Kapitel 14 - Gefallen
14. Gefallen
Lotarm war ein rastloses Biest. Jeder Schritt über die Marktstraße fühlte sich an wie ein Takt eines endlosen, metallenen Rhythmus. Hammerschläge aus den Schmieden hallten durch die engen Gassen, begleitet vom beständigen Kreischen geschliffener Klingen, dem tiefen Grollen geschmiedeter Rüstungen und dem dumpfen Poltern schwerer Erzlieferungen. Hier, im Herzstück der Stadt, mischten sich Hitze und der Geruch von Öl, Schweiß und Metall zu einem dichten Dunst, der sich zwischen den gedrängten Verkaufsständen hielt.
Ich lenkte unseren Weg durch die überfüllten Straßen, während meine Augen unruhig über die Gesichter und Stände glitten. Einige Händler erkannte ich wieder, andere waren verschwunden. In Lotarm gab es keine Beständigkeit, nur den Kreislauf aus harter Arbeit und dem ständigen Kampf, sich seinen Platz zu verdienen.
Der Geruch von geschmolzenem Metall und rauchendem Fett hängt schwer in der Luft. Jeder Schritt auf der breiten Pflasterstraße hallt zwischen den mächtigen steinernen Hallen wider, die sich wie eine Festung über den Markt von Lotarm erstrecken. Hier gibt es keine Eleganz, kein unnötiges Blendwerk – nur nackte Effizienz und der rastlose Puls eines Distrikts, in dem Gold und Können alles bedeuten.
Ich bleibe kurz stehen und lasse meinen Blick über die Szenerie schweifen. Schmiede stehen mit rußgeschwärzten Gesichtern an ihren Öfen und hämmern unermüdlich auf rotglühende Klingen ein. Der Rhythmus ihrer Schläge ist wie ein Taktgeber für das Chaos um sie herum. Händler schreien sich gegenseitig ihre Preise zu, und überall klirrt, klopft und scheppert es – ein metallisches Orchester, das niemals verstummt.
Eine Zwergin in einer ledernen Schürze führt einen hitzigen Streit mit einem Kunden über den Preis eines Dolchs. Neben ihr dreht sich ein großer Zahnradmechanismus in einem Schaukasten, der die neueste Errungenschaft eines Handwerksmeisters präsentieren soll – eine Art selbstspannende Armbrust, die mich entfernt an einige Skizzen von Cyrus erinnert. Zwei Jungen rennen lachend an mir vorbei, stolpern fast über eine Kiste voller frisch polierter Bolzen und werden von einem alten Zwerg mit einem brummenden Fluch verjagt.
Weiter vorn brät ein Mensch mit kahlrasiertem Kopf eine Handvoll Fettklumpen auf einer gusseisernen Platte. Der Duft von Zwiebeln, Knoblauch und geschmolzenem Käse steigt mir in die Nase. Mein Magen knurrt, aber ich ignoriere es.
Cyrus läuft neben mir, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Er beobachtet alles mit ruhigen, wachsamen Augen. Ich weiß, dass er sich hier fehl am Platz fühlt – nicht wegen der Leute, sondern wegen dessen, was sie verkaufen. Hier geht es nicht um Spiele oder Gerissenheit. Hier zählt nur, was du mit deinen eigenen Händen erschaffen kannst.
„Also, was genau tun wir hier, Syl?“ fragte er schließlich, nachdem er einem vorbeilaufenden Händler ein Stück Trockenfleisch stibitzt hatte.
Ich ließ meinen Blick weiter über die Reihen der Stände wandern, bis ich den richtigen Punkt fand, um zu erklären. „Ich suche jemanden. Einen Zwerg namens Ogwen.“
Cyrus kaute und musterte mich aus dem Augenwinkel. „Und dieser Ogwen ist wer genau?“
„Ein Verkäufer. Oder eher ein Quacksalber, je nachdem, wen du fragst.“
„Klingt vertrauenswürdig.“
„Glaub mir, du würdest ihn mögen.“ Ich trat zur Seite, um einem Karren auszuweichen, der ein paar Fässer mit glühenden Kohlen transportierte. „Er hat früher hier auf der Marktstraße sein Geschäft gehabt. Spezialisiert auf Dinge, die angeblich magisch sind. Unsichtbarkeitselixiere, Tränke, die dich für eine Nacht stärker als ein Bär machen – nichts, worauf du dich verlassen würdest, wenn dein Leben davon abhängt, aber genau genug, um verzweifelte Leute dazu zu bringen, ihr Geld auf den Tisch zu legen.“
Cyrus grinste. „Und genau der Typ soll uns helfen?“
„Nicht direkt. Er kannte Coraline.“
Seine Miene veränderte sich. Er schluckte das letzte Stück seines Diebesguts und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Die Coraline?“
„Die Coraline.“
Er schnaubte leise, fast amüsiert. „Ich hab mich schon gefragt, ob sie überhaupt noch in der Stadt ist. Man sieht sie nie.“
Ich schmunzelte. „Das hat sie drauf. Damals war sie schon eine Schattenläuferin. Es würde mich nicht wundern, wenn sie sich noch immer so bewegt.“
Cyrus stieß ein kurzes Lachen aus. „Ich kann mich nicht mal dran erinnern, ob ich ihr Gesicht je bei Tageslicht gesehen hab.“
„Dann wird’s Zeit, dass wir sie finden.“
Ich lenkte meinen Blick auf eine freie Fläche zwischen den Ständen – dort, wo Ogwens Laden einmal gewesen war. Jetzt stand dort eine Schmiede, deren Besitzer einem Kunden mit rußverschmierten Händen eine Rüstung anpasste. Keine Spur von dem exzentrischen Zwerg mit seinen abgetragenen Roben und seinen schiefen Versprechen.
