Kapitel 12 - Wahrheit
12. Wahrheit
Die Laternen der Eisernen Feder brennen hell, doch ihr Licht ist nicht gleißend oder aufdringlich wie das vieler anderer Blätter in Soranica. Die Feder war anders. Bodenständig. Gründlich. Eine Zeitung, die für wahre Enthüllungen sorgte, nicht für aufgebaschte Skandale oder sensationsgeile Schlagzeilen.
Breanna lehnt sich gegen die kalte Steinwand des Gebäudes, die Arme verschränkt, ihr Blick skeptisch auf mich gerichtet. „Ich versteh’s nicht, Lav. Die Eiserne Feder ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Die verkaufen keine Gerüchte, sondern Fakten. Wie genau hilft uns das?“
Ich grinse, während ich meinen Umhang zurechtrücke. „Alles geht um Kontext, Bre.“
Sie hebt eine Augenbraue.
Ich ziehe eine meisterlich geschnitzte Holzmaske, aus meiner Manteltasche heraus. Glatt poliert, mit fuchsartigen Zügen. Nicht bedrohlich, aber irritierend genug, um Fragen aufzuwerfen. Dann setze ich sie seufzend auf.
„Geben wir denen was sie wollen“, murmle ich und trete durch die schwere Holztür.
Der Innenraum der Eisernen Feder riecht nach frischem Papier und Tinte. Ein junger Mann sitzt hinter der Rezeption, ordentlich gekleidet, aber sein Blick wird unsicher, als er mich sieht. Seine Hände zucken kurz, als würde er sich instinktiv an die Kante des Tresens klammern.
„W-wie kann ich Ihnen helfen?“
Perfekt. Eine wunderbare Grundlage für Verhandlung.
Ich neige den Kopf leicht zur Seite und spreche mit ruhiger, kontrollierter Stimme. „Keine Sorge, mein Gesicht bleibt aus rein praktischen Gründen verborgen. Ich bin hier, weil ich Hilfe brauche.“
Der junge Mann sagt nichts, aber ich sehe, wie sein Adamsapfel zuckt.
„Es geht um eine Verschwörung. Eine mächtige Frau in Hammerfall. Eine, die sich bereichert an der Kultur von Lotarm. Und wenn wir tatenlos zuschauen, dann könnte bald niemand mehr in Soranica vor ihrem Einfluss sicher sein.“
Er zögert. Ich lehne mich leicht vor, ohne bedrohlich zu wirken. Nur genug, um ihm das Gewicht meiner Worte spüren zu lassen.
„Die Eiserne Feder ist bekannt für Wahrheiten, nicht für Lügen. Und genau das biete ich euch an.“
Seine Finger trommeln kurz auf das Holz. Ein Nerventick. Dann nickt er zögerlich und deutet auf einen Gang.
„Zimmer fünf. Warten Sie dort.“
Ich verneige mich leicht, ein fast spöttischer Gruß, und gleite durch den Flur.
Der erste Stein war gelegt.
Der Raum ist kalt, spärlich eingerichtet. Ein Tisch, zwei Stühle, eine Öllampe, deren Licht flackert, als wäre es sich unsicher, ob es in dieser Dunkelheit überhaupt existieren will. Ich sitze ruhig, die Arme auf die Lehne meines Stuhls gelegt, während meine Finger die Maserung des Holzes nachziehen.
Gute Spieler nehmen sich ihre Zeit.
Nach fast einer Stunde geht die Tür endlich auf.
Tolgren Von Wen betritt den Raum mit der Statur eines Mannes, der weiß, wo jeder in der Stadt sein Gewicht hat. Sein Mantel ist abgenutzt, aber ordentlich, seine braunen Haare nach hinten gestrichen. Er hat die scharfen Augen eines Mannes, der die Wahrheit nicht nur sucht, sondern gelernt hat, in ihr zu schwimmen, ohne daran zu ersticken.
Er bleibt einen Moment in der Tür stehen, lässt seinen Blick durch den Raum wandern. Dann lacht er leise.
„Die meisten Leute, die anonym bleiben wollen, verstecken sich in dunklen Gassen, nicht in meinem Büro.“
Ich neige leicht den Kopf. „Die meisten haben auch nicht viel zu erzählen.“
Er schließt die Tür, zieht den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches heran und setzt sich mit der Art kontrollierter Langsamkeit, die man sich nur aneignet, wenn man gewohnt ist, das Gespräch zu lenken.
