Kapitel 13 - Fairer Handel

13. Fairer Handel

Der Duft von heißem Wachs und Weihrauch erfüllte die heiligen Hallen der Mithra-Kathedrale, ein Tempel aus Gold und Stein, in dessen Schatten selbst die größten Schätze der Stadt zu bloßen Almosen verkamen. Der Boden unter meinen Füßen—glatte, makellose Mosaike aus eingelassenen Goldstücken—reflektierte das gedämpfte Licht der Opferschalen, die vor der gewaltigen Statue unserer goldenen Mutter brannten.

Mithra, die Drachenmutter. Die Waage unseres Wertes.

Vor mir kniete Gorn der Zollmann, sein nackter Oberkörper ein einziges Werk aus Narben und blauer Tinte. Ein Krieger, geformt aus Schuld und Sühne. Ein Diener, bereit, seinen Glauben noch tiefer in seine Haut graben zu lassen.

„Es gab Tote in der Werkstatt, Inquisitor.“ Seine Stimme war tief, fast ein Grollen. „Einer unserer Jünglinge wurde von Ketzern entweiht. Es ist heiliges Blut geflossen.“

Ich zog langsam die goldene Nadel aus der Flamme, beobachtete, wie das heiße Metall glühte.

„Welche Münze zuerst über den Tisch gleitet, ist belanglos, Gorn.“ Meine Stimme war ruhig, getragen vom Echo der hohen Hallen. „Ein fairer Handel ist vor Mithra unabwendbar.“

Ich setzte die Nadel an seine Brust, an eine Stelle, die noch nicht gezeichnet war, und begann, die heilige Tinte tief unter seine Haut zu treiben. Gorn verzog keine Miene. Er war es gewohnt. Die Wahrheit wurde am besten in Fleisch geschrieben.

„Und Lady Melodys Angebot?“ fragte er, während blaue Linien sich auf seiner Haut ausbreiteten wie Flüsse von zerstoßenem Saphir.

Ein Lächeln zog über meine Lippen.

„Der Golem gehört den Zwergen. Uns.“

Ich tauchte die Nadel erneut in die Tinte.

„Die Waage ist im Kippen, und ich erwarte nur den Tag, an dem Mithra uns mit dem segnet, was wir sehnlichst erwarten.“

Dann, ohne Vorwarnung, tauschte ich die Nadel gegen den goldenen Brandstab, dessen Spitze bereits in den Kohlen glühte.

Gorn sog scharf die Luft ein, als ich das heiße Metall auf seine Haut presste und die goldene Waage mit den gleich verteilten Münzen tief in sein Fleisch brannte. Perfektes Gleichgewicht.

Seine Muskeln zuckten, aber er schrie nicht.

Ich neigte mich vor, flüsterte die letzten Worte des Rituals, während Rauch aus der frischen Wunde aufstieg:

„Und du, Gorn, wirst es als meine Hand auf Erden verrichten.“

Mithras Gleichgewicht wurde nicht in Worten gemessen. Sondern in Schuld. In Gold. In Blut.

Und über diese Dreifaltigkeit herrscht nur Mithra und ihr Herald.

Das war ein Urteil. Das war Gerechtigkeit.

„Lass die Schläfer in Lotarm erwachen.“

Die Zeit ist nah. Soranica wird die Waage ins Gleichgewicht bringen müssen.


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