Meine Schultern spannten sich an.
„Sieht aus, als müssten wir suchen“, sagte Cyrus und rieb sich das Kinn.
Ich nickte langsam. „Ja. Und hoffen, dass er sich nicht aus dem Staub gemacht hat.“
Cyrus lehnte sich lässig gegen einen hölzernen Pfosten und zuckte mit den Schultern. „Wenn er immer noch in Lotarm ist, finden wir ihn. Händler verschwinden nicht einfach, die ändern nur ihre Maschen.“
Er hatte recht. Händler waren wie Wasser – sie fanden immer einen Weg, sich anzupassen, solange es Käufer gab. Und Ogwen war nicht der Typ, der freiwillig aus einem Distrikt verschwand, in dem sich Geld verdienen ließ.
Ich überlegte einen Moment, bevor mir die naheliegendste Lösung einfiel. „Wir gehen zur Händlergilde.“
Cyrus hob eine Braue. „Zur Händlergilde?“
Ich nickte. „Händler wollen gefunden werden. Solange sie etwas verkaufen, haben sie keinen Grund, sich zu verstecken. Und wenn jemand weiß, wo Ogwen steckt, dann dort.“
Cyrus schnalzte mit der Zunge. „Macht Sinn. Östlich von hier, oder?“
„Genau. Große, verdammte Halle aus Stein und Messing, nicht zu übersehen.“
Er stieß sich vom Pfosten ab und streckte sich einmal durch. „Na dann, lass uns mal sehen, ob der alte Quacksalber noch im Geschäft ist.“
Wir fädelten uns durch das wogende Meer aus Händlern, Käufern und Lastenträgern, die zwischen den Ständen hin und her eilten. Während wir uns ostwärts bewegten, wurde die Marktstraße breiter, die Gebäude massiver, und bald zeichnete sich der markante Bau der Händlergilde vor uns ab – ein Konstrukt aus dunklem Stein mit verzierter Messingverkleidung an den Pfeilern. Ein Ort, an dem jedes Geschäft seinen Preis hatte.
Mit etwas Glück auch eine Information über Ogwen.
Die Händlergilde lag nur ein paar Straßen entfernt, als ich abrupt langsamer wurde.
Cyrus bemerkte es sofort. „Was ist?“
Ich antwortete nicht. Mein Blick blieb auf den Zwerg am Eingang der Händlerhalle geheftet.
Er war massig, die Arme wie Hammerschäfte, und selbst seine Rüstung schien schwerer als notwendig – ein Zeichen von jemandem, der seine physische Präsenz bewusst zur Schau stellte. Doch das war nicht, was mich stutzen ließ.
Es waren die Tätowierungen.
Blaue, tief in die Haut geätzte Muster, die seine Stellung innerhalb der Geldzwerge signalisierten. Und dieser hier hatte viele davon.
Ich zog unauffällig an Cyrus’ Ärmel. „Ein hohes Tier.“
Dann erst bemerkte er ihn.
Seine Körperhaltung veränderte sich augenblicklich. Schultern leicht hochgezogen, die Füße ein wenig fester auf dem Pflaster – eine Gewichtsverlagerung, die bei ihm immer kam, wenn er sich auf eine Flucht vorbereitete.
Dann knirschte er mit den Zähnen. „Scheiße.“
Seine Stimme war nur ein Hauch.
„Das ist Gorn. Der verdammte Zollmann.“
Ich musste mich zwingen, nicht scharf einzuatmen.
Gorns tiefe Stimme hallte über den Platz. Ruhig, schwer, voll von einem unterschwelligen Versprechen, das man nicht ignorieren konnte.
„Männlicher Dunkelelf,“ wiederholte er. „Schmal gebaut. Groß für seine Art. Drahtig, aber kräftig. Eisgraue Augen. Mechanische Modifikationen rund um die Brust.“
Cyrus’ Kiefer spannte sich.
Ich sah die Patrouille neben Gorn – drei Knochenbrecher, breit, kahlköpfig, mit schweren Streitkolben an den Hüften. Der Zwerg, den sie ausfragten, sah aus wie ein gewöhnlicher Händler. Hager, rußverschmierte Hände, die sich nervös an einer Lederschürze rieben.
