Auch Karthes ist zu dieser späten Stunde noch auf und sitzt im Schein der Lampen in einem bequemen Hausrock an seinem Arbeitstisch, der wie immer von Papieren und Schriftrollen bedeckt ist. Er sieht auf als Reland eintritt und in diesem privaten Rahmen verzichten beide Männer auf jede Förmlichkeit. Reland reicht Karthes die Hand und setzt sich auf den Besucherstuhl. “Gute Nachricht, Karthes! Die Salzkarawane wird schon morgen eintreffen. Wir haben kaum Verluste zu verzeichen und von der Warenmenge und der Anzahl der zahlenden Reisenden und in Saguz angeworbenen Spezialisten ist sie die Größte seit der Öffnung der Route. Ich habe auch interessante Berichte der Kundschafter, aber die können warten.”   “Sehr schön.”: sagt Karthes und deutet fragend auf die Kristallkaraffe auf seinem Tisch. Als Reland nickt, schenkt er zwei Schnapsgläser voll und reicht eines davon Reland. “Gut das du da bist. Ich bin dabei, der Coveani Schlampe wegen der Abwerbungsgeschichte in die Parade zu fahren. Schau es dir an und sag mir, was du davon hältst.” Er reicht Reland einen beschriebenen Bogen, der beim Lesen schmunzelt. “Im Prinzip passend, aber ich würde an deiner Stelle Anrede und Ton so halten als würdest du sie nur aus Höflichkeit wie eine Gleichgestellte behandeln. Das wird beim übertriebenen Standesbewußtsein der Töpferprinzessin eher schmerzen als die angedrohten Maßnahmen. Die Drohung aber würde ich etwas hübscher verpacken.” Reland gibt das Blatt zurück und hebt sein Glas: “Auf dein Wohl und das von Thornhoff!”: sagt er und nimmt einen Schluck von dem vorzüglichen Tresterbrand, der nur für Karthes und den engsten Familienkreis gebrannt wird.    

“Weil wir ohnehin bei Coveani sind, ich habe verläßliche Informationen, daß sie in die Papierproduktion einsteigen wollen, irgendein verbessertes Verfahren.”: sagt Reland. “Berührt das unsere Interessen?”: erkundigt sich Karthes. “Nein, nicht direkt. Aber das alte Krokodil Alesina hat das Haus gut aufgestellt und man kann sagen was man will, aber auch die kleine Nutte ist nicht auf den Kopf gefallen. Es ist unter anderem die Rede davon, daß Coveani ein altes Verfahren zur Herstellung einer besonderen Keramik wieder entdeckt hat und das dieses Schlitzohr Gregorian dabei die Finger im Spiel hat. Auch das betrifft uns nicht direkt, aber es ist ein neues Monopol, das die ökonomische Basis des Hauses erweitert und die wächst beständig. Dazu kommt, daß sie sich nicht mit dutzenden Familien und kleinen Häusern herumschlagen muß wie du. Langfristig gesehen ist das eine gefährliche Entwicklung. Zum Beispiel die kleine Fangflotte, die sie aufbaut. Unsere Verluste halten sich zwar in Grenzen durch den Wegfall der Verkäufe an Coveani, aber es ist ein Nadelstich und die summieren sich beständig.” “Sollten wir etwas unternehmen?”: erkundigt sich Karthes. Reland wiegt nachdenklich den Kopf. “Im Moment eher nicht. Aber wir sollten die Lage genau im Auge behalten, vor allem wie sich die Papierproduktion entwickelt. Wenn die Gewinne daraus ein gewisses Maß überschreiten, dann sollten wir aber handeln.”      

“Gut und den Zwillingen sie dank, habe ich dafür genau den richtigen Mann.”: schmunzelt Karthes und prostet Reland zu. Nachdenklich schweigt er ein paar Augenblicke: “Ich habe schon lang mein Gesicht nicht auf der Straße gezeigt. Ich sollte vielleicht wieder einmal ein Bad in der Menge nehmen. Morgen wäre eine gute Gelegenheit. Ich werde die Salzkarawane persönlich empfangen. Keine große Staatsaktion, nur ein Zug Leibwache und Wachkompanie zur Bedeckung sollte ausreichen. Ich werde zu Fuß gehen, damit mich die Leute auch ausgiebig bestaunen können. Kannst du deine Enessa für ein paar Stunden entbehren? Auf ihre imposante Erscheinung zu meiner Rechten möchte ich nur ungern verzichten müssen.”: sagt er lächelnd. Reland leert sein Glas und erhebt sich. “Ich kümmere mich darum. Gute Nacht!”: Reland verabschiedet sich mit einem Händedruck und verläßt die Privatgemächer des Salzbarons.