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Fri, Dec 13th 2024 04:50   Edited on Tue, May 6th 2025 09:45

[19.Tag Vormittag] Phönix

Es war kein Traum gewesen, aus dem Julia aufgewacht ist. Eher ein nochmaliges Durchleben der Krise, die nach einer Konzentrationsübung begonnen hatte. Jede Sekunde des Kampfes um ihr Leben und ihren Verstand hat sie nochmals in jedem kleinsten Detail durchgemacht. Die Stimmen, Gesichter und Szenen nochmals erlebt und durchlitten. Zuerst war da nur Asche gewesen, so als wäre sie innerlich verbrannt und verkohlt. Mit geschlossenen Augen liegt sie auf dem Rücken in ihrem Krankenbett und mit jedem Herzschlag beginnt der Funke Leben unter der Asche in ihrem Inneren heller zu leuchten. Julia weiß jetzt jenseits allen Zweifels, daß sie ist, was man ihr gesagt hat. Durch ihre geliebte Großmutter, der Frau mit dem grünen Daumen, die einen Samen in einem Häufchen Staub zum Wachsen bringen konnte, stammt sie von Kurus ab und ihren hermetischen Erbteil verdankt sie einem Mann, dessen Gesicht sie gesehen hat, aber nicht weiß, wer er gewesen ist.   Sie weiß auch um die Türe in ihrem Innersten, die sie zu guter Letzt doch noch geschlossen hatte und die sie nie wieder auch nur berühren durfte, wenn sie nicht in einem Feuersturm vergehen wollte. Sie hat das Mädchen gesehen, daß ihre abgetriebene Tochter geworden wäre, um die sie Blut geweint und schließlich ihre Schuld angenommen hatte. Damit beginnt die schwärende Wunde in ihr zu heilen. Die Narbe wird ihr bis zum letzten Atemzuge bleiben, aber die faulige Wunde nicht mehr ihr ganzes Sein vergiften. Sie hat sich gesehen und ihr Leben, in dem sie fast immer den Weg des geringsten Widerstandes gegangen war, Verantwortung, Mühen und Anstrengungen von sich geschoben, sich viel mehr erschlichen, als verdient hatte. Doch diese Julia ist vergangen in den Ewigkeiten der Qual und des Schmerzes, in denen sie sich gegen ihr Verlöschen im Wüten der kombinierten Gaben gestemmt hat. Langsam kämpft sich Julia hoch und stellt ihre Füße auf den Boden, schöpft Atem bevor sie sich unsicher auf zitternden Beinen erhebt. Schritt für Schritt schwankt sie aus dem Krankenzimmer hinüber in den anderen Raum, in dem Levena den großen Spiegel hängen hat und ihre Kämme, Scheren und Kosmetiksachen aufbewahrt.   Julia läßt sich auf den Stuhl vor dem Spiegel fallen, sieht das fahle, eingefallene Gesicht das ihr entgegen starrt und ihr eigenes ist, dann greift sie nach einer Schere. Es war der ganze Stolz ihres alten Lebens, das lange, gepflegte Haar, daß sie nun in dicken Strähnen abschneidet und achtlos zu Boden fallen läßt. Als es getan ist, fällt die Schere scheppernd aus der kraftlosen Hand und sie muß sich am Tisch abstützen, um nicht vom Stuhl zu fallen. Für die Dauer einiger Herzschläge starrt sie in den Spiegel, dann flüstert sie mit kratziger Stimme: "Hallo Julia!"      
Sun, Dec 15th 2024 06:05

[Levena] Vom Geräusch der fallenden Schere angelockt, kommt Levena in den Raum gelaufen. Völlig überrascht schaut sie einen Moment Julia an und dann auf das abgeschnittete Haar. Sie kann sich noch gut erinnern, wie betrübt Julia gewesen war, als sie sich eine andere Frisur machen mußte und dazu ein wenig von der Länge ihres Haares kürzen mußte. Nach der kurzen Schrecksekunde stürzt sie zu Julia, die sich am Tisch festhält, um nicht von Sessel zu fallen. "Bei den Zwillingen! Was machst du denn da? Dein schönes Haar! Du solltest im Bett sein!" Dann ruft sie nach ihren Gehilfinnen. Mit der Älteren bringt sie Julia wieder ins Bett, die Jüngere bleibt, um sauberzumachen. Als Julia wieder im Bett liegt, streicht sie ihr über die Wange. "Du hättest mich rufen sollen, Julia, so schwach wie doch noch auf den Beinen bist.": sagt sie mit mehr Sorge als mit Vorwurf in der Stimme. "Aber ich freue mich, daß es dir besser geht. Es gibt Brei mit Hühnerfleisch und Ei, du solltest etwas essen, damit du wieder zu Kräften kommst."  
Sat, Dec 21st 2024 04:25