„Ich… ich sag ja nur, ich hab keinen Dunkelelf gesehen, ehrlich!“ Der Zwerg hob beschwichtigend die Hände. „Ich verkauf nur Werkzeuge, hab nichts mit sowas am Hut!“
Gorn blieb still. Einen Moment zu lang. Dann trat er einen Schritt näher.
„Du verkaufst Werkzeuge, ja?“
Der Händler nickte hastig.
Gorns Stimme wurde leiser. „Dann weißt sicher… Manche Sachen sind unbezahlbar.“
Seine breite Hand legte sich auf die Schulter des anderen Zwerges.
„Wir suchen keine Ratte aus den Gossen. Wir suchen einen Dieb.“ Seine Finger drückten sich in den Stoff der Schürze. „Und Diebe sind nicht nur ein Problem für uns, Bruderschmied. Sie sind ein Problem für die ganze Stadt.“
Ich musste wegsehen.
„Jetzt,“ fuhr Gorn fort, „überleg nochmal. Vielleicht fällt dir doch was ein.“
Cyrus war bereits einen Schritt rückwärts getreten.
Ich folgte.
Wir glitten in eine schmale Seitengasse, verborgen zwischen den Schatten der Gebäude.
„Verdammt, verdammt, verdammt,“ murmelte Cyrus. „Die suchen nicht nur mich. Die suchen uns.“
Ich nickte.
Gorns Stimme wurde leiser, als er sich erneut an den Händler wandte.
„Weißt du, was wirklich ein Umstand ist?“
Dann hörte ich nur noch das Geräusch eines Stoffs, der unter starkem Griff riss.
Ich presste die Lippen aufeinander.
Irgendwann, nach scheinbar endlosen Minuten, gab Gorn ein Zeichen, und die Patrouille zog weiter. Erst als ihr schweres Stapfen in der Ferne verklang, ließ ich langsam meinen Atem entweichen.
Cyrus rieb sich über den Kiefer, dort, wo die Schatten seiner letzten Auseinandersetzung mit den Geldzwergen noch sichtbar waren.
Er zog seinen Umhang enger. Ich tat es ihm gleich.
„Wir müssen vorsichtiger sein,“ sagte er schließlich. „Ich hab ja nichts gegen ein bisschen Versteckspiel, aber verdammt—“ Er seufzte. „Dass wir uns jetzt selbst in Lotarm so verhalten müssen…“
Ich wusste, was er meinte.
Wir wechselten einen Blick.
„Dann besser tarnen.“
Cyrus verzog das Gesicht, als hätte er einen besonders schlechten Witz gehört. Doch dann befeuchtete er seinen Ärmel mit etwas Wasser aus einem nahen Trog und rieb sich Ruß über die Wangen, um seine Haut dunkler erscheinen zu lassen. Ich ließ mein Haar locker fallen und veränderte meine Haltung – eine kleine Gewohnheit, die ich mir in Milthrandir angewöhnt hatte.
Als wir uns aus der Gasse wagten, bewegten wir uns mit der Masse. Langsamer, vorsichtiger.
Ich war es gewohnt, mich zu verstecken. Aber hier, mitten in Lotarm – zwischen ehrlichen Arbeitern, Schmieden und Händlern – fühlte es sich… falsch an.
Jetzt spürte ich den brennenden Blick der Geldzwerge selbst in den Menschenmengen.
Sie würden uns nicht vergessen. Unser Leben hatte nie jemanden interessiert, aber diese eine Fund hat alles verändert.
Und wenn wir nicht aufpassten, würden sie uns finden.
Die Gasse war eng und feucht, der Geruch nach Metall und Ruß mischte sich mit abgestandener Luft. Die Rufe der Händler und das metallene Klirren der Straßenarbeiter hallten von den steinernen Wänden wider, doch hier, verborgen zwischen den Schatten, war es beinahe still.
Cyrus lehnte an einer Wand, die Arme verschränkt, während er auf die Straße hinausblickte, wo Gorn und seine Knochenbrecher langsam außer Sicht verschwanden. Ich sah, wie seine Kiefermuskeln arbeiteten.
„Okay,“ sagte er schließlich. „Was jetzt?“
Ich strich mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr. „Ich gehe rein. Alleine.“
Seine Haltung verhärtete sich.
„Nein.“
Ich schnaubte leise. „Cy, hör zu—“
„Nein.“ Er schob sich von der Wand weg. „Wir gehen zusammen.“
„Cyrus, sie haben bereits eine verdammt gute Beschreibung von dir.“ Ich sprach ruhig, aber bestimmt. „Ich bin hier das kleinere Risiko. Und wir wissen beide, dass du nicht gerade der unauffälligste Typ bist.“
„Tja, tut mir leid, dass meine strahlende Persönlichkeit mich schwer versteckbar macht,“ murmelte er trocken, aber sein Blick blieb ernst.
