Eine wahre Feder der Luft

"Du, eine Pionierstochter, eine Bäurin, gabst dich als eine vom edlen Geschlecht der Tänzer aus, hast dich in die Reihen der fürstlichen Tänzer eingeschlichen, hast deine Aufgaben verlassen, deinen König belogen, deinen Familiennamen beschmutzt und damit meine Gesetze gebrochen. Du hast dich der Ordnung, die uns so viel Sicherheit auf diesem Kontinent gebracht hat, widersetzt. Du ziehst die Werte, für die das rowagische Volk nun schon seit Jahrhunderten steht, durch den Dreck der Erde und lädst dabei größere Schuld auf dich, als jemals ein Rowagier zuvor.
Das alles wird dir zurecht vorgeworfen. Und doch, als einzige der hier versammelten, hast du Recht getan, meine geliebte Feder!

~Kaiserin Rowagass

Dies ist die Geschichte von Wirbelwind vom Fluss, die viel riskierte, um ihr Volk, die Rowagier, an seine Wurzeln zu erinnern. Die Rowagier hatten ihre lebensfrohe, scherzende und tanzende Natur verloren und sie gegen eine steife, verhärtete, strukturierte Lebensweise eingetauscht. Bis zum Sieg über die Socita ex Fennami, haben sich diese Strukturen sehr verfestigt. Die wichtigsten Entwicklungen waren unter anderem:

• Das rowagische Militär konnte jeden erwachsenen Rowagier, zu jedem Zeitpunkt ihrere Wahl, als Rekruten einziehen. Rekruten wurden von ihren Familien getrennt.
• Pioniere haben zu arbeiten, um für den Rest des Volkes zu sorgen.
• Die drei Stände sollten untereinander bleiben. Standesbruch, z.B. durch Liebschaften zwischen den Ständen, wurde hart bestraft.
• Tanzen, Poesie (Sprechgesang) und Luftanimation waren dem Fürstentum vorbehalten. Ein tanzender Pionier, zum Beispiel, beging Standesbruch.

Wirbelwind's Lüge

Verluste

Wirbelwind vom Fluss war eine junge Mutter von zwei Kindern. Geschichten ihrer Großmutter, von der alten Zeit vor dem Krieg gegen die Allianz, ließen sie zu einer fröhlichen, aufgeweckten Frau heranreifen. Sie liebte es zu tanzen, dabei Verse aufzusagen und die Luft zu animieren. Allerdings war es ihrem Stand verboten, diese Künste auszuführen.

Nachdem sie ihren Sohn, Falkenauge, nach dessen Reifeprüfung, an das Militär verloren hatte, starb ihre Großmutter. Die Großmutter wünschte sich auf ihrem Sterbebett nichts sehnlicher, als dass Wirbelwind die Rowagier wieder auf ihre alte Weise sehen und erleben könne.

Wirbelwind vom Fluss (Skizze) by Zombie Celi

Erwischt

Wirbelwind wurde dann von diesem Wunsch angetrieben und suchte nach Wegen diesen umzusetzen. So kam sie auf die Idee, sich als Fürstentochter auszugeben und sich für die jährliche Tänzerwahl aufzustellen. Als fürstliche Tänzerin könnte sie vielleicht etwas bewegen. Ihr Plan funktionierte allerdings nicht sehr gut und sie wurde von einem fürstlichen Sohn entlarvt.

Training

Prinz Spatzenklaue der ruhige erwischt Wirbelwind bei ihrem Versuch, sich in die fürstliche Veranstaltung zu schleichen. Doch anstatt Wirbelwind dem Gefängnis zu übergeben, verspricht dieser ihr zu helfen. Spatzenklaue selbst war den fürstlichen, methodischen Tänzen überdrüssig und sah in Wirbelwind eine Chance, neues Leben in das System zu hauchen.

Er unterwies Wirbelwind in fürstlicher Etiquette und brachte ihr alles bei, was sie wissen musste, um nicht als Pionierin entlarvt zu werden. Ein ganzes Jahr bereitete Spatzenklaue seine Schülerin auf das fürstliche Leben vor und so stellte Wirbelwind sich bei der nächsten Tänzerauswahl als fürstliche Cousine des Prinzen vor.

