BUILD YOUR OWN WORLD Like what you see? Become the Master of your own Universe!
Tue, Dec 12th 2023 09:29   Edited on Tue, Jan 16th 2024 09:04

Federkiel und Tintenfaß

Der Weg ist kurz und den hellen, sauberen mittelgroße Raum mit der wuchtigen Theke, den sie betreten, kannte Theomer schon von seinen frühren Besuchen. Die jünger Frau hinter der Theke lächelte freundlich und grüßt die Eintretenden. “Schickt mir bitte T’Sai mit etwas Tee in den Besprechungsraum.”:ersuchte Gregorian im Vorbeigehen und führte Theomer durch mehrere Türen in einen Raum, dessen Fenster auf einen kleinen Innenhof hinausgehen. Der Raum war hell, mit sandfabenen Teppichen ausgelegt und spärlich ausgestattet. Ein langer Tisch mit mehreren Stühlen, eine Liege, ein Stehpult und ein Regal mit altertümlichen Keramiken und Statuetten ist alles was der große Raum birgt. An der Längsseite hängt das Portrait einer Frau in einem dunklen Rahmen. „Bitte setzt euch,.”: sagte Gregorian freundlich und deutete einladend auf den Tisch und setzte sich Theomer gegenüber. Kurz darauf öffnete sich die Türe und eine attraktive Ostin betrat den Raum. Sie servierte mit einem Lächeln den beiden Männern Tee, dabei konnte Theomer erkennen, daß ihr kostbares Halsband kein Schmuckstück war, sondern ein aufwendig gearbeiteter Sklavenkragen. Skalven waren eine Seltenheit in Pelorn und Theomer konnte sich nicht erinnern jemals eine ostische Sklavin zu Gesicht bekommen zu haben. Sie stellte an die rechte Seite Gregorians um etwaige Wünsche entgegen zu nehmen. Der Besitzer des Skriptoriums nahm einen Schluck von dem mit Honig gesüßten Kräutertee und wandte sich dann Theomer zu. “Bevor wir auf Einzelheiten eingehen, möchte ich euch sagen, daß Schreiben und Lesen lernen keine einfache Sache ist. Ihr werdet viel Mühe und auch Geld investieren müssen euch diese Fähigkeiten anzueignen. Erlaubt mir daher die Frage, was bewegt euch dazu?” Interessiert betrachtet Gregorian seinen Gast.  
Wed, Dec 13th 2023 10:50

Theomer folgt Gregorian ins Skriptorium bis in das Besprechungszimmer, das er bei seinen früheren Geschäften hier nicht zu Gesicht bekommen hatte. Interessiert sieht er sich in dem Raum um und setzt sich. Das hier ist schon etwas anderes, als die verfallene Brauerei, in der er selbst für gewöhnlich die wenigen Lieferanten empfangen muss, mit denen er noch zu tun hat. Als die Ostin den Raum betritt um den Tee zu servieren erkennt er gleich den Sklavenkragen, aber er lässt sich nichts anmerken. Manchmal hatten fremdländische Geschäftspartner seines Großvaters Sklaven als Sekretäre gehabt, daher ist der Anblick ihm nicht ganz fremd. Sie ist allerdings in Jahrzehnten die erste Sklavin , die er zu Gesicht bekommt und dass es in Pelorn überhaupt Sklaven gibt, ist neu für ihn. Theomer nimmt einen Schluck von dem Tee und ist überrascht, wie gut ihm das ungewohnte Getränk schmeckt.   Er nimmt sich einen kurzen Moment Zeit, um sein Gegenüber zu mustern. Dass Gregorian Vellez der Besitzer des Skriptorium ist, weiß ganz Pelorn. Aber er hatte den Mann nie selbst zu Gesicht bekommen. Er strahlt Selbstsicherheit und Wohlstand aus und würde weich wirken, wenn er nicht diese irritierenden, beunruhigenden Augen hätte. Irgendwas ist an ihm, das Theomer aber nicht in Worte fassen kann. Er selbst muss auf den Gelehrten einen grobschlächtigen und ärmlichen Eindruck machen. Er stellt die Teetasse vorsichtig ab und räuspert sich. "Mein Name ist Theomer Haruland. Vielleicht habt ihr von meiner Familie gehört? Vor dem letzten Häuserkrieg waren wir reich und angesehen, heute kräht kein Hahn mehr nach uns. Von meinem Großvater habe ich gelernt, wie wichtig Wissen ist, auch wenn ich selbst nie mehr als die Grundzüge des Schreibens gelernt habe. Nur genug, um Rechnungen zu schreiben und zu verstehen. Mein Interesse ist zum Teil geschäftlich begründet. Wir hatten früher Kontakte im ganzen Reich und es ist durchaus möglich, dass es noch Schulden gibt, die ich eintreiben könnte oder dass mir noch irgendwo ein Haus gehört oder ein Stück Land, das ich zu Geld machen könnte. Um die alten Wirtschaftsbücher durchzusehen, kann ich keinen anderen beauftragen." Er lächelt plötzlich und unerwartet schmerzhaft berührt. "Außerdem habe ich auch die ganze Bibliothek meines Großvaters geerbt, mit der ich bislang nichts anfangen kann und das ist eine wahre Schande." Er setzt sich aufrechter hin und verzieht einen Moment das Gesicht, als ein plötzlich aufflammender Schmerz ihn an den gestrigen Abend in der Arena erinnert. "Ich will aber nicht lügen: Geld habe ich nicht viel. Wir könnten eine Ratenzahlung vereinbaren oder ich wäre sogar bereit, mich von ein paar der vermutlich wertvolleren Bände aus der Bibliothek zu trennen." Er neigt den Kopf in Richtung der Statuetten und Keramiken im Regal. "Immerhin seid ihr offenbar Sammler?"
Fri, Dec 15th 2023 08:46   Edited on Fri, Dec 15th 2023 08:48