„Ich bin in einer Menschenmenge unauffällig. Du nicht.“ Ich trat näher, bis wir nur noch eine Armlänge voneinander entfernt waren. „Ich bin gleich wieder raus. Ich frage nach Ogwen und verschwinde wieder. Kein Risiko.“
Cyrus schüttelte den Kopf. „Ich mag’s nicht, wenn du alleine da drin bist.“
Ich seufzte. „Ich weiß. Aber das hier ist nicht die Zeit für Impulsivität. Wenn wir beide reinlaufen, setzen wir uns direkt vor die Läufe ihrer Armbrüste. Wir müssen klüger sein.“
Er presste die Lippen zusammen. Ich sah, wie sein Verstand arbeitete – abwägte, kämpfte, sich widersetzte. Dann ließ er langsam die Schultern sinken.
„Ich hasse es, wenn du recht hast.“
Ich lächelte schief. „Kommt öfter vor, als du denkst.“
Seine Augen suchten meine. Für einen Moment spürte ich es – dieses unausgesprochene Vertrauen. Das Wissen, dass wir uns gegenseitig nicht im Stich lassen würden.
Dann nickte er. „Mach schnell.“
„Versprochen.“
Cyrus zog sich tiefer in die Schatten zurück, seine Kapuze über das Gesicht gezogen, während ich tief durchatmete und dann loslief.
Die Straße war nur ein paar Schritte entfernt, aber mein Herz pochte schneller, als ich die schützende Dunkelheit verließ und mit ruhigem, aber entschlossenem Schritt über das Pflaster eilte. Die Händlergilde lag vor mir, ein massives, aus poliertem Stein gebautes Gebäude mit breiten Säulen und einer bronzenen Plakette, auf der das Emblem der Gilde eingraviert war.
Ich hielt meinen Kopf leicht gesenkt, zog die Kapuze zurück, um unauffälliger zu wirken, und betrat das Gebäude.
Drinnen roch es nach altem Pergament, Tinte und Metall – dem Herzschlag von Lotharms Handelsnetz. Stimmen summten durch den hohen Raum, und ich zwang mich, ruhiger zu atmen, als ich auf die Rezeption zusteuerte.
Jetzt musste ich so tun, als hätte ich alle Zeit der Welt.
Die Händlergilde war ein faszinierender Ort. Perfekt organisiert, aber durchzogen von unsichtbaren Intrigen, Geschäften, die hinter geschlossenen Türen gemacht wurden, und Absprachen, die kaum ein Außenstehender je verstehen konnte. Hier herrschte nicht das rohe, ehrliche Handwerk wie auf der Marktstraße, sondern ein Tanz aus Angebot, Nachfrage und politischen Schachzügen.
Ich ließ meinen Blick durch die Marmorbögen und hoch auf die goldverzierten Leuchter wandern, während ich mich langsam der Rezeption näherte. Der junge Mann hinter dem Tresen sah mich mit einem geübten, einladenden Lächeln an – das Lächeln eines Verkäufers, der wusste, dass alles in diesem Raum einen Preis hatte.
„Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?“ fragte er höflich.
Ich setzte mein bestes „Ich-gehöre-hier-hin“-Gesicht auf und lehnte mich mit gespielter Lässigkeit an den Tresen. „Ich suche Ogwen. Wissen Sie zufällig, ob er in der Stadt ist?“
Der Rezeptionist lachte kurz, schüttelte leicht den Kopf. „Nicht nur, ob er in der Stadt ist – ich weiß, wo er sich gerade befindet.“
Ich blinzelte. Das war einfacher als gedacht. „Wirklich?“
Er nickte. „Stockwerk darüber, Zimmer 8. Besprechung mit einem Ratsvorsitzenden. Die Händlergilde überlegt, ihm seine Lizenz für den Marktstand zu entziehen. Angeblich beschweren sich Kunden über die… nennen wir es Qualität seiner Waren.“
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Das klingt nach Ogwen.“
Der Rezeptionist lächelte ebenfalls. „Falls Sie ihn sprechen wollen, warten Sie einfach vor seinem Besprechungsraum. Er sollte in ein paar Minuten fertig sein.“
„Danke.“ Ich nickte ihm zu, zog meinen Mantel enger um die Schultern und machte mich auf den Weg nach oben.
Eine Etage höher
Der Korridor im oberen Stockwerk war ruhiger, weniger belebt als die Empfangshalle. Ich ließ meinen Blick über die nummerierten Türen gleiten, bis ich vor Zimmer 8 stehen blieb. Keine Geräusche von innen – entweder war das Zimmer gut isoliert, oder Ogwen ließ sich gerade von einem Bürokraten ins Kreuzverhör nehmen.
Ich lehnte mich mit verschränkten Armen an die Wand und wartete.