Die fürstlichen Tänzer

Die Bewerbung

Die Besetzung der Tänzer wurde jedes Jahr neu ausgewählt und Wirbelwind zwang sich dazu, die Tanzschritte und -Formen nach ihren besten Fähigkeiten vorzutragen, obwohl sie sich nicht wohl dabei fühlte. Sie schaffte es allerdings, knapp als letzte Kandidatin, ausgewählt zu werden, sehr zum Missfallen einer der obersten Tänzerinnen.

Die leitenden Ältesten

Die fürstlichen Tänzer wurden von 4 rowagischen Ältesten geleitet, deren Aufgabe die Verwaltung und Organisation der wöchentlichen Tanzrituale war. Gemeinsam wählten sie neue Tänzer aus und unterrichteten diese dann separat in den 4 großen Tänzen, die nacheinander, jede Woche aufgeführt wurden.

Eine der Ältesten, Acrugaia, war seit der Auswahl gegen die Aufnahme Wirbelwinds und machte ihr das Leben schwer. Sie kritisierte Wirbelwinds Technik sehr hart und bestrafte sie oft mit schweren Aufgaben.

Depression

Wirbelwind merkte schnell, dass das Leben als Tänzerin sie nicht so sehr erfüllte, wie sie es erhofft hatte. Die 4 großen Tänze waren sehr technisch und fühlten sich für sie leer an. Ihre Versuche, Dinge zu ändern, wurden oft, nicht zuletzt von Acrugaia, im Keim erstickt. So fand Wirbelwind sich bald in einer Depression wieder. Diese Depression wurde ihr immer schwerer, bis sie gegen Ende ihres Jahres als Tänzerin aufgeben wollte.

Am Ende eines Jahres, vor der nächsten großen Tänzerwahl, wird ein großer Tanz im Schloss der Kaiserin aufgeführt. Wirbelwind fasste den Plan, an diesem Tanz teilzunehmen, sich aber nicht mehr für das nächste Jahr als Tänzerin zur Wahl zu stellen. Dazu suchte sie Spatzenklaue auf und wollte ihm ihren Plan mitteilen. Spatzenklaue und Wirbelwind stritten bei diesem Gespräch laut, was Acrugaia mitbekam.

Entlarvt

Acrugaia belauschte die beiden und fand so heraus, dass Wirbelwind nicht fürstlicher Abstammung war. Sie drohte damit, sie öffentlich bloßzustellen, sie ins Gefängnis zu werfen und ihre Tochter, Sturmschnabel, für das Militär vorzumerken, wenn sie nicht freiwillig dem großen Tanz fernbleiben würde.

Wirbelwind zögerte nicht lange und suchte erneut Spatzenklaue auf, um sich von ihm zu verabschieden. Sie erzählte Spatzenklaue alles. Er versuchte sie am gehen zu hindern und ermutigte sie zu bleiben und für ihre Ideale zu kämpfen, doch Wirbelwind hatte ihren Entschluss gefasst. Traurig kehrte Wirbelwind nach Hause zurück, wo sie trist ihre Arbeit wieder aufnahm.

Der kaiserliche Tanz

Großmutters Tagebuch

Beim Entrümpeln des Zimmers ihrer Großmutter, fiel ihr deren Tagebuch in die Hände. Wirbelwind schlug den letzten Eintrag auf und begann zu lesen. Die Großmutter lobte Wirbelwinds Geist, ihren Mut und ihre freie Seele und bezeichnete sie als "wahre Feder der Luft". Wirbelwinds Großmutter unterstrich, dass Wirbelwind sie an die alten Zeiten, vor dem Krieg, erinnerte und sie hoffte, dass sie sich durch nichts von ihrem Weg abbringen lassen würde.

Auf der letzten Seite hatte die alte Rowagierin einen Ausschnitt des Familienstammbaumes gezeichnet. Der Stammbaum beinhaltete viele durchgestrichene Namen, die Wirbelwind als jene erkannte, die von der Armee eingezogen wurden. Der Stammbaum war voll mit Flecken, wie von Tränen, die einige Teile unleserlich machten.