„Ich hab schon viele gesehen, die mit einer Maske herkommen. Die meisten davon wollten sich selbst nicht erkennen. Welche Geschichte erzählen Sie mir?“
Ich drehe leicht den Kopf, lasse die Pause bewusst stehen.
„Haben Sie von Lady Melodys jüngster Akquisition am Platz der Progression gehört?“
Er verzieht keine Miene. „Ich würde sagen, fast die ganze Stadt hat davon gehört.“
„Dann liegt das sicher an der Präsentation eines bestimmten jungen Adeligen.“
Sein Blick verändert sich kaum merklich. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckt minimal. Ein Mann, der es nicht gewohnt ist, dass jemand anderes die Karten auf den Tisch legt.
„Gut inszeniert. Die Stadt liebt eine gute Geschichte.“
Ich lasse meine Finger über die Maske gleiten. „Und die besten Geschichten sind oft nicht das, was sie zu sein scheinen.“
Tolgren lehnt sich in seinem Stuhl zurück, verschränkt die Arme. „Sie haben meine Aufmerksamkeit. Aber wenn Sie mich überzeugen wollen, dass da mehr dahintersteckt, brauchen Sie bessere Karten, als nur vage Andeutungen.“
Ich schmunzle leicht unter meiner Maske. „Zum Glück liefere ich immer, was ich verspreche.“
Er hebt leicht eine Augenbraue.
Ich atme einmal ruhig durch, dann ziehe ich langsam die Maske ab.
Tolgren erstarrt.
Es dauert eine Sekunde zu lange, bis er wieder spricht.
„…was machst du hier?“
Ich lehne mich leicht nach vorne, mein Lächeln so entspannt, als hätte ich ihm gerade erzählt, dass morgen gutes Wetter wird.
„Also, Tolgren. Schön das wir uns nun kennengelernt haben. Bevor wir ausholen, beantworte mir eine Frage - wieviel ist diese Erfindung der Tüftler wert?.“
Tolgren braucht eine Sekunde, um seine Beherrschung zurückzubekommen. Dann denkt er kurz nach.
„Wie viel dieser Golem wert ist?“ Er lehnt sich mit einem selbstgefälligen Schnauben zurück. „Die bessere Frage ist doch, ob die ganze Premisse nicht schon zum Himmel stinkt.“
Ich neige den Kopf, lasse ihn reden.
„Zwei Hauslose sollen einen mechanisch-magischen Golem erschaffen haben?“ Er schüttelt den Kopf. „Ich hab genug gesehen in dieser Stadt, um zu wissen, dass man nichts für unmöglich halten sollte – aber ein Meisterwerk dieser Größenordnung? Die besten Schmiede Lotarms und die Erzmagier Milthrandirs würden Jahrzehnte brauchen, um so ein Ding zu fertigen. Und die beiden sollen ihn einfach aus dem Nichts gebaut haben?“
Das erste was er erwähnt sind die Schmiede Lotarms. Das sollte ich später nutzen.
„Laut Augenzeugen sah das Material unbezahlbar aus. Und egal, wie gründlich sie suchen – sie können ihn nicht gebaut haben.“
Ich lächle leicht.
„Du stellst bereits die richtigen Fragen, Tolgren.“ Ich lasse ihn einen Moment in seiner eigenen Logik schmoren, dann kippe ich das Spielbrett. „Jetzt musst du mir nur noch eine beantworten: Warum ist der Verkäufer der beiden Tüftler und des Golems – der Verbündete und Kontakt von Lady Melody – anonym in deinem Büro?“
Tolgren hält inne.
Die Stille, die folgt, ist wertvoller als jedes Gold.
Tolgren verschränkt die Arme, aber ich spüre, wie sein Selbstbewusstsein bröckelt. Seine Schultern sind ein Hauch angespannter, sein Blick bleibt auf mich gerichtet, aber seine Finger trommeln unbewusst auf der Lehne seines Stuhls. Er merkt, dass er nicht mehr das Heft in der Hand hat – er merkt, dass ich die Richtung dieses Gesprächs längst bestimme.