Aufmerksam hört Gregorian seinem Gast zu und unterbricht ihn nicht. Als er von seiner Familie spricht, nickt Gregorian, so als wüßte er von wem die Rede ist. Außer der höflich interessierten Mine, der vermutlich bei jeder geschäftlichen Besprechung aufsetzt, ist aus seinen Gesichtszügen nichts herauszulesen. Als aber Theomer die Bibliothek seines Großvaters erwähnt, zeigt sich schlagartig echtes Interesse in seinem Blick. Auch die exotische Schönheit an der Seite Gregorians läßt ihn überraschender Weise nicht aus dem Blick ihrer mandelförmigen, dunklen Augen, der nichts Unterwürfiges an sich hat. Als Theomer seine Schilderung mit einer Frage an Gregorian abschließt, sieht dieser einen Augenblick fragend zu der Ostin hoch, die ihn mit angedeutem Kopfnicken erwidert, daß so schwach ausfällt, daß es Theomer sicher übersehen hätte, wäre sein Blick nicht in diesem Augenblick direkt auf die Ostin gerichtet gewesen. Aber dann wird seine Aufmerksamkeit von Gregorian in Anspruch genommen.   “Eines meiner Laster, wie ich zugeben muß.”: schmunzelt er. Seine Sammelleidenschaft war stadtbekannt. “Ihr habt gute Gründe genannt, auch wenn ich euch sagen muß, daß eure Hoffnungen auf alte Ansprüche eurer Familie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht durchgesetzt werden können, auch wenn sie bestehen und rechtens sind. Euer anderer Grund dagegen ist von größerer Bedeutung. Ich kann euch versichern, daß euch die Fähigkeit des Lesens Türen öffnen wird, von denen ihr im Augenblick noch nicht einmal wißt das es sie gibt. Bücher sind Pforten zu anderen Welten und zu Schatzhäusern voll mit Wissen. Euer Großvater war ein weiser Mann, denn Wissen ist in der Tat der Schlüssel zu Macht und Wohlstand und ich verstehe sehr gut, daß ihr euch diese Fähigkeit aneignen wollt. Ich bin auch sicher, daß wir uns auf Zahlungsmodalitäten einigen können, die für beide Seiten befriedigend sind. Aber bevor wir und darüber unterhalten, möchte ich euch sagen, daß jeder Schreiber, der zu eure Ausbildung abgestellt wird, nicht nur Geld kostet sondern auch für die normalen Aufgaben des Skriptoriums nicht zur Verfügung steht. Auch das bedeutet Kosten. All dies hier..” Er macht eine umfassende Geste, “kostet eine Menge Silber. Ich will euch damit sagen, daß ich in irgendeiner Form diese Kosten hereinbringen muß, was ihr als Geschäftsmann sicher versteht…” Gregorian unterbricht sich als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen und wendet sich an T’Sai. “Wie sieht es denn mit Julia aus? Haben wir da etwas vorgesehen?” “Bisher nicht, Herr!”: antwortet die Ostin und Gregorian wendet sich wieder an Theomer. “Wir könnten die Kosten für euch damit drücken, in dem wir gleichzeitig mit euch noch jemand ausbilden. Was meint ihr? Wäre so ein Arrangement für euch tragbar?”  
Sat, Dec 16th 2023 12:49

