Nalivs Fiebertraum Prose in Bacreia | World Anvil
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Nalivs Fiebertraum

Naliv. Du träumst. Oder zumindest glaubst du, dass du träumst. In letzter Zeit ist es etwas schwierig, das festzustellen, vor allem wenn deine Träume so sehr der Realität gleichen. Es ist dunkel; du befindest dich in einem diffusen Zustand der Verwirrung, um dich herum nichts als schwarze, unscharfe Leere. Du weißt nicht, wie lange du schon hier bist. Hin und wieder taucht Lis Bachbrise auf und bringt dir etwas zu essen und das sind die Momente, in denen du sicher weißt, dass du wach bist. Doch dann blinzelst du und deine Schwester steht neben ihr, oder Okanan oder Metwinyíu und diese Sicherheit löst sich in Luft auf. Zu Beginn deiner Gefangenschaft warst du wütend. Du bist Baek Naliv Ebin’en, abakan arkzyz’i, wie kann dieses dahergelaufene Frauenzimmer sich erdreisten, dich zu entführen und einzusperren??
Ich weiß nicht wie lange du wütend warst und du hast ebenso wenig einen Maßstab dafür. Aber früher oder später ist dir klar geworden, dass deine Beschwerden, deine Wut nicht nur auf taube Ohren fallen, sondern dass es nicht einmal jemanden gibt, der dich hören könnte. Du bist in jeglicher Hinsicht gänzlich allein.
Du bist ein mächtiger Mann, Naliv Ebin’en. Du wurdest mit politischer Macht geboren, bist mit wirtschaftlicher Macht aufgewachsen, hast militärische Macht kommandiert und magische Macht erlernt. Dein ganzes Leben lang konntest du deine Titel nennen oder jemanden bezahlen oder auch einfach nur gut zureden um zu bekommen, was du willst. Und wenn all das nichts geholfen hat, konntest du deine Ressourcen bei anderen Leuten verwenden, um dich der Unwilligen zu bemächtigen. All diese unterschiedlichen Arten von Macht sind ihre eigene Art von Magie. Du brauchst verbale Komponenten, in Form von Komplimenten, Befehlen oder Drohungen, somatische Komponenten, ein Fingerschnippen, ein Kopfnicken, ein gezückter Dolch, materielle Komponenten, Geld, Geheimnisse, jede Währung funktioniert, und am Ende geschieht ein Wunder.
Aber sowohl was deine Zauber als auch den Rest deiner Machtbereiche angeht, kommst du jetzt zu einer jähen Erkenntnis: genau wie du die wenigsten deiner Zauber auf dich selbst wirken kannst, bringt dir all die Macht nichts, wenn es niemanden gibt, den du manipulieren kannst.
Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis Naliv zu dem Schluss kommt. Wenn er das aber versteht, wie fühlt er sich dabei?
  • Warum sollte er gerettet werden?
  • Vielleicht hat er all das verdient
  • Wie lange dauert es, bis ein Elf verhungert?
Du weißt nicht, ob es Krankheit ist, die deinem Körper beginnt zu schaffen zu machen, oder Mangelernährung oder schlichtweg die Ermangelung anderer Aktivitäten, aber immer wieder und immer öfter fällst du in einen unruhigen Schlaf. Und du träumst.
Eine Stimme dringt durch das Nichts. Eine Stimme, oder auch zehn oder tausend oder keine. „Erinnerst du dich… an den Anfang?“
Bilder, Wahrnehmungen huschen durch deinen Geist. Erinnerungen. Du stehst auf einem gepflasterten Weg, vor dir ragt ein altehrwürdiges Gebäude aus Marmor auf, unendlich hoch, als wolle es die Wolken kitzeln. Jemand zieht an deiner Hand und du blickst hinunter zu deinem Freund – schon immer kleiner als du und wird es auch immer bleiben – der dich mit einem breiten Lächeln ansieht. „Bereit?“, fragt er dich. Du hast keine Zeit zu antworten, bevor es dich weiterzieht.