Ich lasse ihm keine Zeit, die Kontrolle zurückzuholen.
„Der Golem ist ein unbezahlbares Artefakt, Tolgren.“ Meine Stimme bleibt ruhig, beinahe beiläufig. „Vielleicht das wertvollste in ganz Soranica. Und doch hat Lady Melody ihn erstanden, ganz ohne Gegenwind. Ohne, dass jemand eine Frage stellt.“
Tolgrens Kiefer spannt sich leicht an, aber er schweigt. Zeit seinen zwergischen Stolz auszunutzen.
„Wäre sie einfach eines Tages aufgekreuzt, mit einem aktivierten, magischen Golem dieses Kalibers – was wäre passiert?“ Ich hebe eine Braue. „Im Besten Fall hätte man sie als verdächtig gesehen. Aber viel wahrscheinlicher - hätte die Zwergen Lotarms nur allzu schnell ihr legendäres Handwerk wiedererkannt. Ihre ganze Reputation wäre pulverisiert worden. Niemand in Hammerfall hätte ihr je wieder ein Wort geglaubt und Lotarm wäre auf ihr Anwesen marschiert, um den Besitz der Zwerge zurückzuverlangen. Eine Erfindung die das Leben aller in Lotarm grundlegend ändern könnte. Sie würde wieder den guten Leuten der Fabriken gehören.“
Ich lehne mich langsam vor.
„Aber so…“ Mein Ton wird beinahe spielerisch. „So wirkt sie gnädig. Großzügig. Eine wohlwollende Mentorin, die zwei unanerkannten Genies eine Chance gibt.“ Ich lächle unter meiner Maske. „Und rein zufällig werden diese beiden Genies das größte technologische Wunder der letzten hundert Jahre in ihre Hände legen. Sie wird reicher sein als jeder Magier der weißen Türme. Ein Monument der Innovation. Und all das, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.“
Tolgren atmet einmal tief durch. Ich sehe, wie er in seinem Kopf die Puzzleteile zusammensetzt – und wie ihm das Bild, das sich daraus ergibt, überhaupt nicht gefällt.
Ich spreche leise weiter.
„Für einen Mann, der die Wahrheit sucht wie du, Tolgren – sag mir: Klingt das nach einer schönen kleinen Feel-Good-Story?“
Ich lasse eine Pause, genau lang genug.
Dann lehne ich mich noch näher.
„Oder vielleicht ein kleines bisschen zu gut, um wahr zu sein?“
Tolgrens Haltung bricht. Ich sehe es nicht nur – ich spüre es. Die Art, wie sich seine Schultern versteifen, wie sein Blick unstet für einen Sekundenbruchteil auf den Tisch flackert, als hätte er gerade eine Karte aufgedeckt, die das ganze Spiel verändert. Seine Stirn ist leicht gerunzelt, sein Atem einen Hauch zu kontrolliert.
„Verdammt noch mal…“ Seine Stimme ist nur ein Flüstern, ein Echo seiner Gedanken, die sich in Echtzeit überschlagen. Dann hebt er den Blick, fixiert mich mit scharfem Misstrauen. „Wenn das alles wahr ist – was zur Hölle ist dann deine Rolle in dieser Geschichte?“
Ich sage nichts.
Lasse ihn in der Stille schmoren, bis sie sich anfühlt wie eine Klinge, die langsam auf sein Herz zutreibt. Bis die Worte in ihm gären, sich verdichten, sich in seinem eigenen Kopf gegen ihn verbünden. Bis das Unausgesprochene schwer genug ist, dass er es fast hören kann.
Dann lehne ich mich zurück, spreche mit einer Ruhe, die präziser ist als jede Schneide.
„Ich war Lady Melodys Mittelmann.“
Ich lasse es sacken, beobachte, wie seine Finger sich unbewusst in den Stoff seines Mantels graben. Ich rede weiter, langsam, als würde ich eine Geschichte erzählen, die nie für fremde Ohren bestimmt war.
