Der Traum
Eine Vision vom Abgesanden "Der Bote" kurz nach dem Tod seiner/ihrer sterblichen Hülle, offenbar eine Miranerin.
Auf einmal kommt es euch so vor, als vibriere euer Körper in Einklang mit den Schwingungen des Raums. Ihr erlebt einen Moment perfekter Stille. Aus den dunklen Augen und dem Mund des Abgesandten bricht Feuer hervor und ein helles Licht blendet euch. Der Boden unter euren Füßen verschwindet und ihr werdet irgendwo in weite Ferne transportiert.
Als ihr eure Sinne zurückerlangt, seid ihr umgeben von terrassenartigen Feldern mit hohem Getreide. Tiefer unten in dem üppigen grünen Tal seht ihr eine Ansammlung von runden, weißen Gebäuden in perfekt angeordneten Reihen. Zwei blasse Sonnen folgen einander über den blauen Himmel. Am Horizont ragen drei gigantische Zikkurats bis in den Himmel. Irgendwo in der Ferne erklingt ein Windspiel. Ihr vernehmt Gesang hinter euch und seht jemanden über die Felder auf euch zukommen. Das Lied ist in einer fremden Sprache, aber es berührt euch tief. Der Sänger hingegen scheint ein ganz gewöhnlicher Mensch zu sein, eine kleine androgyn wirkende Gestalt in einem langen gelben Gewand mit einfachen Blumenstickereien in Weiß und Gold, um die Hüfte zusammengehalten von drei weißen Bändern.
Um die Schultern liegt ein rotes Tuch und ein einfacher Hut in vielen Farben schützt den rasierten Kopf vor den Sonnen. Tätowierungen
von Ranken auf Stirn und Wangen – ihr goldener Ton bildet einen deutlichen Kontrast zur schwarzen Haut – umrahmen ein freundliches Lächeln in einem wettergegerbten Gesicht. Der Sänger verneigt sich höflich und spricht euch auf einen kurzen Gehstock gestützt an: „So treffen wir uns endlich. Ihr müsst mir die Umstände vergeben, doch mein Gefäß wurde zerstört und kann nicht länger für mich sprechen. Die Ärmste. Ich konnte den Schaden durch die Dämpfe des Gasriesen reparieren und auch den sinnlosen Versuchen der Märtyrer widerstehen, mich zu foltern. Doch es scheint, als hätten mich unsere alten Erzfeinde schließlich eingeholt.“
Der Sänger schaut auf. Der Himmel verdunkelt sich schlagartig und ein Donnerschlag hallt von den Hängen des Tales wider. Wind
kommt auf, als leichter Regen zu fallen beginnt. „Uns bleibt nicht viel Zeit. Unsere Feinde sind in ihren Plänen bereits viel weiter fortgeschritten, als ich erwartet hatte. Der Vorfall auf Taoan war erst der Anfang. Der weiße Schmetterling wird weiterhin an der Barrikade kratzen, die ihr vor so langer Zeit errichtet habt. Die Flügel des Schmetterlings werfen Schatten auf den Horizont.Seine Agenten erwachen und meine Geschwister sind in Gefahr. Wir hatten gehofft, euch früher erreichen zu können, doch das Lied war nicht stark genug. Gemeinsam hoffen wir, eure schlafenden Erinnerungen wecken und euch auf den aufziehenden Sturm vorbereiten zu können, doch der geflügelte Schatten droht, dies zu verhindern. Werdet auch ihr fallen, so wie ich? Ich bin nur ein Echo meines wahren Selbst, ein Singvogel, dessen zarte Töne nur noch in den Vibrationen von Tempelfenstern weiterleben, im trägen Atem der Marmorböden und im Seufzen des Windes. Ohne die anderen wird das Lied niemals stark genug werden. Und ohne das Lied gibt es keine Hoffnung für den Dritten Horizont.“
Plötzlich werden die Wolken grell von hinten angestrahlt und ein ohrenbetäubender Knall hallt durch das Tal. Der Sänger schaut auf
und dreht sich dann mit einem besorgten Blick in den durchdringenden Augen zu euch um. „Der Schmetterling hat versucht, mich zu zerstören und dabei Energie aus der Finsternis gezogen. Gleich wird etwas durchbrechen.Wir werden uns wiedersehen, aber ihr müsst nun heimkehren.“
Der Sänger verneigt sich erneut. Einen grellen Lichtblitz später steht ihr wieder in dem Krankenhaus in Sultra, neben dem leblosen
Körper des Abgesandten.
Typ
Imagery, Religious
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