Nach einer Weile öffnete sich die Tür abrupt. Ogwen trat heraus, schnaubte und fluchte leise in seinen Bart, während er sich seinen Mantel glattstrich. Trotzdem hatte er diesen zufriedenen Ausdruck eines Mannes, der – egal, wie hart die Diskussion war – am Ende doch seinen Willen bekommen hatte.
Seine Robe war wie immer extravagant für einen Mann seiner Stellung: tiefgrüner Samt, leicht abgetragen, aber mit feinen goldenen Nähten. Der Schmuck an seinen Fingern war auffällig, aber nicht protzig. Und sein Gesicht? Derselbe spöttische, berechnende Ausdruck, den ich kannte.
Dann sah er mich.
Seine Brauen hoben sich. „Na, verdammt. Was zum Teufel machst du hier?“
Ich grinste. „Freut mich auch, dich zu sehen, Ogwen.“
Er musterte mich mit einer Mischung aus Skepsis und Belustigung. „Wenn du freiwillig in die Gilde kommst, dann bedeutet das, dass du entweder viel Geld machst – oder große Probleme hast.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Weder noch. Ich suche jemanden.“
Er schnaubte. „Glaubst du wirklich, ich betreibe eine Vermisstensuchstelle?“
Ich lehnte mich näher. „Ich suche Coraline.“
In dem Moment zog Ogwen mich mit einem schnellen Griff am Arm zur Seite und drückte mich halb hinter eine steinerne Säule. Seine sonst so entspannte Haltung war verschwunden.
„Bist du verrückt?!“ zischte er leise. „Sag diesen Namen nicht so laut!“
Ich sah ihn verwundert an. „Wieso?“
Er fuhr sich durch den Bart, dann blickte er sich um, als ob er sicherstellen wollte, dass uns niemand belauschte. Erst dann sprach er weiter – diesmal viel leiser.
„Wenn du sie wirklich kontaktieren willst, dann gibt es nur einen Weg.“
Ich nickte gespannt.
„Geh nachts zu den Lagerhallen am Hafen. Und hör genau zu – du musst durch die Kanalisation. Und jetzt hör genau zu, du darfst keinen Fehler machen.“
Er begann, mir eine Reihe von Richtungsanweisungen zu geben – welche Abzweigungen zu nehmen, welche Falltüren zu meiden, welche Markierungen an den Wänden zu beachten waren. Ich merkte mir jedes Wort.
„Am Ende wirst du Mogor finden,“ sagte er schließlich.
„Den Ork und seinem Stamm?“ Ich runzelte die Stirn.
Ogwen nickte. „Er wird wissen, wo sie zu finden ist. Sag ihm, dass ich dich geschickt habe.“
Ich atmete tief durch. Das war mehr, als ich erwartet hatte.
„Danke, Ogwen.“
Er musterte mich erneut, diesmal mit einem Hauch von Sorge. „Sei vorsichtig, Sylvana. Ich weiß nicht, was du vorhast – aber in dieser Stadt gibt es Namen, die man nicht einfach aussprechen sollte.“
Ich erwiderte seinen Blick, dann drehte ich mich um und machte mich auf den Weg zurück.
Es war an der Zeit, Cyrus zu holen.
Die Hafenluft war schwer von Salz und Metall, ein Geruch, der mir seit meiner Kindheit vertraut war. Hier, im Distrikt der Hauslosen, roch alles nach Arbeit – nach Seilen, die durch nasse Hände glitten, nach rostigem Eisen, das gegen Holz schlug, nach Kohle, die in den engen Werkstätten der Straßen glühte.
Cyrus und ich saßen auf einer umgedrehten Kiste in einer der alten Lagerhallen, verborgen im Halbschatten, während wir darauf warteten, dass die Nacht vollständig über den Hafen hereinbrach. Ich hatte meine Karte erneut ausgebreitet und mit den Fingern die Wege nachgezeichnet, die Ogwen mir beschrieben hatte. Es war eine einfache Route, zumindest in der Theorie. Wir mussten nur dem Symbol eines roten Fadens folgen, das entlang der alten Gassen und Abwasserkanäle markiert war.
Cyrus beobachtete mich, lehnte mit verschränkten Armen gegen eine der rostigen Säulen und schüttelte schließlich langsam den Kopf.
„Sag mal, Syl,“ begann er und zog die Worte in die Länge, „warum genau fühlt sich das hier für mich an wie der Anfang von ’ner schlechten Geschichte?“
Ich hob eine Braue. „Wegen des roten Fadens?“
„Wegen allem.“ Er seufzte, rieb sich mit einer Hand über die Stirn und schüttelte dann erneut den Kopf. „Du hast gesagt, Ogwen war früher immer ein Schwätzer, oder? Hat dir für fünf Goldstücke ne Story über Geisterminen und verborgene Alchemistenverstecke aufgetischt, nur damit du seine minderwertigen Unsichtbarkeitstränke kaufst. Und als du Coralines Namen erwähnt hast, was hat er da gemacht?“
Ich schloss das Notizbuch und lehnte mich zurück. „Er hat mich sofort zur Seite gezogen.“
„Genau.“ Cyrus klang nicht einmal siegessicher, nur… angespannt. „Er hat sich umgesehen, als hätte er Angst, dass uns jemand belauscht. Und dann gibt er uns trotzdem eine Adresse? Ich weiß nicht, Syl. Das ist komisch.“
Ich seufzte. „Was willst du damit sagen? Dass er uns in eine Falle lockt?“
Cyrus schüttelte den Kopf. „Nicht unbedingt. Aber wir haben Mogor und Coraline seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Und ich sag’s ungern, aber… Leute verändern sich. Schnell. Besonders in dieser Stadt.“
Er hatte Recht.
