Kiras Welkirak-Vision Prose in Bacreia | World Anvil
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Kiras Welkirak-Vision

Kira. Das Nichts, das dich normalerweise im Schlaf umgibt wird durchbrochen. Zunächst kannst du nicht wirklich sagen, was es ist, dass deinen Schlaf stört. Doch dann kannst du erkennen, dass es ein Geräusch ist. Ein… Lied? Eine Melodie. Eine Melodie von der du das Gefühl hast, du solltest sie erkennen, aber… Sie ist zu leise, zu weit weg.
WAS TUST DU?
Du folgst der Melodie, stolperst blind durch die Dunkelheit, bis es auf einmal nicht mehr dunkel ist. Du blinzelst der untergehenden Sonne entgegen und siehst, dass du in einer Wiese stehst. Es ist ein vertrauter Anblick: es ist Spätsommer und ein Dorf liegt vor dir, ein hölzerner Tempel, ein knappes Dutzend Häuser, die Getreidefelder dahinter golden und voll, kurz vor der Ernte. Ein Anblick, den du niemals vergessen kannst.
Aber es gibt Dinge, die nicht passen. Die anders sind als du das letzte Mal einen letzten Blick über die Schulter zurückgeworfen hast, in der Nacht als du verschwunden bist. Das Gras ist höher als du es das letzte Mal gesehen hast, viel höher. Der Tempel ist glänzend und neu, noch nicht vom Wetter angegriffen. Am Dorfrand steht ein Haus, wo es zwei sein sollten. Und… Diese Melodie. Du kannst sie klar hören, wie sie von diesem Haus am Dorfrand zu dir herüberweht, begleitet von dem Klang einer Violine. Der Klang einer Violine, wie du ihn schon seit 15 Jahren nicht mehr gehört hast.
WAS TUST DU?
Du rennst so schnell deine Beine dich tragen. Während du näherkommst, kannst du eine Stimme hören, die singt:
  Es war in einer Welt lang vor unserer Zeit,
Nach Götterkriegen lag Bacreia wüst und leer,
Doch ein Engel machte die Weltentore weit
Und sandte für uns seine Tochter her.   Du stößt die Tür auf und siehst dein Vater sitzt in der Stube und spielt seine Geige während er die Ballade von Welkirak singt.
WAS TUST DU?
Du hörst: „Kira!“ Und auf einmal wirbelt dein Zwillingsbruder in dein Blickfeld. Er sieht aus als wäre er ca. 8 Jahre alt und du erkennst, dass du auch so alt bist. Er sagt: „Tanz mit mir!“ Und packt dich bei den Händen. Er fängt an mit dir zu tanzen und singt:
  In einer Zeit von Helden, Drachen und Magie
Tat sie Wunder wie es heut‘ niemand mehr vermag.
Dass sie nicht vergessen wird, darum sing‘ ich die
Ballade von der Kriegerin namens Welkirak.   Auf gewaltigen Schwingen zog sie durch die Luft
Gerüstet mit Stahlpanzer, Speer und Schild.
Begleitet von einer Brise von Freiheitsduft
Tat sie der Götter Wille in dieser Welt.   Und du erinnerst dich wie es war, dieses Kind zu sein. Du erinnerst dich, wie du mit deinem Bruder getanzt und gespielt hast, was ihr euch alles VORGESTELLT habt. Es ist ein eigenartiges Gefühl, als würden zwei Filme übereinander, gleichzeitig, nebeneinander laufen.
Du hörst deinen Vater singen:   Ihr Leben ist Legende, ihre Taten eine Mär,
Doch die Mär ist nicht vorbei, solang dies Lied erklingt.
Deine guten Taten sind ihre Wiederkehr.
Drum erinnert euch an Welkirak wenn ihr mit mir singt:   Während er singt erinnerst du dich gleichzeitig und stellst dir vor und du siehst, wie das, an das du dich erinnerst, das was du dir vorgestellt hast auf einmal Gestalt annimmt. Erst glaubst du, du hättest nicht richtig gesehen, aber doch: von der Violine aus steigen Fäden aus silbrigem Licht auf, die beginnen Outlines zu formen, dann Silhouetten, dann kommen Schatten hinzu, dann Farbe und während der Refrain erklingt, wirst du auf einmal aus der Szene herausgerissen, in die Bilder hinein. Du hörst:   Welkirak, Engelsglück, wird sie genannt
Ihre Heldentaten der ganzen Welt bekannt.
