Vom Kämpfer zum Krieger Character in Inner Earth | World Anvil

Vom Kämpfer zum Krieger

Äußerlich hielt er sich aufrecht. Das tat er schon seit Jahren. Man hatte ihm vor einer Ewigkeit Schwert und Schild gegeben und ihn in den Kampf geschickt. Wie er die meisten Scharmützel überlebt hatte, konnte er gar nicht sagen, aber auch jetzt stand er noch auf seinen Beinen und hielt den Blick erhoben. Darin war er gut. Auch wenn seine Haltung nicht an sein Herz heran reichte.

Die Klinge hatte einmal zu viel Blut gekostet und das Schild war übersät von Kerben, sodass es ein Wunder war, dass es noch hielt. Seine Waffen waren robust, genau wie er. Jedoch beschlich ihn das Gefühl, dass Robustheit und Kraft ihn nicht mehr lange tragen würden. Etwas fehlte schon seit einer geraumen Weile, aber bemerkt hatte er es zunächst nicht. Und als er es dann bemerkte, hörte er nicht darauf. Das hatte er schon immer so gemacht. Es würde vergehen und er würde vergessen, so wie immer.
Es geschah genau so, wie er sich das vorgestellt hatte, er kämpfte es nieder und vergaß es für eine Weile. Jedoch hielt es diesmal nicht lange vor. Es kam wieder, immer und immer wieder, bis er das hohle Gefühl nicht mehr bekämpfen konnte.

Er stand da, etwas weniger aufrecht als zuvor. Sein Atem ging flach und rasselnd. Für wessen Mannes Überzeugung kämpfte er gerade? Er wusste es nicht mehr. Oder kämpfte er gerade für die Überzeugungen einer Frau? Zu spät hatte er erfahren, dass der Kampf des Vergessens nicht nur ungewollte Erinnerungen auslöscht. Wie viele Werte hatte er bereits auf diese Weise verloren? Wo waren seine Werte? Was waren seine Werte?

Fast hätten ihn seine Gedanken den Kopf gekostet, denn der nächste Hieb seines Gegners kam unbarmherzig und tödlich. Im letzten Moment riss er den schartigen Schild hoch und blockte die Klinge. Die Erschütterung schoss ihm über den Arm bis in die Schulter. Auch sein Gegner keuchte, aber in dessen Augen konnte er ein Feuer sehen, dass ihn selber einmal erfüllt hatte. Hatte er auch das vergessen? Er war neidisch. Er spürte es deutlich in seiner Brust. Der Neid kochte in ihm und schmerzte schlimmer als die Erschütterung des letzten Schwertstreiches.

Ein Schrei suchte den verworrenen, aber unaufhaltbaren Weg aus seinen Eingeweiden, alles andere vergaß er. Selbst den Gegner, Schwert und Schild. Als der nächste Hieb ihn erreichte, hatte er ihm nur einen tiefen, animalischen und urgewaltigen Schrei entgegenzusetzen. Während der Schrei aus seinem Körper fuhr, drang des Gegners Klinge tief in sein Innerstes. Seine Haltung, sein Wesen, sein Fleisch zerfetzte, löste sich auf und fiel in sich zusammen.



Als er die Augen öffnete, erwachte er zum ersten Mal und lächelte.
 

Herzenskrieger by Walzman


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