Ich wusste das. Ich hatte es selbst oft genug erlebt. Niemand blieb in Soranica lange derselbe. Die Stadt war ein Mühlstein, der alle Kanten abschliff, bis nichts mehr von dem übrig war, was man einmal gewesen war.
„Hör zu, Cy,“ sagte ich schließlich und strich über die Notizen, die ich mit Kohle auf das Papier gekritzelt hatte. „Ich weiß, dass es riskant ist. Aber wenn wir jemanden finden wollen, der Eldarin lesen kann, dann ist das unser einziger Anhaltspunkt. Coraline ist unsere beste Chance – oder sie kennt zumindest jemanden, der es kann.“
Cyrus presste die Lippen aufeinander, bevor er schließlich seufzte und eine Hand durch sein zerzaustes Haar fuhr. „Ich hasse es, wenn du Recht hast.“
Ich grinste. „Das passiert öfter, als du zugeben willst.“
Er schnaubte und schüttelte den Kopf. Dann streckte er sich, ließ den Blick durch einen der rostigen Türspalte nach draußen wandern und schob die Kapuze seines Mantels tiefer ins Gesicht.
Draußen erklang das letzte Schiffsglockenläuten des Abends.
Ich zog ebenfalls meine Kapuze auf und stand auf. „Bereit?“
Cyrus seufzte theatralisch, bevor er mir mit einem schiefen Lächeln folgte. „Nein. Aber wann hat mich das jemals aufgehalten?“
Ich grinste, dann traten wir aus der Halle hinaus in die dunklen Straßen.
Hier ist die überarbeitete Version der Szene mit den stärkeren Stamm-Dynamiken und verrückteren Goblins:
Die Kanalisation erstreckt sich in feuchten, dunklen Gängen, die nach abgestandenem Wasser und Rost riechen. Tropfen platschen von der Decke, und irgendwo raschelt etwas in der Dunkelheit. Sylvana hält sich an der Wand, während sie mit den Augen die Zeichen sucht.
Rote Markierungen, in die Mauern geritzt. Ein gedrehter Faden. Dann ein Pfeil. Sie sind auf dem richtigen Weg.
Neben ihr tritt Cyrus in eine Pfütze. „Göttin… Ich werde meine Stiefel verbrennen, wenn wir hier wieder raus sind.“
„Als ob du das jemals tun würdest. Die hast du aus einem brennenden Haus gestohlen und trägst sie seit fünf Jahren.“
„Und sie waren bequem! Ich schwöre, wenn das Zeug nicht aus echtem Leder wäre—“
Sylvana hebt eine Hand. Stimmen.
Cyrus verstummt sofort.
Sie spähen um die nächste Biegung, und plötzlich öffnet sich der Gang in eine weitläufige Kammer.
Das erste, was sie sehen, sind die Orks.
Sie sitzen auf umgestürzten Metallfässern oder auf improvisierten Kisten aus Holz und Schrott. Breit gebaut, ledrige Haut, Narben, die Geschichten erzählen. Sie rühren sich nicht, aber ihre Blicke heften sich an die beiden Eindringlinge wie Klingen, die in eine hölzerne Zielscheibe getrieben wurden.
Dann gibt es die Goblins.
Einer rennt mit einem brennenden Lappen auf dem Kopf herum, kreischt lachend und stolpert durch den hallenden Raum.
„NEIN, WARTE, ICH KANN DAS ERKLÄREN!“ brüllt er, während ein zweiter ihn mit einer rostigen Suppenkelle verfolgt.
„DU HAST MEINEN LETZTEN PFLAUMENWEIN GESTOHLEN, DU RATTENHAPPEN!“
Ein dritter sitzt daneben, spielt mit einem Dolch und murmelt: „Ich geb ihm dreißig Sekunden.“
Noch haben sie die Neuankömmlinge nicht bemerkt.
Doch dann erhebt sich einer der Orks.
Ein Schaben von Metall auf Stein, als er sich hochstemmt und sich langsam in ihre Richtung dreht. Ein weiterer folgt. Dann ein dritter.
Sylvana spürt, wie Cyrus sich angespannt hält.
„Wir haben Gesellschaft“, brummt einer der Orks mit tiefer Stimme.
