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Fri, Jul 19th 2024 03:15   Edited on Fri, Nov 15th 2024 02:19

[16. Tag, Vormittag] Hinrichtung

Es hat sich im Viertel herumgesprochen, wo die neue Dargha ihren Sitz bezogen hat. Dieser liegt nur unweit von der beliebten Gaststätte “Zum Lachenden Zwilling”, eigentlich gar nur die Straße nach Norden. Dort mündet die Straße in einen kleinen Platz, wenig mehr als eine Verbreiterung der Querstraße. Und gerade da, ungefähr in der Mitte dieses Platzes, oder der Verbreiterung, geht das Tor ab zu den Gemächern der Dargha. Es ist ruhig gewesen auf dem Platz am Tag davor, und auch der mutmaßliche Grund dafür hat sich herumgesprochen. Schließlich hat die Dargha eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einigen Ratten gehabt, derer sie, so sagt man, gerade noch so lebendig entflohen ist, und nun wohl alle Hände und Füße damit zu tun hätte, dieses Leben auch am flackern zu erhalten und nicht doch noch in das Reich der Schatten abzudriften. Doch an diesem Morgen ist doch etwas los auf dem kleinen Platz.   Freilich, von der Dargha ist wenig zu sehen. Vielmehr sind es die Jäger, die sich bald schon abmühen. Pflastersteine werden herausgerissen, Löcher werden gegraben. Wohl mancher bleibt stehen, beäugt die sonderbare Szene, doch niemand getraut sich, genau hinzusehen oder gar nach dem Grund für die Bauarbeiten zu fragen. Schließlich werden zwei-drei Meter lange Stangen herangeschafft, in die Löcher eingelassen, eingegraben. Sie werden auf die Standfestigkeit überprüft. Die Jäger scheinen zufrieden zu sein. Doch dann, und dies wird wohl einiges erstaunen hervorrufen, graben sie die Stangen wieder aus und legen sie neben dem Tor nieder, wo sie dann auch peinlichst genau bewacht werden. Wohl mancher wird bereits munkeln, die Ratten hätten die Dargha wohl insbesondere von ihrer geistigen Natur her mehr mitgespielt als sie auszuhalten imstande gewesen wäre, und das Leben im Viertel geht wohl wieder in seine gewohnte Bahnen. Doch dann ertönt ein ungewöhnliches Geräusch. Es ist der Ton einer einzigen, riesigen Pauke. Alle sieben Sekunden erschallt ein kraftvoll ausgeführter Schlag durch die Straßen, alle sieben Sekunden lässt das monotone “BUMMMM” den Leuten in den Straßen das Blut in den Adern erstarren. Jeder weiß, etwas wird passieren, nur weiß keiner, was es sein kann. Und so versammelt sich so mancher vor dem geschlossenen Tor der Residenz der Dargha. Niemand wird verscheucht, nur wird darauf geachtet, dass das Tor selbst frei bleibt.   Es dauert eine lange Zeit, in der die Pauke das Einzige ist, das den Vormittag von anderen Vormittagen unterscheidet. Doch dann öffnet sich das Tor und ein Jäger tritt hervor. Es ist ein Hüne von einem Mann, wohl einer der größten, die in Pelorn leben. Er baut sich also vor dem Tor auf, und wenig später erscheinen weitere Jäger. Sie führen drei Jünglinge mit sich, kaum 20 Jahre alt. Die Jünglinge sind kaum imstande, sich auf den Beinen zu halten, die Haut von Peitschenhieben zerfetzt, und einer von ihnen hat der Haut gar wenig am Körper, wurde sie ihm doch zum Großteil bereits abgezogen. Also hängen sie mehr zwischen den Jägern als sie stehen, und wer mag erahnen, ob sie der Worte, die der Hüne nun spricht überhaupt lauschen?   “IMERIA!” schallt plötzlich ein lauter Ruf über den Platz, und jeder, der gerade in der Nähe ist, bleibt stehen um zu sehen, was hier nun vor sich gehen mag. “Imeria! Das Haus der Häuser, der Stolz Meras, der Ursprung alles Guten auf dieser Welt! Gebenedeit sei, wer die Macht Imerias anerkennt, denn er wird eine goldene Zukunft haben! Verdammt sei, der das Haus Imeria mit Füßen tritt, es mit Schmutz besudelt, denn er wird Schande, Pein und Tod finden! Diese drei Exkremente eines Wurmes rühmten sich damit, sie wollten Imeria in den Arsch ficken, nun sollen sie auf diesselbe Weise sterben!”   Die Pauke, für die kurze Dauer der Ansprache stumm, nimmt nun ihren langsamen Rhythmus wieder auf. Und synchron mit der Pauke sind nun auch die schweren Hammerschläge zu hören, mit denen die langen Stäbe in den Anus der Delinquenten getrieben werden, alle sieben Sekunden ein Schlag, bis sie den Jägern fest genug zu stecken erscheinen. Die Stäbe werden nun aufgerichtet und in die Löcher versenkt, eingebraben, befestigt. Es ist eine schweißtreibende Arbeit für die kräftigen Jäger, und doch ist dies nicht vergleichbar mit der Qual, die die Jünglinge nun erleiden, während der Pfahl immer tiefer in ihre Eingeweide rutscht. Markerschütternde Schreie verhallen in den Ecken des Viertels, übertönen das fortwährende Klopfen der Pauke. Blut und Exkremente rinnen die Pfähle herab.   “Der Ehre Imerias ist Genüge getan!” ruft der Hühne plötzlich wieder. “Sieben Stunden sollen sie hängen, sieben Stunden, bis ihre Körper Tieren zum Fraße dienen mögen. Sieben Arkh der Schwarzen Schlange im Knochenhain!”   Die Zeremonie ist bereits vorüber. Einzig zwei Jäger bleiben zurück, um die auf den Pfählen noch immer wimmernden Jünglinge zu bewachen, die irgendwann wohl doch der erlösende Tod ereilen wird.
Mon, Aug 12th 2024 04:53   Edited on Mon, Aug 12th 2024 04:54

