Die Fahrt der Rotstern Prose in Noevalne | World Anvil
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Die Fahrt der Rotstern

Das Schiff verlies den Hafen kurz nach Mittag. Eine leichte Brise spannte die Segel. Die Mannschaft war gut gelaunt. Sie würden nur einen knappen Tag unterwegs sein. Hayldah gähnte und streckte sich. "Ich lege mich eine kleine Runde hin. Weck mich, wenn es Nacht wird." "Ein kleines Nickerchen?", Sarnive runzelte die Stirn, "Ihr habt schon heute Nacht zehn Stunden geschlafen." "Meditiert." "Ich hatte gehofft Ihr könntet mir Eure Version der Helirath-Graineflechtung noch einmal demonstrieren." "Du kannst sie selbst schon lange gut genug. Es fehlt nur etwas Übung.", Hayldah gähnte erneut, "Und lass die Formalitäten, Nive. Ich bin deine Lehrerin, keine Sklavenmeisterin." Sarnive kniff die Augenbrauen zusammen und zog einen Schmollmund. "Ich gehe schlafen. Genieß die Seeluft." Die junge Runenschmiedin lehnte sich an die Reling, während ihre Meisterin mit neuen Elan in Richtung ihrer Schlafstätte schritt.   Sarnive schluckte und versuchte von der Übelkeit in ihrer Magengegend wegzudenken. Einige Vögel flogen am fernen Horizont. Ihr Bruder würde wissen was für Tiere das waren. Eine kräftige Windböe blies in ihr Gesicht und sie genoss es wie sie an ihren Haaren zerrte. Frische salzige Luft. Ihre Meisterin medierte oft. Sie selbst fand wenig Erfüllung darin. Auf dem Schiff jedoch gab es wenig zu tun. Sie zog sich in ihren Körper zurück und atmete tief ein. In ihrem Inneren waberte die Energie chaotisch umher. Sie streckte ihre inneren Hände aus und versuchte eine Kugel zu formen, sie zu umfassen. Ein Knall, ein scharfes Pfeifen. "Mädchen.", jemand packte sie an der Schulter, "Jeh under Deck. Hier wirds unjemüdlich." Sie fröstelte. Ihre Füße waren nass. Eine weitere Böe raste heran und riss an ihrer Kleidung. Sie ging geduckt auf die Luke zu. Im Bauch des Schiffes war es trocken. "Bis' ja janz blass, Kind.", ein alter Mann blies ihr stinkenden Rauch entgegen, "Keene Sorje, die Jungs kennen sich mid so 'nem Pheriaswedder aus." Sarnive kauerte sich in eine Ecke. Die Übelkeit kam zurück.   So schnell der Sturm sie erfasst hatte, so schnell verschwand er wieder. Sobald die Seeleute es erlaubten, begab Sarnive sich zurück nach draussen. Eine sanfte Brise vertrieb das flaue Gefühl in ihrem Magen. Sie streckte sich und genoss die Sonnenstrahlen, die vereinzelt durch die Wolken schienen. Ob ihre Meisterin den Sturm wohl gut überstanden hatte? Sie beschloss ihren Schlafplatz aufzusuchen.   Vor der Koje lag einer von Hayldahs Ringen. Die Meisterin war nicht da. Vielleicht war sie vom Unwetter geweckt worden. Sie schob sich den Ring auf den Finger. Larelfin hatte die Meisterin ihn genannt, oder war das Filerisseth? Warum gravierte ihre Meisterin die Namen nicht ein, wenn sie ihr doch so wichtig waren? " 's gibt Abendbrot.", der Seemann trottete weiter. Ihr Unwohlsein hatte ihren Hunger abflauen lassen, aber ihre Meisterin legte Wert auf ihre Mahlzeiten.   Ihre Unruhe nahm immer weiter zu. Sie hatte ihre Meisterin schon seit Stunden nicht gesehen. Wo steckte sie nur? Das Schiff war nicht groß. Und keiner der Seemänner hatte Hayldah nach dem Sturm gesehen... Sie musste sich beruhigen. Sarnive biss sich auf die Unterlippe. Hatte Hayldah sich in eine Hängematte der Besatzung gelegt? Es war gut möglich, dass sie den Sturm selig schlafend überstanden hatte. Inzwischen wurde es dunkel. Ihre Augen waren voller Tränen. Wo war ihre Meisterin?
— Verschwinden der Goldweberin, Firand Denvil, TE 416


Cover image: Placeholder: Marels Alptraum by Ilmaine

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