Du wurdest geschaffen aus einem Grund, aus dem ersten gebrochenem Herz der Welt. Aus diesem Grund bebt die Erde, wenn du und deine Geschwister Jagd machen. Aus diesem Grund spielt ihr mit den Sternen selbst. Aus diesem Grund rast ihr eurer Beute hinterher. Dort- Dort, wo einmal der Horizont sein wird, sitzt sie in der Falle. Du stürzt dich auf den Namenlosen Teufel und bringst ihn zum Fall. Triumphierend heulst du auf und dann ist deine Schöpferin da und-
Du hast dich schon oft mit dem jungen Doktor der Illusionen an deiner Seite getroffen, aber noch nie in seinem Privathaus. Der Grund dafür: „- meine Gattin, Vyvya Imaxan.“ Es ist das einfachste auf der Welt, ihre dargebotene Hand zu nehmen und die Knöchel zu küssen. Irgendetwas an ihrem bezaubernden Lächeln, das bis zu ihren tiefblauen Augen reicht, klingt wie eine Warnung. Aber du bist kein Feigling, also-
Du stehst barfuß auf einer Wiese im Garten des Zuhauses deiner Kindheit. Räucherstäbchen brennen und du musst niesen. Du schniefst leise. Neben dir steht ein stolzer, alter Elf, der dir einen missbilligenden Blick zuwirft. „Nimm dich zusammen, Junge“, fährt er dich an. Deine Großmutter auf der anderen Seite, legt dir eine Hand auf den Kopf, mit der anderen trägt sie ein kleines Kind auf der Hüfte. „Sei nicht so streng, Nalivik. Heute ist ein schwerer Tag, den darf er haben.“ Der alte Elf schnaubt. „Du bist zu weichherzig. Komm, Junge, wir überlassen die Tränen den Frauen.“ Du wirfst noch einen Blick auf die unscheinbaren gravierten Steinplatten unter den Räucherstäbchen. Du weißt, dass du dich eigentlich an diesen Tag nicht in solcher Klarheit erinnern solltest. Du weißt, dass unter den Platten zwei in Tücher gehüllte Leichen begraben sein sollten. Und du weißt, dass diese Erinnerung dich traurig stimmen sollte. Aber du fühlst überhaupt nichts.
Du sitzt auf der Pultkante in einem Arbeitszimmer. „Naliv – ich darf doch Naliv zu dir sagen, nicht wahr?“ Es ist zu einfach zu lachen und zu sagen: „Aber nur, wenn ich Okanan sagen darf“, wie alle Lügen es sind.
In der Leere gibt es eine Bewegung. Eine Hand, die noch keine Arbeit kennt, gleitet durch die Realität wie einen stillen See. Sie hebt dein Kinn, deinen Kopf, deinen Körper aus dem Sternenmeer. Augen lernen Sehen und erblicken silbrige Tränen auf einem Gesicht, das Augenblicke zuvor keine Trauer kannte. Eine Träne tropft auf deine Stirn, wo einmal ein anderes Zeichen prangen soll. Ohne Worte, denn die gibt es noch nicht. verstehst du die Frage: Was bist du? Und du echost: Was bin ich? Bin ich? Ich, ich, ich? Dabei ist die Antwort so offensichtlich: Dein, dein, dein.
Du sitzt in einem Hörsaal, dein bester Freund neben dir und du hörst dich selbst das Ende einer Frage stellen: „- als Anker in Beschwörungszaubern, Magister Invelun?“ Der damals noch deutlich noch jüngere Elf antwortet: „Exzellente Frage, Ebin’en! Das ist natürlich eine Herangehensweise, die aus der Beschwörungsschule selbst kommt, und nichts läge mir ferner als den Experten ihre Kompetenzen abzusprechen. Auf der anderen Seite, wenn man sich ein Beispiel an den Schattenillusionen nimmt-“ Du bist im Verkaufsraum in Neu-Ajudê in eine hitzige Diskussion mit deinem Vetter vertieft, als ihr unterbrochen werdet: „Verzeihung“, sagt eine Dunkelelfe, die du zunächst hassen und dann lieben lernen wirst. „Gehe ich Recht in der Annahme, dass dieses Geschäft magische Ingredienzen führt?“
Du liegst auf einer Wiese und schaust in den zu hellen Himmel mit der leuchtenden Sonnenkugel darin. Alles hier ist neu. Bis vor einigen Augenblicken kanntest du nur Sternenmeer und Wolkenberg und Krieg und Tod und Schmerz. Aber in dieser Welt soll es etwas geben, was Frieden heißt. Deine Schöpferin setzt sich neben dich und streicht durch dein Fell. Worte gibt es schon, aber ihr braucht sie nicht. Ihr habt soeben etwas Neues erfunden: Hoffnung. Und: Neugier. Und: Angst.
