Arendai, die nicht kämpfen und ihre Geliebte nicht beschützen kann? Schon seit einiger Zeit hat sie sich die Übungen von früher wieder ins Gedächtnis gerufen und als sie den Sandsack mit Schlägen und Tritten traktiert, beginnt sich auch ihr Körper zu erinnern, aber Mari achtet auch darauf es nicht zu übertreiben. Waffenloser Kampf war nie ihre Stärke gewesen. Sie ist zwar überaus wendig und schnell, aber es mangelt ihr an roher Körperkraft. Vielleicht sollte sie einen der Jäger angehen, ihr diese Techniken zu zeigen, die auch ohne Rohkraft effektiv und tödlich sind, von denen sie gehört hat? Aber sie hat sich immer mehr auf ihr Messer verlassen, als auf ihre Faust und so wechselt sie auch zum Messertraining und attackiert zuerst langsam und dann immer schneller einen unsichtbaren Gegner, bis ihr die Luft knapp wird und sie schweißgebadet ist. Erst dann geht sie hinauf ins Badezimmer, wäscht sich und zieht sich um.
Sie trägt einen ihrer Kittel mit Hose, die ihr zu weit ist, einen alten Umhang, den sie sich aus einem der Dienerzimmer geholt hat, Strohschuhe, um den Bauch einen verstecken Geldgürtel mit dem Großteil ihrer Münzen und einen abgewetzten Stoffbeutel über der Schulter. Im Hosenbund am Rücken steckt nicht ihr Dolch, sondern das Messer von Stafan. Sie sieht aus wie eine der vielen Armen in den Straßen Pelorns, die jeden Tag um ihr Auskommen ringen müssen. Auf dem Weg hinaus zahlt sie den Heiler aus, der in der Küche auf sie wartet und draußen auf dem Hof geht sie zu Gulama, beugt sich zu ihr wie eine Dienstbotin zur Anderen und flüstert ihr ins Ohr: „Schau nur wie dich alle ansehen! Du bist jetzt eine wichtige Frau! Ich bin stolz auf dich, Sonnenschein.“ Dann marschiert zum Tor hinaus.