„Die zwei Tüftler haben den Golem auf Melodys Befehl von den Geldzwergen gestohlen. Eine Lieferung in der Kanalisation, direkt in Richtung der Mithra-Kathedrale.“ Ich streiche beiläufig über den Tisch. „Mein Job war einfach. Ich sammle die beiden ein und mache sie am Platz der Progression zum Thema der Stadt. Dann sehe ich – rein zufällig – Lady Melody und biete ihr die Tüftler und den Golem an.“
Ich lasse eine kurze Pause. Dann lächle ich leicht unter meiner Maske.
„Sie zögert natürlich. Wie es sich für eine Frau ihres Standes gehört.“ Ich neige leicht den Kopf. „Aber großzügig gibt sie den beiden eine Chance.“
Tolgren sagt nichts. Ich sehe, wie er sich meine Worte vorstellt, sie sich in seiner Welt zusammenfügt.
„Die beiden und ich verdienen eine Tonne Gold, schrecken die Geldzwerge mit öffentlicher Aufmerksamkeit ab und helfen ihr, das Ding zu aktivieren. Wir sind reich genug, um die Stadt zu verlassen, den Rest unseres Lebens am Meer von Onderon Drinks zu schlürfen.“ Ich schnippe leicht mit den Fingern, als wäre es die simpelste Rechnung der Welt.
Dann senke ich die Stimme.
„Und Melody?“
Ich lehne mich vor, bis ich fast in seinem Schatten sitze.
„Melody ist in Position, diese ganze Stadt mit eiserner Faust zu dominieren. Sie hat Technologie so wertvoll, dass wenn sie in Produktion gehen würde, sie alleine die Schere des Wohlstands zwischen Hammerfall und Lotarm schließen könnte“
Ich lasse es stehen, beobachte, wie sich Tolgrens Kiefer anspannt.
„Sie spielt schon immer das lange Spiel.“
Noch ein paar Sekunden, um es wirken zu lassen.
Dann das Letzte. Die Nadel, die den Stoff endgültig zerreißt.
„Und das wissen wir beide, Tolgren.“
Der Vorhang fällt
Ich sehe, wie sein Atem flacher wird, wie sein Verstand das Puzzle zusammensetzt – ein Puzzle, dessen Bild er nicht sehen will.
Aber dann – ein Hauch von Zweifel.
„Es klingt plausibel. Das gebe ich zu.“ Seine Stimme ist fest, aber sein Blick tastet mich ab, als könnte er meine Absichten lesen. „Aber wenn das wahr ist – warum zur Hölle sabotierst du ihren Plan?“
Ich grinse.
„Es ist einfach.“
Ich lasse mir Zeit, genieße die Sekunde, in der er in der Stille hängt, bevor ich mich in den Stuhl zurücklehne und ihm die Wahrheit präsentiere, kalt und klar wie ein Messer auf seiner Kehle.
„Sie hat mich erwischt.“
Sein Blick zuckt.
„Ich wusste, dass ich ein Artefakt verkaufen würde. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es so etwas sein könnte.“ Ich schüttle leicht den Kopf, mein Tonfall eine Mischung aus Frustration und schwarzem Humor. „Das Ding ist ein verdammtes Todesurteil für alle, die involviert sind.“
Ich halte inne, lasse ihn meine Worte verdauen.
„Wir werden Melody in eine Position bringen, in der selbst die Geldzwerge vor ihr kuschen müssen. Sie werden ihr die verdammte Kathedrale anbieten… und sie wird mehr fordern.“
Tolgren blinzelt nicht. Ich sehe es in seinen Augen – die Realisation sickert durch, frisst sich durch seinen letzten Zweifel wie Säure.
„Und die Zwerge?“ Ich zucke mit den Schultern. „Die kennen nur uns als Diebe.“
Ich beuge mich leicht vor, meine Stimme leiser, ein Schatten im Raum.
„Und Mithra ist so interessiert an Gnade wie Lady Melody an offenen Enden.“
Tolgren atmet hörbar aus.
„Wenn die Wahrheit nicht ans Licht kommt…“
Ich lasse den Satz hängen, eine letzte offene Wette. Dann lehne ich mich zurück, spiele mit einer Münze zwischen meinen Fingern.
„Sind die Tüftler und ich in ein paar Wochen mausetot.“
Die Münze tanzt über meine Knöchel, klackt leise zwischen meinen Fingern.
Tolgren sieht mich an. Ich sehe, wie sich die Optionen in seinem Kopf drehen, wie sich seine Rolle in diesem Spiel mit jedem Atemzug verändert.