Zehn Teufel und Dämonen hat sie verbannt,
Städte aus Staub erhoben und Könige ernannt.   Du schwebst völlig frei im Himmel über den Wolken. Du hörst erst das Schlagen der Flügel, bevor du irgendetwas siehst, doch dann schnellt ein Schatten an dir vorbei, richtet sich vor dir auf. Nein, kein Schatten, erkennst du, eine Frau, die sich vor dir aufrichtet, dir den Rücken zugewandt. Lange schwarze Haare in einem Pferdeschwanz wehen hinter ihr im Wind, sie trägt eine Tunika und Sandalen, Schild und Speer. Und gewaltige blaugraue Schwingen, locker eine Spannweite von 3, 3,5, 4 m.
Du hörst ein Grollen und siehst ein Wesen, rote schuppige Haut und in Flammen gehüllt, die zu ihr aufsteigt. Die Frau vor dir greift den Speer fester und stürzt sich mit einem Schlachtruf auf ihren Gegner.
Mit einem Geräusch wie Donnergrollen direkt neben deinem Ohr wirst du wieder aus der Szene gerissen. Du findest dich wieder im Himmel, wenn auch knapp unter der Wolkendecke wieder. Donner grollt wieder und du siehst wie eine ähnliche flammende Figur durch die Wolken stürzt, nur eine Armlänge von dir entfernt. Einen Moment später folgt ihm die Frau, diesmal kannst du ihr Gesicht sehen. Du hörst „-ter, gib mir Kraft!“ Sobald die Worte ihren Mund verlassen haben sprühen Funken von ihren Augen und sie stößt den Speer durch die Brust ihres Gegners, der von grünem Feuer verschlungen wird. Und dann—so kurz, dass du erst denkst, du hättest dich geirrt, grinst die Frau, grinst Welkirak UND SCHAUT DICH AN. Und du siehst es, siehst die dunklen Augäpfel und die grünen Augen, die nicht nur Funken sprühen, sondern Flammen speien.
Dann wirst du wieder aus der Szene gerissen. Diesmal siehst du Welkirak Seite an Seite mit einem Dutzend, zwei Dutzend anderer Personen: manche von ihnen haben Flügel, andere Hörner und Schuppen, wieder andere ein Geweih wie ein Hirsch während manche scheinbar überhaupt keine Form haben, die dein Geist greifen kann. Du siehst wie sie alle dort stehen und zufrieden zusehen, wie die Erde unter einer Stadt zu beben beginnt, bevor sie sich, kaum merklich nach oben bewegt.
Die Szene ändert sich wieder und du hörst wieder eine Stimme, die Stimme eines Kindes, deine eigene Stimme:   Welkirak war stark und groß und kannte keine Furcht.
Sie aß mit Riesen unterm Meer mit ihren Feenfreunden.
Welkirak war sanft und recht, kannte weder Wut noch Groll.
Welkirak, deinem Pfad folge nun auch ich.   Und während du dich singen hörst, flattern Bilder an dir vorbei, zu viele als dass du alle verarbeiten könntest: Welkirak in Kämpfen, Welkirak verwundet auf einem Schlachtfeld, Welkirak in einem Zelt, die mit anderen Personen anstößt. Ein Bankett auf einem Tisch aus Korallen, Welkirak umgeben von Meerjungfrauen, Feen, auf dem Rücken eines Einhorns, auf dem Rücken eines Drachen. Welkirak, umgeben von lachenden Kindern, Welkirak, die eine schwangere Frau hinter sich schiebt, die Tränen von den Wangen eines Mannes streift. Und dann für einen Moment wieder dich selbst, in eurer Stube, wie du mit deinem Bruder zu der Musik deines Vaters tanzt.   Welkirak war brav und fromm und kannte kein Verrat.
Wie ihr Engelsvater folgte sie der Götter Wünsche.
Welkirak war schön und kühn, kannte weder Frust noch Leid.
Welkirak, deinem Pfad folge nun auch ich.   Du siehst Welkirak in einem Tempel aus weißem Marmor, zu Füßen der Statue eines Gottes kniet. Du siehst wie weißes Licht sich über sie ausbreitet, wie ein Schutzmantel. Du siehst, wie sie den Tempel verlässt und in leere Luft geht, ihre Schritte bleiben als weiße Fußabdrücke zurück, obwohl sie von keinem Boden getragen wird. Du siehst ein gewaltiges goldenes Tor, das aussieht als würde es sich kilometerweit in den Himmel erstrecken. Du siehst Welkirak, eine junge Welkirak, an der Schwelle dieses Tores, hinter ihr eine gewaltige Gestalt aus Licht. Welkirak atmet tief durch und tritt hindurch nach Bacreia.