Der Blick, den Gregorian T'Sai zuwirft, lässt keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Ostin keinesfalls um eine einfache Dienerin oder gar Lustsklavin handelt. Es sieht fast aus, als hätte sie stumm ihr Einverständnis zu einer Frage gegeben, die Gregorian ihr ebenso stumm gestellt hatte. Theomer findet das alles ebenso verwirrend, wie interessant. "Ich glaube ehrlich gesagt auch kaum, dass nach der ganzen Zeit und nach dem ganzen Chaos noch irgendjemand einen Pifferling auf Verpflichtungen gibt, die er meinem Vater oder Großvater gegenüber eingegangen ist. Aber ich muss es zumindest versuchen." Er zuckt mit den Achseln. "Außerdem kann ich wenigstens etwas lernen, wenn ich nachvollziehe, wie meine Vorgänger das Unternehmen geleitet haben. Auch, wenn heute nicht mehr viel davon übrig ist." Er nimmt noch einen bedächtigen Schluck von dem Tee und achtet darauf, nicht offen das Gesicht zu verziehen, als die geprellte Rippe gegen die plötzliche Bewegung protestiert. "Das heißt, ich würde mir den Lehrer mit jemand anderem teilen? Ich wüsste nicht, was dagegen spräche."
Sat, Dec 16th 2023 02:11

Das Interesse der Ostin an Theomer war damit erloschen. Sie richtet ihren Blick auf den Herrn des Skriptoriums und scheint auf neue Answeisungen zu warten. “Ausgezeichnet!”: entgegnet Gregorian gut gelaunt. “Dann sehe ich kein Hindernis euch auszubilden zu lassen und euer Angebot eventuell Bücher in Zahlung zu nehmen ist durchaus überlegenswert, auch wenn ich natürlich bevor ich etwas Gernaueres sagen kann, die Bestände der Bibliothek eures Großvaters sichten müßte. Eine weitere Variante, die in Betracht gezogen werden kann, wäre eure Erlaubnis Texte in eurer Bibliothek von meinen Schreibern kopieren zu lassen. Im Prinzip ziehe ich zwar den Erwerb der Originaltexte dem Kopieren vor, aber es ist mir durchaus bewußt, daß für euch die Bücher eures Großvaters über den rein materiellen Aspekt hinaus Werte für euch darstellen.” Gregorian wendet seinen Blick der wartenden Ostin zu. “Danke, T’Sai, ich brauche dich im Moment nicht mehr.” Anmutig verbeugt sich die Angesprochene. “Wie mein Herr befiehlt.” dann wendet sie sich Theomer zu und verbeugt sich mit gesenktem Blick auch vor ihm. “Mögen die Zwillinge mit euch sein, Herr, und euch auf euren Wegen behüten.” Trotz aller zur Schau gestellter Unterwürfigkeit und Anmut kann sich Theomer nicht ganz des Gefühls erwehren, daß sich die Ostin bei ihrem Abgang köstlich amüsiert. “Gut! Nachdem ich mir eure Bestände angesehen habe, werde ich euch ein endgültiges Angebot unterbreiten. Wann wäre es euch denn recht?”  
Sun, Dec 17th 2023 03:16