"Nicht mehr wichtig, Levena.": flüstert sie mehr, als sie mit kratziger Stimme sagt. Dankbar läßt sich Julia helfen, denn aleine hätte sie es wahrscheinlich nicht mehr zurück ins Bett geschafft. Die Aussicht auf Essen ist verlockend, so nickt sie: "Ja, bitte. Ich bin wirklich hungrig." Dann sieht sie zu der Heilerin hinauf. "Danke für Alles was du für mich getan hast, Levena. Ohne deine Hilfe hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft." Kurz darauf kommt eine der Schülerinnen der Heilerin mit einer kleinen Schüssel aus der verlockender Geruch aufsteigt. Sie will sich aufsetzen, doch die Heilerin hindert sie daran. "Du bleibst schön liegen und läßt dich füttern.": sagt sie resolut. Julia ist nicht böse über diese Anordnung, denn sie fühlt sich als hätte sie einen 50 Kilo schweren Sack durch die ganze Stadt geschleppt. Der Brei schmeckt köstlich, doch schon nach ein paar Löffeln ist sie satt. "Danke!": sagt sie. "Ich kann nicht mehr und ich bin schon wieder so müde. Kann ich bitte noch Tee haben?": fragt Julia und kämpft gegen den Schlaf an, der sie unbarmherzig in seine Tiefen ziehen will.  
Sat, Dec 28th 2024 04:21

[Levena] "Bedanke dich nicht bei mir, Julia! Ich habe nichts vermocht. Es war der Waffenmeister, der dich gerettet hat.": sagt Levena, ruft nach Unna und trägt ihr auf frischen Tee zu bringen. Vorsichtig wischt sie Julia das Gesicht mit einem Tuch ab, daß mit wohlriechendem Angustifoliawasser getränkt ist. "Ich weiß nicht einmal, was dich in diese Krise gestürzt hat.": seufzt sie, dann kommt ihre Schülerin mit dem Tee zurück. Während sie eine Tasse füllt, sagt sie: "Ich habe es in der Küche aufgeschnappt und ich weiß nicht, ob es stimmt, aber es heißt der Maler Auris Leatan soll gestorben sein. Ihr wißt schon, der das Bild gemalt hat, daß in der Biblothek hängt." Sie reicht die gefüllte Tasse ihrer Meisterin.  
Wed, Jan 1st 2025 09:42

Schwach schüttelt Julia den Kopf. "Ich weiß, daß du in der Kette alles gegeben hast, um mir zu helfen, Levena. Aber ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.": sagt sie leise. Der Duft und die Kühle des Angustifoliawassers erfrischen sie ein wenig. Sie spürt Levenas Sorge und sie spürt ihre Zuneigung, deutlicher als bisher und sie schämt sich zutiefst. Levena, ihre Mädchen, alle hier, sogar Asta, waren für sie in die Bresche gesprungen. Sie beginnt immer mehr zu verstehen, wie kalt sie diese Menschen benutzt und wieviel sie in ihrem Leben in Ordnung bringen muß!   Als Unna mit dem Tee zurückkommt und mit der Neuigkeit herausplatzt, die sie in der Küche aufgeschnappt hat, entfährt es Julia betroffen: "Auri ist gestorben?" Dann schießen ihr Tränen in die Augen. "Er heißt Laetus, Aurean Laetus.": sagt sie gepresst. Nach ein paar SchluckenTee bringt sagt sie noch bevor ihr die Augen zufallen: "Kannst du dich bitte umhören, ob es stimmt und wann er aufgebahrt wird." Dann übermannt sie der Schlaf.