Nebetah wurde in einem kleinen Fischerdörfchen mitten im Seengebiet des Ceadrensischen Imperiums geboren. Sie war ein aufgewecktes Mädchen, das sich gemeinsam mit ihren Geschwistern und den anderen Kindern des Dorfes schon früh spielerisch im Fischfang übte, um eines Tages in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten.
Im Alter von fünf Jahren veränderte sich alles für Nebetah. Plötzlich wurde ihre Haut durchscheinend hell, ihr zuvor kastanienfarbenes Haar blasste aus, bis es nur noch die Farbe von Elfenbein trug und ihre Augen wurden gespenstisch weiß und schienen ein fahles Licht zu verströmen. Nacht für Nacht wurde sie von Visionen heimgesucht und sprach davon, dass jemand versuche, in ihren Träumen mit ihr zu kommunizieren. Ihre Eltern dachten, dass ihr Kind schwer erkrankt sei und machten sich auf die Suche nach einem Heiler. Einige Wochen zogen ins Land, doch kein Heiler der umgebenden Dörfer konnte sich Nebetahs plötzliche Erkrankung erklären oder sie gar lindern. Es war zu dieser Zeit, dass zwei Gelehrte im Dorf Rast machten, wohl zufällig von Nebetah erfuhren, und anboten, sie mit in die Hauptstadt Ylis zu nehmen, wo Kinden wie ihr geholfen werden könne.
Die folgenden Jahre blieben Nebetah nur verschwommen in Erinnerung. Lange Korridore, dicke Steinmauern, lieblose Erzieher und gesichtslose Ärzte. Die Flure waren von einem ständigen Weinen und Wimmern erfüllt. Jeden Tag schmerzhafte Versuche und quälende Behandlungen.
Nach zwölf Jahren der Qual wurde Nebetah schließlich für geheilt befunden und durfte die Heilanstalt verlassen. Sie schien nun frei von Visionen zu sein. Mit einem unguten Gefühl bei dem Gedanken an eine Rückkehr in ihr Dorf, entschloss sie sich, fernab der Zivilisation ein neues Leben zu beginnen. Einige Zeit wanderte sie im Schatten der Bäume umher, bis sie einen geeigneten Platz im Wald gefunden hatte, an dem sie sich niederließ und als Einsiedlerin die nächsten Jahre leben sollte. Die ersten Monate im Wald verliefen ereignislos, bis sie eines Abends zwischen den Laubbäumen ein übles Gerangel vernahm. Als sie im Dickicht nachsah, was der Ursprung des Lärms war, entdeckte sie eine Fee, die von drei weiteren Feen übel zugerichtet wurde. Nebetah vertrieb die drei Raufbolde, nahm sich der verletzten Fee an und pflegte diese wieder gesund. Schon bei der ersten Berührung des gebrochenen Wesens bemerkte Nebetah, dass eine magische heilende Kraft durch ihre Hände floss, eine Kraft, die schon die ganze Zeit in ihr schlummerte, aber nun erst freigesetzt wurde.
In den folgenden Jahren genoss Nebetah die Gesellschaft pflanzlicher, tierischer und magischer Waldbewohner und entdeckte nach und nach ihre eigenen magischen Kräfte im Umgang mit diesen. Sie genoss die Einsamkeit des Waldes und hatte schon fast die den Wald umgebende Welt vergessen, als sie eines Nachts schweißgebadet aufwachte. Sie hatte zum ersten mal seit jener traumatisierender Zeit in der Hauptstadt wieder eine Vision, doch dieses mal wusste sie genau, wer zu ihr sprach: Valandras.