Theomer beobachtet den Abgang T'Sais und ist sich jetzt sicher, dass es sich keinesfalls um eine gewöhnliche Sklavin handelt. Falls es sich überhaupt um eine Sklavin handelt, aber warum sollte man so etwas vortäuschen wollen? Er sieht ihr etwas verwirrt hinterher und widmet sich dann wieder Gregorian. "Wenn ihr die Bände nur kopieren lasst, wäre es mir natürlich lieber. Und eigentlich könntet ihr euch die Bibliothek schon morgen ansehen. Aber ich muss mich schon im Voraus entschuldigen: Das ganze Gebäude ist in keinem guten Zustand mehr und außer Wasser und Brot haben wir wenig Verpflegung." Er überlegt einen Moment. "Ihr könntet selbst kommen, die Brauerei liegt am östlichen Ufer des Olifern nah an der Metronismauer, ihr könnt sie nicht verfehlen. Oder ich hole euch mit dem Kahn ab, das müsste schneller gehen und ihr vermeidet unschöne Begegnungen mit den Schlangenmännern."
Sun, Dec 17th 2023 03:26

“Macht euch keine Gedanken.”: winkt Gregorian ab. “Wenn ihr diese Gebäude gesehen hättet, kurz nach dem ich hier eingezogen bin...Ich bin zwar erst nach den Kämpfen des zweiten Häuserkriegs in Pelorn angekommen, aber ich weiß natürlich, daß dieser Krieg und der darauf folgende Vertrag, so wichtig er auch für Pelorn ist, für Manche eine Katastrophe gewesen ist.” Er denkt einen Moment nach. “Ja, morgen paßt mir und gegen eine Fahrt auf dem Olifern hätte ich auch nichts einzuwenden.” Dann grinste Gregorian verschmitzt. “Ich mache euch ein Angebot! Ihr holt mich und meine Begleitung am Ende der zweiten Morgenstunde an der Anlegestelle ab und ich kümmere mich um ein anständiges Frühstück. Politik und Geschäft auf leeren Magen verdirbt einem den ganzen Tag, wie es so schön heißt. Ich will nicht unhöflich erscheinen, aber ich muß mich noch um eine andere Angelegenheit kümmern. Ihr wißt ja wie es ist, damit alles klappt muß man ständig dahinter sein.” Gregorian erhebt sich. “Es hat mich gefreut, eure Bekanntschaft gemacht zu haben.” Er schüttelt Theomer die Hand und geleitet ihn hinaus bis zur Eingangstüre.  
Tue, Dec 19th 2023 05:21   Edited on Tue, Dec 19th 2023 06:39

“Schön, daß du dich amüsiert hast.”: sagt Gregorian etwas säuerlich, als er mit T’Sai hinauf in seine Privaträume geht. “Ach, sei doch nicht gleich eingeschnappt. Vielleicht hat sich der Kerl gedacht, ich hätte mir den hohen Herren hörig gemacht und stellt sich jetzt alle abartigen sexuellen Praktiken vor die ich dazu angewendet habe und läuft den halben Tag mit einem Ständer durch Pelorn.”: lacht sie Gregorian an. Dann bleibt sie stehen und reckt ihm ihren hübschen Hintern entgegen. “Herr, wenn sich deine Sklavin ungehörig benommen hat, bittet sie reuig um Strafe.”: fährt sie unterwürfig gurrend fort. Lachend gibt ihr Gregorian einen Klaps auf den Hintern: “Sei vorsichtig mit dem was du dir wünscht, es könnte in Erfüllung gehen.”   Oben angelangt setzt sich Gregorian im geräumigen Salon, der ihm als Wohnzimmer dient, in einen der weichen Polstersessel. “Sei so gut und schenk uns einen Brandy ein und setzt dich zu mir.” Er prostet ihr zu als sie ihm das Glas reicht und nimmt einen genießerischen Schluck. “Weiß Julia, daß sie zu mir kommen soll?” T’Sai nickt. “Ja, sie wird nach dem Training hier sein.” “Was hältst du von meiner Idee sie mit diesem Theomer auszubilden?” “Ich sehe zwar keine unmittelbare Notwendigkeit, aber warum nicht? Umso mehr sie kann desto nützlicher ist sie für uns.” Gregorian grinst: “Stimmt, aber ich habe da noch einen Hintergedanken. Dieser Theomer könnte für uns interessant werden. Außerdem ist es Zeit das unsere Julia etwas zu tun bekommt. Hältst du sie geeignet diesem Theomer um den Bart zu gehen und ihn eventuell um den Finger zu wickeln?” T’Sai lacht auf: “Also wenn jemand hier dafür geeignet ist, dann ist es Julia. Sie ist die geborene Verführerin. Sie sieht gut aus obwohl sie nicht mehr ganz taufrisch ist und hat sie hat diesen unschuldig frivolen Blick, der Männer weich werden läßt. Außerdem tut ihr das Training gut. Sie war schon ein wenig schwabbelig, aber jetzt ist alles straff und zum Anbeißen. Ich glaube du kannst keine bessere finden.” Dann setzt sie noch schelmisch grinsend hinzu: “Außer mir natürlich.” Lachend entgegnet Gregorian: “Also das wäre eine eklatante Verschwendung deiner Talente, meine Liebe.”  
Tue, Dec 19th 2023 09:29

