Auf halbem Weg nach Durkonia Prose in Kjeru | World Anvil

Auf halbem Weg nach Durkonia

Die Tür zum Frachtraum des Luftschiffs schwingt auf. Eine in dunkle Reisegewänder gekleidete Elfin mit fledermausartigen Flügeln und Hörnern auf der Stirn sieht im Vorbeigehen den jungen Matrosen an, der immer noch im Bauch der "Faceta" festgekettet ist. Heute bricht er nicht mehr in einen Heulkramf aus, als sie ihm einen Kanten Brot hinwirft, sondern weicht nur bis zur Schiffswand zurück und presst sich daran. Das bedeutet einen gewissen Fortschritt. Die Elfe schreitet an dem schwitzenden Seemann vorbei, der vordere Fuß bei jedem Schritt den hinteren kreuzend. Sie steuert auf den zweiten und letzten Gefangenen zu, der von der knapp ein Dutzend starken Besatzung übrig geblieben ist. Er ist am anderen Ende des Schiffsbauchs festgemacht und sitzt dort auf einem Schemel. Als er sie kommen sieht, streckt er seinen Rücken durch, die Hände im Schoß in eisernen Ringen zusammenliegend.

"Guten Morgen, doamnă." Seine Stimme ist fest, doch so aufrecht er sich hält, behält er die Augen gesenkt. "Guten Morgen." Die Elfin bleibt breitbeinig vor ihm stehen. Er spürt ihren stechenden Blick auf seinen Augenlidern und sieht ein Glimmen wie Glut an ihrem Kragen aufblinken. Er fährt mit deutlicher Stimme fort: "Ich scheine immer noch am Leben zu sein. Ich würde euch dafür danken, doch ich denke kaum, dass ihr mich aus Großzügigkeit am Leben -." Hier stockt er unwillkürlich, als er die Hand der Elfe auf seiner rechten Wange spürt. "In der Tat, Ihr lebt noch." Während sie spricht, gleitet ihre Hand unter das Kinn des schwarzhaarigen Mannes, seine weit nach außen reichenden Mundwinkel sanft streifend. "Es entging mir nicht - Ihr seht anders aus als die Toten. Anders in eurer Haut. Anders in eurer Gewandung." Mit einer bestimmten, aber keineswegs brutalen Handbewegung zieht sie sein Kinn nach oben und zwingt seine Augen so, ihre zu treffen. "Vor allem aber anders in eurem Gebaren." Ihre großen violetten Augen dringen in seine wie wie glühende Dolche. "Was hat euch zu uns geführt?"

"Ein Auftrag. Mein Auftraggeber will ein Buch, das jemand auf dem dritten Schiff mit sich führt und nicht freiwillig hergeben würde. Ein Gnom, blonde Haare, hört auf den Namen Quirin." Die Stimme des Mannes klingt nun sanfter. Er lehnt seinen Kopf kaum merklich in ihre Hand. "Ich soll meinem Auftraggeber das Buch bringen." Rezkuzar hält seinen Blick. "Ihr habt das gleiche gesehen wie er." Sie drehte den Kopf kurz in Richtung des leise wimmernden Matrosen. "Und ich habe gesehen, was ihr könnt. Ich nehme an, ihr solltet ihm das Buch nicht abkaufen." Sein Blick wirkt nun fast verträumt, als würde er seine Umgebung nicht mehr sehen. "Nein. Ich sollte es ihm wegnehmen. Er ist nicht wichtig, das Buch ist es." - "Und nun ist er fort, wie schade." Ein verzerrtes Lächeln bildete sich im Gesicht ihres Gegenüber. "Ich werde ihn wiederfinden. Ich finde sie alle wieder."


Dieser Text war einer von dreien zur Einleitung der 11. Session der Kampagne "Rum & Ähre".


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