Als Mari das Haus verläßt, hat sie außer den Paukenschlägen, nichts von der Hinrichtung mitbekommen und auf dem Platz, auf dem die Pfähle aufgerichtet wurden, stehen immer noch einige dutzend Leute herum. Auf einigen Gesichtern zeichnet sich unverhohlene Schadensfreude ab, einige grinsen sogar und machen sich lustig, doch die Mehrheit der Leute zeigt betroffene Minen über die grausame Art der Hinrichtung. Es sind nicht soviele Menschen, daß sich Mari durchdrängen muß, aber genug, daß sie sich ihren Weg zwischen ihnen suchen muß. Nur ein paar Meter vor den Gepfählten bleibt sie einen Augenblick stehen. Zwei sind entweder schon tot oder ohnmächtig, doch der Blonde windet sich immer noch schwach auf dem Pfahl, das Gesicht zu einer grausigen Maske der Qual verzerrt. Für einen Moment erschrickt Mari und glaubt in das Gesicht Gulamas zu blicken, so ähnlich sind sich die Geschwister. Doch schnell verfliegt dieser Augenblick und Mari macht ein, zwei Schritte auf den Pfahl zu. Sie hebt mitleidlos den Blick hinauf zu dem Sterbenden. „Sie wartet schon auf dich!“: sagt sie vernehmlich, um sich nach einem Augenblick abzuwenden. Der Blonde auf dem Pfahl starrt mit weit aufgerissenen, blutunterlaufen Augen auf Mari herab und dann löst sich ein gurgelnder Schrei aus seiner Kehle. Entsetzen und Angst klingen in diesem Laut der Qual, dann erstickt ein Schwall Blut den grausigen Laut, ein Zittern durchläuft den geschundenen Körper und dann hängt der Blonde still mit schlaffen Gliedern an seinem Pfahl, doch das sieht Mari nicht mehr.