T’Sai hatte zwar gesagt gleich nach dem Training, aber Julia holt sich einen frischen Kittel und geht sich waschen bevor sie sich auf den Weg macht. So verschwitzt wie sie gewesen war, wollte sie einfach nicht bei Gregorian erscheinen. Ob er schon einen neuen Lehrer für sie gefunden hatte? Sie klopft an der Türe des Besprchungszimmers, doch als auch auf ihr zweites Klopfen niemand reagiert, öffnet sie die Tür einen Spalt und lugt hinein. Als niemand zu sehen ist, beschließt sie nicht wie ein Dienstbote vor der Türe zu warten sondern geht hinein. Sie bleibt bei dem Fenster stehen, daß sich in einen der Innenhöfe öffnet. Die Putzglasscheiben verzerren den Blick, doch der Sonnenschein weckt die Sehnsucht in ihr wieder einmal hinaus zu gehen und durch die Straßen der Stadt zu spazieren. Leise seufzt sie. Obwohl sie sich hier wirklich wohl fühlt, fällt ihr langsam die Decke auf den Kopf. Im Geist verflucht sie, wie jeden Tag mindestens ein dutzend Mal, ihren Ex-Geliebten und wünscht ihm die Pest an den Hals. Aber im Moment kann sie nichts tun, außer warten. So setzt sich schließlich beginnt mit den Atemübungen, die sie wieder einmal vernachläßigt hat.
Tue, Dec 19th 2023 11:15   Edited on Tue, Dec 19th 2023 11:18