Dann – Stille.
Seine Entscheidung liegt in der Luft.
Tolgren sitzt da, sein Körper angespannt wie ein zu fest gedrehter Schraubstock, sein Verstand noch damit beschäftigt, die Schichten dieser Enthüllung zu entwirren. Ich sehe, wie sein Blick sich auf einen Punkt im Raum verliert, wie er innerlich gegen das ankämpft, was er soeben gehört hat.
Aber ich lasse ihm keine Zeit, es zu verarbeiten.
Ich lehne mich vor, drücke ihm einen kleinen, zusammengefalteten Zettel in die Hand. Meine Stimme ist ruhig, aber unerbittlich.
„Wenn wir den Golem aktivieren können, schleuse ich dich ins Anwesen.“
Tolgren reagiert nicht. Ich weiß, dass er mich hört.
„Ich weiß, dass nur deine eigenen Augen dich überzeugen werden. Und wenn du die Dinge siehst, wie sie wirklich sind…“ Ich lasse es kurz wirken, betone jeden nächsten Satz mit der Präzision eines Messers, das in die richtige Kerbe dringt.
„… wirst du Melody für das entlarven, was sie ist. Eine Diebin, eine Erpresserin und eine Bedrohung für diese ganze Stadt.“
Ich drücke seine Hand kurz, sanft – nicht als Freundschaftsgeste, sondern als letzte Markierung. Dann löse ich mich, drehe mich um und verlasse das Büro.
„Wenn du die Wahrheit willst, triff mich dort in zwei Tagen.“
Hinter mir höre ich sein leises Einatmen. Keine Antwort. Kein Widerspruch. Aber er sieht mir nicht nach. Ich weiß, dass er kommen wird.
Draußen schlägt mir die kalte Luft entgegen, aber bevor ich richtig durchatmen kann, trifft mich eine Hand in den Rücken – nicht schmerzhaft, aber genervt genug, dass ich leicht nach vorne stolpere.
„Lav, du bist vielleicht die größte Labertasche, die ich kenne.“
Breanna steht hinter mir, die Arme verschränkt, ihre braunen Locken vom Wind zerzaust, ein ungeduldiges Funkeln in den Augen. „Was zur Hölle hast du so lange da drin gemacht?“
Ich reibe mir grinsend den Nacken und trete neben sie, während wir durch die engen Gassen von Lotarm schlendern.
„Die Presse wird Melody in der Luft zerreißen.“
Bre schnaubt. „Klar. Und was genau hast du Tolgren erzählt, um ihn so schnell auf deine Seite zu ziehen?“
Ich bleibe kurz stehen, ziehe meine Maske ab und sehe sie an.
Dann sage ich es – ruhig, kalt, wie eine Tatsache, die sich nicht mehr leugnen lässt:
„Mit der Wahrheit natürlich.“
Ich warte einen Moment, bevor ich den letzten Stich setze.
„Mit meiner zumindest.“
Bre mustert mich für einen Moment, als wollte sie in meinem Gesicht nach etwas suchen—Zweifel, Gewissen, irgendeinen Funken, der zeigt, dass ich mich selbst belüge. Aber da ist nichts.
Dann lacht sie laut. Ein kehliges, offenes Lachen, das durch die engen Straßen von Lotarm hallt. Sie schüttelt den Kopf.
„Lavender Mareau,“ sagt sie und hakt sich bei mir ein, ihre Stimme voller gespielter Bewunderung. „Du bist wirklich bis zum Kern verdorben.“
Ich schmunzle, spüre ihre Wärme an meinem Arm, als wir weitergehen.
„Und die beiden Hauslosen? Planst du wirklich sie da rauszuholen oder passen sie einfach gut in deinen Narrativ?“ Bre wirkt plötzlich ernster als sonst.
„Ich würde gerne vermeiden, dass sie in die Schussbahn geraten. Nur weiß ich noch nicht ob ich das kann.“
Breanna Griff spannt sich leicht an und sie betrachtet mich intensiv. Ich kann oft nicht genau sagen, was in ihrem Kopf vorgeht. Das ist selten. Beunruhigend. Reizend.
Heute fühle ich mich glücklich.
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