Du stehst auf einem abgelegenen Feld vor den Mauern von Neu-Ajudê. Soeben hast du einen Bannkreis gezeichnet, mit magischer Kreide, die nicht dir gehört. In den Händen umklammerst du fest ein Zauberbuch, das nicht dir gehört. All das, für ein Eidolon, das bald dir gehören wird. „Bist du sicher, dass das funktionieren wird?“, rufst du deiner Begleiterin zu, die fünfzig Meter entfernt am anderen Ende des Kreises steht. Ihr Grinsen ist trotzdem nicht zu übersehen. „Nein. Aber ich bin sicher, dass du kein Angsthase bist.“ Du holst Luft und beginnst zu sprechen: „Ladbâko-“
Du sitzt in einer schmuddeligen Taverne in einer vejaischen Kleinstadt. Zwei Barden spielen ein Duett und ein impertinenter junger Mann reicht dir seine Hand und fragt: „Darf ich um diesen Tanz bitten?“
WAS TUST DU?
In der leeren Dunkelheit um dich herum regt sich etwas. Eine Gefahr? Du bereitest dich darauf vor, einen Zauber zu wirken. Ein Stern erscheint, unendlich weit entfernt und langsam, wie ein leuchtendes Auge, das sich langsam öffnet. Und daneben: ein zweiter. Du weißt, du wirst beobachtet.
Die Stimme oder Stimmen oder doch keine Worte kehren zurück: „Weißt du noch… was folgte?“
Du stehst wieder vor dem Eingang der Universität. Sie ist noch immer so beeindruckend wie am ersten Tag, aber du hast deine Nervosität verloren und deinen besten Freund und achtzig Jahre deines Lebens.
Die Gestalt unter dir windet sich und du siehst etwas in ihren Augen, was noch keinen Namen hat, doch weißt du, dass es nicht richtig ist. Deine Schöpferin schwingt ihr Schwert und die Gestalt rührt sich nicht länger. Du stupst sie an. Das letzte Mal, so sagte man dir, entstandst du und deine Geschwister. Doch diesmal fallen keine neuen Sterne ins Meer.
Du sagst: „Ich denke, es ist besser, wenn wir uns nicht länger treffen. Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast, aber wir wissen beide, dass das hier keinen Bestand haben kann.“ Sie sieht nicht von ihren Büchern auf. „Vyvya?“, versuchst du es zögerlich. „Ist das alles?“, fragt sie daraufhin. „Dann kannst du nun ja gehen. Ich erwarte Besuch.“
[Naliv gibt Trauer auf]
„Naliv! Ich wusste nicht, dass du hier bist.“ Das Lächeln kommt immer schwerer. „Nur kurz. Ich wollte gerade-“ Okanan unterbricht dich: „Willst du nicht zum Essen bleiben?“ Etwas regt sich in deiner Brust, wenn du den gebrochenen Ausdruck in seinen Augen siehst. Wärst du ein gütigerer Mann, könnte man es Mitleid nennen, doch stattdessen ist es Verachtung. „Besser nicht, Doktor. Guten Tag.“
Es kostet dich alle Disziplin in deinem Leib, nicht zu rennen, sondern nur zügig zu gehen. Heute weißt du schon, dass deine Sorgen begründet sind. Damals ist es nur Ahnung, die dich an diesen Ort bringt. Du stößt die Tür auf. Das Bett ist zerwühlt und nicht gemacht, der Stuhl umgeworfen. Das Zimmer, das noch gestern voll lachendem Leben war, ist leer. Alles was bleibt: eine Sonnenbrille, die sie niemals ablegt.
Du rennst so schnell wie der Wind, so schnell wie die Sterne dich tragen können. Jemand hat Nacht in diese Welt gebracht und Nacht bringt Jäger. Hoffnung ist von Angst verdorben, dass du nicht schnell genug bist. Lichter tanzen im schwarzen Himmel. Wächter, die alle denselben Ruf vernahmen. Dein großes Geschwister und dein kleines, dein listiges und dein starkes. Aber du bist das Schnellste, sie werden zu langsam sein, sie werden- Die Neugeborenen kauern im Angesicht einer Gottheit und du springst, aber du bist zu langsam und dann- Ein Schatten. Ein Stechen, das dir das Herz zerreißt. Dann ein gleißender Schild. Rechtzeitig für die Kinder. Aber nicht für den Jäger. Und die Dame der Tränen muss neue Sterne machen.