Julia muß eine ganze Weile warten bis sich die Türe öffnet und Gregorian eintritt. “Entschuldige, daß ich dich solange warten ließ und bitte bleib sitzen.”: sagt er, setzt sich zu Julia und stellt ein Holzkästchen neben sich. Er richtet den Blick seiner hellen Augen auf Julia. “Ich habe dich zu mir gebeten, weil wir einen Auftrag für dich haben, Julia, aber dazu später. Zuerst einmal das hier.” Er greift in eine Tasche seines Gewands und holt ein kleines Stoffsäckchen hervor, daß er vor Julia hinlegt. “Dein erster Lohn, wir zahlen wöchentlich aus und es ist eine Tradition, daß ich die erste Auszahlung vornehme. Wie vereinbart 2 Lamen und 50 Filis die Woche. In Zukunft wende dich an Nirina, sie wird dir deinen Lohn auszahlen.” Dann öffnet er lächelnd das Kästchen und entnimmt ihm ein Messer in einer schäbigen Scheide und einem abgegriffenen Heft. Gregorian zieht das Messer aus der Scheide und Julia erkennt sofort, daß es kein gewöhnliches Messer ist. Es ist ein beidseitig geschliffener Dolch mit nadelfeiner Spitze. “Diese Waffe hier ist etwas Besonderes. Scheide und Griff sind so gearbeitet, daß man den Dolch tragen kann ohne groß aufzufallen. Die Klinge aber ist alt. Sie wurde in der Schmiede hergestellt, in der Waffen für die kaiserliche Garde geschmiedet wurden. Stahl wie diesen findet man heute kaum mehr. Der Waffenmeister persönlich hat die Waffe ausgesucht und den Griff angepaßt.” Er steckt den Dolch zurück in die Scheide und hält Julia die Waffe hin. “Er gehört dir. Trage ihn, halte ihn in Ehren und möge er dich vor all unseren Feinden bewahren.”: sagt Gregorian ernst. In dem Moment kommt T’Sai zur Türe rein.   “Hallo, Julia.”: sagt sie und mit einem breiten Lächeln fügt sie nach einem Blick auf die Waffe in der Hand Julias hinzu: “Hübsch, nicht?” Dann wendet sie sich an Gregorian: “Erledigt.”: sagt sie nur und setzt sich. Gregorian gibt Julia noch einen Moment, dann spricht er weiter: “Wir haben beschlossen, dich in Lesen und Schreiben zu unterrichten zu lassen. Aber das ist nur ein Teil deines Auftrags. Du wirst gemeinsam mit einem Mann Namens Theomer unterrichtet werden. Der Mann ist keiner von uns, aber könnte für uns von Interesse sein. Er entstammt einer früher sehr reichen und einflußreichen Familie und betreibt als letzten Rest des Familienerbes eine Brauerei auf Imeria Gebiet. Deine Aufgabe ist es dich mit ihm anzufreunden und soweit es geht sein Vertrauen zu gewinnen. Wie weit du dabei gehen willst ist ganz allein deine Sache, Julia.”   “Er will sagen, wenn es dir Spaß macht, dann mach die Beine für ihn breit, wenn nicht, dann laß es.”: feixt T’Sai und amüsiert sich über den Blick Gregorians und den Gesichtsausdruck Julias. “Darauf läuft es doch hinaus, oder?” “Wenn man unbedingt will, kann man es auch so ausdrücken. Aber ist allein deine Entscheidung, Julia und niemand wird es dir übel nehmen, wenn du nein sagst. Fühlst du dich in der Lage den Auftrag anzunehmen?”: erkundigt sich Gregorian mit einem giftigen Seitenblick auf T’Sai.  
Als sie das Stoffsäckchen in die Hand nimmt und sie das Gewicht der Münzen spürt, erfaßt sie eine Art Schwindel. Es ist eine Sache zu wissen, daß man etwas bekommen wird und eine Andere soviel Geld wirklich in der Hand zu halten. Jahrelang hatte sie jeden Filis zusammen gekratzt für die verstecken 12 Lamen, die ihre Lebensversicherung gewesen sind und jetzt hält sie dieses kleine Vermögen in der Hand nach wenig mehr als einer Woche. Deutlich konnte sie die beiden größeren Lamen durch den dünnen Stoff zwischen den kleineren Filis ertasten. Seidene Unterwäsche, Leinenblusen, Lederschuhe, Parfum, eine Flasche Wein, all das waren keine Wunschträume mehr, sondern erfüllbare Wirklichkeit. “Danke, vielen Dank”: stottert sie und hält das Säckchen immer noch in ihrer Hand als ihr Gregorian den Dolch überreicht. “Für mich?”: haucht sie völlig aus der Fassung gebracht. Sie hat bereits genug über Waffen gelernt, um zu wissen, was ihr Gregorian da überreicht. Sie steckt das Geld ein und zieht die Klinge aus der Scheide als T’Sai hereinplatzt. “Hübsch? Nein, unglaublich.”: sagt sie schwer beeindruckt. Aber als Gregorian weiterspricht, steckt sie den Dolch zurück und hört ihm aufmerksam zu. Der zotige Einwurf T’Sais überrascht sie. Nicht das sie sich an ihrer Ausdruckswiese gestoßen hätte, es war bloß das erste Mal sich die Ostin in ihrer Gegenwart so ausgedrückt hatte. Es hätte T’Sais deftigen Bemerkung aber nicht bedurft, denn sie wußte sofort was Gregorian von ihr wollte und sie hatte kein Problem damit. Für das Geld in ihrem Stoffsäckchen hätte sie auch fünf Männer verführt. “Ja, voll und ganz. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, ich werde tun was nötig ist.”: sagte sie selbstsicher. Dieser Auftrag ist etwas mit dem sie sich auskennt und wenn ihr die Zwillinge lachten mochte sie sogar ihren Spaß daran haben.

Fri, Dec 22nd 2023 05:47