Als ihr Blick dann bei ihren eigenen Kindern ankam, sah sie den durchgestrichenen Namen ihres Sohnes Falkenauge. Nebendran, wo der Name ihrer Tochter hätte stehen sollen, war nur ein von Tränen unleserlich gemachter Fleck.

Sturmschnabel vom Fluss (Skizze) by Zombie Celi

Provokation

Wirbelwind wusste dann, dass Sturmschnabel selbst jetzt nicht sicher vor einem Einzug war. Sie zweifelte daran, dass Acrugaia Wort halten würde und sah eine Änderung der Verhältnisse als einzigen, sicheren Weg, ihre Tochter zu beschützen.

Also nahm Wirbelwind am großen kaiserlichen Tanz teil. Sehr zum Missfallen von Acrugaia. Die alte Rowagierin wurde durch Wirbelwinds Auftritt so sauer, dass sie den kaiserlichen Tanz, während der Aufführung, abbrach und Wirbelwind öffentlich, vor allen Anwesenden, anklagte.

Bevor das Militär sie abführen konnte, rief Wirbelwind eine Herausforderung zum Tanzduell gegen ihre Anklägerin aus. Sie erntete dadurch großes Gelächter der Versammlung, aber Acrugaia nahm die Herausforderung amüsiert an.

Das Duell

Acrugaia eröffnete das Duell mit einem Teil aus dem ersten der 4 großen, rowagischen Tänze. Wirbelwind konterte mit eigen erfundenen Schritten, die ihrem Herzen entsprangen. Das Duell wurde größer und lauter. Nach einigen Runden hin und her, begann das Publikum auf Wirbelwinds Seite umzuschlagen und Acrugaia beendete das Duell einfach mit lautem Lachen. Sie befahl die Abführung von Wirbelwind, doch als diese ergriffen wurde, verdunkelte sich der Himmel mit schwarzen Wolken und einem lauten Donnern. Ein starker Wind trennte Wirbelwind von ihren Klägern, in deren Mitte eine Gestalt auftauchte.

Die Rede der Kaiserin

Rowagass by Abe Raham

Es war Kaiserin Rowagass, die die ganze Zeit geschwiegen hatte. Stolz und erhaben sah sie auf Wirbelwind nieder und wandte sich an die Versammlung. Sie zählte alle Gesetze auf, die Wirbelwind gebrochen hatte, doch beendete ihre Rede, indem sie sich nieder kniete und sich bei Wirbelwind, der "wahren Feder der Luft", entschuldigte.

Rowagass gab zu, dass ihr Volk und sie selbst vergessen hatten, wer sie waren. Sie entschuldigte sich erneut ausgiebig bei Wirbelwind und allen Anwesenden und versprach, das alles zu ändern. Rowagass stolzes Antlitz verwandelte sich in das eines jungen Mädchens, dass Wirbelwind, zum Erstaunen aller, in die Arme schloss. Rowagass bedankte sich bei Wirbelwind dafür, dass sie sie wieder daran erinnerte, wer sie wirklich seien.

Epilog

Rowagass segnete Wirbelwind mit einem Posten als kaiserliche Ratgeberin und zusammen erarbeiteten sie die neuen Gesetze des Höheren, definierten Feiertage und lockerten die hierarchischen Strukturen bedeutend auf. Rowagass gewann Wirbelwind sehr lieb und gab ihr ein ungewöhnlich langes Leben. Außerdem konservierte sie Wirbelwinds Seele nach deren Tod und übertrug diese auf Wirbelwinds letztes Kind, sodass Wirbelwinds Geist im Volk der Rowagier weiterleben konnte. Wirbelwind wurde so zur allerersten Burst-Seele.

Auf einen Blick:
Wirbelwind vom Fluss, eine Bauerntochter und Mutter von 2 Kindern, wird durch das Standesgessetz ihr Sohn weggenommen. Als kurz darauf ihre Großmutter stirbt, wird in Wirbelwind das Verlangen geweckt, das rowagische Gesetz zu ändern. Sie möchte sich als fürstliche Tochter ausgeben, um als fürstliche Tänzerin vielleicht etwas an den verhassten Gesetzen ändern zu können. Doch das Leben als fürstliche Tänzerin ist nicht das, was sich Wirbelwind vorgestellt hatte...