Du sitzt am Fenster in deinem Zimmer in Ajudê und beobachtest verträumt das Himmelszelt. Wieder und wieder zeichnen deine Finger die Rune, die der Wolf auf deine Stirn gebrannt hat. Ein Herold Naminîs… Mit dem Titel des königlichen Magiers zum Ziel bist du ein Engel der Bescheidenheit. Nur ein anderer Paktmagier in der Geschichte Bacreias kann von sich behaupten, was du vollbracht hast, und der ist schon lange tot. Von irgendwo her dringen Geräusche eines Fests zu dir. Ihr Gelächter können sie behalten, denkst du dir, als sich etwas in deinem Herzen regt, das dort geschlummert hat seit deine Eltern starben. Du hast etwas viel besseres.
Du öffnest die Tür zu deiner Kajüte auf der Tänzer Zweier Stürme. Endlich allein. Wie du es dir gewünscht hast. Warum also schleicht sich der Anblick von Norrlos zertrümmertem Gesicht wieder in deinen Geist?
Du stehst in einer Gasse und lehnst dich zu Riya hinab, während du ihr giftige Drohungen ins Ohr zischst. Ist es Genugtuung, die du spürst, als du die Angst auf ihrem Gesicht siehst? Sie wendet sich von dir ab und eilt zu Kira.
Du sprichst mit Kira und versprichst, ihre neue Magie zu ergründen. Sie sieht ehrlich dankbar aus. Wie ein braves Mittel zum Zweck. Und dann geht sie zurück zu Riya und Norrlo.
Die Leere kehrt zurück als du Nadya und Kira tanzen siehst. Sie wirbeln auf einem Maskenball aus Schatten umher. Narlen ist auch zu Gast, mit deiner Großmutter und anderen Schemen, die du nicht kennst. Letyen wiegt sich in den Armen von Pipyakurha, Metwinyíu ist umgeben von drei Hexen, Vyvya lässt sich von Okanan über das Parkett führen.
Und du? Du, Naliv Ebin’en, stehst am Rand und siehst zu.
Gardagan unterhält sich angeregt mit einer Gruppe von Studenten, und erinnert sich nicht an dich. Metwinyíu spinnt funkensprühende Magie zwischen ihren Händen, flankiert von Schatten, die sie zum Lachen bringen wie du sie noch nie lachen gesehen hast. Narlen lehnt sich zu einem der Schatten hinauf und küsst ihn auf den Mund. Ein leuchtender Engel steht hinter Kira und spielt ihre Geige. Nadya sieht dich an wie ein Spiegelbild, umgeben von zehn wabernden Säulen der Macht.
Das Nichts um dich herum ist kalt. Und noch etwas, was du noch nicht bereit bist dir einzugestehen.
„Ist das, wer du bist?“, hörst du in Celestial. Ko’ek steht neben dir, kaum von der Dunkelheit zu unterscheiden. „Ist das, wer du sein willst?“   Du betrittst diese fremde Zweite Welt zum ersten Mal mit einem Knurren durch ein Tor, das zu klein für deine wahre Form ist. Du stehst in einem silbern leuchtenden Bannkreis und beinahe hättest du gelacht. Als ob es so einfach wäre. Zwei Sterbliche stehen am Kreis, die eine mit einer Mischung aus Triumph und Ehrfurcht auf dem Gesicht. Du machst dir nicht einmal die Mühe, sie näher anzusehen.
Aber der andere… „Nordsternjäger!“, ruft er dich mit einem Übermut, den nur die Jugend kennen kann. „Ich habe dich gerufen, um einen Pakt mit dir zu schließen.“
„So?“, antwortest du. „Und was lässt dich glauben, dass ich Interesse habe?“
WAS TUST DU?
„Sieh hin“, fordert Ladbâko dich auf. „Sieh durch meine Augen.“
Du beugst dich zu den Sterblichen hinab und witterst. Der Geruch von frischen Sternen und nächtlichen Wolken klebt an ihm, unzertrennbar wie bei deiner Schöpferin. Aber darunter… Du schnaubst und die Schatten lüften sich. In seinem Torso ist ein Pochen und ein Licht, gleißender als Sonnenkugel, schmerzender als Geschwistertod, bunter als Nordlicht.
„In Ordnung“, sagst du und legst dich hin, um ihm auf Augenhöhe zu begegnen. „Lass uns reden.“

siehe Im Auge des Sturms 
Naliv Ebin'en hat einen Fiebertraum nach seiner Entführung durch Lis Bachbrise.