Der brennende Goblin rennt gerade an Mogor vorbei, als der massive Häuptling seine Stimme erhebt.
„Also also also…“
Er klingt amüsiert.
Die Goblins drehen sich endlich um. Einer von ihnen macht ein Geräusch wie ein unterdrückter Schluckauf. Der brennende Lappen fällt dem Anderen vor Schreck vom Kopf.
Mogor sitzt auf seinem provisorischen Thron aus zusammengeschweißtem Schrott, seine pechschwarze Axt ruht quer über seinen massiven Oberschenkeln. Er ist noch genauso groß wie damals, genauso furchteinflößend – aber seine Augen funkeln vor Belustigung.
„Wenn das nicht der zäheste Bastard ist, den ich kenne. Bist du endlich auf den glorreichen Geschmack, dieses Ortes gekommen?“
Seine Stimme hallt durch die Kammer.
Cyrus verschränkt die Arme. „Sag das nicht so, als hätte ich eine Wahl gehabt. Ich hänge mit der größten Kanalisationsexpertin Soranicas ab.“
Sylvana schüttelt nur den Kopf.
Die Goblins johlen. „HA! VERDAMMT, DER WAR GUT! Schreib das auf, Garlik!“
Ein Goblin zieht einen kleinen Notizblock hervor und beginnt mit einem rußigen Finger hineinzukritzeln.
Mogor hebt eine Braue. „Also hast du immer noch keinen Funken Selbsterhaltungstrieb?“
Cyrus grinst breit. „Ich sag mal so: Wenn ich ihn hatte, hab ich ihn irgendwo verloren.“
„Tja. Dann willkommen bei den Kettenbrechern.“
Er lacht dröhnend, und die Orks hinter ihm brummen zustimmend. Die Goblins jubeln, auch wenn sie vermutlich gar nicht wissen, worüber.
Sylvana tritt vor. „Mogor, wir brauchen Informationen.“
„Wirklich? Und ich dachte, ihr seid gekommen, um mir eine Kiste mit Goldmünzen zu bringen, um eure Schulden zu begleichen.“
Cyrus blinzelt. „Welche Schulden?“
„Die, die ich mir gerade ausgedacht habe. Dazu hätte ich gerne zwei dutzend Brathähnchen aus der Steistraße.“
Wieder toben die Goblins.
Sylvana unterbricht: „Wir suchen Coraline.“
Die Stimmung wechselt.
Das Lächeln auf Mogors Gesicht bleibt, aber es erstarrt. Seine Finger tasten nach dem Griff seiner Axt, nicht bedrohlich, aber nachdenklich.
„Warum?“ Seine Stimme ist nun niedriger, ernster.
Sylvana hält seinem Blick stand. „Wir brauchen ihre Hilfe.“
Mogor schweigt lange. Dann, mit einem Seufzen, schiebt er sich aus seinem Thron hoch.
„Ihr seid nicht die ersten, die nach ihr fragen.“
Sylvana und Cyrus erstarren.
„Aber…“ Er dehnt das Wort, seine Augen auf sie gerichtet. „Ihr seid die ersten, die ich nicht sofort mit den Füßen voran aus der Kanalisation schleife.“
Sein Grinsen kehrt zurück, und er packt seine Axt.
„Kommt mit. Ich sage euch, was ihr wissen müsst.“
Mogor führt sie nur wenige Schritte weiter, einen engen Seitengang entlang, der in der Dunkelheit beinahe unsichtbar gewesen wäre. Hier ist es kühler, abgeschottet vom Chaos seines Stammes, und das gedämpfte Tropfen von Wasser ist das einzige Geräusch neben ihren Schritten.
Er lehnt sich entspannt gegen die raue Steinwand, seine massive Axt an der Seite ruhend. Doch etwas an seiner Haltung hat sich verändert.
Sylvana betrachtet ihn in der Dunkelheit – und bemerkt erst jetzt, wie ungewöhnlich fokussiert seine Augen wirken. Sie leuchten nicht, aber sie reflektieren das wenige Licht, das aus den Gängen hinter ihnen dringt, auf eine Weise, die ihr unangenehm vertraut vorkommt. Als könnte er hier unten besser sehen als sie.
„Also, ihr zwei wollt unbedingt Coraline finden.“
Seine Stimme ist so entspannt wie immer, aber da ist ein unterschwelliger Ernst, den sie bei ihm selten gehört hat.
„Ich sag’s mal so: Cora mischt sich ungerne direkt ein, wenn sie es vermeiden kann.“
Cyrus verschränkt die Arme. „Das klingt ja super für uns.“
Mogor ignoriert ihn. „Aber… ich bin nicht blind. Ihr steckt bis zum Hals in Ärger, sonst würdet ihr mich nicht aufsuchen.“
Er mustert sie, und Sylvana spürt, wie ihr Magen sich anspannt.