Die Szene ändert sich und du siehst Welkirak mit grauen Strähnen in den Haaren und Falten im Gesicht in einem Hauseingang stehen, wie sie einem jungen Mann nachblickt, der in einem Wald verschwindet. Neue Szene, dieselbe Welkirak, die schluchzt und schreit, während Tränen ihre Wangen überströmen, ihre Finger in ihre Tunika gekrallt. Die Szene ändert sich wieder und du siehst einen anderen Hauseingang, diesmal derselbe junge Mann wie zuvor, nur dass er im mittleren Alter ist, der einer jungen Frau nachsieht. Die Szene wiederholt sich Mal um Mal um Mal, immer mit einer anderen Generation, bis du dich selbst siehst, wie du in die Nacht fliehst, der schwarze leere Eingang deines Hauses. Du blinzelst und die Dunkelheit blinzelt zurück, bevor grüne Flammen erscheinen, die schwarze Augäpfel beleuchten.
Du hörst die Stimme deines Bruders:   Narmaed, den Schrecklichen, erschlug sie überm Meer,
Dann tanzte sie für Tachael mit Kikâh Hand in Hand,
Nach dem Sieg bei Ajudê über‘s Ghulenheer,
Selbst Göttin Zarfusân in ihr eine Freundin fand.   Du wirst wieder in eine andere Szene gerissen: Welkirak auf dem Rücken eines gewaltigen schwarzen Drachen, der sich über einer stürmischen See windet während sie ihren Speer durch sein rechtes Auge treibt. Du blinzelst und immer noch das Meer, diesmal aber mit einem Felsen, auf der sich eine Sirene räkelt und singt. Welkirak hat einen Elfen bei den Händen gefasst und tanzt und lacht ausgelassen mit ihm.
Du wirst erneut aus der Szene gerissen und siehst Ajudê. Nicht wie Ajudê heute ist, sondern das ursprüngliche Ajudê, die fliegende Stadt, die über den Westen von Kratea gebot. Du siehst wie Welkirak sich in den Himmel schwingt und die geschlachteten Massen von Untoten unter sich zurücklässt. Sie kommt vor dir zum Stillstand und reicht einer anderen Frau die Hand. Wobei das nicht ganz stimmt. Denn es ist keine Frau, sondern eine Harpyie. Und du siehst sie auch nicht richtig. Vielmehr blickst du in ihre Richtung, an ihr vorbei, durch sie hindurch während du auf einmal weißt, was du sehen solltest, wenn du könntest. Aber du kannst nicht, denn welche Sterbliche hat schon das Recht das Antlitz einer Göttin zu erblicken?
  Noch immer überwältigt von diesem Anblick, dringt die Stimme deines Vaters wieder zu dir durch. Und während er singt, verblassen die Visionen langsam, bis du wieder von einem Nichts, einer Dunkelheit umfangen bist:   Ihr Leben ist Legende, ihre Taten eine Mär,
Doch die Mär ist nicht vorbei, solang dies Lied erklingt.
Deine guten Taten sind ihre Wiederkehr.
Drum erinnert euch an Welkirak wenn ihr mit mir singt:   Die Stimme deines Vaters verklingt leise, verändert sich, bis es überhaupt nicht mehr seine Stimme ist, sondern die einer Frau. Du hast sie noch nie gehört, aber das musst du auch nicht. Du weißt genau wer es ist, der zu dir singt:   Mein Leben ist Legende, meine Taten eine Mär,
Doch die Mär ist nicht vorbei, solang dies Lied erklingt.
Deine guten Taten sind meine Wiederkehr.
Erriner dich an mich, wenn du mit mir singst
Erinner dich an mich, was das Schicksal dir auch bringt.   Während die letzten Töne verklingen spürst du, wie sich in der Dunkelheit jemand neben dich bettet. Zunächst legen sich zärtlich zwei Arme um dich. Dann spürst du sanfte Lippen auf deiner Stirn. Dann streifen Federn deine Wangen, als ein Paar Flügel dich fest umschließt.
Es ist eine Umarmung, die dich einengen könnte. Eine Umarmung von der du weißt, dass du ihr nicht entkommen könntest, selbst wenn du wölltest. Aber warum solltest du? Du weißt, dass du sicher bist. Geborgen. Und du weißt, dass das Gefühl von Daunenfedern auf deiner Haut mehr einem Versprechen als deinem Verhängnis gleicht. Einem Versprechen von Freiheit.

Kira träumt zum ersten Mal von Welkirak.