Elars Dämonenschlag
Es war eine Zeit des Wahnsinns, eine Ära, in der die Flamme des Glaubens sich in ein wildes Inferno verwandelte, das alles um sich verschlang. Die radikalen Anhänger Elars, des Schicksalswebers, hatten sich von den edlen Lehren ihres Gottes abgewandt. Einst waren sie die Hüter der Balance, jener, die das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse bewahrten, doch nun sahen sie sich als Richter und Henker der Sterblichen, ihre Seelen verdunkelt von Fanatismus. Ihr Glaube war zu einer Waffe geworden, geschärft und gnadenlos, und sie rechtfertigten jeden Gräuel im Namen ihres Herrn, der selbst im Himmel schweigend auf sie herabblickte.
Ihr Zorn richtete sich gegen die Tieflinge, jenes Volk, das aus den tiefen Schatten der Welt hervorgegangen war, gezeichnet von den dämonischen Kräften, die ihre Vorfahren einst durchbohrt hatten. Sie galten als Geächtete, als Kinder der Verderbnis, und die radikalisierten Anhänger Elars sahen in ihnen nichts als Werkzeuge des Chaos, welche die göttliche Ordnung der Welt bedrohten. In ihrem Wahn erklärten sie die Auslöschung der Tieflinge als göttliches Mandat, als den Willen Elars, obwohl der Gott nie ein solches Urteil gefällt hatte.
So begann die „Jagd auf die Dämonen“, und die Tieflinge, unschuldig und verloren, wurden in ganz Kyrinta gejagt, ihre Siedlungen niedergebrannt, ihre Körper unter dem kalten Stahl der fanatischen Krieger zerschmettert. Die Flüsse der Welt färbten sich rot vom Blut jener, die die Gnade Elars suchten, aber nur den kalten, erbarmungslosen Zorn seiner Anhänger fanden. Der Name Elars wurde in diesen Tagen geflüstert, nicht in Ehrfurcht, sondern in Furcht, denn seine Priester hatten das Schicksal der Völker von Kyrinta in die Dunkelheit getrieben.
Im Zentrum dieses Wahnsinns stand Gornja, die stolze und glorreiche Stadt am Rande des Meeres. Dort erhob sich der größte aller Tempel Elars, ein gewaltiger Bau, der hoch in den Himmel ragte, mit Türmen, die die Wolken zu durchbohren schienen. Es war der Sitz der fanatischen Priesterschaft, jener, die behaupteten, den Willen Elars selbst zu sprechen. In diesen dunklen Hallen wurde beschlossen, dass die Jagd auf die Tieflinge noch erbarmungsloser werden müsse, bis jeder Tropfen dämonischen Blutes aus Kyrinta getilgt wäre.
Doch Elar, der geheimnisvolle Gott, der über die Fäden des Schicksals wachte, konnte das Chaos, das seine Anhänger angerichtet hatten, nicht länger ertragen. Lange hatte er geschwiegen, lange hatte er die Entscheidungen der Sterblichen beobachtet und abgewogen, doch nun war der Punkt erreicht, an dem er eingreifen musste. Das Gleichgewicht, das er so sorgsam bewahrt hatte, war ins Chaos gestürzt. Die Ordnung der Welt drohte zu zerbrechen.
Und so geschah es, dass in einer Nacht, die später als die „Nacht des Dämonenschlags“ in die Geschichte eingehen sollte, der Himmel über Gornja bebte. Dunkle Wolken zogen sich zusammen, und ein Sturm von solcher Macht und Wut erhob sich, dass selbst die Ältesten sich an keine vergleichbare Nacht erinnern konnten. Der Wind heulte wie eine Bestie, Blitze zerrissen den Himmel, und Die Menschen der Stadt, ob gläubig oder nicht, fielen auf die Knie und beteten, doch keine Antwort kam.
Elar selbst schritt herab, unsichtbar für das Auge der Sterblichen, doch seine Präsenz war überall spürbar. Mit einer Bewegung seiner Hand zog er die Fäden des Schicksals der Stadt Gornja zusammen. Die Steine des großen Tempels begannen zu beben, und die Erde unter der Stadt riss auf. Mit einem Donnern, das den Himmel zu spalten schien, schlug Elars göttlicher Zorn mitten in das Herz der Stadt ein. Der Boden barst unter dem Tempel, und der große Bau, einst Symbol von Macht und Glauben, zerfiel in sich selbst, verschlungen von einem gigantischen Krater, der sich wie ein hungriger Schlund auftat.
Die Priesterschaft, die sich in Sicherheit wähnte, wurde in einem Augenblick ausgelöscht. Keine Spur blieb von ihren Leibern, keine Erinnerung an ihre Schreie, als sie in die Tiefe gezogen wurden. Es war, als hätte die Erde sie verschlungen, auf Befehl des Gottes, dem sie einst dienten. Die Stadt erzitterte, und überall stürzten Gebäude ein, während sich ein mächtiger Sturm über den Ruinen erhob.
Doch Elar war nicht gekommen, um die Stadt dem völligen Untergang zu weihen. Nachdem sein Zorn sich entladen hatte, ließ er den Sturm abebben, und die Wolken zogen sich zurück, als ob nichts geschehen wäre. Doch wo einst das stolze Zentrum Gornjas gestanden hatte, lag nun ein gewaltiger Krater, in dessen Mitte sich langsam Wasser sammelte. Es formte einen See, tief und dunkel, der sich über die Jahre mit dem Meer verband und zum neuen Hafen der Stadt wurde. Der Krater war ein Mahnmal für Elars Macht, und zugleich das Grab all jener, die in seiner Kirche gesündigt hatten.
Mit seinem Eingreifen sprach Elar ein göttliches Verbot aus, das durch die Echos der Zeit hallen sollte: „Niemals wieder soll ein Tempel oder eine Kirche in meinem Namen errichtet werden. Niemals wieder soll ein Sterblicher behaupten, meinen Willen zu kennen und in meinem Namen zu richten.“ Seine Worte, gesprochen in die Stille der Nacht, wurden in das Schicksal der Welt geschrieben, und von diesem Tage an gab es keine Priester mehr, die es wagten, sich im Namen Elars zu erheben.
Die Menschen Gornjas, tief getroffen von der Zerstörung, aber zugleich dankbar für ihr Überleben, bauten ihre Stadt neu auf. Der Krater, der einst das Herz der Stadt zerstört hatte, wurde zu ihrem Hafen, und Gornja wuchs um ihn herum, eine Stadt, die in den Schatten von Elars Zorn entstand. Der See wurde bald zu einem Symbol der Erinnerung, ein stiller Zeuge jener Nacht, als der Gott des Schicksals hinabstieg, um das Chaos seiner eigenen Anhänger zu beenden.
Die Jagd auf die Tieflinge fand ein jähes Ende. Die Völker von Kyrinta, gezeichnet von den Wunden der fanatischen Kriege, begannen, den Fehler ihrer Wege zu erkennen. Doch die Tieflinge blieben für immer ein geächtetes Volk, verfolgt und gefürchtet, obwohl die Zeit der offenen Jagd vorbei war. Und so ruhte der Schatten von Elars Dämonenschlag lange über der Welt, eine Mahnung, dass selbst die Götter nicht vor Zorn zurückschrecken, wenn das Gleichgewicht aus den Fugen gerät.
Von jenem Tag an wurde Elar als der unsichtbare Richter angesehen, der Schöpfer der Ordnung und der Hüter des Schicksals, der von weit oben auf die Welt herabblickte, doch nie wieder einen Tempel duldete, der in seinem Namen erbaut wurde.