„Da ich euch irgendwie noch etwas schulde, mach ich eine Ausnahme.“
Sylvana hebt eine Braue. „Eine Ausnahme?“
„Ich werde sie kontaktieren.“
„Einfach so?“
„Einfach so.“
Sie tauscht einen kurzen Blick mit Cyrus.
„Sollen wir ihr nicht irgendeinen Treffpunkt geben oder eine Nachricht hinterlassen oder–“
Mogor lacht tief, fast amüsiert.
„Ihr macht euch echt zu viele Gedanken.“
Er stößt sich von der Wand ab und lehnt sich vor, bis sie seine raue Stimme direkt über ihren Köpfen spüren können.
„Coraline wird euch finden.“
Die Art, wie er es sagt, lässt keine Zweifel offen.
Sylvana will noch etwas entgegnen, aber irgendetwas hält sie zurück.
„Keine Sorge“, setzt Mogor hinzu, als wäre das genug, um all ihre Fragen zu beantworten.
Er klopft erst ihr, dann Cyrus mit seinen bärenhaften Händen auf die Schultern – fest, aber nicht brutal.
„Macht euch lieber mehr Gedanken um eure eigene Sicherheit. Ihr habt keinen verdammten Schimmer, in was ihr euch genau involviert, oder?“
Dann dreht er sich um und verschwindet zurück in den Hauptgang, seine Axt schwer auf den Rücken geschlungen.
Sylvana bleibt regungslos stehen, während seine breitschultrige Silhouette in der Dunkelheit verschwindet.
Es ist das erste Mal, dass sie Mogor so ernst erlebt hat.
Fast, als hätte er eine zweite Seite, die viel älter und erfahrener ist, als er normalerweise preisgibt.
Etwas an dieser Begegnung bleibt ihr auf unangenehme Weise im Gedächtnis.
Cyrus kann sich ein Schmunzeln kaum verkneifen, als Mogor mit seinem gewohnt theatralischen Abschiedsgruß in der Dunkelheit verschwindet. Ich kenne diesen alten Oger gut genug, um zu wissen, dass er sich gerne größer macht, als er ist – aber wenn er sagte, Coraline würde uns finden, dann meinte er es ernst.
Ich atme durch, lasse den Kopf kurz in den Nacken fallen und massiere mir die Schläfen.
„Also… was jetzt?“ höre ich Cyrus fragen.
Ich drehe mich zu ihm um. Seine Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen, die dunklen Augen darunter funkeln vor Ungeduld. Natürlich.
„Wir gehen zurück in die Werkstatt“, sage ich. „Arbeiten so hart wir können. Finden so viel über den Golem heraus, wie es nur möglich ist, bis Coraline uns kontaktiert.“
Ich hebe die Schultern.
„Wir haben wohl keine Wahl außer einfach abzuwarten.“
Cyrus zieht eine Grimasse.
„Abwarten? Eine nachtaktive Diva mit Starallüren gibt sich die Ehre, und wir dürfen stillhalten, bis sie die Zeit, uns zu besuchen?“
Ich verdrehe die Augen.
„Vielleicht ist sie noch wichtiger, als ich ursprünglich vermutet hatte. Außerdem empfinden Elfen wie sie, die Zeit etwas relativer.“
Ich denke an Mogor. An die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme, die gar nicht zu ihm passte.
„Aber… die Art und Weise, wie er es gesagt hat – ich zweifle nicht daran, dass sie kommen wird.“
Cyrus mustert mich kurz, dann grinst er schief.
„Na schön. Dann spielen wir das Spiel mit.“
Er lehnt sich vor, klopft sich demonstrativ auf die Brust, genau dort, wo die mechanischen Platten unter seinem Mantel sitzen.
„Aber wenn sie zu lange zickt, schwör’s dir, ich reiß’ hier ne verdammte Oper über unsere Misere. Und ich bin ein beschissener Sänger, falls du das vergessen hast.“
Ich hebe eine Braue.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du noch einen schlechteren Plan als ‘Abwarten’ finden kannst, Cy.“
„Tja, du unterschätzt mich mal wieder. Vielleicht setze ich mich ja nach Hammerfall ab - der mechanische Barde. Echter Schmerz von der Straße.“
Er gestikuliert überdramatisch.
Ich schüttle den Kopf, während wir uns aus der Kanalisation in die kalte Nacht von Soranica begeben. Die Straßen sind stiller als am Tag, aber das bedeutet nicht, dass wir sicher sind. Ich ziehe den Mantel enger um meine Schultern.
Cyrus läuft neben mir, leichtfüßig wie immer, als wäre alles nur ein weiterer Tag in diesem Sumpf, den wir Heimat nennen.
Vielleicht war Warten doch nicht ganz so unerträglich. Ich kann mehr über den Golem lernen. Noch ein bisschen mehr als zwei Wochen, bis er laufen muss.
Ich schaue zu Cyrus rüber und muss mich zusammenreißen, nicht über seinen sorglosen Gesichtsausdruck zu lachen. Ich bin froh das du hier bist, du Idiot.
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